Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.06.2014, Az.: 1 Ws 181/14 (MVollz)
Zustimmung zur längerfristigen Absonderung im Maßregelvollzug auch nach Ablauf der Monatsfrist möglich
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 18.06.2014
- Aktenzeichen
- 1 Ws 181/14 (MVollz)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 20836
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2014:0618.1WS181.14MVOLLZ.0A
Rechtsgrundlagen
- MVollzG ND § 23 Abs. 2
- Art. 2 Abs. 2 GG
- Art. 5 Abs. 3 EMRK
- Art. 19 Abs. 4 GG
Amtlicher Leitsatz
Die nach § 23 Abs. 2 Nds. MVollzG bei über einen Monat hinausgehenden Absonderungen von im Maßregelvollzug untergebrachten Personen erforderliche Zustimmung der Aufsichtsbehörde kann auch nachträglich erfolgen.
Tenor:
1. Die Rechtsbeschwerde wird in Bezug zu Ziffer 2) des Tenors der angefochtenen Entscheidung (Anfechtung) als unzulässig verworfen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird in Bezug zu Ziffer 3) des Tenors der angefochtenen Entscheidung (Feststellung) als unbegründet verworfen.
3. Rechtsanwalt Dr. T. aus T. wird dem Antragssteller als Pflichtverteidiger beigeordnet.
4. Es wird davon abgesehen, dem Antragsteller die Kosten und Auslagen des Verfahrens aufzuerlegen.
5. Der Streitwert wird auf bis zu 500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der sechzehnjährige Antragssteller ist aufgrund des Urteils des Landgerichts Osnabrück vom 30. Januar 2013 gem. § 63 StGB im Niedersächsischen Maßregelvollzugszentrum M. untergebracht. Den Gründen dieses Urteils zufolge hatte der Antragsteller zehn rechtswidrige Taten begangen, nämlich vorsätzliche Körperverletzung u.a. in neun Fällen sowie in einem Fall Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Bereits zuvor war der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung zahlreich und nicht unerheblich in Erscheinung getreten durch Gewalttätigkeiten auch Personen gegenüber. Psychotherapeutische Behandlungen blieben ebenso ohne Erfolg wie Unterbringungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Auch hier kam es zu anhaltenden heftigen Aggressionsdurchbrüchen des Antragstellers, infolge derer er über einen längeren Zeitraum fixiert werden musste. Im Hinblick auf die biografischen Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Am 23. Dezember 2013 kam es in der Einrichtung der Antragsgegnerin zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit der Stationsärztin, durch welche diese verletzt wurde. Der Antragssteller schlug dabei plötzlich und unerwartet mit der Faust gegen den Kopf der Ärztin. Der Antragssteller wurde sodann am gleichen Tag gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Nds. MVollzG von den anderen Untergebrachten abgesondert, da der Antragssteller nach Einschätzung der Klinik in seinen gewalttätigen Impulsausbrüchen nicht mehr einschätzbar war und weitere Angriffe auf Mitarbeiter und Mitpatienten zu befürchten waren. Der Antragssteller wurde sodann in einem Einzelappartement untergebracht, welches mit einem Bett, Schrank, Schreibtisch und Fernseher eingerichtet ist, sowie über eine Nasszelle verfügt. Er erhielt zunächst eine Stunde Einzelhofgang und seit dem 30. Januar 2014 täglich zwei Stunden Hofgang mit anderen Untergebrachten gemeinsam unter strenger Beobachtung. Ferner hat der Antragssteller mit einer Einzelpsychotherapie begonnen und erhält Medikamente gegen die Psychosen und Gewaltausbrüche, um so eine Stabilisierung des Antragsstellers zu erreichen.
Am 24. Januar 2014 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsstellers beim Landgericht Göttingen die Absonderung einstweilen auszusetzen und begründete dies damit, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Nds. MVollzG nicht mehr vorlägen; überdies läge die gem. § 23 Abs. 2 Nds. MVollzG nach einem Monat notwendige Zustimmung der Aufsichtsbehörde nicht vor.
