Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.01.2017, Az.: 7 W 48/16 (L)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.01.2017
- Aktenzeichen
- 7 W 48/16 (L)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 11006
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2017:0112.7W48.16L.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Stolzenau - 24.05.2016 - AZ: 5 Lw 20/14
Rechtsgrundlagen
- GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
- GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 3
- GrdstVG § 9 Abs. 5
- RSiedlG § 4
- RSiedlG §§ 4 ff.
Fundstelle
- GuG aktuell 2018, 15
Amtlicher Leitsatz
1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG greift als Versagungsgrund vorrangig im Verhältnis zwischen Landwirt und Nichtlandwirt ein.
2. Entscheidend für die Erteilung der Genehmigung ist, dass der angestrebte Grundstückserwerb unabhängig von konkurrierenden anderen Erwerbsinteressen agrarpolitischen Zielsetzungen nicht widerspricht.
3. Wenn Gegenstand des Grundstückskaufvertrags kein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb ist und das gesetzliche Vorkaufsrecht gem. § 4 ff. Reichssiedlungsgesetz nicht ausübt worden ist, scheidet gem. § 9 Abs. 5 GrdstVG eine Versagung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG aus.
4. Für die Versagung einer Genehmigung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG ist nicht mehr auf den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert des Grundstücks abzustellen, sondern allein auf den Marktwert, der sich nach dem Preis richtet, den Kaufinteressenten - auch insoweit es Nichtlandwirte sind - für das Grundstück zu zahlen bereit sind (Anschluss an BGH, Beschluss vom 29.04.2016 - BLw 2/12).
5. Dass ein Angebot eines Käufers relativ deutlich über den anderen Geboten liegt, macht es ohne weitere Anhaltspunkte noch nicht zu einem spekulativen Gebot.
6. Die Genehmigung zum Hinzuerwerb von Grundstücken durch einen landwirtschaftlichen Großbetrieb ist nicht schon deshalb zu versagen, weil ein anderer Landwirt zur Aufstockung seines Betriebs die Flächen dringender benötigt.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Verkäufers/Antragstellers sowie der Käuferin/Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Stolzenau vom 24.05.2016 - 5 Lw 20/14 - abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Der Bescheid des Beteiligten zu 3 (Landkreis N.) vom 30.04.2014 betreffend die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 9 GrdstVG (172/719-03 032/77) wird aufgehoben.
Die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des notariellen Kaufvertrags des Notars ..., über ein Grundstück zur Größe von 2,2172 ha und ein Grundstück zur Größe von 0,8035 ha wird erteilt.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Verkäufer und die Käuferin zu gleichen Teilen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet auch im Beschwerdeverfahren nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 138.952,20 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung eines Grundstückskaufvertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz.
Der Antragsteller (folgend: Verkäufer) hat mit dem streitbefangenen Grundstückskaufvertrag vom 04.03.2014 die Flurstücke 33/1 und 33/2 der Flur 25, Gemarkung Nd., benannt Landwirtschaftsfläche Q. zur Größe von 22.171 qm und 8.035 qm, eingetragen unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses im Grundbuch von Nd., Amtsgericht Stolzenau, Blatt 979, an die Antragstellerin (folgend: Käuferin) verkauft zu einem Kaufpreis von 4,60 €/qm und damit bezogen auf die gesamte verkaufte Fläche von 30.207 qm für 138.952,20 €. Die Käuferin ist Vollerwerbslandwirtin (vgl. dazu auch Senat, Beschl. v. 17.09.2012 - 7 W 26/12 (L), AUR 2013, 255 = RdL 2013, 77). Die Niedersächsische Landgesellschaft hat am 24.04.2014 mitgeteilt, dass sie ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht gem. § 4 ff. ReichssiedlungsG nicht ausübt.
Die gem. § 2 GrdstVG erforderliche grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung hat der Beteiligte zu 3, der Landkreis N. (folgend: Landkreis) mit Bescheid vom 30.04.2014 unter Bezug auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagt, weil der Verkauf zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führen würde (Bl. 7 d. A.). Der Kauf widerspreche auch Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, da die Käuferin die Flächen - wie der Landkreis behauptet - hauptsächlich zur Gewinnung von Biomais benötige. Der Verkäufer und die Käuferin haben demgegenüber die Genehmigung des notariellen Kaufvertrags durch das Landwirtschaftsgericht beantragt.
