Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.02.1984, Az.: 2 OVG A 5/81

Ständiges Teilnahmerecht des Gesamtpersonalrats an allen Sitzungen eines Personalausschusses; Richtiger Adressat kommunalaufsichtlicher Maßnahmen; Rechtmäßigkeit einer kommunalaufsichtlichen Beanstandungsverfügung ; Grundsatz der Gewaltenteilung im Kommunalrecht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.02.1984
Aktenzeichen
2 OVG A 5/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1984, 14509
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1984:0228.2OVG.A5.81.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 15.10.1980 - AZ: 1 VG A 191/78

Verfahrensgegenstand

Beteiligung der Personalvertretung an Sitzungen des Personalausschusses

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Richtiger Adressat kommunalaufsichtlicher Maßnahmen ist die Gemeinde als solche, nicht das - insoweit unselbständige - Gemeindeorgan, dessen Beschluss oder sonstige Maßnahme das Einschreiten der Kommunalaufsicht veranlaßt hat.

  2. 2.

    Das Verbot, wonach Beamte und Angestellte im Dienst der Gemeinde nicht Ratsherren sein dürfen, ist Ausdruck des Grundsatzes der organisatorischen Gewaltenteilung, der vor den Gefahren schützen soll, die durch ein Zusammentreffen von Exekutivamt und Abgeordnetenmandat entstehen können. Mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung ist es nicht vereinbar, wenn dieselbe Person in einem bestimmten Gemeinwesen ein Amt inne hat und gleichzeitig der Vertretungskörperschaft desselben Gemeinwesens als Mitglied angehört.

  3. 3.

    Da den Gemeindebediensteten nach dem Gesetz die allgemeine Mitwirkung bei der Willensbildung in den Ausschüssen der Gemeindevertretung untersagt ist, muss die Einräumung einer uneingeschränkten, ständigen Möglichkeit der beratenden Teilnahme von Personalratsmitgliedern an den Sitzungen des Personalausschusses als unzulässig angesehen werden.

  4. 4.

    Ist schon hinsichtlich der entscheidungsbefugten kommunalen Gremien eine - noch dazu etwa ständige - Beteiligung an der internen Beratung und der erst zu der beabsichtigten Maßnahme führenden Willensbildung jener Gremien vom Personalvertretungsgesetz nicht vorgesehen, so gilt das erst recht für den lediglich im Vorfeld der Vorbereitung tätigen Personalausschuss, der vom Gesetzgeber eindeutig aus dem Anwendungsbereich des § 102 Nr. 2 NPersVG ausgeschlossen worden ist.

Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 1984
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Zeller,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Heider und Dehnbostel sowie
die ehrenamtlichen Richter Leismann und Lüdke
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 1. Kammer Hannover - vom 15. Oktober 1980 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

I.

Der Rat der Landeshauptstadt Hannover beschloß in seiner Sitzung am 20. Oktober 1977 eine am 1. November 1977 in Kraft tretende Neufassung seiner Geschäftsordnung. Deren § 34 Abs. 5 lautet:

"Bei der Behandlung von Personalangelegenheiten können Vertreter des Gesamtpersonalrats an der Sitzung des Personalausschusses beratend teilnehmen."

2

Mit einem an die Landeshauptstadt Hannover gerichteten Bescheid vom 22. Mai 1978 beanstandete die Beklagte diese Regelung des § 34 Abs. 5 der Geschäftsordnung insoweit, als darin dem bei der Landeshauptstadt Hannover gebildeten Gesamtpersonalrat eine generelle Teilnahme an allen Sitzungen des Ratsausschusses für Personalwesen und Stellenplan - Personalausschuß - ermöglicht wird. Die Beanstandungsverfügung ist im wesentlichen damit begründet, daß die Einräumung eines ständigen Teilnahmerechts des Gesamtpersonalrats an allen Sitzungen des Personalausschusses nicht mit den Vorschriften der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) und des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NdsPersVG) vereinbar sei.

