Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 08.11.1994, Az.: 5 T 79/94
Streit unter Miteigentümern um die Beseitigung eines zusätzlichen Schornsteins; Errichtung eines Schornsteins als bauliche Veränderung der Wohnungseigentumsanlage und Genehmigung durch die Miteigentümer; Ausnahmen von der Genehmigungsbedürftigkeit; Auslegung des Begriffs des Nachteils in § 14 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) nach Sinn und Zweck und Interessenlage; Bedeutung der Genehmigung des Hausverwalters zum Einbau eines Kamins; Aufgaben und Befugnisse des Verwalters einer Wohneigentumsanlage und Handeln als Vertreter ohne Vertretungsmacht bei baulichen Maßnahmen; Rechtsmißbräuchlichkeit des Verlangens nach Abriss durch die Miteigentümer; Anspruch auf Erteilung der Zustimmung durch die Eigentümergemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 08.11.1994
- Aktenzeichen
- 5 T 79/94
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1994, 19039
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:1994:1108.5T79.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Celle - 25.06.1993 - AZ: 9 II 14/93
- nachfolgend
- OLG Celle - 15.02.1995 - AZ: 4 W 295/94
Rechtsgrundlagen
- § 14 Nr. 1 WEG
- § 15 Abs. 3 WEG
- § 22 Abs. 1 WEG
- § 27 Nr. 2 WEG
- § 1004 BGB
Fundstelle
- WuM 1995, 338-341 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Unter einem Nachteil im Sinne des 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Hierunter können auch Veränderungen des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks fallen. Allein entscheidend für das Vorliegen eines Nachteils ist in diesen Fällen das Vorliegen einer deutlich sichtbaren baulichen Veränderung, ohne dass es noch auf die Verschlechterung des Erscheinungsbildes ankommt.
- 2.
Der Verwalter ist nicht berechtigt, mit Wirkung für die Wohnungseigentümergemeinschaft Zustimmung zu baulichen Veränderungen zu geben. - Handelt es sich dabei um Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, sind Mehrheitsbeschlüsse der Miteigentümer möglich. Alle übrigen baulichen Maßnahmen setzen einen einstimmigen Beschluss der Eigentümergemeinschaft voraus.
In der Wohnungseigentumssache
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
durch
... und ...
am 08. November 1994
im schriftlichen Verfahren
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Celle vom 04. 08. 1994 wird zurückgewiesen.
- 2.
Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung der Antragsteller zur Belassung des Stahlschornsteins auf dem dritten Obergeschoß des Hauses ... in ... wird zurückgewiesen.
- 3.
Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren von den Antragsgegnern die Beseitigung eines Schornsteins.
Die Antragsgegner, die Miteigentümer zu je 1/2 der im Wohnungsgrundbuch von ... eingetragenen Eigentumswohnung sind, errichteten im Jahre 1991 oberhalb ihrer Wohnung im dritten Obergeschoß auf dem Dach des Hauses ... einen stählernen Schornstein. Dieser dient dem ebenfalls in die Wohnung eingebauten Kamin als Rauchabzug.
Die Antragsgegner hatten sich im Jahre 1990 wegen des Einbaus des Kamins sowie anderer Umbaumaßnahmen an den früheren Verwalter, ... gewandt. Unter dem 22. 08. 1990 richtete der damalige Hausverwalter an die Antragsgegner folgendes Schreiben:
"Namens und im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft ... genehmige ich Ihnen in meiner Eigenschaft als Verwalter hiermit den Einbau eines Kamins in der Penthousewohnung Nr. ..."
Anläßlich einer Eigentümerversammlung am 20. 03. 1993 beschloß die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich, daß der Schornstein entfernt und der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden soll. Ferner beauftragte sie den Verwalter, die Antragsteller zur Beseitigung aufzufordern, und ermächtigte sie den Verwalter, für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes Klage einzureichen.
Entsprechend forderte der damalige Hausverwalter die Antragsgegner mit Schreiben vom 09. 06. 1993 zur Beseitigung des Kamins auf.