Erst am 30. Januar 2014 beantragte das Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen (MRVZN) beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration die Zustimmung zur Weiterführung der Absonderung. Den Antrag begründete das MRVZN damit, dass der Antragssteller in seinen Emotionen weiterhin nicht einschätzbar sei und bei kleinsten Ärgernissen weiterhin zu gewalttätigen Gefühlsausbrüchen neige. Die medikamentöse Behandlung habe bislang keine Erfolge gezeigt, sodass nicht gewährleistet sei, dass der Antragssteller sich innerhalb der Gemeinschaft ohne Gefühlsausbrüche bewegen könne. Die Zustimmung zur weiteren Absonderung wurde sodann am 5. Februar 2014 bis zum 22. März 2014 erteilt.
Der Verfahrensbevollmächtigte ergänzte seinen Antrag vom 24. Januar 2014 mit Schriftsatz vom 7. Februar 2014 und beantragte nunmehr, die Absonderung gegen den Untergebrachten aufzuheben, sowie festzustellen, dass die Absonderung mangels Zustimmung des Ministeriums in dem Zeitraum vom 23. Januar 2014 bis zum 5. Februar 2014 rechtswidrig war.
Das Landgericht Göttingen hat sämtliche Anträge mit Beschluss vom 3. März 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Die Absonderung des Antragstellers sei nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Nds. MVollzG rechtmäßig. Das Verhalten des Antragsstellers stelle eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung dar, da weitere Gewalttätigkeiten gegenüber anderen Mitpatienten und Mitarbeitern zu befürchten seien. Dass ein aktuelles störungsbedingtes Verhalten vorliege, zeige sich an dem plötzlichen Angriff auf die Stationsärztin, sowie zahlreichen vorherigen körperlichen Angriffen auf Mitarbeiter und Mitpatienten. Der Schutz anderer Mitpatienten und Mitarbeiter würde insofern das Freiheitsinteresse des Antragsstellers überwiegen. Auch die Vorraussetzungen des § 23 Abs. 2 Nds. MVollzG lägen vor. Zwar sei die Zustimmung erst zwei Wochen nach Ablauf der Monatsfrist vom zuständigen Ministerium erteilt worden, die Zustimmung würde als nachträgliche Genehmigung jedoch auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirken und danach dieses als von Anfang an wirksam sein. Hierfür spräche zum einen der Wortlaut des § 23 Abs. 2 MVollzG. Der Begriff der "Zustimmung" umfasse sowohl die vorherige Einwilligung, als auch die nachträgliche Genehmigung, was ein Vergleich zu § 184 BGB zeigen würde. Auch eine Auslegung nach der Systematik und dem Sinn und Zweck des Gesetzes führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Aufsichtsbehörde müsse auch nach Ablauf der Monatsfrist eine Genehmigung möglich sein. Denn innerhalb eines Monats könne es zu einer Verschlechterung des Zustandes des Untergebrachten kommen, wobei der Aufsichtsbehörde dennoch Zeit und Gelegenheit zur Prüfung verbleiben müsse.
Ab dem 5. März 2014 wurde die Absonderung beendet und der Antragssteller konnte wieder an Gruppenmaßnahmen teilnehmen. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf das Schreiben des MRVZN vom 20. März 2014 (Bl. 109 d. Akte) Bezug genommen.
Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Antragssteller mit Schriftsatz vom 19. März 2014 Rechtsbeschwerde eingelegt und beantragt nunmehr:
1. den Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 03.März 2014 - 9 Qs 4/14 - insoweit aufzuheben, als der Antrag zu Ziffer 2. auf Aufhebung der am 23. Dezember 2013 angeordneten besonderen Sicherungsmaßnahme in Form der Absonderung des Antragsstellers von anderen Untergebrachten zurückgewiesen wurde, und die angeordnete Absonderung aufzuheben.
2. den Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 03.März 2014 - 9 Qs 4/14 - insoweit aufzuheben, als der Antrag zu Ziffer 3. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Sicherungsmaßnahme in Form einer Absonderung des Antragsstellers von anderen Untergebrachten in der Zeit vom 23. Januar 2014 bis 05. Februar 2014 zurückgewiesen wurde, und festzustellen, dass die Absonderung in dieser Zeit rechtswidrig war.
3. ...
4. dem Antragssteller für das Rechtsbeschwerdeverfahren und das Verfahren über die Aussetzung des Vollzuges Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm den Unterzeichner als Rechtsanwalt beizuordnen.
