Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 30.10.2013, Az.: L 3 U 151/10
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.10.2013
- Aktenzeichen
- L 3 U 151/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 64280
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 28.04.2010 - AZ: S 2 U 166/06
Rechtsgrundlagen
- § 65a SGB 1
- § 22 JVEG
- § 8 Abs 1 SGB 7
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zum fehlenden Ursachenzusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und einer isolierten
Verletzung des Innenmeniskushinterhorns.
2. Aufwendungen, die einem Versicherten aus Anlass der Begleitung durch einen sprachkundigen Verwandten zu einer gutachterlichen Untersuchung (hier: durch Erstattung des Verdienstausfalls als Selbstständiger) entstanden sind, können unter Heranziehung von § 22 JVEG erstattet werden.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 28. April 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 3. Januar 2006 sowie 4. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22. November 2006 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere Kosten in Höhe von 212,80 Euro zu erstatten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/10 der Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Anerkennung von Unfallfolgen und die Erstattung von Reisekosten.
Der 1962 geborene Kläger ist finnischer Staatsbürger und als selbstständiger Holzfäller ua in Deutschland tätig. Am 15. März 2004 stürzte er beim Fällen eines Baumes und erlitt dabei eine Innenbandzerrung im linken Knie; ein Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung oder eine Meniskusbeteiligung wurde bei der Erstuntersuchung nicht gesehen (Durchgangsarztbericht nebst Ergänzungsbericht <Knie> PD Dr. F. vom 16. März 2004).
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger im April 2004 mit, dass sein Knie wieder „in Ordnung“ sei. Dennoch ließ er im Juni 2004 eine kernspintomografische Untersuchung in Finnland durchführen. Als Diagnose ergab sich dabei ein Innenmeniskushinterhornriss im linken Kniegelenk, der auch operativ versorgt wurde (Operationsbericht Diakonissenanstalt G. /Finnland vom 29. Juni 2004).
Im Anschluss erkannte die Beklagte das Ereignis vom 15. März 2004 als Arbeitsunfall (AU) an. Als Unfallfolge hielt sie eine Innenbandzerrung des linken Kniegelenks fest und ging von einer unfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit am 16. März 2004 sowie einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum 26. März 2004 aus (Bescheid vom 1. März 2005).
Im sich daran anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten bei Prof. Dr. H. ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die beim Kläger im linken Kniegelenk festgestellte Meniskusverletzung nicht ursächlich auf das Unfallereignis vom 15. März 2004 zurückgeführt werden könne, da dabei begleitende Verletzungen des Kapsel-Bandapparats nicht festgestellt worden seien (Gutachten vom 13. Dezember 2005). Unter Hinweis auf das Gutachten wies die Beklagte den zuvor vom Kläger eingelegten Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. November 2006).
Für die Anreise des Klägers zu den Untersuchungen bei Prof. Dr. H. erstattete die Beklagte Fahrtkosten iHv 72 Euro sowie Verdienstausfall iHv 59,20 Euro (Bescheid vom 3. Januar 2006). Den hiergegen eingelegten Widerspruch - gerichtet auf die Zahlung von 464 Euro für eine Begleitperson (Bruder des Klägers) - wies die Beklagte nach Erstattung weiteren Verdienstausfalls iHv 59,20 Euro (Abhilfebescheid vom 4. Mai 2006) zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. November 2006).
Gegen die Entscheidungen der Beklagten hat der Kläger am 22. Dezember 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben und dort geltend gemacht, dass eine degenerative Ursache für die bei ihm festgestellte Meniskusverletzung nicht belegt sei. Zudem seien die finnischen Ärzte der Auffassung, dass die Verletzung posttraumatisch entstanden sei (Stellungnahme der Fachärztin für Radiologie I. vom 17. März 2006). Dabei habe die Beklagte zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass sein linkes Kniegelenk bereits durch den auch anerkannten AU vom 11. Oktober 2000 vorgeschädigt gewesen sei. Entgegen den Ausführungen der damals behandelnden Ärzte habe er sich bei dem Unfallereignis nicht das rechte, sondern ebenfalls das linke Knie verletzt. Zudem habe er bis zum 1. August 2004 Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld; darüber hinaus stehe ihm für die Kosten, die ihm durch die Begleitung seines Bruders zu den vom Sachverständigen Prof. Dr. H. festgelegten Untersuchungsterminen entstanden sind, ein Erstattungsanspruch zu.