3

Der vom Oberstadtdirektor der Landeshauptstadt Hannover gegen die Beanstandungsverfügung am 12. Juni 1978 eingelegte Widerspruch wurde mit einem wiederum an die Landeshauptstadt Hannover gerichteten Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. August 1979 zurückgewiesen.

4

Mit der Klage machen die Landeshauptstadt Hannover, vertreten durch den Oberstadtdirektor, - Klägerin zu 1 - und der Rat der Landeshauptstadt Hannover, vertreten durch den Oberbürgermeister, - Kläger zu 2 - im wesentlichen geltend, die Art und Weise der Beteiligung des Personalrats an Erörterungen der bei der Landeshauptstadt Hannover mit Personalfragen befaßten Ratsgremien sei gesetzlich nicht abschließend geregelt. Insbesondere stünden die Vorschriften der NGO und die des NdsPersVG weder unmittelbar noch mittelbar der im Interesse einer zügigen und vertrauensvollen Zusammenarbeit erlassenen Regelung des § 34 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Rates (GO) entgegen. Unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Beteiligungsanspruchs des Gesamtpersonalrates könne dem Rat der Landeshauptstadt Hannover nicht verwehrt werden, intern verbindlich seine Bereitschaft zu erklären, Personalangelegenheiten in einem Fachausschuß mit der zuständigen Personalvertretung zu erörtern.

5

Die Kläger haben beantragt,

die Beanstandungsverfügung der Beklagten vom 22. Mai 1978 und deren Widerspruchsbescheid vom 17. August 1978 aufzuheben.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hat entgegnet: Die ständige Teilnahme von Mitgliedern des Personalrates an den Sitzungen des Personalausschusses sei rechtswidrig. Den Mitgliedern des Personalrates stehe kein Recht zur Beratung des Ratsausschusses zu. Durch ihre Teilnahme an den Ausschußsitzungen werde der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verletzt. Das NdsPersVG räume den zuständigen Personalvertretungen ein Beteiligungsrecht nur an den Entscheidungen der zuständigen Organe ein.

8

Der beigeladene Gesamtpersonalrat bei der Landeshauptstadt Hannover hat beantragt,

9

die Beanstandungsverfügung der Beklagten vom 22. Mai 1978 und deren Widerspruchsbescheid vom 17. August 1978 aufzuheben.

10

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 15. Oktober 1980 abgewiesen, im wesentlichen mit folgender Begründung: Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten erlassenen Beanstandungsverfügung sei - wenngleich auch Fragen aus dem NdsPersVG zu entscheiden seien - das (allgemeine) Verwaltungsgericht zuständig und nicht die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen. Die von der Klägerin zu 1) erhobene Klage sei unzulässig, da sie nicht die Adressatin der angefochtenen Bescheide sei und auch im übrigen in keinem ihrer zustehenden Rechte beeinträchtigt werde. Aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügung - Ausspruch und Begründung - ergebe sich, daß die Verfügung sich allein an den Rat der Landeshauptstadt Hannover, nicht aber an die Klägerin zu 1) gerichtet habe. Dasselbe gelte für den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. August 1978, der ungeachtet der Tatsache, daß der nicht betroffene Oberstadtdirektor Widerspruch eingelegt habe, von der Beklagten statt als unzulässig mit einer aufgrund seines Inhalts wiederum nur an den Kläger zu 2) gerichteten sachlichen Entscheidung beschieden worden sei. Die Bestimmung des Rates der Landeshauptstadt Hannover zum Adressaten der angefochtenen Beanstandungsverfügung stehe in Übereinstimmung mit der Regelung des § 130 NGO. Diese Vorschrift enthalte lediglich die Regelung, daß die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde "Beschlüsse und andere Maßnahmen einer Gemeinde" beanstanden könne. Wem gegenüber das Beanstandungsrecht im Einzel fall auszuüben sei, werde in dieser Vorschrift nicht festgelegt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Beschlüsse der Vertretungskörperschaft einer Gemeinde in eigener Verantwortung beschlossen werden und auch nur von der Vertretungskörperschaft, nicht aber von dem gemäß § 63 NGO zur Vertretung der Stadt als solcher berufenen Stadtdirektor aufgehoben, geändert oder aufrechterhalten werden könnten, ergebe sich nach Auffassung der Kammer zwingend, daß kommunale Beanstandungsverfügungen wirksam nur unmittelbar gegenüber dem Organ des Kommunalverbandes erlassen werden könnten, das die beanstandete Maßnahme beschlossen und als eigene Entscheidung zu vertreten habe. Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß sich die angefochtene Beanstandungsverfügung gegen die Klägerin zu 1) habe richten sollen, wäre die Klage der Klägerin zu 1) zwar zulässig; die Klage wäre in diesem Fall jedoch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet, weil die Klägerin durch die angefochtenen Bescheide selbst bei deren Rechtswidrigkeit nicht in ihren - eigenen - Rechten verletzt werde. Denn die Regelungen der Geschäftsordnung des Rates der Landeshauptstadt Hannover unterlägen allein der Autonomie des Rates.

