Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 23.01.2018, Az.: 4 A 982/16

Antragsfrist; Ausschlussfrist; Schülerbeförderung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
23.01.2018
Aktenzeichen
4 A 982/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74105
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Träger der Schülerbeförderung können in ihrer Schülerbeförderungssatzung eine Ausschlussfrist für Erstattungsanträge bestimmen. Dies ist eine typische behördliche Vorgehensweise, um eine zeitnahe Abrechnung zu gewährleisten.

2. Eine solche Frist ist jedenfalls mit Blick auf § 31 Abs. 2 VwVfG zulässig. Die Betroffenen müssen dabei weder auf die Norm, in der die Frist geregelt ist, noch auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Fristversäumnis ergeben, hingewiesen werden.

3. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist beim Versäumnis einer solchen Frist nur eingeschränkt zulässig. Denn eine generelle Zulässigkeit würde die Frist leerlaufen lassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von Fahrtkosten im Rahmen der Schülerbeförderung seiner Tochter für das Schuljahr 2014/2015.

Die Tochter des Klägers besuchte im streitgegenständlichen Schuljahr die 8. Klasse des Gymnasiums. In Bezug auf die vorherigen Schuljahre stellte der Kläger beim Beklagten folgende Anträge:

Schuljahr

Eingangsdatum des Antrages

2010/2011

10.08.2011

2011/2012

03.09.2012

2012/2013

13.01.2014

2013/2014

05.01.2015

In den daraufhin vom Beklagten erlassenen Bescheiden vom 19.10.2011, 23.04.2013 und 23.01.2015 heißt es unter anderem:

„Gemäß § 114 des Niedersächsischen Schulgesetzes in Verbindung mit der Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis B. besteht ein Anspruch auf Beförderung bzw. Kostenerstattung (…)“.

Mit am 13.04.2016 beim Beklagten eingegangen Schreiben beantragte der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten für das Schuljahr 2014/2015. In dem von ihm benutzten Antragsformular heißt es auf Seite 2:

 „Allgemeine Hinweise:

Anträge für ein abgelaufenes Schuljahr müssen spätestens zum 31.01. des nachfolgenden Kalenderjahres beim Landkreis C. eingegangen sein. Es wäre wünschenswert, wenn Sie einen Antrag jeweils für einige Monate, z. B. ein Vierteljahr, ein Schulhalbjahr oder ein Schuljahr, einreichten (…)“.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.04.2016 ab. Der Antrag sei erst nach Ablauf der Antragsfrist am 31.01.2016 eingegangen.

Mit seiner am 13.05.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, der Hinweis auf die Antragsfrist im Antragsformular sei unzureichend. Ungeachtet dessen, dass sich dieser unter „allgemeine Hinweise“ befinde, würde sich daraus nicht ergeben, dass eine verspätete Einreichung zur Ablehnung des Antrages führe. Jedenfalls habe er den Hinweis nicht so verstanden. Die Formulierung „es wäre wünschenswert“ erwecke nicht den Eindruck einer Ausschlussfrist. Auch ein Hinweis auf die Schülerbeförderungssatzung und die entsprechende Regelung finde sich im Formular nicht. Ihm sei weder die Schülerbeförderungssatzung oder ihr Inhalt, noch das Bestehen einer Ausschlussfrist bei der Antragstellung bekannt gewesen. Zudem sei er - unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (NJW 2016, 3092 [BGH 26.04.2016 - VI ZR 50/15] und Urt. v. 23.01.2007 - VI ZR 67/06) - nicht verpflichtet gewesen, sich über die Bewilligungsvoraussetzungen und etwaige Antragsfristen zu informieren, zumal er nicht wisse, wo er entsprechende Hinweise hätte finden sollen. Die Satzung sei ihm auch nicht überreicht worden. Im Übrigen habe der Beklagte in den Vorjahren ebenfalls Anträgen, die erst nach dem 31.01. gestellt worden seien, entsprochen.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14.04.2016 aufzuheben und ihn zu verpflichten, die beantragte Fahrtkostenerstattung zu gewähren.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu seinen Ausführungen im Ablehnungsbescheid trägt er vor, der Kläger habe in den vergangenen Jahren keinen Antrag nach dem 31.01., sondern diese stets rechtzeitig gestellt. Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des BGH sei mangels Vergleichbarkeit auf den hier zu entscheidenden Fall nicht anwendbar.