Bei einer weiteren Eigentümerversammlung am 25. 06. 1994 wurde erneut mehrheitlich die Beseitigung des Schornsteins beschlossen.
Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht Celle mit Beschluß vom 04. 08. 1994 die Antragsgegner verurteilt, den auf dem dritten Obergeschoß des Hauses ... vorhandenen Stahlschornstein, Durchmesser 250 mm, System Selkirk Z-7.1.188, zu beseitigen.
Gegen diesen am 16. 08. 1994 zugestellten Beschluß haben die Antragsgegner am 29. 08. 1994 beim Amtsgericht Celle sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Antragsteller behaupten,
bei dem Einbau des Schornsteins handele es sich um eine bauliche Maßnahme, für die die Eigentümergemeinschaft den Antragsgegnern zu keinem Zeitpunkt ihre Zustimmung erteilt habe.
Das Schreiben des Hausverwalters beziehe sich alleine auf den Einbau eines Kamins, nicht dagegen auf die Errichtung eines zusätzlichen Schornsteins. Bei den damaligen Gesprächen mit dem Verwalter sei auch lediglich von einem Elektrokamin die Rede gewesen.
Im übrigen überschreite die Genehmigung eines Schornsteins ohnehin die Befugnisse des Verwalters. Die Beschlußfassung über derartige bauliche Veränderungen falle alleine in den Zuständigkeitsbereich der Eigentümerversammlung. Der Verwalter habe deshalb als vollmachtloser Vertreter gehandelt, wobei eine Genehmigung seines Handelns nicht erfolgt sei.
Die Antragsgegner hätten auch gewußt, daß die Vornahme baulicher Veränderungen der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bedurfte. Wenn sie sich insoweit alleine auf die Erklärung des Verwalters verlassen hätten, sei dies auf ihr eigenes Risiko hin erfolgt.
Es spiele auch keine Rolle, ob der Eigentümergemeinschaft durch den Schornstein konkrete Nachteile erwüchsen. Maßgebend sei alleine, daß das architektonisch-ästhetische Bild des Gebäudes verändert werde, wobei der Schornstein an einen Industrieschlot erinnere.
Schließlich könne auch von einem rechtsmißbräuchlichen Verhalten der Antragsteller nicht gesprochen werden, da eine Genehmigung zu keinem Zeitpunkt erteilt worden sei.
Die Antragsteller und Beschwerdegegner beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegner und Beschwerdeführer beantragen,
- 1.
unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Celle vom 04. 08. 1994 den Antrag auf Beseitigung des vorhandenen Stahlschornsteins zurückzuweisen.
- 2.
hilfsweise, die Zustimmung der Wohnungseingentümergemeinschaft zur Belassung des Schornsteins.
Die Antragsteller beantragen ergänzend,
den Antrag auf Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft abzulehnen.
Die Antragsgegner behaupten,
der Verwalter habe ihnen am 22. 08. 1990 im Namen der Eigentümergemeinschaft die Genehmigung zum Einbau des Kamins erteilt. Zu einem derartigen Kamin gehöre, damit er überhaupt betrieben werden könne, auch ein Schornstein. Von einem "Blindkamin" oder einem "Elektrokamin" sei demgegenüber zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen. Die Antragsteller könnten sich auch nicht darauf berufen, der Verwalter habe ohne Vollmacht gehandelt. Dies betreffe allein das Innenverhältnis zwischen ihnen und dem Verwalter. Dieser habe insoweit Anscheinsvollmacht.
Die übrigen Miteigentümer würden durch den Schornstein auch nicht beeinträchtigt. Dieser verlaufe an der Außenwand im Bereich der Wohnung der Antragsgegner und sei für die anderen Wohnungseigentümer nicht sichtbar. Ruch der Mitgebrauch oder die Sicherheit des Hauses würden nicht beeinträchtigt. Schließlich leide auch das äußere Bild in ästhetischer Hinsicht nicht. Hier komme es nicht darauf an, ob bestimmte Wohnungseigentümer die baulichen Veränderungen subjektiv als störend empfänden. Vielmehr müsse objektiv feststehen, daß eine sich negativ auswirkende Veränderung des optischen Bildes gegeben sei.