Der Antragssteller rügt mit der Rechtsbeschwerde die Verletzung materiellen Rechts. Die dauerhafte Absonderung des Antragsstellers würde einen Verstoß gegen Art. 37 lit. a) Satz 1 der Kinderrechtskonvention darstellen. Gem. Art. 37 lit. a) Satz 1 der Kinderrechtskonvention stellen die Vertragsstaaten sicher, dass kein Kind der Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen wird. Im "General Comment No. 10 (2007) heißt es insofern bei Rn 89, 6. Spiegelstrich, dass "(...) solitary confinement (...) must be strictly forbidden." Hierdurch würde zum Ausdruck gebracht, dass die Einzelhaft und die dauerhafte Absonderung von Kindern nach der Kinderrechtskonvention verboten seien. Ferner rügt der Antragssteller noch einen Verstoß gegen Art. 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und Art. 16 der UN-Antifolterkonvention. Hiernach dürfe niemand der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt werden. Eine anhaltende Einzelhaft würde insofern eine verbotene Maßnahme nach Art. 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte darstellen. Weiterhin ist der Antragssteller der Auffassung, dass eine Zustimmung i.S.d. § 23 Abs. 2 Satz 1 Nds. MVollzG vom zuständigen Ministerium nicht nachträglich erteilt werden könne. Insofern seien die Vorschriften des BGB nicht als Auslegungshilfe heranzuziehen. Anders als im Zivilrechtrecht würde insofern im Maßregelvollzugsrecht kein Gleichordnungsverhältnis zwischen den Parteien bestehen, sondern ein Über-/Unterordnungsverhältnis. Auch der Regelungszweck des § 23 Abs. 2 MVollzG würde gegen die Zulässigkeit einer nachträglichen Zustimmung sprechen, da der Untergebrachte davor geschützt werden müsse, länger als erforderlich ohne Zustimmung abgesondert zu werden. In der Regel sollte daher eine Zustimmung vor Ablauf der Frist erfolgen und nicht erst nach deren Ablauf. Nur in absoluten Ausnahmefällen (z.B. plötzliche Veränderung der Umstände) solle insofern eine Zustimmung nach Ablauf der Frist möglich sein. Ein solcher Ausnahmefall läge jedoch im Falle des Antragstellers nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsstellers vom 19. März 2014 (Bl. 66 - 108 d. Akte) Bezug genommen und verwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 26. März 2014 entschieden, dass es einer Entscheidung über den gestellten Antrag auf Aussetzung der angefochtenen Maßnahme nicht bedarf, weil diese nicht mehr fortgeführt werde. Eine hiergegen gerichtete Gegenvorstellung des Antragstellers blieb ohne Erfolg.
Das als Aufsichtsbehörde zuständige Ministerium hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Es führt dazu aus, dass eine weitere Absonderung des Antragsstellers aufgrund der vorliegenden erheblichen Gefahr für andere Untergebrachte erforderlich gewesen sei. Die Ermessenserwägungen des MRVZN träfen insofern zu. Die erforderliche Zustimmung habe ausnahmsweise nachträglich erteilt werden können. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Ministeriums vom 13. Mai 2014 (Bl. 133-134 d. Akte) Bezug genommen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist in Bezug zu Ziffer 2) des Tenors der angefochtenen Entscheidung (Anfechtung) bereits unzulässig. Nachdem die Absonderung des Antragstellers bereits am 5. März 2014, also noch vor Einlegung der Rechtsbeschwerde am 19. März 2014, aufgehoben wurde, ist dem Senat insoweit eine eigene Sachentscheidung über die Rechtsbeschwerde des Antragstellers nicht mehr möglich. Eine Umstellung des Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Absonderung insgesamt ist ohnehin nicht erfolgt. Maßgeblich aber ist, dass dem Senat eine erstmalige Entscheidung über eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der Absonderung nicht möglich ist, weil dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht eigene tatsächliche Feststellungen zur Zulässigkeit und Begründetheit eines solchen Antrags verwehrt sind, vielmehr sich dessen Zuständigkeit auf die Überprüfung bereits getroffener Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beschränkt (vgl. OLG Karlsruhe, ZfStrVo 2004, 304; OLG Hamburg, ZfStrVo 1979, 108 f.; Arloth, StVollzG, 2. Aufl., § 116, Rn 2; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz, 5. Auflage, § 116, Rn 11). Auch eine Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer, die in Betracht kommen kann, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit aufgrund tiefgreifender Grundrechtseingriffe besonders schutzwürdig erscheint (vgl. Arloth, StVollzG, 2. Aufl., § 116, Rn 2; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz, 5. Auflage, § 116, Rn 11), kann vorliegend nicht erfolgen, da ein Antrag auf Feststellung jedenfalls hinsichtlich der angefochtenen Maßnahme als solcher nicht rechtzeitig gestellt wurde.