Die Beteiligten haben durch Schriftsätze vom 27.09.2017 (Beklagter) und 04.12.2017 (Kläger) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Gem. § 113 Abs. 5 VwGO spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist und wenn die Sache spruchreif ist. Wenn die Sache nicht spruchreif ist, spricht das Gericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 14.04.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm beantragte Erstattung der Fahrkosten.

1. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 Nds. Schulgesetz (NSchG) haben die Landkreise und kreisfreien Städte unter anderem die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnern und Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Nach § 6 Abs. 1 der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis D. vom 07.05.1997, zuletzt geändert durch Satzung vom 18.12.2013, ist der Anspruch auf Ersatz der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg bis zum 31.01. eines jeden Jahres für das abgelaufene Schuljahr beim Landkreis D. geltend zu machen. Anträge, die erst nach dem 31.01. beim Landkreis D. eingehen, können nicht mehr berücksichtigt werden.

2. Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger keinen Anspruch (mehr) auf Erstattung der für das Schuljahr 2014/2015 erbrachten Aufwendungen. Denn der diesbezügliche Antrag vom 13.04.2016 ist verspätet gestellt worden, weil er erst nach Ablauf der Antragsfrist am 31.01.2016 beim Beklagten eingegangen ist.

a) Gem. § 6 Abs. 1 Schülerbeförderungssatzung müssen die Erstattungsanträge bis spätestens zum 31.01. des Folgejahres eingegangen sein. Hierbei handelt es sich um eine typische behördliche Vorgehensweise, die eine zeitnahe Abrechnung auch mit Blick auf den kommunalen Haushalt gewährleisten soll (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 29.01.2010 - 2 LA 257/09; VG Oldenburg, Urt. v. 02.11.2016 - 5 A 602/16; VG Göttingen, Urt. v. 18.06.2013 - 6 A 81/11).

(1) Der Regelung einer solchen Frist in einer Satzung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Denn dieses hat nicht die generelle Festlegung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist in untergesetzlichen Normen ausgeschlossen. Vielmehr hat es lediglich die Regelung in einer Richtlinie beanstandet, weil diese keine Außenwirkung entfalte (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Urt. v. 29.01.2010 - 2 LA 257/09). Das ist bei einer Satzung aber anders, da sie keine bloße verwaltungsinterne Regelung ist. Durch ihre Veröffentlichung im Amtsblatt am .06.1997 (ABl. 1997, S. 117) bzw. im Internet hat die Schülerbeförderungssatzung die erforderliche Außenwirkung erlangt. Die Bekanntmachungsform richtet sich dabei nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nds. Kommunalverfassungsgesetz i. V. m. § 8 Satz 1 Hauptsatzung des Beklagten, wonach diese seit dem 01.01.2012 grundsätzlich im Internet erfolgt. Insoweit hatte der Kläger die Möglichkeit der Kenntnisnahme, die im Zusammenhang mit der Bekanntmachung von Rechtsnormen genügt. Ob der Kläger die Rechtsnorm tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, ist dabei ohne Bedeutung. Dem Kläger war es ohne Weiteres möglich und zumutbar, sich über die Schülerbeförderungssatzung auf der Homepage des Beklagten zu informieren. Denn insoweit unterscheidet sich die Schülerbeförderungssatzung nicht vom sonstigen Ortsrecht, das ebenfalls diesen Bekanntmachungsregelungen unterliegt und dem Kläger ebenso nicht individuell bekannt gemacht wird. Unabhängig davon, überzeugt es nicht, dass der Kläger - nach eigenem Vortrag - keine Kenntnis von der Existenz der Satzung gehabt hat. Denn in den Bewilligungsbescheiden hinsichtlich der Fahrtkostenerstattung ab dem Schuljahr 2011/2012 ist nicht nur auf § 114 NSchG, sondern auch auf die Schülerbeförderungssatzung des Beklagten hingewiesen worden.

(2) Auch die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des BGH führt zu keiner anderen Beurteilung in Bezug auf die Informationspflicht des Klägers über das jeweilige Ortsrecht. Denn dort geht es nicht um eine vergleichbare Konstellation, sondern um die Frage, ob und inwieweit für einen Geschädigten bei einem Verkehrsunfall ein - vom Sachverständigen festgestellter - Betrag erkennbar zu hoch angesetzt ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2016 - VI ZR 50/15 -, juris Rn. 6 und 13; Urt. v. 23.01.2007 - VI ZR 67/06 -, juris Rn. 17).

