Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 03.02.2010, Az.: 3 B 607/09
Abfallgebühr; Adressierung; Auslegung; Bestimmtheit; Gebührenbescheid; Gebührenpflicht; Gebührenpflichtiger; Gesamtschuld; Grundstückseigentümer; maßgeblicher Zeitpunkt; Miteigentum; Rechtsfähigkeit; Verwalter; WEG; Wohnungseigentum; Wohnungseigentümer; Wohnungseigentümergemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 03.02.2010
- Aktenzeichen
- 3 B 607/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 47951
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 119 Abs 1 AO 1977
- § 155 Abs 3 AO 1977
- § 44 Abs 1 AO 1977
- § 12 Abs 1 AbfG ND
- § 12 Abs 2 S 2 AbfG ND
- § 11 Abs 1 AbfG ND
- § 2 Abs 1 KAG ND
- § 5 Abs 4 S 2 KAG ND
- § 5 Abs 5 S 3 KAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die in einem Abfallgebührenbescheid erfolgte Adressierung an eine bestimmte, durch eine Verwalterfirma vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont regelmäßig dahin auslegungsfähig und der Bescheid insofern bestimmbar, dass er sich an die bei Bekanntgabe aktuellen Wohnungseigentümer, die Miteigentümer des abfallentsorgten Grundstücks sind, richtet; deren namentliche Aufführung ist nicht zwingend erforderlich.
2. Der Gebührengläubiger darf die jeweiligen Wohnungseigentümer gesamtschuldnerisch mittels eines zusammengefassten Bescheides im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 4b NKAG i.V.m. § 155 Abs. 3 Satz 1 AO heranziehen, wenn die einschlägige Abfallgebührensatzung auf den Grundstückseigentümer abstellt.
3. Bestimmt eine Gebührensatzung in Ermächtigung des § 5 Abs. 6 Satz 2 NKAG bei wiederkehrenden Gebühren für grundstücksbezogene Einrichtungen wie Restabfallgebühren den Grundstückseigentümer zum Gebührenpflichtigen, ist eine solche Regelung grundsätzlich dahin auszulegen, dass damit der Grundstückseigentümer im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld nicht derjenige im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Gebührenbescheides gemeint ist.
Gründe
Das Rubrum war von Amts wegen zu berichtigen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks A. Straße B. (WEG) als solche hat ausweislich der Antragsschrift den Eilantrag anhängig gemacht. Die als Antragstellerin ausgetretene WEG ist aber nicht antragsbefugt (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO), da sie nach Ansicht der Kammer - wie im Folgenden noch darzulegen ist - nicht Adressatin des angefochtenen Abfallgebührenbescheides der Antragsgegnerin vom 02.11.2009 ist. Dieser richtet sich in der Sache nur an die Mitglieder der WEG als Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks A. Straße B.. Die Kammer geht davon aus, dass sämtliche Miteigentümer als gesetzliche Vertreter der WEG aufgetreten sind, im Rahmen subjektiver Antragshäufung als Streitgenossen im Sinne des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO den Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO anhängig gemacht haben und deshalb als solche auch als Beteiligte dieses Verfahrens aufzuführen sind.
Der sinngemäß gestellte Antrag der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (3 A 500/09) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.11.2009 anzuordnen, soweit darin für Restabfallbehälter eine Abfallgebührennachzahlung in Höhe von 1.089,45 Euro für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzt und zur Zahlung angefordert ist,
ist zulässig, aber im Wesentlichen nicht begründet; nur hinsichtlich einer einzigen Antragstellerin hat er in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 und 3 sowie Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Letzteres wäre nur dann der Fall, wenn die Zahlung den Antragstellern einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zufügen würde, der auch durch eine etwaige spätere Rückzahlung nicht ausgeglichen werden könnte (vgl. VG Göttingen, Beschlüsse vom 09.11.2007 - 3 B 312/07 - und vom 15.05.2006 - 3 B 219/06 -). Substantiierte Tatsachen, aus denen bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung hinreichend greifbare Anhaltspunkte für eine unbillige Härte entnommen werden könnten, sind für die Kammer weder ersichtlich noch von den Antragstellern dargelegt.
Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch im Wesentlichen - mit Ausnahme der Antragstellerin N. (Eigentumswohnung Nr. 4) - keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. Denn ein Erfolg des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren erscheint abgesehen von der vorgenannten Sonderkonstellation nicht - wie erforderlich - wahrscheinlicher als ein Misserfolg. Schwerpunkt des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist die Prüfung des konkret streitbefangenen Abgabenbescheides. Daher kommt in der Regel weder eine abschließende Beantwortung grundsätzlicher oder schwieriger Rechtsfragen noch eine aufwändige Klärung von Tatsachen in Betracht, die dem entsprechenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Mithin scheidet im Rahmen der summarischen Prüfung eine vollständige Überprüfung des der Abgabenerhebung zugrundeliegenden Satzungsrechts grundsätzlich aus. Um ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides zu erwecken, müssten Satzungsmängel, die insbesondere mit §§ 2 und 5 NKAG sowie § 12 NAbfG nicht in Einklang zu bringen sind, offen zu Tage treten. Sie müssten so offensichtlich und eindeutig sein, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Bewertung nicht zu erwarten ist (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 26.05.2009 - 3 B 118/09 - BA S. 2 m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung der Kammer; Nds. OVG, Beschluss vom 22.03.2007 - 9 ME 84/07 -, NVwZ-RR 2007, 551/552; Sächs. OVG, Beschluss vom 24.02.2009 - 5 B 266/08 -, juris Rdn. 8).
Gemessen an diesen Grundsätzen erfüllen sowohl die Abfallgebührensatzung der Antragsgegnerin vom 16.12.2005 i.d.F. des 1. Nachtrags vom 08.12.2006 und der rückwirkend für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 in Kraft getretenen Änderungssatzung vom 05.12.2008 - AbfGS 2007 - als auch die Abfallgebührensatzung der Antragsgegnerin vom 16.12.2005 i.d.F. des 2. Nachtrags vom 07.12.2007 und der rückwirkend für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2008 in Kraft getretenen Änderungssatzung vom 08.05.2009 - AbfGS 2008 - bei summarischer Prüfung die sich aus § 2 Abs. 1 NKAG und § 12 NAbfG i.V.m. § 5 NKAG ergebenden Anforderungen. Sie bestimmen für - hier allein strittige - Gebühren für Restabfallbehälter den Kreis der Gebührenschuldner (§ 7 AbfGS 2007/2008), den die Gebühr begründenden Tatbestand (§ 2 Abs. 2 AbfGS 2007/2008), den Maßstab der Gebühr (§ 2 Abs. 1 AbfGS 2007/2008), den Gebührensatz (§ 2 Abs. 2 AbfGS 2007/2008) sowie die Entstehung der Gebührenschuld (§ 9 Abs.1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 2 AbfGS 2007/2008) und deren Fälligkeit (§ 10 Abs. 2 AbfGS 2007/2008).
Das bei rückwirkenden Satzungen in § 2 Abs. 2 NKAG normierte Verbot der Schlechterstellung der Gesamtheit der Gebührenpflichtigen ist durch § 6a AbfGS 2007/2008 beachtet. Danach ist für 2007 einerseits bzw. 2008 andererseits die Summe der nach den §§ 2 bis 6 der jeweiligen Satzung den Gebührenpflichtigen zu berechnenden Gebühren der Höhe nach beschränkt auf den Gebührenbedarf, der der Gebührenerhebung gemäß dem seinerzeit geltenden Satzungsrecht für den Zeitraum 2007 bzw. 2008 zugrunde lag.