11

Die Klage des Klägers zu 2) sei unzulässig. Dieser habe zu keinem Zeitpunkt gegen die angefochtenen Beanstandungsverfügungen Widerspruch im eigenen Namen oder etwa vertreten durch den Oberstadtdirektor eingelegt, so daß die Klage schon wegen Fehlens des Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen sei.

12

Ohne daß die Entscheidung darauf gestützt werden solle, bestehe Veranlassung darauf hinzuweisen, daß § 34 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Rates in mehrfacher Hinsicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoße und daher von der Beklagten gemäß § 130 NGO zu Recht beanstandet worden sei. Aus den die Rechte und Pflichten der Personalvertretung abschließend regelnden zwingenden Vorschriften der §§ 70, 72, 102 Nr. 2 des NdsPersVG ergebe sich, daß der Personalrat weder grundsätzlich noch im vorliegenden Fall ausnahmsweise befugt sei, ständig in den Sitzungen des Personalausschusses des Rates beratend anwesend zu sein. Diese Rechte könnten der Personalvertretung vom Rat nicht ohne Verstoß gegen die genannten Vorschriften eingeräumt werden. Für den kommunalen Bereich fehle es nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 102 Nr. 2 des NdsPersVG insoweit an Sonderregelungen, da ausdrücklich nur eine vorgreifliche Mitwirkung an den Beratungen des entscheidenden Organs im Einzelfall vor der Entscheidungsbindung, nicht aber ein Teilnahmerecht in den die eigentliche Entscheidung vorbereitenden Ausschüssengesetzlich geregelt worden sei. Die im § 34 Abs. 5 GO vorgesehenen ständige Teilnahme der Vertreter des Gesamtpersonalrates verstoße darüber hinaus gegen § 78 in Verbindung mit § 79 NdsPersVG da bestimmte Personalentscheidungen gänzlich der Mitwirkung oder Mitbestimmung und damit gesetzlich jeglicher Einflußmöglichkeit der zuständigen Personalvertretung entzogen seien. Außerdem verletze § 34 Abs. 5 GO auch § 51 Abs. 7 NGO. Durch die ständige beratende Tätigkeit von Mitgliedern des Gesamtpersonalrats im Personalausschuß wurden diesen faktisch eine den "anderen" Mitgliedern des Ausschusses weitgehend gleiche Rechtsposition eingeräumt; die Mitgliedschaft von Gemeindebediensteten in Ratsausschüssen sei jedoch, abgesehen vom Ausnahmefall des § 64 Abs. 2 NGO, generell unzulässig. Schließlich verstoße die Geschäftsordnungsregelung auch gegen § 45 Abs. 4 NGO in Verbindung mit § 34 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Rates, wonach Entscheidungen des Rates und seiner Ausschüsse über Personalangelegenheiten in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten und zu beschließen seien.