Das SG hat zum Klageverfahren die Verwaltungsakten der Beklagten zu den Arbeitsunfällen vom 11. Oktober 2000 bzw 15. März 2004 beigezogen und gemäß § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Sachverständige die Chirurgin Dr. J. gehört. Die Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die beim Kläger im linken Kniegelenk festgestellte Meniskusverletzung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Unfallereignisse vom 11. Oktober 2000 bzw 15. März 2004 zurückgeführt werden könne (Gutachten vom 2. April 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 1. September 2009).
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2010 abgewiesen. Zu Recht habe es die Beklagte abgelehnt, die beim Kläger festgestellte Meniskusverletzung als Folge der Arbeitsunfälle vom 11. Oktober 2000 bzw 15. März 2004 anzuerkennen. Es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Verletzung durch einen der Arbeitsunfälle verursacht worden sei. Hinsichtlich des AU vom 11. Oktober 2000 ergebe sich dies daraus, dass der Kläger nicht im Vollbeweis nachgewiesen habe, dass bei dem Unfallvorgang ein Gesundheits(erst)schaden im linken (und nicht im rechten) Kniegelenk eingetreten sei. Hinsichtlich des AU vom 15. März 2004 folge dies aus den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. J.. Danach sei es äußerst unwahrscheinlich, dass ohne eine feststellbare Verletzung des Kapsel-Bandapparats ein Meniskusriss traumatisch entstehen könne. Darüber hinaus habe der Kläger gegenüber der Sachverständigen einen für die Verursachung eines Meniskusrisses ungeeigneten Unfallhergang geschildert.
Der Kläger habe zudem weder einen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld noch auf die Erstattung der weiteren Kosten, die ihm über die bisherige Erstattung der Beklagten hinaus durch die Begleitung seines Bruders anlässlich der ärztlichen Untersuchungen im Verwaltungsverfahren entstanden seien. Insoweit verweise die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 22. November 2006 (§ 136 Abs 3 SGG).
Gegen diesen Gerichtsbescheid (zugestellt am 3. Mai 2010) wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 21. Mai 2010. Nachdem er von seinem ursprünglich im Berufungsverfahren verfolgten Ziel der Gewährung von Verletztengeld für zwei Monate bzw der Erstattung von Behandlungskosten iHv 1.169,86 Euro Abstand genommen hat, macht er geltend, dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft werden müsse, ob die bei ihm festgestellte Meniskusverletzung auf den AU vom 11. Oktober 2000 zurückzuführen sei. Er gehe jetzt davon aus, dass die Verletzung allein durch den AU vom 15. März 2004 entstanden sei. Dies ergebe sich daraus, dass eine degenerativ bedingte Rissbildung nach Aussage der behandelnden finnischen Ärzte ausgeschlossen werden könne und darüber hinaus die Voraussetzungen eines geeigneten Unfallhergangs in Form eines Drehsturzes gegeben seien. Außerdem habe sie zu Unrecht von den Kosten, die ihm durch die Begleitung seines Bruders zu den Untersuchungen bei Prof. Dr. H. entstanden seien, nur einen Teilbetrag iHv 59,20 Euro erstattet. Angefallen seien (Begleit-)Kosten iHv 464 Euro.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 28. April 2010 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 1. März 2005 sowie vom 3. Januar 2006 und vom 4. Mai 2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 22. November 2006 zu ändern,
2. festzustellen, dass ein Innenmeniskushinterhornriss im linken Kniegelenk Folge des Arbeitsunfalls vom 15. März 2004 ist,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere Reisekosten in Höhe von 404,80 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Im Wesentlichen hat das SG seine Klage aber zu Recht abgewiesen.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der geltend gemachten Erstattung weiterer Kosten für die Begleitung des Klägers zu ärztlichen Untersuchungsterminen noch dessen Feststellungsbegehren, die bei ihm im linken Kniegelenk diagnostizierte Meniskusverletzung als Folge des AU vom 15. März 2004 anzuerkennen. Im Übrigen hat der Kläger sein Rechtsschutzbegehren im Laufe des Berufungsverfahren ausdrücklich beschränkt; ob diese Verletzung (mit-)ursächlich auf den weiteren AU des Klägers vom 11. Oktober 2000 zurückzuführen ist, kann daher dahingestellt bleiben. Betroffen von der Beschränkung ist auch das den Beschwerdewert des Berufungsverfahrens (vgl hierzu die Regelung in § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG) übersteigende Begehren des Klägers auf die Gewährung von Verletztengeld bzw die Erstattung von Behandlungs-kosten.