Das Landwirtschaftsgericht hat diese Genehmigung verweigert. Ein Versagungsgrund gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG sei zwar nicht gegeben; doch läge ein grobes Missverhältnis i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG vor. Obwohl nach der vom Landwirtschaftsgericht eingeholten sachverständigen Beurteilung der Kaufpreis den ermittelten Verkehrswert lediglich um 43,75 % überschreite - und damit die nach Ansicht des Landwirtschaftsgerichts maßgebliche Überschreitungsgrenze von 50 % noch nicht erreiche - seien hier besondere Umstände gegeben, die einer Genehmigung entgegenstünden. Der Zuwachs der Flächen möge zwar für die Käuferin keine nennenswerte Bedeutung haben, "wohl aber in der Gesamtbetrachtung für andere Betriebe in der Region". Denn die Käuferin "dominiert bekanntlich ... wirtschaftlich in unerträglichem Maße den hiesigen landwirtschaftlichen Raum", was sich auch in zahlreichen Landkäufen der Käuferin widerspiegele, "die seit einigen Jahren die Rechtsprechung des Amtsgerichts beschäftigen" (S. 9 des angefochtenen Beschlusses). Den "wohl ganz überwiegend reinen Geldanlageinteressen" der Käuferin ginge das Interesse eines anderen Bieters, des Landwirts M., der für die Flächen einen Kaufpreis von 3,40 €/qm geboten hat, vor; die betroffenen Flächen dürften schon wegen ihrer Größe für die Käuferin "keine konkrete landwirtschaftliche Bedeutung haben ..., wohl aber bei immer knapperen Flächen und Ressourcen als interessantes Geldanlageobjekt mit erheblichem Wertsteigerungspotential" (S. 10 des angefochtenen Beschlusses).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 293 ff. d. A.).
Im Nichtabhilfebeschluss vom 31.10.2016 (Bl. 337 d. A.) hat das Landwirtschaftsgericht ergänzend darauf abgestellt, dass nach einem aktuellen Entwurf des niedersächsischen Agrarstrukturierungsgesetzes schon eine 30-prozentige Übersteigung des Verkehrswertes zur Versagung der Genehmigung genügen solle.
Gegen diesen Beschluss wenden sich der Verkäufer und die Käuferin mit ihrer Beschwerde. Sie sind der Ansicht, das Landwirtschaftsgericht habe die Versagungsgründe gemäß § 9 GrdstVG nicht gesetzeskonform angewendet. Ein grobes Missverhältnis im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liege schon nicht vor, weil der vereinbarte Kaufpreis von 4,60 €/qm unterhalb der von der Rechtsprechung bislang angenommenen 150%-Grenze liege. Dabei habe das Landwirtschaftsgericht auch nicht bedacht, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der innerlandwirtschaftliche Verkehrswert für die Beurteilung eines groben Missverhältnisses nicht mehr herangezogen werden dürfe. Das ergebe sich aus der Entscheidung des BGH vom 29.04.2016 (BLw 2/12, AUR 2016, 261). Demnach sei die bisherige Rechtsauffassung zur 150 %-Grenze obsolet. Ein grobes Missverhältnis zum Verkehrswert der verkauften Grundstücke bestehe zudem nicht, wie sich aus den Feststellungen des Gutachters A.-N. vom 16.03.2016 ergebe. Der Gutachter habe dort sowohl eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden als auch ein grobes Missverhältnis abgelehnt.
Der Verkäufer und die Käuferin beantragen,
den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Stolzenau vom 24.05.2016 - 5 Lw 20/14 - aufzuheben und den Grundstückskaufvertrag des Notars ..., zu genehmigen.
Die weiteren Beteiligten haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2016 (Bl. 343 ff. d. A.) sowie die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet und hat deshalb Erfolg.
Gründe i. S. v. § 9 Abs. 1 GrdstVG, aufgrund derer die Genehmigung des im Streit stehenden Grundstückskaufvertrags versagt werden kann, liegen nicht vor, so dass von Rechts wegen ein Anspruch auf eine Genehmigung des Grundstückskaufvertrags besteht.