13

Gegen dieses ihnen am 26. November 1980 zugestellte Urteil wenden sich die Kläger mit der am 23. Dezember 1980 eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie im wesentlichen vortragen: Die Klage der Klägerin zu 1) wie auch die des Klägers zu 2) seien zulässig. Beide seien prozeßführungsbefugt und hätten das Vorverfahren absolviert. In der Sache sei die kommunalaufsichtliche Beanstandungsverfügung nicht gerechtfertigt. § 34 Abs. 5 GO sei weder in kommunalrechtlicher noch in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht gesetzeswidrig. Gegen das Verbot des § 51 Abs. 7 NGO, Gemeindebedienstete zu Mitgliedern der Ratsausschüsse zu berufen, würde nicht dadurch verstoßen, daß den Mitgliedern des Gesamtpersonalrats die Möglichkeit ("können"), eingeräumt werde, an Personalausschußsitzungen beratend teilzunehmen; dadurch würden sie nicht zu Mitgliedern des Personalausschusses. Ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsverbot des § 34 Abs. 3 GO sei unerheblich, weil ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Rates kein Gesetzesverstoß sei. Personalvertretungsrechtlich lasse sich dem § 102 Nr. 2 NdsPersVG kein Verbot entnehmen, daß die Gemeinde die Personalvertretung nicht im Stadium der Entscheidungsfindung beteiligen dürfe; § 34 Abs. 5 GO wolle die Personalvertretung auch nicht in Angelegenheiten beteiligen, die der personalertretungsrechtlichen Mitwirkung oder Mitbestimmung nicht unterlägen.

14

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des angefochtenen Urteils nach dem Klagantrag mit der Maßgabe zu erkennen, daß die Beanstandungsverfügung insoweit nicht angefochten wird, als sie sich gegen die Teilnahme von Personalmitgliedern an Sitzungen des Personalausschusses wendet, die Angelegenheiten betreffen, welche nicht den Beteiligungsrechten des Gesamtpersonalrates unterliegen.

15

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

16

Er tritt dem Berufungsvorbringen der Kläger entgegen.

17

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge - Beiakten A - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist im Ergebnis unbegründet.

19

Die Klage der Klägerin zu 1) ist zwar zulässig (A 1), aber nicht begründet (A 2). Die Klage des Klägers zu 2) (B) ist nicht zulässig.

20

A)

1.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehen gegen die Zulässigkeit der an erster Stelle klagenden Landeshauptstadt Hannover keine Bedenken.

21

a)

Die Klägerin zu 1) ist als kommunale Gebietskörperschaft - (Stadt-) Gemeinde - im Anfechtungsprozeß gegen eine Beanstandungsverfügung (§ 130 NGO), die die Bezirksregierung als Kommunalaufsichtsbehörde wegen eines gesetzesverletzenden Beschlusses der Gemeinde erläßt, prozeßführungsbefugt. Richtiger Adressat kommunalaufsichtlicher Maßnahmen ist die Gemeinde als solche, nicht das - insoweit unselbständige - Gemeindeorgan, dessen Beschluß oder sonstige Maßnahme das Einschreiten der Kommunalaufsicht veranlaßt hat. Die Beklagte hat die umstrittene Beanstandungsverfügung entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts mit Recht an die Klägerin zu 1) gerichtet. Diese hat als Gemeinde in einer die Zulässigkeit der Klage begründenden Weise geltend gemacht, daß sie selbst durch die Beanstandungsverfügung der Beklagten in ihren eigenen Rechten verletzt wird (§ 42 Abs. 2 VwGO). Denn nach außen, gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde, hat die Gemeinde sich das Handeln ihrer Organe, insbesondere ihres Rates, zurechnen zu lassen; dabei wird die Gemeinde, auch wenn es sich um ein das Verhalten eines ihrer Organe betreffendes Kommunalaufsichtsverfahren handelt, gemäß § 63 Abs. 1 NGO vom Gemeindedirektor - Oberstadtdirektor - vertreten (Vertretungsmacht). So der Senat in ständiger Rechtspr., vgl. z.B. OVGE 18, 365 - für eine Klage gegen die kommunalaufsichtliche Beanstandung der Besoldungssatzung eines Landkreises, sowie Urt. v. 20. Juli 1976 - 2 OVG A 157/74 u.a., ebenso nunmehr auch OVG Münster, Urt. v. 5. September 1980 DVBl 1981, 227 unter Aufgabe von OVGE 28, 185, 188). Das alles muß auch dann gelten, wenn diesem die gemeindeinterne Entscheidungszuständigkeit (Geschäftsführungsbefugnis) fehlt, also insbesondere auch dann, wenn sich der Rat eine - grundsätzlich keine Außenwirkung entfaltende - Geschäftsordnung gibt (§ 50 NGO), für deren Erlaß, Änderung und Aufhebung er allein zuständig ist, und wenn Bestimmungen dieser Geschäftsordnung von der Kommunalaufsicht wegen Gesetzesverletzung nach § 130 NGO beanstandet werden (vgl. auch Thiele, NGO, Komm., § 127 Erl. 5 und 6).