Es begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken, dass der früher verwendete durchschnittsgewichtsbezogene - d. h. um das Kriterium der Schüttdichte modifizierte - Behältervolumenmaßstab vom Rat der Antragsgegnerin nunmehr rückwirkend durch den reinen Behältervolumenmaßstab ersetzt worden ist. Der frühere, in seiner konkreten Ausgestaltung sowohl von der Kammer als auch vom OVG Lüneburg rechtlich beanstandete Maßstab hatte im Ergebnis dazu geführt, dass die Abfallgebühr u.a. für Restabfallbehälter nicht linear pro Liter Behältervolumen, sondern degressiv angestiegen ist. Diese Degression ist nunmehr entfallen, was die - von den Antragstellern zu Unrecht beanstandete - Konsequenz hat, dass der damalige Gebührenbedarf der Jahre 2007 bzw. 2008 rechnerisch unter anderem zu Gunsten der kleineren und zu Lasten der größeren Restabfallbehälter „umverteilt“ worden ist.
Die in der „Soll-Vorschrift“ des § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG normierte abfallrechtliche „Anreizwirkung“ kann bei dem hier vorliegenden Sonderfall - zulässiger rückwirkender Erlass von Abfallgebührensatzungen für 2007 bzw. 2008 nach § 2 Abs. 2 NKAG - gleichsam denknotwendig nicht greifen, weil die abfallgebührenpflichtigen Tatbestände bereits in der Vergangenheit erfüllt worden sind. Für diesen Sonderfall hat der Landesgesetzgeber nach Ansicht der Kammer billigend in Kauf genommen, dass § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG im Ergebnis leer läuft. Demzufolge geht es aus Rechtsgründen fehl, wenn die Antragsteller rügen, die hier fehlende abfallrechtliche „Anreizwirkung“ sei als „eindeutiger Fehlgebrauch des ortsgesetzgeberischen Ermessens“ bei Erlass des rückwirkenden neuen Satzungsrechts für die Jahre 2007 und 2008 durch den Rat der Antragsgegnerin zu bewerten.
Inhaltliche Überprüfungen der einschlägigen Abfallgebührenkalkulationen sind nach ständiger Rechtsprechung der Kammer dem (bereits anhängigen) Hauptsacheverfahren vorzubehalten.
Es bestehen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage gegenwärtig auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abfallgebührennachforderungen für die Jahre 2007 und 2008 in Höhe von insgesamt 1.089,45 Euro, soweit es nicht den Sonderfall der Antragstellerin N. (Eigentümerin der Eigentumswohnung Nr. 4 des abfallentsorgten Grundstücks A. Straße B.) betrifft.
Es kann dahinstehen, ob die ursprünglichen Abfallgebührenbescheide der Antragsgegnerin für die Jahre 2007 und 2008 - wie die Antragsteller meinen - zu Unrecht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4b NKAG i.V.m. § 164 AO mit einem sog. Vorläufigkeitsvermerk versehen worden sind. Denn in dem angefochtenen Bescheid vom 02.11.2009 sind die ursprünglichen Abfallgebührenfestsetzungen vollständig aufgehoben und komplett durch neue Festsetzungen ersetzt worden, die die Antragsteller allerdings nur teilweise (d. h. ausschließlich hinsichtlich der Gebühren für Restabfallbehälter und insoweit auch ausschließlich beschränkt auf die Nachforderungen, soweit sie über die ursprünglichen, bereits beglichenen Forderungen hinausgehen) angegriffen haben. Da im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides die vierjährige Festsetzungsfrist unzweifelhaft noch nicht abgelaufen gewesen ist, war die Aufhebung der ursprünglichen - nur „vorläufigen“ oder endgültigen - Festsetzungen der Antragsgegnerin und ihre Ersetzung durch eine vollständig neue Veranlagung aus Rechtsgründen zulässig (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 4b NKAG i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Bei den ursprünglichen Gebührenveranlagungen hat es sich um ausschließlich belastende Verwaltungsakte gehandelt, so dass ihrer Rücknahme auch nicht die - ausschließlich für rechtswidrige begünstigende Abgabenbescheide geltende - einschränkende Spezialvorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 3 b NKAG i.V.m. § 130 Abs. 2 AO entgegenstand.