1. Der Kaufvertrag führt nicht zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG.
a) Das hat das Landwirtschaftsgericht im angefochtenen Beschluss zunächst ebenso gesehen, im Nichtabhilfeverfahren aber dennoch auf diesen Punkt durch Verweis auf einen Entwurf des Niedersächsischen Agrarstrukturierungsgesetzes abgestellt. Zuvor hat der Landkreis in der Stellungnahme vom 30. September 2016 (Bl. 335 d. A.) ausgeführt, die Käuferin habe ihr Angebot aus rein spekulativen Gründen abgegeben. Der Landkreis erörtert dies zwar nicht weiter unter dem Versorgungsgrund gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG (sondern unter § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG), im Zusammenhang mit der Genehmigungsversagung aus dem Bescheid vom 30. April 2014 (Bl. 328 f. d. A.) wird aber ersichtlich, dass er anscheinend von einer ungesunden "Anhäufung" von Grund und Boden in der Hand einer Person oder mehrerer Personen, die in wirtschaftlicher Einheit zu betrachten sind, ausgeht. Denn in dem Bescheid, auf den im angefochtenen Beschluss Bezug genommen wird, wird dieser Punkt im Hinblick auf die schon vorliegende "Flächenanhäufung" der Käuferin erörtert. Sie soll über ca. 650 ha landwirtschaftliche Fläche verfügen, die sie auch bewirtschaftet. Das soll wiederum zu einer nicht hinnehmbaren Zwischenknappheit für die Landwirtschaft in der Region führen (Bl. 329 d. A.). Deshalb meint der Landkreis, der Kauf widerspreche Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Das beruhe auch darauf, dass die Landwirtschaft nicht "nachhaltig" betrieben werde. Denn die Käuferin bewirtschafte den Boden hauptsächlich zur Gewinnung von Biogasmais, womit Grundsätze einer ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung nicht eingehalten würden. Dies ist auch im angefochtenen Beschluss erwähnt worden (dort S. 2/3).
b) Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG greift als Versagungsgrund vorrangig im Verhältnis zwischen Landwirt und Nichtlandwirt ein. Hier handelt es sich - unstreitig - bei den Vertragsparteien und insbesondere der Käuferin (Senat, Beschl. v. 17.09.2012 - 7 W 26/12 (L), AUR 2013, 255 = RdL 2013, 77) um Vollerwerbslandwirte. Die Käuferin will das betroffene Areal außerdem landwirtschaftlich bewirtschaften.
Der Rückgriff auf den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG ist unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich nicht möglich (vgl. Martinez in Düsing/Martinez, Agrarrecht, § 9 GrdstVG Rn. 26 mwN). Denn eine positive Lenkung des Bodenmarktes, die die unions- und verfassungsrechtlichen Grenzen des Eigentumsrechts bzw. der Kapitalverkehrsfreiheit überschreitet, ist unzulässig (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.06.1969 - 1 BvR 353/67, BVerfGE 26, 215, 223; BGH, Beschl. v. 06.07.1990 - BLw 8/88, AgrarR 1990, 315 = BGHZ 112, 86, 93; Beschl. v. 11.07.1961 - V BLw 20/60, RdL 1961, 229; Martinez a. a. O. mwN). Die Behörde darf auch nicht aus anderen Gründen eine Auswahl unter den nach dem Grundstücksverkehrsgesetz konkurrierenden privilegierten Erwerbsinteressenten vornehmen (BGH, Beschl. v. 09.05.1985 - BLw 8/84, NJW-RR 1986, 312 = BGHZ 94, 292, 298; BGH, Beschl. v. 29.11.1996 - BLw 25/96, NJW-RR 1997, 336; Martinez a. a. O. mwN). Ausreichend und alleinentscheidend für die Erteilung der Genehmigung ist, dass der angestrebte Grundstückserwerb unabhängig von konkurrierenden anderen Erwerbsinteressen agrarpolitischen Zielsetzungen nicht widerspricht (OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.04.2013 - 10 W 7/13, RdL 2013, 306, Rn. 37; Martinez a. a. O. m. w. N.).
