Oberlandesgericht Celle
v. 10.11.1999, Az.: 9 U 53/99
Sofortige Auflösung (Liquidation) einer Gesellschaft; Feststellung des Fortbestandes der Gesellschafterstellung ; Ordnungsgemäße Kündigung der Gesellschafterstellung und Zugang der Kündigung ; Unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts im Gesellschaftervertrag; Fassung von Gesellschafterbeschlüssen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 10.11.1999
- Aktenzeichen
- 9 U 53/99
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 1999, 30574
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:1110.9U53.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 723 Abs. 1 S. 1 BGB
- § 723 Abs. 3 BGB
Fundstellen
- DStR 2000, 835 (amtl. Leitsatz)
- NJW-RR 2000, 989-990 (Volltext mit amtl. LS)
- NZG 2000, 586-588
- OLGReport Gerichtsort 2000, 154-156
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S. sowie
die Richter am Oberlandesgericht Dr. W. und S.
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 1999
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten zu 1 und zu 2 wird das am 30. Dezember 1998 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts H. teilweise geändert und die Klage auch insoweit abgewiesen, als der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagten zu 1 und zu 2 über den 31. Dezember 1995 hinaus zu gleichen Anteilen Gesellschafter der H. Yacht-Charter GbR in Liquidation sind.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Parteien des Berufungsverfahrens und Herr Robert Stoffregen (in erster Instanz Beklagter zu 3) schlossen sich zum Zweck des Vercharterns von eigenen und fremden Yachten durch Gesellschaftsvertrag vom 27. Januar 1992 (Band I Bl. 8 bis 11) zu einer GbR zusammen, zu deren Geschäftsführer der Kläger bestellt wurde. Zum Betrieb der Gesellschaft erwarben die Gesellschafter am 20. April 1992 eine Yacht. Den Kaufpreis von 320.000 DM finanzierten sie durch ein Darlehen der Volksbank H.
Mit Schreiben vom 27. Juni 1995, gerichtet an die GbR unter der Adresse des Klägers, kündigte der Beklagte zu 1 unter Berufung auf § 9 des Gesellschaftsvertrages "fristgerecht zum 30. Juni 1995 seine Anteile an der Gesellschaft". Mit Einschreiben vom gleichen Tage, gerichtet an den Kläger, kündigte der Beklagte zu 2 "zum 30. Juni 1995 seine Anteile an der Gesellschaft". Mit Schreiben vom 28. Juli 1995 an die GbR teilte der Gesellschafter S. mit, dass er Kenntnis von den Kündigungen erlangt habe, begehrte wegen der schlechten finanziellen Situation die Liquidation der Gesellschaft und regte eine Gesellschafterversammlung für den 14. August 1995 an.
Am 14. August 1995 trafen sich der Kläger, der Beklagte zu 2, der Gesellschafter S. sowie der Steuerberater der Gesellschaft, der Zeuge W. Eine formelle Ladung unter Mitteilung einer Tagesordnung zu diesem Treffen gab es nicht. In einem maschineschriftlichen "Protokoll zur. Gesellschafterversammlung vom 14. August 1995" (Band I Bl. 64) heißt es:
"Die Gesellschafter sind sich einig, dass nach einer Verwertung des Anlagevermögens die Gesellschaft kurzfristig aufgelöst wird."
In einer vom Kläger während dieses Treffens niedergelegten handschriftlichen Notiz (Band II Bl, 21) heißt es:
"Auflösung der Gesellschaft durch S. Eine Übernahme der Gesellschafter ist nicht gegeben. Es soll aufgelöst werden. ... Die Gesellschaft soll kurzfristig nach Verwertung des Anlagevermögens aufgelöst werden."
Zu einer Verwertung der Yacht kam es in der Folgezeit nicht, weil sich - jahreszeitlich bedingt - kurzfristig ein guter Verkaufserlös nicht erzielen ließ. Als die Beklagten zu 1 und 2 im Frühjahr 1996 anboten, die Yacht für 130.000 DM zu erwerben, lehnte der Kläger dies ab, weil er einen Kaufpreis von 150.000 DM für erzielbar hielt. Mit Anwaltsschreiben vom 15. Mai 1996 stellte der Beklagte zu 1 daraufhin die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Kläger in Aussicht. Im Juli 1996 erwarb der Gesellschafter S. die Yacht für 150.000 DM.