Der Einwand der Antragsteller, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil mit ihm die WEG als solche zu Abfallgebühren herangezogen worden sei, Gebührenschuldner könnten aber allein die Mitglieder der WEG sein, greift bei summarischer Prüfung nicht durch. Der Bescheid vom 02.11.2009 ist in nicht zu beanstandender Weise den Antragstellern bekannt gegeben worden. Seinem Inhalt ist im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner jeweils in voller Höhe der festgesetzten und zur Zahlung angeforderten Abfallgebührennachforderungen von der Antragsgegnerin in Anspruch genommen werden.
Ein Gebührenbescheid ist gegenüber dem Gebührenschuldner zu erlassen; gegen ihn muss die Gebühr festgesetzt und das Leistungsgebot erlassen werden. Gebührenschuldner bei Abfallgebühren für Restabfallbehälter ist hier - entsprechend der landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen des § 12 Abs. 1 NAbfG i.V.m. § 5 Abs. 6 Satz 2 NKAG, des § 11 Abs. 1 Nr. 2b NKAG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 AO und des § 11 Abs. 1 Nr. 4b NKAG i.V.m. § 155 Abs. 3 AO - nach § 7Abs. 1 Satz 1 AbfGS 2007/2008 der Grundstückseigentümer/die Grundstückseigentümerin, wobei u.a. mehrere Gebührenpflichtige desselben Grundstücks (Wohnungseigentümer) als Gesamtschuldner gebührenpflichtig sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 AbfGS 2007/2008) und in diesem Fall u.a. einem bestellten Verwalter ein „einheitlicher“ (richtig müsste es heißen: zusammengefasster) Bescheid erteilt wird (§ 7 Abs. 3 Satz 2 AbfGS 2007/2008). Besteht - wie hier - Wohnungseigentum, sind die einzelnen Wohnungseigentümer, die nach § 1 Abs. 2 WEG Sondereigentümer der einzelnen Wohnungen und Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks sind, Schuldner der Abfallgebühr für Restabfallbehälter. Liegt eine grundstücksbezogene Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung „Abfallentsorgung“ und eine daraus folgende Gebührenpflicht vor, sind die Miteigentumsanteile am gemeinschaftlichen Grundstück - also mehrere Grundstückseigentümer hinsichtlich ihres Wohneigentums - betroffen. Auch diese schulden die Gebühren als Gesamtschuldner im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2b NKAG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 AO nebeneinander (vgl. Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 6 Rn. 718c m.w.N.; ebenso zum KAG NRW: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16.09.2009 - 13 K 710/08 -, juris Rn. 20 ff.). Eine Gebührenpflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft als solche sehen die hier einschlägigen Satzungsbestimmungen der Antragsgegnerin - unabhängig von der Frage der (Teil-)Rechtsfähigkeit einer solchen Gemeinschaft (dazu § 10 Abs. 6 WEG in der ab 01.07.2007 geltenden Fassung) - nicht vor (und haben sie in der Vergangenheit auch nicht vorgesehen).