Ein solcher Widerspruch zu agrarpolitischen Zielsetzungen ist hier nicht ersichtlich. Auch der Betrieb von Biogasanlagen widerspricht nicht agrarpolitischen Zielsetzungen, sondern ist agrarpolitisch gewollt (vgl. insbesondere die Darstellungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft http://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Nachwachsende-Rohstoffe/nachwachsende-rohstoffe_node.html und http://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Nachwachsende-Rohstoffe/Bioenergie/Bioenergie_node.html - jeweils abgerufen am 09.01.2017).
Darüber hinaus ist der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG durch § 9 Abs. 5 GrdstVG gesperrt. Die Niedersächsische Landgesellschaft hat mit Schreiben vom 24.04.2014 mitgeteilt, dass sie das gesetzliche Vorkaufsrecht gem. § 4 ff. Reichssiedlungsgesetz nicht ausübt (vgl. Bl. 6 sowie Bl. 329 d. A.). Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb ist nicht Gegenstand des Grundstückskaufvertrags. Damit scheidet eine Versagung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG von vornherein aus (wie auch das Landwirtschaftsgericht gleichfalls zunächst erkannt, im Nichtabhilfebeschluss aber übergangen hat).
Dass der Landkreis demgegenüber immer wieder von einer ungesunden "Anhäufung" von Flächen spricht (vgl. exemplarisch die Stellungnahme vom 21.10.2014, Bl. 60 d. A.) und deshalb den Versagungsgrund gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG angewendet haben will, ist ohne Belang. Das gilt ebenso für die Erwägung auf Seite 2 unten des Bescheides vom 30. April 2014 (Bl. 329 d. A.), § 9 Abs. 5 GrdstVG dürfte "nicht zum Zuge" kommen, da das Vorkaufsrecht "nur deshalb nicht ausgeübt wird, weil der Kaufpreis für interessierte Landwirte wirtschaftlich nicht darstellbar ist". Diese Erwägung findet im Gesetz keine Stütze. § 9 Abs. 5 GrdstVG lässt eine derartige Auslegung nicht zu. Die von dem Landkreis angenommene "Nichtdarstellbarkeit" ist im Übrigen spekulativ. Dabei wird auch übergangen, dass die Käuferin Landwirtin ist und den Kaufpreis angeboten hat.
2. Ein "grobes Missverhältnis zum Wert des Grundstücks" (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG) besteht nicht.
a) Das Landwirtschaftsgericht hat zur Frage, ob und inwieweit hier eine "ungesunde Anhäufung land-und forstwirtschaftlicher Nutzflächen in der Hand der Käuferin" vorliegt, gem. Beschluss vom 13.07.2015 (Bl. 128 f. d. A.) Beweis erhoben. Der gerichtlich bestellte Sachverständige A. N. hat jedoch ein grobes Missverhältnis von Gegenwert und Wert des Grundstücks abgelehnt (Bl. 161 d. A.). Die Relation Verkehrswert (3,20 €/qm) zu Kaufpreis (4,60 €/qm) betrage das 1,44-fache und liege damit unter dem groben Missverhältnis (Faktor 1,50). Das hat der Sachverständige auch in der anschließenden Stellungnahme vom 16.03.2016 bestätigt (Bl. 272 d. A.). Ebenso hat er diese Sicht gegenüber den Einwendungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Schreiben vom 31.03.2016 perpetuiert (Bl. 276 f. d. A.). Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der verwendete Begriff "ungesunde Anhäufung" eine lediglich persönliche Einschätzung der Landwirtschaftskammer und des Landwirtschaftsgerichts sei (und in diesem Zusammenhang ausgeführt, er habe den Eindruck, "dass die Landwirtschaftskammer bewusst den Gewinnbeitrag einer landwirtschaftlichen Fläche drücken will", Bl. 280 d. A.). Der Sachverständige hat unabhängig davon auch eine ungesunde "Anhäufung" von Flächen verneint (Bl. 277 d. A.).