Die Antragsgegner behaupten ferner, sie hätten nicht gewußt, daß jede bauliche Veränderung der Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft bedürfe.
Schließlich vertreten die Antragsgegner die Auffassung, das Beseitigungsverlangen der Antragsteller sei rechtsmißbräuchlich. Erstmals Anfang 1993, d. h. über 2 Jahre nach Errichtung des Schornsteins, seien hier Bedenken durch die Eigentümergemeinschaft angemeldet worden. Demgegenüber müsse berücksichtigt werden, daß für das Errichten des Kamins sowie des Schornsteins insgesamt DM 16.000,- aufgewendet worden seien.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 45 WEG, 21, 22 FGG zulässig, im Ergebnis jedoch unbegründet.
1.)
Die Antragsteller können von den Antragsgegnern gemäß § 1004 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG die Beseitigung des Schornsteins verlangen.
Die Errichtung des Schornsteins stellt eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG da. Sie stellt weder eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, noch ist sie in der Teilungserklärung vorgesehen.
Die fehlende Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer ist auch nicht gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Nr. 1, 3 WEG entbehrlich. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG ist die Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu solchen Maßnahmen insoweit nicht erforderlich, als durch die Veränderung dessen Rechte nicht über das in § 14 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Nach § 14 Nr. 3 WEG hat ein Wohnungseigentümer Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum nur insofern zu dulden, als sie auf einem nach Nr. 1 zulässigen Gebrauch beruhen. Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
Unter einem Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Hierbei kommt es nur auf konkrete und objektive Beeinträchtigungen an. Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGHZ 116, 392[BGH 19.12.1991 - V ZB 27/90]; Kammergericht, WuM 1994, 225).
Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang zunächst, ob durch den Schornstein der Mitgebrauch anderer Wohnungseigentümer oder die Sicherheit des Hauses beeinträchtigt werden. Genausowenig spielt es eine Rolle, ob der Schornstein von den anderen Wohnungen aus zu sehen ist.
Allgemein anerkannt ist nämlich, daß auch Veränderungen des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG begründen können (BGH, NJW 1979, 818, 819 [BGH 18.01.1979 - VII ZB 19/78]; Soergel, BGB, 12. Auflage, § 22 WEG Randnummer 3 e mit weiteren Nachweisen).
Umstritten ist Lediglich, welche Anforderungen an die optische Beeinträchtigung zu stellen sind. Das Bayerische Oberste Landesgericht vertritt die Auffassung, nur bei einer objektiven Verschlechterung des äußeren Erscheinungsbildes in ästhetischer Hinsicht könne Beseitigung verlangt werden (NJW-RR 1992, 150 mit weiteren Nachweisen; Palandt, BGB, 53. Auflage, § 22 WEG Randnummer 9). Überwiegend wird demgegenüber die Auffassung vertreten, jede deutlich sichtbare optische Veränderung sei grundsätzlich als Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG anzusehen, ohne daß es darauf ankomme, ob die optische Veränderung als architektonisch und ästhetisch geglückt angesehen werden könne (OLG Zweibrücken, OLGZ 1989, 181, 182; NJW 1987, 1358; Kammergericht, NJW-RR 1992, 1232; Soergel, a.a.O.; Behrmann/Pick/Merle, WEG, 6. Auflage, § 22 Randnummer 34).
Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Es kann nicht Sinn und Zweck der §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1, 3 WEG sein, die Zulässigkeit einer baulichen Veränderung davon abhängig zu machen, ob eine nicht ganz unerhebliche Veränderung des optischen Eindrucks oder der architektonischen und ästhetischen Gestaltung eines Bauwerks nach dem Urteil des jeweils Letztinstanzlich entscheidenden Richters als ästhetisch geglückt anzusehen ist oder nicht. Vielmehr erfordert es der Schutz der Wohnungseigentümer, Veränderungen des optischen Eindrucks der Gesamtanlage schlechthin von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, mag eine beabsichtigte Veränderung von einem Teil der Betrachter auch als nicht nachteilig oder gar vorteilhaft empfunden werden. Allein entscheidend für das Vorliegen eines Nachteils im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG ist mithin das Vorliegen einer deutlich sichtbaren baulichen Veränderung.