22

b)

Ferner ist hinsichtlich der Klägerin zu 1) auch die Urteilsvoraussetzung des Vorverfahrens (§§ 68 ff VwGO) offensichtlich erfüllt.

23

2.

Die danach zulässige Klage der Klägerin zu 1) ist jedoch nicht begründet. Die kommunalaufsichtliche Beanstandungsverfügung vom 22. Mai 1978 ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1978 rechtmäßig. Die Beklagte hat die Vorschrift des § 34 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Klägers zu 2) in der Fassung vom 1. November 1977 mit Recht beanstandet. Sie verletzt zwingende Gesetzesvorschriften des niedersächsischen Kommunalrechts und des niedersächsischen Personalvertretungsrechts.

24

a)

Die Regelung des § 4 Abs. 5 GO ist mit den gesetzlichen Vorschriften des § 51 Abs. 7 Satz 1 NGO wie auch des allgemein gefaßten § 51 Abs. 1 NGO nicht vereinbar. Nach der erstgenannten Bestimmung ist es dem Rat verboten, Gemeindebedienstete zu Mitgliedern seiner Ausschüsse zu berufen; dieses Verbot ist generell gesehen auch § 51 Abs. 1 NGO zu entnehmen, wonach der Rat zur Vorbereitung seiner Beschlüsse "aus seiner Mitte" Ausschüsse bilden kann. Entgegen dem bezeichneten Verbot erhalten aufgrund der Bestimmung des § 34 Abs. 5 GO die Vertreter des Gesamtpersonalrats bei der Landeshauptstadt Hannover, die sämtlich Gemeindebedienstete sind, institutionell weitgehend faktisch die Stellung von beratenden Personalausschußmitgliedern, zumal die vorgesehene Teilnahmemöglichkeit ausdrücklich der Beratung ("...beraten...") und nicht etwa nur einem gelegenheitlichen gegenseitigen Informationsaustausch dienen soll. Auf diese Weise wird Angehörigen der Gemeindeverwaltung die Möglichkeit eines dauernden Einflusses auf die Willensbildung eines wenn auch nur vorbereitenden, selbst nicht entscheidungsbefugten Ratsausschusses eingeräumt, der als ein grundsätzlich die Stärkeverhältnisse im Ratgeber widerspiegelnder (§ 51 Abs. 2 und 3 NGO) "kleiner Rat" das Plenum der Gemeindevertretung möglichst von entbehrlichen Erörterungen und Erläuterungen in den Ratssitzungen zu entlasten bestimmt ist (vgl. OVG Lüneburg OVGE 6, 4, 37).