Der Senat teilt nicht die Ansicht des Landwirtschaftsgerichts, aus dem Entwurf des Niedersächsischen Agrarstrukturierungsgesetzes lasse sich ein anderer Maßstab (zudem des Bundesgesetzgebers) herleiten. Martinez (Agrarrecht a. a. O., § 9 GrdstVG Rn. 39) spricht zwar von einer Reformdiskussion, nach der eine Debatte um eine Herabsetzung des Wertes auf 120 % "entbrannt" sei. Eine solche - ergebnisoffene - "Debatte" ersetzt jedoch keine sachlichen Kriterien.
b) Entscheidend - und vom Landwirtschaftsgericht trotz des Hinweises im Beschwerdeverfahren (Bl. 316 d. A.) ganz übergangen - ist die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 29.04.2016 - BLw 2/12, RdL 2016, 268, insb. Rn. 19), die auf der vorangehenden Entscheidung des EuGH in jenem Verfahren beruht (EuGH 1. Kammer, Urt. v. 16.07.2015 - C-39/14, EuZW 2015, 749). Danach ist für die Versagung einer Genehmigung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht mehr auf den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert des Grundstücks abzustellen, sondern allein auf den Marktwert, der sich nach dem Preis richtet, den Kaufinteressenten - auch insoweit es Nichtlandwirte sind - für das Grundstück zu zahlen bereit sind. Der BGH hat dabei ausdrücklich seine ältere Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 02.07.1968 - V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 300) aufgegeben. Hinter dieser Entscheidung steht die Erwägung, dass mit den Genehmigungsversagungen nach den bisherigen Kriterien staatliche Beihilfen zugunsten bestimmter landwirtschaftlicher Betriebe verbunden sein könnten. Das wiederum kann zu sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen führen, die zu vermeiden sind. Maßgeblich ist deshalb allein der Marktwert. Dieser bemisst sich nach dem Preis, den die Kaufinteressenten zu zahlen bereit sind.
Damit ist im vorliegenden Fall für die Ermittlung des Marktwertes auch der Preis zu berücksichtigen, den die Käuferin zu zahlen bereit ist. Den Erwägungen des Landwirtschaftsgerichts, der Landwirtschaftskammer und des Landkreises zur Preisbildung in diesem Verfahren ist damit der Boden entzogen (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 29.04.2016 - BLw 2/12, Rn. 19 f.). Auf das Verhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis kommt es nicht (mehr) an.
c) Ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Grundstücks kann im hier zu entscheidenden Fall auch nicht aus einem Spekulationsgeschäft (zu diesem Kriterium BGH, Beschl. v. 29.04.2016 - BLw 2/12, Rn. 27 ff.) der Käuferin hergeleitet werden. Denn das Höchstgebot der Käuferin war nicht spekulativ überhöht.
Der Landkreis hat sich auf diesen Gesichtspunkt in seiner Stellungnahme vom 30.09.2016 gegenüber dem Landwirtschaftsgericht im Beschwerdeverfahren bezogen (Bl. 335 R d. A.). In der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2016 hat der Verkäufer dazu erklärt:
"Die Entwicklung des Kaufpreises war folgendermaßen: Ich bin zunächst zu Herrn M. gegangen, weil er mein langjähriger Pächter war, und habe ihn aufgefordert, einen Preis zu nennen. Er hat damals aber nur 2,50 €/qm bieten wollen. Das war mir zu wenig. Ich habe dann bei der ... Landwirtschaftsgesellschaft angerufen und mit Herrn S. gesprochen. Denn ich wollte einen höheren Kaufpreis erzielen. Ich bekam in der Folgezeit weitere Gebote, so von dem Landwirt Sch. über 3,50 €/qm und von Herrn S. für die Landwirtschaftsgesellschaft in Höhe von 4,00 €/qm. Daraufhin hat mich Herr M. noch mal angerufen und mir gesagt, er habe doch Interesse und würde einen höheren Preis bieten. Er hat dann 3,40 €/qm geboten. Bei mir kam es dann sozusagen zu einer "Kurzschlusshandlung", weil doch Herr M. mein Pächter war, da habe ich dann gesagt: "Ja, wir machen das". ... Jedenfalls habe ich Herrn S. angerufen und ihm gesagt, dass das nichts wird. Der war dann sauer. Er wusste aber nicht, wieviel Herr M. konkret geboten hat. Er hat dann noch mal das vorliegende Angebot von 4,00 €/qm erhöht. Herr S. ist auf 4,60 €/qm gegangen. ... Ich habe mir auch noch mehrere Wochen Zeit ausgebeten, das Angebot zu überdenken. ... Ich habe dann den Notartermin abgesagt, bevor wir dorthin gegangen sind, und bei Herrn S. angerufen und sein Angebot angenommen. Das war dann zu dem Preis von 4,60 €/qm. Ich kann auch sagen, dass die Differenz zwischen den 4,00 € und den 4,60 € im Angebot von Herrn S. den Ausschlag gegeben hat. Ich habe mich nämlich noch mit meinen Geschwistern darüber beraten. Und die haben dann auch gesagt, was soll das, ich sollte die 4,60 € doch annehmen" (Protokoll Bl. 343R/344 d. A.).