Die Berechtigung dieser Auffassung zeigt sich auch gerade im vorliegenden Fall, über die Frage, ob der Schornstein das architektonische und ästhetische Gesamtbild der Anlage beeinträchtigt oder nicht, kann durchaus gestritten werden. Dies zeigt sich schon darin, daß in den Eigentümerversammlungen vom 20. 03. 1993 und 25. 06. 1994 keine Einstimmigkeit über die Beseitigung des Schornsteins erzielt werden konnte. Eine Mehrheit der Wohnungseigentümer hat sich indessen für die Beseitigung des Schornsteins entschieden. Unter diesen Umständen kann es nicht Aufgabe des Tatrichters sein, seine möglicherweise abweichende Auffassung über eine Beeinträchtigung des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks anstelle der Wohnungseigentümergemeinschaft zu setzen. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehaltene Befugnis der internen Regelung ihrer Angelegenheiten.
Maßgebend ist mithin nicht, ob sich durch den Schornstein ein konkreter Nachteil im Sinne einer Verschlechterung oder Gefährdung der Rechts- oder Vermögenspositionen der übrigen Wohnungseigentümer feststellen läßt. Ausschlaggebend ist vielmehr allein das Vorliegen einer deutlich sichtbaren baulichen Veränderung. Daran kann anhand der vorgelegten Lichtbilder kein Zweifel bestehen. Der Schornstein weist eine nicht unerhebliche Größe auf und ist schon beim ersten Anblick des Gebäudes ohne weiteres erkennbar.
Ob eine andere Beurteilung für die Fälle erforderlich ist, in denen an der baulichen Veränderung ein privates oder öffentliches Interesse besteht, kann offen bleiben. So hat das OLG Köln angenommen, ein Beseitigungsanspruch bestehe nicht, wenn statt bisher vorhandenen einfachen Holzfenstern isolierverglaste Kunststoffenster eingebaut werden, und die optische Beeinträchtigung der Fassade nur geringfügig ist (NJW 1981, 585). Begründet hat es dies im wesentlichen mit dem privaten und öffentlichen Interesse an Energieeinsparung. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber kein derartiges schutzwürdiges Interesse der Antragsgegner an der Herstellung des Kamins und Schornsteins ersichtlich, welches den Abwehranspruch der Antragsteller überwiegen würde.
2.)
Die Antragsteller können sich auch nicht darauf berufen, der damalige Verwalter habe ihnen mit Schreiben vom 22. 08. 1990 die Genehmigung zum Einbau des Kamins erteilt.
Hierbei kann offenbleiben, ob in dieser Genehmigung zum Einbau eines Kamins gleichzeitig auch die Zustimmung zur Errichtung eines Schornsteins zu sehen ist. Dies dürfte für den Fall naheliegen, daß die Antragsgegner den Verwalter darauf aufmerksam gemacht haben, daß sie den Kamin auch tatsächlich betreiben wollen, da dies ohne einen Schornstein als Rauchabzug nicht möglich ist.
Maßgeblich ist jedoch, daß der Verwalter nicht berechtigt ist, mit Wirkung für die Wohnungseigentümergemeinschaft Zustimmungen zu baulichen Veränderungen im Sinne von § 22 WEG zu erteilen. Die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters sind in § 27 WEG umrissen. Gemäß § 27 Nr. 2 WEG hat er die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Nach § 27 Nr. 3 WEG ist er in dringenden Fällen auch zu sonstigen zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen berechtigt.
Im vorliegenden Fall geht es jedoch ersichtlich nicht um Instandhaltung, Instandsetzung oder Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um die neue Errichtung einer baulichen Anlage. § 27 WEG räumt dem Verwalter aber keine allgemeine Vertretungsmacht für die Wohnungseigentümergemeinschaft ein (Palandt, BGB, § 27 WEG Randnummern 1, 3-5).