III.
Die Rechtsbeschwerde des Antragsstellers bleibt auch in Bezug auf Ziffer 3 der angefochtenen Entscheidung (Feststellung der Rechtswidrigkeit für den Zeitraum vom 23. Januar bis zum 5. Februar 2014) ohne Erfolg.
1. Hierbei ist bereits fraglich, ob der Antragsteller neben der insgesamt angefochtenen, indessen erledigten Maßregel einen Teil derselben noch einer gesonderten Nachprüfung auf deren (formelle) Rechtswidrigkeit unterwerfen kann, zumal die - auch fehlende - Zustimmung der Aufsichtsbehörde als verwaltungsinterne Maßnahme einer eigenständigen Anfechtung grundsätzlich entzogen ist. Dies kann im Ergebnis aber dahinstehen, denn die Rechtsbeschwerde wäre insoweit jedenfalls unbegründet. Der Senat erachtet vor dem Hintergrund der Bedeutung des Freiheitsgrundrechtes und zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG vorliegend eine Klarstellung überdies zumindest für zweckdienlich. Denn der wegen der einstweilen nicht vorliegenden Zustimmung auf Feststellung gerichtete Antrag war bereits vor Erledigung der Maßnahme gestellt worden.
Die hiernach vorgenommene Prüfung ergibt, dass die angefochtene Maßnahme trotz der verzögerten Vorlage an die Aufsichtsbehörde auch für den Zeitraum vom 23. Januar bis zum 5. Februar 2014 nicht rechtswidrig war. Denn die Zustimmung des Ministeriums im Rahmen des § 23 Abs. 2 Nds. MVollzG kann auch nach Ablauf der Monatsfrist erfolgen und gilt hiernach als von Anfang an erteilt.
2. Nach § 23 Abs. 1 Nds. MVollzG können gegen einen Untergebrachten besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr besteht oder sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung darstellt. Gem. § 23 Abs. 2 Nds. MVollzG darf ein Untergebrachter nur mit der Zustimmung der Aufsichtsbehörde von anderen Untergebrachten über einen Zeitraum von mehr als einem Monat von anderen Untergebrachten abgesondert werden.
a) Der Anordnung der Fortdauer der Absonderung stand vorliegend nicht bereits entgegen, dass die Akten der Aufsichtsbehörde nicht rechtzeitig vor Ablauf der am 30. Januar 2014 endenden Monatsfrist, sondern erst danach, nämlich am 30. Januar 2014 vorgelegt worden sind. Eines Rückgriffs auf die Vorschrift des § 189 BGB als allgemeinem Rechtsgedanken bedarf es hierbei nicht. Denn bei der Frist des § 23 Abs. 2 Nds. MVollzG handelt es sich insofern um eine bloße Ordnungsvorschrift, an deren Verletzung für sich genommen keine rechtlichen Folgen geknüpft sind. Dies folgt aus einem Vergleich zu der vergleichbar gelagerten Regelung in § 89 Abs. 2 Satz 1StVollzG, bei deren Außerachtlassen trotz der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschrift die zugrunde liegende Maßnahme nicht allein deshalb sogleich rechtswidrig wird. Allein der Ablauf der hier maßgeblichen Frist darf nach Sinn und Zweck der Regelung nicht dazu führen, dass eine Anordnung der Fortdauer der Maßnahme ebenso unmöglich würde wie eine gebotene Entscheidung der Aufsichtsbehörde, der anderenfalls erforderliche Handlungsmöglichkeiten genommen werden würden. Im Falle einer fortdauernden Gefahr für die Sicherheit und Ordnung, insbesondere wie vorliegend bei einer - trotz Fristablaufs - weiterhin drohenden Gefährdung anderer Personen, muss auch nach dem Ablauf der Monatsfrist die Möglichkeit bestehen, mit Zustimmung des Ministeriums den Untergebrachten weiterhin von anderen Untergebrachten abzusondern.