25

Das in Rede stehende Verbot (§ 51 Abs. 7 Satz 1/§ 51 Abs. 1 NGO) ist, wie auch § 35 a Abs. 1 NGO (i.V.m. Art. 137 Abs. 1 GG, Art. 47 Vorl. Nieders. Verfassung) ergibt, wonach Beamte und Angestellte im Dienst der Gemeinde nicht Ratsherren sein dürfen, Ausdruck des Grundsatzes der organisatorischen Gewaltenteilung, der vor den Gefahren schützen soll, die durch ein Zusammentreffen von Exekutivamt und Abgeordnetenmandat entstehen können (BVerfGE 12, 73, 77 [BVerfG 17.01.1961 - 2 BvR 547/60]) [BVerfG 17.01.1961 - 2 BvR 547/60]. "Mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung ist es nicht vereinbar, wenn dieselbe Person in einem bestimmten Gemeinwesen ein Amt inne hat und gleichzeitig der Vertretungskörperschaft desselben Gemeinwesens als Mitglied angehört" (BVerG, Beschl. v. 27. Oktober 1964 DÖV 1965, 93 [BVerfG 27.10.1964 - 2 BvR 319/61]). Dieser kommunalverfassungsrechtliche Grundsatz ist auch dann verletzt, wenn - wie hier - Gemeindebedienstete zwar nicht die formelle Stellung von Mitgliedern, wohl aber prinzipiell auf Dauer faktisch die Stellung von die Willensbildung mitbestimmt Beratern in einem Organ der Gemeindevertretung erlangen, mag ihnen auch ein von ihnen erzwingbares Recht auf Teilnahme an den Ausschußsitzungen nicht eingeräumt sein. Es läßt sich nicht ausschließen, daß die beratende Teilnahme von Personalausschußmitgliedern das Ergebnis der Entscheidungsempfehlung des Personalausschusses entscheidend beeinflußt. Da den Gemeindebediensteten nach dem Gesetz aus den genannten Gründen die allgemeine Mitwirkung bei der Willensbildung in den Ausschüssen der Gemeindevertretung untersagt ist, muß die Einräumung einer uneingeschränkten, ständigen Möglichkeit der beratenden Teilnahme von Personalratsmitgliedern an den Sitzungen des Personalausschusses als unzulässig angesehen werden (ebenso im Ergebnis Engelhard/Ballerstedt, PersVG f.d.Ld. Nds., 3. Aufl. § 12 RdNr. 8). Sollte beispielsweise auch durch die der Vorschrift des § 51 Abs. 7 Satz 1 NGO entsprechenden Verbotsbestimmung des Art. 33 Abs. 1 Satz 6 der Bayer. Gemeindeordnung wie sich aus den Beratungen im Verfassungsausschuß des Bayer. Landtages ergibt, vor allem verhindert werden, daß Dienstkräfte der Gemeinde einem Personalausschuß angehören (Widtmann, Bayer. Gemeinde Ordnung Komm., 4. Aufl. Art, 33 Anm. 6). Darüber, ob eine Anhörung von einzelnen Mitgliedern des Personalrats, etwa auf Einladung des Personalausschusses zum Zwecke der Auskunftserteilung, von Fall zu Fall möglich ist (vgl. zur Heranziehung - nicht zu Ausschußmitgliedern berufener - sachkundiger Bürger zur Beratung der Gemeindevertretung und ihren Ausschüssen: Gönnewein, Gemeinderecht 1963, S. 294), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, weil die vom Rat der Klägerin zu 1) geschaffene Geschäftsordnungsregelung ersichtlich eine dauernde, beratende Teilnahme der Vertreter des Gesamtpersonalpersonalrats an den Sitzungen des Personalausschusses - und nicht nur eine Heranziehung zur Auskunftserteilung im Einzelfall - ermöglichen will und deswegen über eine Heranziehung zur Auskunfsterteilung im Einzelfall weit hinausgeht.

26

Mit der Regelung des § 34 Abs. 5 GO in der vorliegenden Fassung überschreitet der Rat bei der Ausübung seines grundsätzlich weiten Ermessens hinsichtlich der Gestaltung seiner internen Verfahrensordnung die durch zwingendes Kommunalrecht gesetzten Gesetzesschranken. Der zwingende Charakter der Regelungen der Absätze 1 und 7 des § 51 NGO ergibt sich aus Abs. 10 dieser Vorschrift, die lediglich in bezug auf die Regelungen der Absätze 2 bis 4, 6 und 8 ein abweichendes Verfahren aufgrund eines einstimmigen Ratsbeschlusses zuläßt.