Der Bescheid vom 02.11.2009 richtet sich zwar nicht ausdrücklich an die antragstellenden einzelnen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft als Miteigentümer des gemeinschaftlichen abfallentsorgten Grundstücks A. Straße B., weil in diesem Bescheid als Abgabepflichtige/r die „Eigentümergemeinschaft A. Straße B.“ bezeichnet ist. Es ist aber unter dem Gesichtspunkt der genügenden Adressatenbestimmung (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3b NKAG i.V.m. § 119 Abs. 1 AO) unschädlich, dass der Bescheid die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft nicht einzeln namentlich mitteilt. Die in einem Bescheid erfolgte Adressierung an eine bestimmte, durch eine Verwalterfirma vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach herrschender Meinung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont, der durch den Kenntnis- und Wissensstand der die WEG nach außen vertretenden Verwalterfirma gebildet wird, regelmäßig dahin auslegungsfähig und der Bescheid insofern bestimmbar, dass er sich an die bei Bekanntgabe aktuellen Wohnungseigentümer richtet; deren namentliche Aufführung ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 2.92 -, DVBl. 1994, 810/811; OVG Münster, Beschluss vom 06.06.2005 - 9 A 1150/03 -, GemHH 2006, 282, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11.11.2005 - 10 B 65.05 -, NJW 2006, 791 = KStZ 2006, 75). Anhaltspunkte dafür, dass hier etwas anderes gelten könnte, sind nicht ersichtlich. Dass sich die Antragsgegnerin durch Einsicht in das Grundbuch eine Liste der bei Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides aktuellen Eigentümer hätte verschaffen und sie als Adressaten hätte einsetzen können, ist ohne Belang. Dies hätte zwar zu einer ausdrücklichen Bestimmung des Adressatenkreises geführt, ändert aber nichts daran, dass eine den Anforderungen des § 11 Abs. 1 Nr. 3b NKAG i.V.m § 119 Abs. 1 AO genügende Bestimmbarkeit, bei der nicht nur die dem Bescheid beigefügten Erklärungen, sondern auch die dem/den Betroffenen bekannten Umstände heranzuziehen sind (vgl. BFH, Urteil vom 19.03.2009 - IV R 78/06 -, juris Rn. 17 m.w.N.), schon mit der Kurzbezeichnung der Eigentümergemeinschaft bewirkt worden ist. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob und - wenn überhaupt - welche Gedanken die Antragsgegnerin sich über den Adressatenkreis des angefochtenen Bescheides gemacht hat. Bei der Beurteilung der Bestimmbarkeit eines Bescheides ist nicht auf die subjektiven Vorstellungen der erlassenden Behörde abzustellen. Entscheidend ist insofern vielmehr der jeweilige Empfängerhorizont (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 09.06.2005, a.a.O. S. 283). Danach ist hier nach Ansicht der Kammer eine Auslegung im oben erläuterten Sinne geboten.
Soweit die Antragsteller geltend machen, das einschlägige Satzungsrecht der Antragsgegnerin sei zu unbestimmt, weil in § 7 Abs. 1 Satz 1 AbfGS 2007/2008 nicht geregelt sei, welcher Grundstückseigentümer gebührenpflichtig sei - derjenige im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld oder derjenige im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Gebührenbescheides -, trifft diese Rüge zwar zu, führt aber gleichwohl nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Satzungsrechts. Denn den vorgenannten Satzungsbestimmungen kann unter Heranziehung allgemeiner Grundsätze des Gebührenrechts einerseits und der Regelungen in § 7 Abs. 6 und 7 AbfGS 2007/2008 betreffend den Wechsel des/der Gebührenpflichtigen im Wege der Auslegung nach Ansicht der Kammer noch hinreichend deutlich entnommen werden, dass gebührenpflichtig (ausschließlich) der Grundstückseigentümer im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld sein soll. Die Gebührenschuld entsteht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2b NKAG i.V.m. § 38 AO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht anknüpft. Der Tatbestand, an den das Gesetz die Abfallgebührenleistungspflicht anknüpft, ist gemäß § 12 Abs. 1 NAbfG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 NKAG die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung „Abfallentsorgung“. Vorausgesetzt ist dabei die Entstehung der Gebührenpflicht, d. h. die Begründung des Gebührenschuldverhältnisses mit einem (oder mehreren) bestimmten Grundstückseigentümer(n). Ist dies der