(3) Ob es - wie bspw. in § 23 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 des Sächsischen Schulgesetzes oder § 45 Abs. 5 des Schulordnungsgesetzes des Saarlandes - einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung für die Regelung einer Ausschlussfrist bedarf und mit Blick auf die fehlende Ermächtigung in § 114 Nds. Schulgesetz (NSchG) ein Verstoß gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsgebot vorliegt (so etwa BVerwG, Urt. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 15; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.06.2010 - 3 L 475/08 -, juris Rn. 25 bzgl. einer Ausschlussfrist in einer Richtlinie; VG Magdeburg, Urt. v. 25.03.2013 - 7 A 63/11 -, juris Rn.20) oder die Ausschlussfrist keine wesentliche Entscheidung darstellt, die dem förmlichen Gesetzgeber vorbehalten bleibt, und dem Träger der Schülerbeförderung die Satzungs- und Regelungshoheit mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 57 Abs. 2 Nds. Verfassung i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG zusteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 29.01.2010 - 2 LA 257/09; VG Oldenburg, Urt. v. 02.11.2016 - 5 A 602/16; VG Göttingen, Urt. v. 18.06.2013 - 6 A 81/11), kann dahinstehen. Denn selbst wenn die Ausschlussfrist nicht von § 114 NSchG gedeckt sein sollte, führt dies nicht zu ihrer Unwirksamkeit. In diesem Fall würde sich die in § 6 Schülerbeförderungssatzung geregelte Frist als verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Bewilligung der Fahrkosten darstellen, die ebenfalls nicht zu beanstanden ist.

Gem. § 31 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i. V. m. § 1 Abs. 1 Nds. Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) ist dem Betroffenen die Frist in diesem Fall nämlich mitzuteilen oder in anderer Form bekanntzumachen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 19 und 21). Die Ausgestaltung behördlicher Verfahrensfristen muss sich zudem am Grundsatz von Treu und Glauben orientieren. Denn gerade in Fristfragen muss für den Betroffenen klar erkennbar sein, was er zu tun hat, um einen Rechtsverlust zu vermeiden. Die Grenze des Zumutbaren ist dann überschritten, wenn auf den Bürger die Verantwortung für Risiken und Unsicherheiten abgewälzt wird und die Ursache hierfür allein in der Sphäre der öffentlichen Gewalt zu finden ist. In der Folge gehen etwaige Unklarheiten in der Formulierung von Ausschlussfristen zu Lasten der Behörde (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 27 f.). Diesen Anforderungen genügt die im Antragsformular wiedergegebene Frist, wonach Anträge für ein abgelaufenes Schuljahr spätestens bis zum 31.01. des nachfolgenden Kalenderjahres beim Beklagten eingegangen sein müssen (in die Richtung auch OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.06.2010 - 3 L 475/08 -, juris Rn. 29; VG Ansbach, Urt. v. 04.07.2006 - AN 2 K 05.00392 -, juris Rn. 13).

(a) Es ist nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsfrist auf Seite 2 unten, unter „Allgemeine Hinweise“, befindet. Solche Hinweise finden sich typischerweise entweder am Anfang oder am Ende eines Formulars. Darüber hinaus war dem Kläger eine Wahrnehmung der Frist möglich und zumutbar, weil sowohl die Überschrift „Allgemeine Hinweise“ als auch der Passus „spätestens bis zum 31.01.“ in Fettdruck gehalten sind.

(b) Eines Hinweises auf § 6 der Schülerbeförderungssatzung bedurfte es - anders als der Kläger meint - nicht. Ungeachtet dessen, dass das Antragsformular den Regelungsinhalt des § 6 Abs. 1 Satz 1 Schülerbeförderungssatzung sinngemäß wiedergibt und sich der Mehrwert eines Verweises auf die satzungsrechtliche Norm nicht erschließt, steht dem Erfordernis der Wortlaut von § 31 Abs. 2 VwVfG entgegen. Danach ist es lediglich erforderlich, dem Betroffenen die Frist bekanntzugeben, nicht aber auch die diese anordnende Rechtsvorschrift.