Der Kläger hat behauptet, dass es sich bei dem Treffen am 14. August 1995 um eine Gesellschafterversammlung gehandelt habe, auf der die sofortige Auflösung der Gesellschaft beschlossen worden sei. Wegen des bevorstehenden Winters habe die Yacht weiter verchartert und erst im Frühjahr/Sommer 1996 nach Einholung eines Wertgutachtens verkauft werden sollen. Das maschinenschriftliche Protokoll habe er kurz nach der Versammlung gefertigt, das handschriftliche Protokoll habe er während der Versammlung niedergelegt.
Die Beklagten haben behauptet, dass auf der Versammlung vom 14. August 1995 lediglich die Auflösungsabsicht ins Auge gefasst worden, eine Liquidation aber nicht beschlossen worden sei. Zunächst habe das Vermögen der GbR verwertet werden sollen. Die Liquidation sei erst später zwischen dem Kläger und dem Gesellschafter S. beschlossen worden. Ferner sei die Gesellschafterversammlung auch nicht beschlussfähig gewesen. Der Beklagte zu 2 habe sich überdies nicht an der Abstimmung beteiligt.
Das Landgericht hat durch Vernehmung des Zeugen W. Beweis erhoben (Band II Bl. 126 ff.) und sodann der Klage hinsichtlich der begehrten Feststellung des Fortbestandes der Gesellschafterstellung der Beklagten und des Nichtbestehens eines Schadensersatzanspruchs des Beklagten zu 1 gegen den Kläger stattgegeben; wegen weiterer gestellter Feststellungsanträge hat es die Klage mangels Feststellungsinteresses abgewiesen.
Seine gegen die Klagabweisung gerichtete Berufung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20. Mai 1999 zurückgenommen.
Mit ihrer Berufung begehren die Beklagten zu 1 und 2 Abweisung der Klage insgesamt. Sie vertreten weiterhin die Ansicht, dass sie wirksam zum 31. Dezember 1995 aus der Gesellschaft ausgeschieden seien. Mangels ordnungsgemäßer Ladung könne das Treffen vom 14. August 1995 nicht als Gesellschafterversammlung angesehen werden. Für einen wirksamen Beschluss habe außerdem die erforderliche Mehrheit gefehlt, weil der Beklagte zu 2 sich der Stimme enthalten habe. Zudem sei der Beklagte zu 1 nicht anwesend gewesen, der Beklagte zu 2 habe für ihn keine Vollmacht besessen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Oktober 1999 erklärte der Beklagte zu 1, dass er sich keiner Schadensersatzforderung gegen den Kläger im Zusammenhang mit dem Verkauf der Yacht mehr berühme. Daraufhin erklärten die Parteien den Rechtsstreit für erledigt, soweit um die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit der Verkauf der Yacht gestritten worden ist.
Die Beklagten zu 1 und 2 beantragen,
unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils die Klage vollständig abzuweisen, sowie
Vollstreckungsnachlass gegen Sicherheitsleistung mit der Maßgabe zu gewähren, dass Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden kann.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und
als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Er verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vertrages die angefochtene Entscheidung und behauptet nunmehr, dass der Beklagte zu 2 am 14. August 1995 Vollmacht für den Beklagten zu 1 besessen habe.
Mit einer im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 1999 erhobenen Eventualanschlussberufung begehrt er für den Fall der erfolgreichen Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils durch die Beklagten zu 1 und 2
festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 unbeschadet ihrer Kündigungen vom 27. Juni 1995 zu gleichen Teilen wie der Kläger und der Beklagte zu 3, also zu jeweils 25 % für die Verbindlichkeiten der H. Yacht-Charter GbR per 31. Dezember 1995 haften.
Die Beklagten ließen sich auf eine Verhandlung zur Eventualanschlussberufung nicht ein.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten. Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 ist - soweit sie nicht durch die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien gegenstandslos geworden ist - begründet. Dies ist vorab durch Teilurteil auszusprechen, weil die Berufung der Beklagten - anders als die Anschlussberufung des Klägers - bereits jetzt zur Entscheidung reif ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1 und zu 2 war die angefochtene Entscheidung des Landgerichts H. insoweit zu ändern, als dort festgestellt worden ist, dass die Beklagten zu 1 und 2 über den 31. Dezember 1995 hinaus Gesellschafter der H. Yacht-Charter GbR geblieben sind. Denn die Beklagten zu 1 und 2 sind auf Grund ihrer Kündigungen mit Wirkung vom 31. Dezember 1995 aus der GbR ausgeschieden. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
Durch ihre Erklärungen vom 27. Juni 1995 haben die Beklagten zu 1 und 2 ihre Gesellschafterstellung wirksam zum 31. Dezember 1995 gekündigt.