Die Durchführung von baulichen Veränderungen fällt vielmehr gemäß §§ 14, 21, 22 WEG allein in die Kompetenz der Eigentümerversammlung. Soweit es sich um Maßnahmen handelt, die zu keiner Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer führen, können sie ohne Zustimmung durchgeführt werden. Soweit es sich um Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung handelt, sind Mehrheitsbeschlüsse möglich. Alle übrigen baulichen Maßnahmen setzen demgegenüber einen einstimmigen Beschluß der Eigentümergemeinschaft voraus.
Da im vorliegenden Fall weder eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung noch eine bloß unerhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG vorliegt, sind die Antragsgegner zur Durchführung ihrer Maßnahme auf einen einstimmigen Beschluß der Eigentümergemeinschaft angewiesen. Ein derartiger Beschluß wurde indessen zu keinem Zeitpunkt gefaßt.
Soweit die Erklärung des Verwalters vom 22. 08. 1990 dahin zu verstehen ist, daß sie auch die Errichtung des Schornsteins umfaßt, hat er als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt. Eine Genehmigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht erfolgt.
Die Antragsgegner haben insoweit auf eigenes Risiko gehandelt. Sie hätten sich vergewissern müssen, ob die Eigentümergemeinschaft entweder den Verwalter zu entsprechendem Handeln ermächtigt hat, oder nach dem Gesetz der Verwalter alleine handeln darf, wären sie dieser Erkundigungspflicht nachgekommen hätten die Antragsgegner festgestellt, daß die Erklärung des Hausverwalters für die Eigentümergemeinschaft keine Bindungswirkung entfaltet. Indem die Antragsgegner den Schornstein errichtet haben, ohne sich über diese Fragen Klarheit verschafft zu haben, haben sie auf eigenes Risiko gehandelt. Sie könnten nunmehr allenfalls den damaligen Verwalter regreßpflichtig machen.
3.)
Das Beseitigungsverlangen der Antragsteller ist auch nicht rechtsmißbräuchlich.
Zwar ist es richtig, daß die Eigentümergemeinschaft erst über 2 Jahre nach der Errichtung des Schornsteins Einwendungen gegen diesen erhoben hat. Andererseits hat in den Jahren 1991 und 1992 keine Eigentümerversammlung stattgefunden, auf der über diese Frage hätte diskutiert werden können. Ruch haben die Antragsgegner nicht vorgetragen, die Antragsteller hätten - über das bloße Nichtstun hinaus - bei ihnen Vertrauen dahin erweckt, daß der Schornstein bestehen bleiben könne.
Es mag auch zutreffen, daß die Antragsgegner Investitionen von annähernd DM 16.000,- aufgewandt haben. Dies fällt jedoch allein in ihren Risikobereich, da sie sich rechtsirrig alleine auf die Erklärung des Verwalters verlassen und keinen Beschluß der Eigentümerversammlung über die Genehmigung der Maßnahme herbeigeführt haben.
4.)
Bereits aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich schließlich, daß die Antragsgegner auch keinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft zur Belassung des Schornsteins haben.
Ein derartiger Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Zustimmung zu einer baulichen Maßnahme, die einerseits weder Instandsetzung noch Instandhaltung ist, andererseits aber für die übrigen Wohnungseigentümer einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG darstellt, ist dem Gesetz fremd. Es ist nicht Aufgabe des Tatrichters, seine Auffassung über die Zulassung derartiger baulicher Veränderungen an die Stelle der Wohnungseigentümergemeinschaft zu setzen. Dies gilt namentlich für bauliche Maßnahmen, bei denen es in erster Linie um Veränderungen des architektonischen und ästhetischen Gesamteindrucks geht.
Hinzu kommt, daß die Antragsgegner einen solchen Antrag ohnehin nicht erstmals im Beschwerdeverfahren stellen können. Vielmehr müßten sie hierüber zunächst eine Beschlußfassung der Eigentümergemeinschaft herbeiführen und dann gegebenenfalls das erstinstanzlich zuständige Gericht anrufen.
5.)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.