Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 01.10.2014, Az.: 2 B 71/14

bauaufsichtliches Einschreiten; Ermessensreduzierung auf Null; Nachbar; nachbarschützende Vorschrift; Nutzungsuntersagung; spürbare Beeinträchtigung; Straßenverkehr; Verkehrsaufkommen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
01.10.2014
Aktenzeichen
2 B 71/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42425
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt den Erlass einer bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung, mit der die Antragsgegnerin der Beigeladenen den Betrieb eines Elektrofachmarkts untersagen soll.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben „Mitgesellschafter und Geschäftsführer“ der Firma A. Handels GmbH. Diese betreibt in Lüneburg unter der Anschrift B. straße 22 einen Elektromarkt.

In ca. 2 km Entfernung von diesem Elektromarkt befindet sich ein Fachmarktzentrum mit einem Baumarkt und weiteren Fachgeschäften (sog. C. Center I). Gemäß dem Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 143 „Ehemalige Keulahütte II“ vom 25. November 2011 sollen auch die östlich an das C. Center I angrenzenden Flächen für den Einzelhandel (sog. C. Center II) genutzt werden. Geplant sind die Errichtung eines Möbel- und Elektromarktes sowie sonstiger Fachmärkte mit insgesamt 7.800 qm Verkaufsfläche.

Durch Baugenehmigung vom 2. September 2013 genehmigte die Antragsgegnerin die „bauliche Hülle“ des Fachmarktzentrums „C. Center II“ sowie den Neubau eines Elektrofachmarkts. Die Nebenbestimmung Nr. 6 der Baugenehmigung lautet:

„Die Baugenehmigung wird unter der Bedingung erteilt, dass der gemäß Durchführungsvertrag erforderliche Umbau der Kreuzung D. -E. -Straße/Auf der F. /Am alten G. bis zur Nutzungsaufnahme des Elektrofachmarktes fertig gestellt und von der Hansestadt Lüneburg abgenommen worden ist („Kreuzungsumbau“). Die Aufnahme der Nutzung des Elektrofachmarktes ohne fertig gestellten und abgenommenen Kreuzungsumbau ist nicht genehmigt.“

Dieser in der Nebenbestimmung Nr. 6 erwähnte Kreuzungsumbau ist bisher nicht erfolgt; nach Angaben der Antragsgegnerin ist er nunmehr für die Herbstferien, also für den Zeitraum vom 27. Oktober bis zum 9. November 2014, geplant.

Mit Schreiben vom 12. und 15. September 2014 bat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Antragsgegnerin im Namen der „A. Handels GmbH“ unter Bezugnahme auf den unterlassenen Kreuzungsumbau, die Nutzung des Elektromarktes im C. Center II bauordnungsrechtlich zu untersagen. Dies lehnte die Antragsgegnerin durch Schreiben vom 12. und 17. September 2014 ab.

Am 18. September 2014 eröffnete die Beigeladene den von ihr betriebenen Elektrofachmarkt im C. Center II (postalische Anschrift: „Bei der H. 2“). Weitere Märkte sind bisher im Bereich des C. Centers II nicht eröffnet.