a)
§ 723 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass bei einer Gesellschaft auf unbestimmte Zeit jeder Gesellschafter die Gesellschaft jederzeit kündigen kann. Gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages ist die GbR auf unbestimmte Zeit geschlossen worden. Sie konnte daher von den Beklagten jederzeit gekündigt werden. In § 9 des Gesellschaftsvertrages ist weiter bestimmt, dass bei Kündigung durch einen Gesellschafter der kündigende Gesellschafter ausscheidet und die GbR unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird (vgl. § 736 Abs. 1 BGB). Daher führt die Kündigung nicht zur Beendigung der Gesellschaft.
b)
Der Wirksamkeit der Kündigungen steht nicht entgegen, dass die Beklagten ihre Kündigungen an den Kläger selbst bzw. an diesen als Geschäftsführer der GbR gerichtet haben.
Die Wirksamkeit der Kündigung setzt grundsätzlich voraus, dass sie allen Mitgesellschaftern zugeht. Der Zugang gegenüber den vertretungsberechtigten Gesellschaftern reicht nicht aus, weil sich die Vertretungsbefugnis nicht auf Geschäfte erstreckt, die die Geschäftsgrundlage der Gesellschaft betreffen (MünchKomm.-Ulmer, 3. Aufl., Rdn. 6 zu § 723 BGB). Der Zugang gegenüber dem geschäftsführenden Gesellschafter ist nur dann ausreichend, wenn der Gesellschaftsvertrag diesen zur Entgegennahme von Kündigungserklärungen ermächtigt oder er die an die Gesellschaft gerichteten Kündigungserklärungen von sich aus an die übrigen Gesellschafter zur Kenntnisnahme weiter leitet (MünchKomm. a.a.O.).
aa)
Die ihrem Wortlaut nach unterschiedlichen Regelungen in § 4 Abs. 3 und § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages betreffen gleichfalls die Frage, wem die Kündigungserklärung zugehen, mus s. Gemäß § 4 Abs. 3 ist die Kündigung an die verbleibenden Gesellschafter zu richten, gemäß § 9 Abs. 3 dagegen an die Gesellschaft selbst. Die Formulierung in § 9 Abs. 2 der Satzung ist dahin auszulegen, dass die Kündigung allen Gesellschaftern zugehen muss. Denn die GbR selbst hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Überdies gebietet eine einheitliche Auslegung des Vertrages ein Verständnis im vorstehenden Sinn.
bb)
Erforderlich ist daher, dass der Kläger die Kündigungsschreiben an die anderen Gesellschafter weiter geleitet hat bzw. die anderen Gesellschafter von den Kündigungen Kenntnis erlangt haben. Da die Beklagten zu 1 und 2 jeweils von ihren wechselseitigen Kündigungen Kenntnis hatten, der Kläger als Gesellschafter durch die unmittelbar an ihn gerichteten Kündigungen über ihr Vorhandensein unterrichtet war, hatten bereits drei von vier Gesellschaftern Kenntnis der Kündigungsschreiben. Die Kenntnis des vierten Gesellschafters S. ergibt sich aus seinem Schreiben vom 28. Juli 1995, in dem er mitteilt, dass er Kenntnis von den Kündigungen erlangt habe.
c)
Sowohl in § 4 Abs. 2 als auch in § 9 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages wird bestimmt, dass die Kündigung mindestens 6 Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres vorzunehmen ist. Diese Regelung bestimmt den Zeitpunkt für das Wirksamwerden der Kündigungserklärung, nämlich jeweils den Ablauf des Kalenderjahres, auch wenn in den §§ 4 und 9 nur von "Vornahme" der Kündigung die Rede ist. Diese Vereinbarung einer Kündigungsfrist stellt eine zulässige Beschränkung des Kündigungsrechts dar und ist, weil sie nicht zu einer überlangen Bindung der Gesellschafter führt, auch nicht nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig.