Fall, ist bei Leistungsgebühren der Gebührentatbestand grundsätzlich erst mit Ablauf des Erhebungszeitraums verwirklicht, im Falle der sog. „antizipierten“ Gebührenerhebung nach § 5 Abs. 5 Satz 3 NKAG aber schon mit Beginn des Erhebungszeitraums. Nach dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin entsteht bei Abfallgebühren für Restabfallbehälter gemäß § 2 die Gebührenschuld mit Beginn des Erhebungszeitraums (§ 10 Abs. 1 Satz 4 AbfGS 2007/2008), wobei Erhebungszeitraum das Kalenderjahr und bei Entstehung während des Jahres der Restteil des Jahres ist (§ 10 Abs. 1 Satz 2 AbfGS 2007/2008). Mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird grundsätzlich auch die Person des Gebührenpflichtigen festgelegt, d. h. desjenigen, der persönlich gebührenpflichtig ist. Dieser Grundsatz gilt indes nur, wenn der Landes- oder Ortsgesetzgeber keine abweichende Regelung getroffen hat (vgl. Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 67). Eine ausdrücklich Regelung des Landesgesetzgebers wie im Beitragsrecht, wonach (persönlich) beitragspflichtig ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist (§ 6 Abs. 8 Satz 1 NKAG), gibt es im niedersächsischen Benutzungsgebührenrecht nicht. Ob in diesem Rechtsgebiet allein der Ortsgesetzgeber eine solche Regelung treffen könnte, kann dahinstehen, da dies der Rat der Antragsgegnerin hier weder ausdrücklich noch mittelbar - wie sich aus § 7 Abs. 6 und 7 AbfGS 2007/2008 ergibt - getan hat. Wenn er in diesen Vorschriften normiert hat, dass beim Wechsel des/der Gebührenpflichtigen die Gebührenpflicht mit Beginn des auf den Übergang folgenden Kalendervierteljahres auf den neuen Verpflichteten übergeht und der Wechsel der Gebührenpflicht der Antragsgegnerin mitzuteilen ist, kann schlechterdings nicht davon ausgegangen werden, er habe Personen für persönlich gebührenpflichtig erklären wollen, deren Gebührenschuldverhältnis mit der Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Gebührenbescheides bereits beendet gewesen ist.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im vorliegenden Fall: Der angefochtene Bescheid vom 02.11.2009 dürfte partiell rechtswidrig sein, soweit damit gegenüber der Eigentümerin der Eigentumswohnung Nr. 4 die strittigen Restabfallgebührennachforderungen für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzt und zur Zahlung angefordert worden sind. Von der Antragsgegnerin herangezogen ist (u.a.) die Eigentümerin der Wohnung Nr. 4 im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides (November 2009), die Antragstellerin M. N., obwohl diese ausweislich der Anlage 1 zur Klageschrift vom 09.11.2009 im Verfahren 3 A 500/09 (Bl. 9 der Gerichtsakte) Eigentümerin erstsichtlich erst seit dem 01.12.2008 gewesen ist. Im jeweiligen Zeitpunkt des Entstehens der strittigen Abfallgebührenschuld für 2007 und 2008 - 01.01.2007 bzw. 2008 - waren Eigentümer offensichtlich noch die Eheleute X., die insoweit als Gebührenschuldner allein hätten herangezogen werden dürfen, aber tatsächlich nicht veranlagt worden sind. Insoweit - aber auch nur insoweit - sind partielle ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 02.11.2009 begründet, denen die Kammer durch eine hierauf beschränkte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 3 A 500/09 Rechnung trägt.
Im Übrigen bleibt der Aussetzungsantrag mangels Vorliegen von ernstlichen Zweifeln im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO erfolglos.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 159 Satz 2 VwGO. Den gesamtschuldnerisch haftenden Antragstellern sind die Kosten des Verfahrens ganz aufzuerlegen, weil die Antragsgegnerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Bei Abgabensachen ist in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach ständiger Rechtsprechung von einem Viertel des angeforderten Betrages (1.089,45 Euro) auszugehen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 04.08.1997 - 9 M 1392/97 - BA S. 7). Eine Vervielfältigung des Wertes in Anwendung des § 39 Abs. 1 GKG findet bei zusammengefassten Bescheiden nicht statt, da die hier strittige Abfallgebührennachzahlung in Höhe von 1.089,45 Euro, die die Antragsteller als Gesamtschuldner schulden, wirtschaftlich denselben Streitgegenstand hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 03.05.1994 - 9 O 891/94 - BA S. 5).