27

b)

Die umstrittene Geschäftsordnungsregelung verletzt ferner die durch das Nieders. Personalvertretungsgesetz, und zwar insbesondere durch dessen § 102 Nr. 2, abgesteckten Grenzen der Befugnisse und rechtlichen Möglichkeiten der Personalvertretung, mit der Dienststelle oder der im Kommunalbereich an ihre Stelle tretende oberste bzw. höhere kommunalen Dienstbehörde (insbes. Rat/Verwaltungsausschuß) beteiligungspflichtige Personalangelegenheiten zu erörtern.

28

Nach nieders. Personalvertretungsrecht (§ 42 Nds. PersVG) ist im Grundsatz davon auszugehen, daß die gesetzliche festgelegte Partnerschaft allein zwischen Dienststelle (Dienststellenleiter) und Personalrat besteht (vgl. hierzu und zum Folgenden insbes. BVerwG, Beschl. v. 14. Januar 1983 ZBR 1983, 213). Eine von diesem Grundsatz abweichende Regelung ist wegen der besonderen Verhältnisse im kommunalen Bereich für diesen wie die unten noch näher angeführten Gesetzesmaterialien ergeben, bewußt eng und abschließend - nur im Rahmen des § 102 Nr. 2 Nds.PersVG getroffen worden. Satz 1 dieser Vorschrift lautet:

"Die oberste Dienstbehörde und die kraft Gesetzes zur Entscheidung befugten Ausschüsse haben die bei ihnen anstehenden Angelegenheiten, die der Mitwirkung oder Mitbestimmung unterliegen, auf Verlangen der Personalvertretung mit dieser zu erörtern."

29

Aus dem Wortlaut, der ersichtlich bewußt engen Fassung der Erörterungsregelung, dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften des Nieders. Personalvertretungsgesetzes (insbes. §§ 72 Abs. 2, 81 Abs. 2) und dem Zweck der angeführten Bestimmung ergibt sich, daß die Personalvertretung weder das Recht haben noch auch nur die rechtliche Möglichkeit erhalten sollte, ständig an den internen Beratungen der lediglich vorbereitenden Ausschüsse des Rates (§ 51 NGO), wie insbesondere des Personalausschusses, über beteiligungspflichtige Angelegenheiten teilzunehmen. Wie bereits aus dem Gesetz unmittelbar hervorgeht, darf die Personalvertretung schon an den eigentlichen Beratungen selbst des Rates "eberste Dienstbehörde" und den "kraft Gesetzes zur Entscheidung befugten Ausschüsse", zu denen vor allem der Verwaltungsausschuß, keineswegs aber der Personalausschuß gehört, nicht teilnehmen. Denn schon insoweit ist der Personalvertretung gesetzlich lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, "auf (ihr) Verlangen", also im Einzelfall, die bei den entscheidungsbefugten kommunalen Gremien anstehenden, beteiligungspflichtigen Personalangelegenheiten zu erörtern, wobei die Erörterung - wie die allgemeine, die Verhandlung zwischen Dienststelle und Personalrat betreffende Vorschrift des § 72 Abs. 2 Satz 2 Nds. PersVG zeigt - ersichtlich nur eine (bereits) "beabsichtigte Maßnahme" zum Gegenstand hat. Beabsichtigt ist aber eine Maßnahme erst dann, wenn der betreffende Willensbildungsprozeß abgeschlossen ist (vgl. BVerwGE 57, 151, 154) [BVerwG 06.12.1978 - 6 P 2/78]. Ist schon hinsichtlich der entscheidungsbefugten kommunalen Gremien eine - noch dazu etwa ständige - Beteiligung an der internen Beratung und der erst zu der beabsichtigten Maßnahme führenden Willensbildung jener Gremien vom Personalvertretungsgesetz nicht vorgesehen, so gilt das erst recht für den lediglich im Vorfeld der Vorbereitung tätigen Personalausschuß, der vom Gesetzgeber eindeutig aus dem Anwendungsbereich des § 102 Nr. 2 Nds.PersVG ausgeschlossen worden ist. Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte jener durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Nds. PersVG (Neufassung vom 20. März 1972, Nds. GVBl 145) eingefügte Bestimmung bestätigt: Danach ist die ausdrücklich im Ausschuß des Nieders. Landtages für öffentliches Dienstrecht in der 23. Sitzung am 15. Oktober 1971, Prok. S. 25/27) aufgeworfene Frage, ob die Personalvertretung ständig auch im Personalausschuß vertreten sein und auch die gesetzlich zur Vorbereitung befugten Ausschüsse in die Regelung des § 102 Nr. 2 (im Entwurf: Nr. 3) Nds.PersVG einbezogen werden sollte, klar verneint worden. Das geschah im wesentlichen einmal deswegen, weil Personalratsmitglieder, die ständig an Sitzungen des Personalausschusses teilnähmen, praktisch Ausschußmitglieder seien, was wegen ihrer Eigenschaft als Gemeindebedienstete kommunalrechtlich unzulässig erscheine (insoweit wird auf das Vorstehende zu 2 a verwiesen) und zum anderen deswegen, weil angesichts des Grundsatzes der gleichberechtigten Partnerschaft zwischen Personalvertretung und Dienststelle jeder Seite - im Vorbereitungsstadium - ein von der anderen Seite freier, interner Willensbildungsprozeß möglich sein müsse.