2. Die so verstandene Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 55 Abs 1 Nr 3 SGG) des Klägers ist statthaft und trotz der im Berufungsverfahren erklärten Beschränkung auch zulässig (vgl zur Zulässigkeit bei herabgesetztem Beschwerdewert nach Einlegung der Berufung Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10 Aufl 2012, § 144 Rn 19 mwN). Die Klage kann in der Sache aber nur in geringem Umfang Erfolg haben. Der AU vom 15. März 2004 hat beim Kläger zu keinen dauerhaften Gesundheitsstörungen geführt (dazu 3.). Lediglich bei den Reisekosten, die dem Kläger durch die Begleitung seines Bruders zu ärztlichen Untersuchungsterminen entstanden sind, steht ihm teilweise noch ein Erstattungsanspruch zu (dazu 4.).
3. Die beim Kläger im linken Kniegelenk festgestellte Meniskusverletzung (Innenmeniskushinterhornriss) ist keine Folge des AU vom 15. März 2004.
a) Derartige Beschwerden können nur dann als Folgen eines AU gem § 8 Abs 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) angesehen werden, wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung nachgewiesen ist. Insoweit gilt im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der erleichterte Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, die zu bejahen ist, wenn mehr für als gegen die Annahme eines Ursachenzusammenhangs spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl hierzu BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67 mwN). Sind - wie häufig - mehrere Bedingungen für den Eintritt eines Schadens ursächlich im naturwissenschaftlichen Sinne gewesen, gilt die Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Ursachen rechtserheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 15 und Nr 17). Die Kausalitätsbeurteilung hat dabei auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zu erfolgen (vgl hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Maßgeblich sind demnach die Erkenntnisse, die von der Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden (vgl hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 44).
b) Bei Berücksichtigung dieser Maßgaben ist es aber nicht als hinreichend wahrscheinlich anzusehen, dass der beim Kläger im linken Kniegelenk festgestellte Innenmeniskushinterhornriss durch den AU vom 15. März 2004 verursacht worden ist.
aa) Der Kläger hat anfangs zum Hergang des hier maßgeblichen Unfallereignisses angegeben, dass er sich beim Fällen eines Baums das linke Knie verdreht habe. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens hat er seine Angaben präzisiert: Danach habe er am Unfalltag mit einem Fällungshebel versucht, eine große Fichte zu fällen. Dabei sei er - auf der trockenen Baumkrone eines bereits auf dem Waldboden liegenden Baumes stehend - mit einer Körperdrehung in einen ca einen Meter tiefen Graben gestürzt. Gegenüber der Sachverständigen Dr. J. hat der Kläger noch ergänzend dargelegt, dass er dort mit beiden Kniegelenken aufgeschlagen sei und beim Aufstehen einen stechenden Schmerz verspürt habe. Welcher der beiden vom Kläger zum Unfallhergang geschilderten Bewegungsabläufe (Verdrehen des Knies bzw Sturz auf beide Knie) tatsächlich zutreffend ist, kann der Senat offen lassen. Denn beide Abläufe sind bereits aus biomechanischen Gründen nicht geeignet, eine - wie vorliegend festgestellt - isolierte Meniskusverletzung im Kniegelenk zu verursachen. Hiervon geht auch die Sachverständige Dr. J. aus, da sich den unterschiedlichen Darlegungen des Klägers zum Unfallhergang weder eine Drehbewegung des Kniegelenks noch eine dabei bestehende Fixierung des linken Fußes entnehmen lässt.