Da die Kündigungserklärungen jedem Gesellschafter - also auch dem Gesellschafter S. - gegenüber abgegeben werden mussten und zumindest jeder Gesellschafter Kenntnis von den Kündigungen haben musste, ist die Frist der §§ 4 Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich nur gewahrt, wenn der Zugang bzw. die Kenntnisnahme vor dem 30. Juni 1995 erfolgt ist. Eine derartige Kenntnisnahme ist hinsichtlich des Gesellschafters S. vorliegend nicht feststellbar. Sein Schreiben vom 28. Juli 1995 legt eher die Vermutung nahe, dass er die Kenntnis erst nach dem 30. Juni 1995 erhalten hat. Gleichwohl bedarf es einer Aufklärung dieses Punktes nicht, weil selbst dann, wenn die Kenntnisnahme erst nach dem 30. Juni 1995 erfolgt sein sollte, dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärungen führt. Denn der Gesellschafter S. ist im Verhältnis zu den arideren Gesellschaftern immer davon ausgegangen, dass die Beklagten zu 1 und zu 2 wirksam durch Kündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden sind. Er hat damit - jedenfalls konkludent - auf die Einhaltung der Frist ihm gegenüber verzichtet.
b)
Gemäß §§ 4 Abs. 3 und 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages hat die Kündigung durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen. Neben der Schriftform war somit eine besondere Übersendungsform vereinbart. Während der Beklagte zu 2 diese Formvorschrift eingehalten hat, hat der Beklagte zu 1 mit einfachem Brief gekündigt. Die Vereinbarung einer Kündigung durch eingeschriebenen Brief bezweckt aber lediglich den sicheren Zugang der Erklärung beim Empfänger. Wenn der Zugang eines einfachen Kündigungsschreibens beim Erklärungsempfänger feststeht und die Kenntnisnahme gewährleistet ist, ist auch eine solche Kündigung wirksam (vgl. MünchKomm.-Förschler, 3. Aufl., Rdn. 7 zu § 127 BGB).
e)
Die Kündigungen sind somit ordnungsgemäß erklärt worden. Jedoch scheidet ein Gesellschafter nicht schon mit dem Zugang der Kündigungserklärungen aus der Gesellschaft aus (MünchKomm.-Ulmer, 3. Aufl., Rdn. 12 zu § 723 BGB), sondern die Abgabe der Erklärung bewirkt nur die Ankündigung des zukünftigen Ausscheidens. Sie bezweckt, die übrigen Gesellschafter rechtzeitig von dem Ausscheiden in Kenntnis zu setzen und setzt die Frist bis zum Ausscheiden in Lauf. Die Wirkung der Erklärung tritt erst mit dem Ablauf der Frist ein. Dies konnte vorliegend (s. oben c) erst zum 31. Dezember 1995 der Fall sein.
2.
Die Kündigungserklärungen sind nicht dadurch unwirksam oder gegenstandslos geworden, dass die Gesellschafter am 14. August 1995 die Auflösung der GbR beschlossen haben. Dabei bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob ein Ausscheiden aus einer in Liquidation befindlichen GbR überhaupt möglich ist, wenn die Kündigungserklärung dem Auflösungsbeschluss zeitlich vorgelagert ist (die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs - BGH WM 1963, 728 ff. - betraf einen Fall, in dem sich die Gesellschaft bei Zugang der Kündigungserklärungen bereits im Abwicklungsstadium befand), weil es bereits an einem wirksamen Auflösungsbeschluss fehlt.
a)
Die Auflösung der Gesellschaft stellt eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar, die durch Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden kann. Bei der Versammlung am 14. August 1995 handelte es sich um eine Gesellschafterversammlung unabhängig davon, ob zu ihr wirksam eingeladen worden ist oder nicht. Die Frage der Einladung sowie Verstöße gegen Ladungsfristen haben Bedeutung für die Wirksamkeit gefasster Beschlüsse, nicht aber für die Qualifizierung der Zusammenkunft der Gesellschafter als Gesellschafterversammlung (MünchKomm.-Ulmer, 3. Aufl., Rdn. 89 a zu § 709 BGB).
b)
Die Gesellschafterversammlung war beschlussfähig. Gemäß § 7 c des Gesellschaftsvertrages mussten 3/4 aller Gesellschafter vertreten sein. Da lediglich der Beklagte zu 1 abwesend, die anderen drei Gesellschafter aber anwesend waren, ist die Gesellschafterversammlung beschlussfähig gewesen und zwar auch dann, wenn der Beklagte zu 2 nicht Bevollmächtigter des Beklagten zu 1 war.
