Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.06.2014, Az.: 32 Ss 94/14
ESA-Schnelltest zur Ermittlung von Betäubungsmitteln kein anerkanntes Standardtestverfahren; Positiver ESA-Schnelltest allein reicht nicht für den Nachweis der Betäubungsmitteleigenschaft
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 25.06.2014
- Aktenzeichen
- 32 Ss 94/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 23635
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2014:0625.32SS94.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 13.03.2014 - AZ: 45 Ns 22/14
Rechtsgrundlagen
- BtMG § 1
- BtMG § 29 Abs. 1
- StPO § 72
- StPO §§ 72 ff.
Fundstellen
- StRR 2014, 402
- StraFo 2014, 437
- ZAP EN-Nr. 786/2014
- ZAP EN-Nr. 786/2014
Amtlicher Leitsatz
Die Feststellung, dass es sich bei sichergestellten Substanzen um Betäubungsmittel handelt, darf nicht allein auf das Ergebnis eines ESA-Schnelltests gestützt werden, da es sich nicht um ein in der Praxis als zuverlässig anerkanntes Standardtestverfahren handelt (im Anschluss an OLG Hamm, StV 1999, 420; OLG Thüringen, StV 2006, 530).
In der Strafsache
gegen S. A.,
geboren am xxxxxx 1984 in S. (Irak),
wohnhaft F. Straße, H.,
- Verteidiger: Rechtsanwalt B., H. -
wegen Verstoßes gegen das BtMG
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 13.03.2014 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht
xxxxxx und den Richter am Amtsgericht xxxxxx
am 25.06.2014 einstimmig
beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hannover hatte den Angeklagten mit Urteil vom 05.12.2013 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Cocain) zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 5,- EUR verurteilt. Die dagegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat die Kammer in dem angefochtenen Urteil als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.
Nach den Feststellungen der Kammer führte der Angeklagte am 01.06.2013 in einer Spielothek in H. wissentlich und willentlich eine in ein Papiertuch eingewickelte Konsumeinheit Kokain mit einem Nettogewicht von 0,19 g und einem geschätzten Wirkstoffgehalt von nicht unter 30 % bei sich.
Die Einlassung des Angeklagten, er habe nicht gewusst, um was es sich bei dem in das Papier eingewickelten Gegenstand handelt, da er diesen zuvor von einer ihm unbekannten männlichen Person als Sicherheit für ein Darlehen über 50,- EUR erhalten habe, hat die Kammer als widerlegt angesehen.
Die Schätzung des Wirkstoffgehalts hat das Landgericht darauf gestützt, dass ein durchgeführter ESA-Schnelltest zu einer schlagartig auftretenden intensiven Blauverfärbung der Substanz geführt habe, obwohl die Konsumeinheit nur ein Gesamtgewicht von 0,19 g aufgewiesen habe.
Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
die Revision als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision des Angeklagten hat - vorläufig - Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
Die Strafkammer hat die Feststellung, dass es sich bei der sichergestellten, in den Urteilsgründen jedoch nicht näher beschriebenen Substanz überhaupt um Kokain handelt, ausschließlich auf das Ergebnis des durchgeführten ESA-Schnelltests gestützt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein in der Praxis als zuverlässig anerkanntes Standardtestverfahren (vgl. OLG Hamm, StV 1999, 420; OLG Thüringen, StV 2006, 530), so dass allein darauf, dass es sich bei der Substanz um Rauschgift handelte, nicht gestützt werden kann.
Diese Frage wird unter Hinzuziehung eines Sachverständigen aufzuklären sein, der sich ggf. auch zu der Frage äußern sollte, ob es anhand des Reaktionsverlaufs eines ESA-Tests möglich ist, zuverlässig Schlüsse auf den Wirkstoffgehalt der getesteten Substanz zu ziehen. Gegebenenfalls wird die bei dem Angeklagten gefundene Substanz sachverständig zu untersuchen sein.