Für diese Annahme spricht auch ein Vergleich zu den Regelungen in §§ 121, 122 StPO. Auch dort darf die Untersuchungshaft über sechs Monate nur aufrechterhalten werden, wenn das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet. Nach gefestigter Rechtsprechung zur Aktenvorlage im Rahmen der Untersuchungshaft ist indessen die verspätete Vorlage der Akten beim Oberlandesgericht kein Grund, allein deshalb den Haftbefehl aufzuheben. Die Sechsmonatsfrist der §§ 121, 122 StPO ist ebenfalls eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht zwangsläufig die Aufhebung des Haftbefehls nach sich zieht (OLG Hamm NStZ-RR 2003, 143 [OLG Hamm 20.01.2003 - 2 BL 3/03]; OLG Hamm NJW 1965, 2312 [OLG Hamm 18.10.1965 - 2 HEs 118/65]; OLG Bamberg NStZ 1981, 403; OLG Bremen NStZ-RR 1997, 334, 336; OLG Karlsruhe NStZ 1997, 452 [OLG Karlsruhe 14.03.1997 - 3 HEs 91/97] jew. m.w.N.). Insofern sind nur erhöhte Anforderungen an die Prüfung der materiellen Anforderungen (im Rahmen der Verhältnismäßigkeit) zu stellen (Meyer-Goßner, 56. Auflage, § 121, Rn 28).
Insofern kommt es auch vorliegend allein darauf an, ob das auf dem Freiheitsgrundrecht Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 5 Abs. 3 EMRK beruhende Beschleunigungsgebot bei der vorliegenden Absonderung eingehalten wurde. Der Gesetzgeber wollte dessen Beachtung durch Einführung der Monatsfrist, die die Anstaltsleitung zur Vorlage gegenüber der Aufsichtsbehörde zwingt, gerade sicherstellen. Es stellt sich - im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung - insofern die Frage, ob es zu noch hinnehmbaren Verfahrensverzögerungen gekommen ist oder nicht (OLG Hamm, Beschluss vom 21. August 2007 - 3 OBL 86/07 (42), 3 OBL 86/07, 3 Ws 486/07 -, juris).
b) Die angefochtene Entscheidung weist insoweit keinen Rechtsfehler auf. Durch das Verhalten des Antragsstellers ging eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung aus, insbesondere weil Gewalttaten gegenüber Personen zu befürchten waren. Diese Befürchtung ergab sich rückblickend aus der Krankheitsgeschichte des Antragstellers sowie aus dessen aktuellem Verhalten, nachdem er einer Ärztin plötzlich und unvermittelt gegen den Kopf an das Auge schlug und unter Berücksichtigung weiterer massiver Übergriffe des Antragsstellers auf Mitpatienten und Mitarbeiter. In Anbetracht dieser Tatsache überwog vorliegend der Schutz Dritter vor weiteren Übergriffen des Antragsstellers das Freiheitsinteresse des Antragsstellers. Auch eine nicht mehr hinnehmbare Verfahrensverzögerung ist nicht ersichtlich. Von dem Beschuldigten ging aufgrund des dargelegten Verhaltens eine erhebliche Gefahr für höchste Rechtsgüter, nämlich Leib und Leben Dritter, aus. Angesichts dieser Gefahr begründet die Verzögerung der Vorlage an die Aufsichtsbehörde hier jedenfalls noch nicht die Unangemessenheit der weiteren Absonderung.
IV.
Die vom Antragsteller beantragte Prozesskostenhilfe war nicht zu bewilligen. Im Jugendstraf- und -maßregelvollzug findet § 120 Abs. 2 StVollzG keine Anwendung, da § 92 Abs. 1 Satz 2 JGG ausdrücklich nur auf § 120 Abs. 1 StVollzG verweist. Vielmehr führt die Verweisung über § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG zur Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO. Im Jugendstrafvollzug soll die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht von der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels abhängig sein, sondern von der zu beurteilenden Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (vgl. Arloth, StVollzG, 2. Aufl., § 109, Rn 1a). Die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO liegen vor. Eine schwierige Sach- und Rechtslage ist zu bejahen, da über offene Rechtsfragen entschieden werden muss, und der Antragssteller insoweit nicht dazu in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 121 StVollzG i.V.m. § 74 JGG. Das Gericht hat gem. § 74 JGG insgesamt davon abgesehen, dem Antragssteller die Kosten und Auslagen des Verfahrens aufzuerlegen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 52, 60, 63 Abs. 3 Satz 2, 65 GKG.
VI.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 119 Abs. 5 StVollzG).