Daraufhin hat der Antragsteller ebenfalls am 18. September 2014 Klage (2 A 245/14) erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit dem vorliegenden Eilantrag begehrt er die Verpflichtung der Antragsgegnerin, der Beigeladenen die Nutzung des Elektrofachmarktes im C. Center II zu untersagen und die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung anzuordnen. Er ist der Ansicht, dass die Nutzung des Elektrofachmarktes im C. Center II ohne Durchführung des geplanten Umbaus der Kreuzung D. -E. -Straße/Auf der F. /Am alten G. zu Verkehrsbehinderungen führe, die ihn in seinen Rechten verletze.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind dem Antrag entgegen getreten; sie halten ihn für unzulässig und unbegründet.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Es bestehen Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags. Diese ergeben sich zunächst daraus, dass der Antrag von „Herrn I. A.“ gestellt ist, während das Verwaltungsverfahren von der „A. Handels GmbH“ geführt wurde. Hinsichtlich der Person des Herrn A. - sei es als Privat- oder Geschäftsmann - fehlt es somit bereits an einer vorherigen Antragstellung bei der Behörde (siehe zu diesem Erfordernis Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 22). Zwar befindet sich auf Seite 1 der Klage- und Antragsschrift vom 18. September 2014 zwischen dem Datum und dem Antrag der (wohl der kanzleiinternen Zuordnung dienende) Zusatz „A. Handels GmbH - Beratung“. Gleichwohl ist eine Auslegung dahingehend, dass der Antrag von der A. Handels GmbH gestellt werden sollte, aufgrund der ausdrücklichen - anwaltlichen - Bezeichnung des Herrn I. A. als „Kläger“ (=Antragsteller) problematisch. Im Übrigen lässt sich weder der Antragsschrift noch den im Internet frei verfügbaren Informationen (vgl. www.expert.de/Footer/Website/ Impressum, siehe auch http://www.firmenwissen.de/) entnehmen, dass der Antragsteller gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG zur alleinigen gerichtlichen Vertretung der A. Handels GmbH befugt wäre.

Darüber hinaus ist zweifelhaft, welches Rechtsschutzinteresse der Antragsteller an der von ihm beantragten gerichtlichen Entscheidung hat. Schließlich führt der Antragsteller in seiner Antragsschrift selbst aus, dass er unbestritten nicht direkter Nachbar der Beigeladenen sei und sich daher auf nachbarschützende Rechte in der Baugenehmigung nicht berufen könne. Die darüber hinaus von ihm angesprochene, nach seiner Ansicht durch das erhöhte Verkehrsaufkommen hervorgerufene Rechtsbeeinträchtigung mag in Bezug auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - den Elektromarkt in der B. straße 22 - möglich sein; eine Rechtsbeeinträchtigung des Antragstellers persönlich erscheint jedoch faktisch ausgeschlossen und wird nicht einmal von ihm selbst behauptet.

Ungeachtet dieser Bedenken an der Zulässigkeit ist der Antrag jedenfalls unbegründet.

Nach § 123 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung dafür ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Als Anspruchsgrundlage für das von dem Antragsteller begehrte bauordnungsrechtliche Einschreiten und damit für die Begründung eines Anordnungsanspruchs kommt allein § 79 Abs. 1 der Niedersächsischen Bauordnung (v. 03.04.2012, Nds. GVBl. 2012 S. 46 ff. - NBauO -) in Betracht. Nach dieser Rechtsvorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung oder Sicherung rechtmäßiger Zustände anordnen, wenn bauliche Anlagen dem öffentlichen Baurecht widersprechen oder dies zu besorgen ist (§ 79 Abs. 1 Satz 1 NBauO). Nach § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NBauO kann sie namentlich die Benutzung von Anlagen untersagen.

Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. August 1960 ist ein bauordnungsrechtlicher Anspruch des Nachbarn auf Einschreiten im Grundsatz anerkannt (- 1 C 42.59 -, DVBl. 1961, 128 [BVerwG 18.08.1960 - BVerwG I C 42.59]). Dies bedeutet allerdings zunächst nur, dass die Bauaufsichtsbehörde auf einen entsprechenden Antrag hin tätig werden und eine Entscheidung treffen, nicht notwendig hingegen, dass sie auch eine inhaltlich den Wünschen des Nachbarn entsprechende bauordnungsrechtliche Verfügung erlassen muss. Im Grundsatz hat ein Nachbar hiernach lediglich einen Anspruch darauf, dass die Behörde über das "Ob" und "Wie" des Einschreitens ermessensfehlerfrei entscheidet (Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2012 – 1 LB 19/10 –, Juris). Ein unmittelbarer Anspruch auf Einschreiten ist nur ausnahmsweise gegeben, wenn von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen ist. Das ist nur dann der Fall, wenn auf dem betreffenden Grundstück ein baurechtswidriger Zustand besteht, dieser Zustand gegen - zumindest auch - den Nachbarn schützende Vorschriften verstößt und das der Bauaufsichtsbehörde nach     § 79 Abs. 1 NBauO eingeräumte Ermessen derart reduziert ist, dass jede andere Entscheidung, als bauaufsichtlich in der von dem betroffenen Nachbarn konkret begehrten Weise tätig zu werden, ermessensfehlerhaft wäre. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung setzt der unmittelbare Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht nur einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften voraus, sondern erfordert zusätzlich, dass dadurch eine „spürbare Beeinträchtigungen“ (st. Rspr., des Nds. OVG, vgl. Urt. v. 16.02.2012 – 1 LB 19/10 –, a. a. O., sowie Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, Kommentar, 9. Aufl. 2013, § 79 Rn. 71 ff., jeweils m. w. N.) bzw. eine „hohe Intensität der Störung oder Gefährdung“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.1960 - I C 4.59 -, a. a. O.) hervorgerufen wird. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes muss der Antragsteller also eine Sachlage glaubhaft machen, bei der das Entschließungs- und das Auswahlermessen der Bauaufsichtsbehörde so weit reduziert ist, dass ihr als einzige Möglichkeit zu rechtmäßigem Verhalten verbleibt, unmittelbar gegen die betreffende Baumaßnahme einzuschreiten (vgl. insges. Mann, in: Große-Suchsdorf, a. a. O., § 79 Rn. 68 ff., und Rn. 124, jeweils m. w. N.).

Eine derartige Sachlage hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr hat die Antragsgegnerin den für die A. Handels GmbH gestellten Antrag auf bauordnungsrechtliches Einschreiten zu Recht abgelehnt. Weder der Antragsteller persönlich noch die A. Handels GmbH sind Nachbarn der Beigeladenen (1.). Zudem fehlt es an einem Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften (2.). Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass durch den Betrieb des Elektrofachmarktes der Beigeladenen ohne Vornahme des geplanten Kreuzungsumbaus eine spürbare - bauaufsichtsrechtlich relevante - Beeinträchtigung des Antragstellers bzw. der A. Handels GmbH hervorgerufen wird (3.).

1. Der Antragsteller bzw. die A. Handels GmbH einerseits und die Beigeladene andererseits sind bereits nicht als Nachbarn im Sinne des Baurechts anzusehen. Wer sich als Nachbar gegen eine Beeinträchtigung zur Wehr setzten kann, ergibt sich aus dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (Nds. OVG, Urt. v. 26.07.2012 – 1 LC 130/09 –, Juris). Der Begriff des Nachbarn ist dabei durch zwei Elemente bestimmt: Die räumliche Nähe zum Baugrundstück und eine besondere rechtliche Beziehung zum Nachbargrundstück (vgl. Mann, in: Große-Suchsdorf, a. a. O. § 68 Rn. 4). Der in der B. straße 22 angesiedelte Elektromarkt und der kürzlich von der Beigeladenen eröffnete Elektrofachmarkt liegen ca. 2,4 km auseinander und in unterschiedlichen Plangebieten. Es fehlt somit sowohl an der räumlichen Nähe als auch an einer besonderen - im Rahmen des § 79 Abs. 1 NBauO relevanten - rechtlichen Beziehung. Das offensichtlich zwischen den beiden Elektromärkten bestehende wirtschaftliche Konkurrenzverhältnis ist für sich gesehen nicht geeignet, ein baurechtliches Nachbarverhältnis zu begründen.