c)
Der am 14. August 1995 gefasste Beschluss hat auch den Inhalt "Auflösung der Gesellschaft" gehabt. Der Zeuge W. hat bekundet, dass die Gesellschafter am 14. August, die Auflösung der GbR beschlossen hätten. Seine zunächst gemachte Aussage, es sei beschlossen worden, die GbR nach Veräußerung der Yacht zu liquidieren, hat er nach entsprechenden Hinweis korrigiert. Er hat an seiner Aussage auch festgehalten, obwohl ihm die Formulierungen des maschinenschriftlichen Protokolls vorgehalten wurden.
Die unzutreffende Verwendung der Begriffe "Auflösung", "Beendigung" und "Liquidation" ist zwanglos damit zu erklären, dass es sich bei den beteiligten Personen um juristischen Laien handelt. Die Formulierungen im maschinenschriftlichen Protokoll am Ende "... dass nach einer Verwertung des Anlagevermögens die Gesellschaft kurzfristig aufgelöst wird" und "sollte es nun zu einer Auflösung der Gesellschaft kommen", die eher dafür sprechen, dass die Auflösung noch nicht beschlossen, sondern nur in Aussicht genommen wurde, lassen sich gleichfalls hiermit erklären. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten den Begriff Auflösung im juristischen Sinn verwendet haben. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist damit auch die Beendigung gemeint. Für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen Weber spricht auch das Schreiben des Gesellschafters S. vom 28. Juli 1995, der gerade wegen der Überschuldung der GbR deren Auflösung in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung erreichen wollte und mit der Stellung eines Konkursantrages für den Fall gedroht hatte, dass ein derartiger Beschluss nicht gefasst würde. Der Inhalt des handschriftlichen Protokolls stützt ebenfalls die Aussage des Zeugen W.
d)
Dieser Auflösungsbeschluss ist aber nicht mit der erforderlichen Zahl der Stimmen gefasst worden.
aa)
Gemäß § 7 d des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Maßgebend für die Mehrheitsberechnung nach dieser Satzungsbestimmung war also, wie viele Stimmen in der Versammlung vom 14. August 1995 abgegeben wurden. Einer Feststellung hierzu bedarf es aber nicht. Denn § 7 d des Gesellschaftsvertrages findet auf den Auflösungsbeschluss keine Anwendung, weil diese Satzungsbestimmung dem Bestimmtheitsgrundsatz, nicht genügt.
Mehrheitsentscheidungen sind nicht unbegrenzt zulässig. Ihre Zulässigkeit wird für Vertragsänderungen nur darin bejaht, wenn sich aus der Mehrheitsklausel die Einbeziehung der in Rede stehenden Vertragsänderung für jeden Gesellschafter eindeutig ergibt. Im Gesellschaftsvertrag der H. Yacht-Charter GbR ist eine derartige Klarstellung nicht enthalten.
Zwar wird der Bestimmheitsgrundsatz in der Literatur vielfach kritisiert und abgelehnt oder eingeschränkt (vgl. die Nachweise bei MünchKomm.-Ulmer, 3. Aufl., Rdn. 148 zu § 707 BGB), doch wird er vom Bundesgerichtshof (BGH NJW 1995, 194 f.) aufrecht erhalten. Allerdings ist er auf ungewöhnliche, die Rechtsstellung der Gesellschafter wesentlich berührende Vertragsänderungen beschränkt. Der Auflösungsbeschluss stellt eine derart wesentliche Vertragsänderung dar. Dem Gesellschafter muss auch nach Auffassung des Senats ein Kernbereich von Rechten verbleiben, über den nicht durch Mehrheitsentscheidung verfügt werden kann (BGH a.a.O.). Hierzu zählt auch die Entscheidung über die Auflösung der Gesellschaft. Für einen Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaft durch Mehrheitsbeschluss bedarf es einer besonderen Legitimation, die sich nicht allein daraus ergibt, dass im Gesellschaftsvertrag allgemein die Mehrheitsentscheidung vorgesehen ist. Allerdings kann sie sich aus der Verpflichtung des Gesellschafters zur Hinnahme einer Vertragsänderung auf Grund seiner Treuepflicht ergeben. Diese Verpflichtung kann bei Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes auch dazu führen, dass der Gesellschafter der Vertragsänderung hätte zustimmen müssen.
bb)
Vorliegend war der Beklagte zu 2, der sich nach der Aussage des Zeugen W. zwar gegen die Auflösung ausgesprochen, aber nicht an der Abstimmung beteiligt hatte, nicht auf Grund seiner ihm als Gesellschafter obliegenden Treuepflicht verpflichtet, der hiermit verbundenen Vertragsänderung zuzustimmen.