Diese Einschätzung der Sachverständigen entspricht der aktuellen unfallmedizinischen Literatur (vgl hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl 2010, S 618 ff mwN) und damit den gegenwärtig hierzu vertretenen medizinischen Erkenntnissen. Als ein geeigneter Unfallhergang für eine isolierte Meniskusverletzung sind danach fluchtartige Ausweichbewegungen unter Drehung des Oberkörpers bei fixiertem Fuß, ein Sturz bei fixiertem Fuß des Standbeins oder Schwungverletzungen anzusehen. Einen derartigen Bewegungsablauf hat der Kläger aber weder im Verwaltungs- noch im sozialgerichtlichen Verfahren beschrieben. Ob und ggf in welcher Form sich der Kläger vor, bei oder nach seinem Sturz in einen ca einen Meter tiefen Graben gedreht haben könnte, kann dahingestellt bleiben - unabhängig davon gilt nach der unfallmedizinischen Literatur ein solches Sturzereignis ausdrücklich als ein für die Verursachung einer isolierten Meniskusschädigung ungeeigneter Unfallhergang (vgl hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S 620 mwN).
bb) Darüber hinaus spricht vorliegend gegen die Annahme eines Ursachenzusammenhangs mit dem SG, dass sich im Anschluss an den AU vom 15. März 2004 beim Kläger weder kernspintomografisch noch intraoperativ Begleitverletzungen am Kapsel-Bandapparat des linken Kniegelenks sichern ließen. Bei einem traumatisch bedingten Innenmeniskushinterhornriss müssten sich jedoch derartige Verletzungen zumindest in geeigneten bildgebenden Verfahren darstellen lassen.
Diese Einschätzung entspricht ebenfalls der aktuellen unfallmedizinischen Literatur und damit den gegenwärtig vertretenen medizinischen Erkenntnissen. Danach ist es zwar bei einem Drehsturz (der hier nach den Unfallbeschreibungen des Klägers nicht vorliegt) biomechanisch begründbar, dass makroskopisch objektivierbare Begleitaffektionen nicht auftreten. Dennoch müssen Hinweise auf eine Mitbeteiligung des Kapsel-Bandapparats (zB in Form von Einblutungen) vorliegen, auch wenn diese im Einzelfall gering ausgeprägt sind. Den isolierten Meniskusriss, ohne verletzungsspezifische Veränderungen an anderen Strukturen, gibt es nicht. Auch beim Drehsturz lassen sich in einem unfallnahen Kernspintomogramm Zeichen einer Distorsion des Kniegelenks nachweisen (vgl hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S 624/625 mwN; vgl hierzu auch Thomann/Schröter/Grosser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 1. Aufl 2009, 5.3.4 S 50 ebenfalls mwN). Vorliegend haben aber nicht einmal die finnischen Ärzte, auf deren Untersuchungsergebnisse der Kläger wiederholt hingewiesen hat, derartige Anzeichen bei der kernspintomografischen Untersuchung des Klägers am 4. Juni 2004 feststellen können.
c) Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beim Kläger im linken Kniegelenk festgestellte isolierte Meniskusverletzung mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den AU vom 15. März 2004 zurückgeführt werden kann.
4. Hinsichtlich der Kosten für eine Begleitung des Klägers zu ärztlichen Untersuchungsterminen, deren Erstattung er im Berufungsverfahren noch geltend macht, ist seine Klage aber - anders als vom SG entschieden - iHv 212,80 Euro begründet.
a) Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Erstattung von Reisekosten ist die Regelung in § 65a Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach kann ein Versicherter auf Antrag Ersatz seiner notwendigen Auslagen und seines Verdienstausfalls in angemessenem Umfang erhalten, wenn er auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers persönlich erscheint (§ 61 SGB I) oder - wie vorliegend - sich einer ärztlichen Untersuchungsmaßnahme unterzieht (§ 62 SGB I). Unter den Ersatzanspruch fallen dabei auch Aufwendungen, die dem Versicherten durch eine erforderliche Begleitperson entstehen. Dem Grunde nach sind damit die Kosten einer erforderlichen Begleitung durch Dritte bzw deren Verdienstausfall als notwendige Auslagen des mitwirkungspflichtigen Versicherten anzusehen (vgl hierzu Sichert in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand: Juli 2013, § 65a Rn 11 mwN).