Dem Ansatz des Antragstellers, er sei durch die geänderte Verkehrsführung auch in eigenen Rechten betroffen, da sowohl „sein“ Kunden- als auch „sein“ Lieferantenverkehr im Wesentlichen über die noch umzubauende Kreuzung abgewickelt werde und dieser „direkte Weg“ gegenwärtig im Verkehrsfluss stark behindert werde, wodurch sich ein Betroffensein und damit ein „indirektes Nachbarschaftsverhältnis“ ergebe, kann nicht gefolgt werden. Bei lebensnaher Betrachtung ist vielmehr - wie auch die Antragsgegnerin und die Beigeladene zutreffend ausgeführt haben - davon auszugehen, dass der Elektromarkt in der B. straße 22 primär über die Kreuzung J. Straße/Bei der K. angefahren wird. Insbesondere Lieferanten dürften überwiegend die verkehrsgünstige Zufahrt über die Ausfahrt „Lüneburg Nord“ der Bundesstraße 4 bzw. der A 39 wählen. Aber auch Kunden (und ggf. Lieferanten) aus dem südlichen und westlichen Teil Lüneburgs fahren bei lebensnaher Betrachtung über die J. Straße und nicht über die Kreuzung D. -E. -Straße/Auf der F. /Am alten G. an. Aber selbst wenn einzelne Kunden/Lieferanten über die letztgenannte Kreuzung anfahren sollten, wäre dies nicht ausreichend, zwischen der Beigeladenen und dem Antragsteller bzw. der A. Handels GmbH eine besondere, nachbarrechtlich relevante Beziehung zu begründen.

2. Unabhängig davon fehlt es auch an einem Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften. Zwar ist es zutreffend, dass der Betrieb der Beigeladenen gegenwärtig objektiv baurechtswidrig ist, weil die Nutzungsaufnahme des Elektrofachmarktes der Beigeladenen ohne fertiggestellten abgenommenen Kreuzungsumbau nach der Nebenbestimmung Nr. 6 der Baugenehmigung untersagt ist. Diese in der Baugenehmigung enthaltene Bedingung entfaltet jedoch keine nachbarschützenden Rechte gegenüber dem Antragsteller bzw. der A. Handels GmbH. Die in der Baugenehmigung enthaltene Bedingung dient ersichtlich nicht dem Schutz der Rechte des Antragstellers bzw. der A. Handels GmbH, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einem möglichst reibungslosen Verkehrsfluss. Etwas anderes hat der Antragsteller auch nicht vorgetragen. Vielmehr räumt er selbst ein, dass er sich auf nachbarschützende Rechte in der Baugenehmigung nicht berufen könne. Soweit der Antragsteller zugleich argumentiert, dass die Verpflichtung des Kreuzungsumbaus zwar dem Allgemeinwohl diene, dieses sich jedoch aus dem Wohl der gesamten Bürger zusammensetze, die die Kreuzung nutzten, folgt daraus nichts anderes. Denn die Begründung eines subjektiv-öffentlichen Rechts erfordert, dass sich die Betroffenen in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise von der Allgemeinheit unterscheiden (vgl. Mann, in: Große-Suchsdorf, a. a. O. § 68 Rn. 35 ff., m. w. N.). An einem derartigen, sich von der Allgemeinheit abgrenzenden Unterscheidungsmerkmal fehlt es hinsichtlich des Personenkreises „der die Kreuzung nutzenden Bürger“.

3. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass durch den Betrieb des Elektrofachmarktes der Beigeladenen ohne Durchführung des geplanten Kreuzungsumbaus eine spürbare - bauaufsichtsrechtlich relevante - Beeinträchtigung des Antragstellers bzw. der A. Handels GmbH hervorgerufen wird. Der Antragsteller kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ausweislich eines von der Antragsgegnerin eingeholten Verkehrsgutachtens - gemeint ist offensichtlich die Verkehrstechnische Untersuchung zum Bebauungsplan Nr. 143 „Ehemalige H. II in der Hansestadt Lüneburg der Ingenieurgemeinschaft Dr.-Ing. L. aus Februar 2011 - der zusätzliche Verkehr aus der Erweiterung des C. Centers nur mit dem Kreuzungsumbau abgewickelt werden kann. Denn diese vom Antragsteller in Bezug genommene Untersuchung sowie die Ausführungen zur verkehrlichen Erschließung im Bebauungsplan Nr. 143 „Ehemalige H. II (Seiten 12 bis 14) beziehen sich auf das gesamte C. -Center II mit einer Gesamtverkaufsfläche von 7.800 qm (4.000 qm Möbel, 1.800 qm Elektro und 2.000 qm sonstige Fachmärkte). Gegenwärtig sind jedoch weder der Möbelmarkt noch die weiteren Fachmärkte im C. Center II eröffnet. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese weiteren Märkte vor der Durchführung des Kreuzungsumbaus eröffnet werden sollen. Ausweislich der im Bebauungsplan Nr. 143 auf Seite 13 enthaltenen Ausführungen ist das Potenzial der Kreuzung auch unter Einbeziehung des durch die Eröffnung des Elektrofachmarkts erhöhten Verkehrsaufkommens noch nicht ausgereizt (nach den Untersuchungen besteht gegenwärtig ein nicht ausgenutztes Potenzial von 350 Kfz/Tag; für den Elektrofachmarkt der Beigeladenen wurde ein Verkehrsaufkommen von 305 Kfz/Tag prognostiziert, so dass auch nach der Eröffnung des Elektrofachmarkts ein ungenutztes Potenzial von 45 Kfz/Tag verbleibt). Dem weiteren Vortrag des Antragstellers, die verkehrliche Situation sei durch die Wiedereröffnung des Baumarktes im C. Center I am 24. September 2014 zusätzlich belastet und „nicht mehr beherrschbar“, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn die angeführten verkehrstechnischen Untersuchungen sind zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden, als der Baumarkt - wenn auch durch eine andere Firma - betrieben wurde, so dass das durch den Betrieb des Baumarktes verursachte Verkehrsaufkommen bereits mit in die Berechnungen eingeflossen ist und folglich gegenwärtig nicht zu einer zusätzlichen Erhöhung führt.

Aber selbst wenn man zugunsten des Antragstellers und entgegen den bisherigen Ausführungen davon ausginge, dass die Zufahrt zu dem in der B. straße 22 gelegenen Elektromarkt gegenwärtig durch das durch die Eröffnung des Elektrofachmarkts im C. Center II verursachten erhöhten Verkehrsaufkommens erschwert würde, wäre darin keine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers zu sehen.

Im Rahmen der von der Antragsgegnerin zu treffenden Interessenabwägung sind im Übrigen nur qualifizierte Interessen abwägungserheblich, also solche, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 27.01.1993 – 11 C 35/92 –, BVerwGE 92, 32-41). Derartige Interessen sind vorliegend weder dargelegt noch ersichtlich. Auch aus dem aus Art. 14 GG abgeleiteten Recht zum Anliegergebrauch folgt nichts anderes. Denn auch der grundgesetzliche Schutz garantiert nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Grundstückserreichbarkeit. Ein Anspruch auf den Fortbestand einer Verkehrsverbindung, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist, besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Gewährleistung von Bequemlichkeit oder Leichtigkeit der Zu- und Abfahrt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.1993 – 11 C 35/92 -, a. a. O., Urt. v. 06.08.1982 - BVerwG 4 C 58.80 -, NJW 1983, 770; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.09.1993, VBlBW 1994, 314; VG Karlsruhe, Beschl. v. 01.03.2002 – 9 K 388/02 –, Juris). Zudem hat die Antragsgegnerin bei der von ihr im Rahmen des § 79 abs. 1 Satz 1 NBauO zu treffenden Ermessensentscheidung auch die Interessen der Beigeladenen zu berücksichtigen. Die von dem Antragsteller begehrte Nutzungsuntersagung würde dabei einen erheblichen Eingriff in die nach Art. 12, 14 GG geschützten Rechte der Beigeladenen bedeuten. Demgegenüber handelt es sich bei der vom Antragsteller geltend gemachten Beeinträchtigung - wenn überhaupt - um eine zeitlich auf wenige Wochen begrenzte, insgesamt marginale und damit zumutbare Beeinträchtigung, die den Kernbereich seiner Rechte bzw. der Rechte der A. Handels GmbH unberührt lässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.