30

Der vorstehenden Auslegung des § 102 Nr. 2 Nds. PersVG steht auch nicht der Grundsatz der vertrauensvollen - und deswegen, wie die Kläger vortragen möglichst frühzeitigen (vgl. hierzu BVerwGE 41, 30) - Zusammenarbeit zwischen der Dienststelle bzw. dem entscheidungsbefugten Kommunalorgan einerseits und der Personalvertretung andererseits (§ 1 a Nds.PersVG) entgegen. Denn dieser Grundsatz erweitert nicht den durch das Gesetz genau abgegrenzten Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Personalvertretung (vgl. BVerwGE 57, 151, 176) [BVerwG 06.12.1978 - 6 P 2/78]. Dabei ist die gesetzliche Abgrenzung des Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs als abschließend und zwingend anzusehen; für eine gesetzesabweichende Regelung, mag sie nun im Wege einer sog. Dienstvereinbarung oder in der Form der Geschäftsordnung eines Rates erfolgen, ist kein Raum (vgl. § 81 Abs. 2 Nds. PersVG; zum abschließenden, zwingenden Charakter der personalvertretungsrechtlichen Aufgabenabgrenzung siehe ferner auch BVerfG, Beschl. v. 26. Mai 1970, PersV 1970, 260 sowie Beschluß des Fachsenats des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen vom 21. September 1983 - 18 OVG L 16/82 (Nds)).

31

c)

Angesichts der vorstehend festgestellten beiden Gesetzesverletzungen kann offenbleiben, ob die von der Beklagten beanstandete Geschäftsordnungsregelung des Klägers zu 2) darüber hinaus auch gegen die kommunalrechtlichen Regeln über die Öffentlichkeit bzw. Nichtöffentlichkeit von Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse (§§ 45, 52 Abs. 1 Satz 1 NGO) und/oder - bei richtiger Auslegung des § 34 Abs. 2 GO - auch gegen die personalvertretungsrechtlichen Vorschriften (§§ 78, 80 Nds.PersVG) verstoßen, die die Mitwirkung oder Mitbestimmung der Personalvertretung auf ganz bestimmte Fälle beschränken.

32

Die Klage des Klägers zu 2) ist nicht zulässig, weil ihm in diesem Verfahren nach dem Dargelegten (A 1 a) die Befähigung zu einer selbständigen Prozeßführungsbefugnis fehlt.

33

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern als Unterlegenen gemäß § 154 Abs. 2, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO zur Last. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im zweiten Rechtszug sind nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da Billigkeitsgründe dafür fehlen, sie den Klägern als Unterlegenen oder der Staatskasse aufzuerlegen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGOi.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

34

Ein Grund, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben (§ 132 Abs. 2 VwGO).