(c ) Entgegen der Ansicht des Klägers war es ebenfalls nicht erforderlich, die Rechtsfolgen der Fristversäumnis in das Antragsformular aufzunehmen (in diese Richtung auch: BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 22 und 24, in dem die Formulierung „Letzter Abgabetermin ist der 31.10.“ nur im Hinblick auf die Art der Antragstellung beanstandet wurde, nicht aber in Bezug auf die Eindeutigkeit einer negativen Entscheidung im Falle der Fristüberschreitung). Auch ein solches Erfordernis ergibt sich nicht aus § 31 Abs. 2 VwVfG. Darauf, ob der Kläger die Frist als Ausschlussfrist verstanden hat oder nicht, kommt es nicht an. Denn maßgeblich ist insoweit, wie ein objektiver Dritter mit durchschnittlichen Kenntnissen und Erfahrungen eines Antragstellers den Hinweis verstehen durfte (in die Richtung auch BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 24, das vom „Normalbürger“ spricht). Danach ist auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf ein Entfallen des Erstattungsanspruchs ersichtlich, dass der Anspruch nur bei fristgerechtem Eingang gewahrt wird. Eine andere Auslegung wäre fernliegend, wobei auch nicht ersichtlich ist, welche andere Rechtsfolge damit verbunden sein sollte. Daran ändert auch die Formulierung im Antrag des Beklagten auf Fahrtkostenerstattung „Es wäre wünschenswert (…)“ nichts. Denn diese bezieht sich erkennbar nur auf den geltend zu machenden Zeitraum, in dem Fahrtkosten angefallen sind. Im Hinblick auf die Ausschlussfrist findet sich eine solche Formulierung gerade nicht.

(d) Im Übrigen liegt auch keine Unbilligkeit im Sinne des § 31 Abs. 7 VwVfG vor, indem an den Rechtsfolgen der versäumten Frist, nämlich am Entfallen des Anspruchs, festgehalten wird. Denn das Interesse des Beklagten, Erstattungsanträge innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erhalten und bearbeiten zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 26), überwiegt das Interesse des Klägers an einer unbegrenzten Erstattung seiner Fahrtkosten. Insbesondere ist der Antrag des Klägers mehr als drei Monate später eingegangen und nicht bloß wenige Tage nach Ablauf der Frist.

b) Ob das an den Beklagten gerichtete Schreiben des Klägers vom 18.04.2016 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand auszulegen ist, kann offenbleiben, da jedenfalls die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Ungeachtet dessen, dass der Kläger nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, die Frist unverschuldet versäumt zu haben (§ 32 Abs. 2 Satz 2 VwVfG), steht einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand die in § 6 Abs. 1 Schülerbeförderungssatzung geregelte Antragsfrist entgegen (§ 32 Abs. 5 VwVfG). Denn die Auslegung der satzungsrechtlichen Bestimmung ergibt, dass der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung - unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der Frist und dem Interesse des Einzelnen an ihrer nachträglichen Wiedereröffnung bei unverschuldeter Fristversäumung - mit der Einhaltung der Frist „stehen und fallen“ sowie ein verspäteter Antrag zum Verlust des Anspruchs führen soll (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 14.03.2007 - 4 LC 16/05 -, juris Rn. 24; VG Göttingen, Urt. v. 18.06.2013 - 6 A 81/11). Zwar spricht § 6 Abs. 1 Schülerbeförderungssatzung nicht ausdrücklich von einer „Ausschlussfrist“. Allerdings sind ihre Folgen eindeutig geregelt, indem gem. Satz 2 nach dem 31.01. beim Landkreis eingegangene Anträge nicht mehr berücksichtigt werden können. Sinn und Zweck einer Frist ist es gerade, den Anspruch zeitlich zu begrenzen. Eine generell zulässige Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand würde die Frist leerlaufen lassen. Die insoweit eingeschränkte Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist mit Blick auf das berechtigte Interesse des Beklagten an der Herbeiführung von Rechtssicherheit nach etwa sechs Monaten nach Schuljahresende nicht zu beanstanden. Insbesondere sieht auch § 114 NSchG keine unbegrenzte Geltendmachung des Erstattungsanspruchs vor (vgl. VG Göttingen, Urt. v. 18.06.2013 - 6 A 81/11). Zudem ist eine Ausschlussfrist eine typische behördliche Vorgehensweise - was § 31 VwVfG zeigt -, um eine zeitnahe Abrechnung auch mit Blick auf den kommunalen Haushalt zu gewährleisten (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 29.01.2010 - 2 LA 257/09). Dies gilt insbesondere für gleichförmige und wiederkehrende Verfahren, bei denen Ausschlussfristen zur Bewältigung des „Massengeschäfts“ geboten sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1997 - 8 C 38/95 -, juris Rn. 17 in Bezug auf Ausschlussfristen beim Wohngeld; VG Braunschweig, Urt. v. 18.04.2016 - 6 A 446/15). Bei der Bearbeitung von Anträgen auf Erstattung von Aufwendungen für die Schülerbeförderung handelt es sich um ein Massengeschäft, weil im Schuljahr 2016/2017 beim Beklagten 793 Anträge eingegangen sind. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Anträge in anderen Schuljahren vergleichbar war und ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.