Eine derartige Verpflichtung setzt wegen ihres Ausnahmecharakters nämlich voraus, dass es gleichsam um eine Frage geht, die einerseits für die Gesellschaft und die Gesellschafter von existenzieller Bedeutung ist, andererseits ein gegenläufiges Abstimmungsverhalten des nicht zustimmenden Gesellschafters geradezu als rechtsmissbräuchlich (etwa weil hiermit eine Schädigung der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter bewusst in Kauf genommen wird) erscheinen lässt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht dargetan; allein der Umstand, dass die GbR wirtschaftlich nicht erfolgreich war, rechtfertigt die Annahme einer Zustimmungspflicht nicht.
Überdies scheitert die Annahme einer derartigen Zustimmungspflicht auch daran, dass der Beklagte zu 2 bereits mit Erklärung vom 27. Juli 1995 die Kündigung seiner Gesellschafterstellung erklärt hat. Bei Zustimmung zum Auflösungsbeschluss hätte der Beklagte zu 2 daher das Risiko in Kauf nehmen müssen, dass seine Kündigung ihre Wirksamkeit verlieren und ihm damit etwa von ihm erhoffte vorteilhafte Auswirkungen der Kündigung entgehen würden. Darauf, ob dies tatsächlich so gewesen wäre und ob es derartige Auswirkungen vom Beklagten zu 2 erhofften Sinn überhaupt gibt, kommt es nicht an; auf eine für ihn durch die vorangegangene Kündigung möglicherweise - im Vergleich zur Auflösung günstigere - entstandene Rechtslage zu verzichten, war der Beklagte zu 2 nicht gezwungen.
e)
Schließlich würde aber auch die Annahme einer Zustimmungspflicht des Beklagten zu 2 nicht zur Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses führen.
Denn selbst wenn der Beklagte zu 2 zur Zustimmung verpflichtet gewesen wäre, hätte der Beschluss erst mit der Rechtskraft eines Urteils in einem auf Abgabe der Zustimmungserklärung, § 894 ZPO, gerichteten Klageverfahren wirksam werden können. Denn jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen nicht erkennbar ist, dass ein weiteres Zuwarten die Gesellschaft oder die Gesellschafter schwer und unerträglich beeinträchtigen würde, hat es bei dem Grundsatz sein Bewenden, dass die Mitgesellschafter den zur Zustimmung verpflichteten, aber nicht zustimmenden Gesellschafter auf Zustimmung verklagen müssen (BGH WM 1985, 195 f).
f)
Schließlich scheitert die Annahme eines wirksamen Auflösungsbeschlusses auch daran, dass der Beklagte zu 1 der Auflösung nicht zugestimmt hat.
Dabei bedarf es keiner Klärung des zwischen den Parteien streitigen Punktes, ob der Beklagte zu 2 vom Beklagten zu 1 bevollmächtigt gewesen ist oder nicht. Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass der Beklagte zu 2 eine derartige Vollmacht des Beklagten zu 1 besessen hätte, andernfalls im Übrigen auch nicht von einer ohne Einladung beschlussfähigen sog. "Vollversammlung" ausgegangen werden könnte, könnte dies die Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses nicht begründen. Da der Beklagte zu 2 sich an der Abstimmung über die Auflösung nicht beteiligt hat, wäre auch hinsichtlich des Beklagten zu 1 keine Zustimmung erfolgt. Hinsichtlich einer Zustimmungsfiktion auf Grund gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht gilt für den Beklagten zu 1 das oben für den. Beklagten zu 2 Ausgeführte; hinzu kommt, dass dem Beklagten zu 2 auch mit Rücksicht auf die Treuepflicht nicht abverlangt werden konnte, für den Beklagten zu 1 einer Auflösung zuzustimmen, ohne diesen - der darauf nicht vorbereitet sein musste - vorher gefragt zu haben.
3.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer für den Kläger: über 60.000 DM.
Die Festsetzung des Wertes der Beschwer folgt aus § 546 Abs. 2 ZPO.