Der Senat teilt nicht die Ansicht des Landkreises (Protokoll Bl. 344 R d. A.), dass allein die deutliche Überhöhung des Angebotspreises ein Indiz für einen spekulativen Preis sei. Die - auch seitens der Käuferin bestätigte (Protokoll Bl. 344 d. A.) - Preisentwicklung erscheint nachvollziehbar. Sie ist nach der eigenen Darstellung des Verkäufers maßgeblich von ihm und nicht durch die Käuferin beeinflusst worden. Es ist aber von Rechts wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass ein Grundstücksverkäufer die von ihm zum Kauf angebotenen Flächen an denjenigen Kaufinteressenten veräußert, der den höchsten Preis bietet. Insoweit ist es dem Verkäufer auch nicht verwehrt, die Preisbildung selbst zu beeinflussen. Der Umstand, dass das Angebot der Käuferin relativ deutlich über den anderen Geboten liegt, macht es ohne weitere Anhaltspunkte noch nicht zu einem spekulativen Gebot. Gerade der Umstand, dass die Käuferin ihr Angebot von 4,00 €/qm noch einmal auf 4,60 €/qm erhöht hat, weil der Verkäufer vorher nicht verkaufen wollte, zeigt, dass primär der Verkäufer den Kaufpreis "getrieben" hat, nicht die Käuferin. Das aber ist zunächst das Recht eines jeden Flächeneigentümers und entspricht dem üblichen Marktgeschehen.
Es sind zudem keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Käuferin die Flächen spekulativ "als interessantes Geldanlageobjekt mit erheblichem Wertsteigerungspotential" (so ohne weitere Begründung S. 10 des angefochtenen Beschlusses) verwerten will. Unbestritten wird die Käuferin die Flächen nicht weiterveräußern, sondern bewirtschaften (vgl. auch Protokoll Bl. 344 R d. A.).
3. Auf die weiteren Erwägungen im angefochtenen Beschluss, ob und inwieweit der Landwirt M. die Flächen tatsächlich für seinen Betrieb benötigt, kommt es demnach nicht an. Die Genehmigung zum Hinzuerwerb von Grundstücken durch einen landwirtschaftlichen Großbetrieb ist nicht schon deshalb zu versagen, weil ein anderer Landwirt zur Aufstockung seines Betriebs die Flächen dringender benötigt (vgl. BGH, Beschl. v. 09.11.1978 - V BLw 19/78, AgrarR 1979, 197; Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 1902).
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 LwVG (vgl. dazu auch Hornung in Düsing/Martinez, Agrarrecht, § 44 LwVG Rn. 3), wobei der Senat eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten - für beide Instanzen - aus Billigkeitsgründen ebensowenig für geboten erachtet hat wie eine Auferlegung dieser Kosten auf einen Beteiligten allein (vgl. dazu Hornung in Düsing/Martinez, Agrarrecht, § 45 LwVG Rn. 1).
Gerichtsgebühren fallen im Beschwerdeverfahren nicht an, weil die Beschwerde erfolgreich war (§ 25 Abs. 1 GNotKG).
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens war gemäß §§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 1 und 2 GNotKG vom Senat auf 138.952,20 € festzusetzen. Denn der Wert des zugrunde liegenden Geschäfts, das genehmigt werden soll, entspricht dem Kaufpreis des Vertrags, den die Beteiligten zu 1 und 2 genehmigt bekommen möchten. Das sind 138.952,20 € (vgl. Bl. 13 d. A.).
IV.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§§ 9 LwVG, 70 FamFG). Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 70 Abs. 1 FamFG).