Dem Gesetzeswortlaut in § 65a Abs 1 SGB I folgend „kann“ der Versicherte Ersatz der ihm durch seine Mitwirkungspflichten entstandenen notwendigen Auslagen auf Antrag erhalten. Das hiermit dem Leistungsträger eingeräumte Ermessen bezieht sich nach ganz überwiegender Meinung im Schrifttum, der sich der erkennende Senat anschließt, aber nur auf das „Ob“ einer Erstattung und nicht auf deren Höhe (vgl hierzu Sichert, aaO, § 65a Rn 18; Peters, Handbuch der Krankenversicherung SGB I, Stand: August 2008, § 65a Ziff 9a - e; Lilge, SGB I, 3. Aufl, § 65a Rn 24; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl, § 65a Rn 5 f; aA <Ermessen auch bzgl der Erstattungshöhe> Kampe, jurisPK-SGB I, § 65a Rn 23). Soweit daher - wie vorliegend - der Leistungsträger den Erstattungsanspruch bereits dem Grunde nach anerkannt hat (vgl hierzu das Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2006 auf Blatt 155/156 der Verwaltungsakte), sind dem Versicherten, der seiner Mitwirkungspflicht nachkommen ist, die ihm dadurch entstandenen Aufwendungen „in angemessenem Umfang“ zu erstatten.
b) Bei der „Angemessenheit“ iS des § 65a Abs 1 SGB I handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (dazu Sichert, aaO, § 65a Rn 18 mwN). Dessen Inhalt ist mittels Auslegung zu konkretisieren, wobei die von dem jeweiligen Leistungsträger vorgenommene Konkretisierung der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliegt (stRspr; vgl hierzu ua BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 44/12 R - juris).
Vorliegend hat die Beklagte zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs in § 65a Abs 1 SGB I (Reisekostenerstattung „in angemessenem Umfang“) auf die gesetzlichen Vorgaben in § 43 Abs 5 SGB VII iVm den Gemeinsamen Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger vom 1. September 2005 abgestellt. Dies vermag nicht zu überzeugen. Dagegen spricht bereits, dass die Richtlinien Vorgaben zur Berechnung des Verdienstausfalls Selbstständiger, die einen Versicherten zu einer ärztlichen Untersuchungsmaßnahme begleiten, nicht enthalten. Zu dem Richtlinientext gibt es lediglich eine - von der Beklagten hier offenbar missachtete - Ausschuss-empfehlung, wonach bei Selbstständigen als Begleitperson idR von einem Einkommensausfall iHv 120 Euro je Arbeitstag auszugehen ist (vgl hierzu Streubel in: Franke/Molkentin, SGB VII, 2. Aufl, § 43 Rn 10). Die Beklagte kann zur Konkretisierung auch nicht auf die gesetzlichen Vorgaben in § 93 SGB VII (Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes für landwirtschaftliche Unternehmer) abstellen. Hierbei handelt es sich um bereichsspezifische Vorgaben der gesetzlichen Unfallversicherung, die zur Auslegung der bereichsübergreifenden Regelungen in den §§ 60 ff SGB I erkennbar nicht herangezogen werden können.
Aus Sicht des Senats ist zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs in § 65a Abs 1 SGB I vielmehr auf eine individuelle Prüfung der Kosten abzustellen, die dem Versicherten durch die Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten aus den §§ 61, 62 SGB I tatsächlich entstanden sind. Dabei können aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Vorgaben des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) pauschalierend herangezogen werden (vgl hierzu Sichert, aaO, § 65a Rn 22). Vor diesem Hintergrund hat der Senat den Verdienstausfall, der dem Kläger durch die Begleitung seines Bruders zu zwei ärztlichen Untersuchungsterminen entstanden ist, unter Berücksichtigung der Wertung in § 22 JVEG (Entschädigung für den Verdienstausfall eines Zeugen) in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung mit dem dort vorgesehenen Höchstsatz von 17 Euro die Stunde angesetzt. Da die Dauer der Untersuchungstermine einschließlich der Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrten an beiden Unter-suchungstagen eine selbstständige Holzfällertätigkeit nicht mehr zugelassen haben, hat die Beklagte dem Kläger den durch die Begleitung entstandenen Verdienstausfall für zwei Arbeitstage mit jeweils acht Stunden zu erstatten. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und unter Anrechnung des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren iHv 59,20 Euro bereits erstatteten Verdienstausfalls ergibt sich dann der hier tenorierte (weitere) Erstattungsbetrag iHv 212,80 Euro.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen; Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.