Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.02.1996, Az.: 14 U 23/95
Anforderungen an die Einrede der Verjährung; Anforderungen an die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.02.1996
- Aktenzeichen
- 14 U 23/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 23039
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1996:0208.14U23.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 24.11.1994 - AZ: 7 O 82/94
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 2 AGBG
- § 5 AGBG
- § 9 AGBG
Fundstellen
- BauR 1996, 711-712 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1997, 82-83 (Volltext mit red. LS)
Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 1995
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 24. November 1994 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwerde für den Beklagten: 11.460 DM.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch, denn es gilt wegen der unklaren Klausel zu den Gewährleistungsfristen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin gemäß § 6 Abs. 2 AGBG die gesetzliche Regelung, so daß sich die Gewährleistungsfrist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs richtet. Dann aber sind die geltend gemachten Gewährleistungsrechte (was auch der Beklagte nicht verkennt) im Hinblick auf die Unterbrechungswirkung des selbständigen Beweisverfahrens 7 OH 20/92 LG Verden nicht verjährt.
Dazu bemerkt der Senat im einzelnen:
1.
Dem Beklagten ist zuzugeben, daß die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, wonach sich die Gewährleistungsfrist nach der VOB und darüber hinaus nach dem BGB richten soll, aus sich heraus nicht verständlich und damit allein schon wegen dieser Unklarheit nach § 5 AGBG unwirksam ist. Die Gewährleistungsfrist oder, soweit dies gemeint sein sollte, die Gewährleistung als solche, kann sich schlechterdings nicht sowohl nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen, als auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch richten.
Dies gilt schon im Hinblick auf die unterschiedlichen Gewährleistungsfristen der beiden Regelungswerke. Sollte indes die Formulierung "darüber hinaus" auf ein Rangverhältnis hinweisen und zwar in dem Sinne, daß das jeweils günstigere gelten soll, so bliebe, unabhängig davon, daß darin im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG liegen würde, offen, zu wessen Gunsten denn diese Bestimmung greifen soll. Darüber schweigt die Klausel. Diese Frage kann auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang des Klauselwerkes beantwortet werden, denn darauf Bezug nehmende, ergänzende Bestimmungen fehlen.
Die damit feststehende Unwirksamkeit dieser Klausel wegen der in ihr liegenden Unklarheit hat allerdings nicht etwa, wie der Beklagte meint, die uneingeschränkte Geltung der VOB/B zufolge. Vielmehr richten sich Voraussetzungen, Folgen und Verjährung der Gewährleistungsrechte der Klägerin dann gemäß § 6 Abs. 2 AGBG nach den gesetzlichen Vorschriften, also nach den §§ 633 ff. BGB (BGH NJW 1986, 925). Solange nämlich gesetzliche Vorschriften, die aus der Unwirksamkeit einer Klausel herrührende Vertragslücke angemessen zu füllen vermögen, kommt eine Ergänzung des Vertrages nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung auf keinen Fall in Betracht (BGH a.a.O. m.w.N.). Dies führt zur Geltung der Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche nach dem BGB, auch wenn dies in diesem Einzelfall die Folge hat, daß die Rechtstellung der Klägerin als AGB-Verwenderin trotz der Unwirksamkeit dieser Klausel nicht verschlechtert wird.
Etwas anderes hätte nur dann gelten können, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Vereinbarungen eine nach dem Parteiwillen uneingeschränkte Geltung der VOB/B ergeben würde. Dies ist aber gerade nicht der Fall, denn nach der vorgegebenen Reihenfolge in Ziffer 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen sollten diese der VOB/B vorgehen und jene sollte nur dann gelten, wenn sie nicht durch die vorstehenden Bedingungen verändert worden war. Ein solcher Veränderungswille hinsichtlich der Gewährleistungsfristen ergibt sich nun allerdings gerade aus Ziffer 9 der Allgemeinen Vertragsbedingungen, so daß eine Vertragslücke entsteht, die vorrangig mit den gesetzlichen Vorschriften zu füllen ist. Darin unterscheidet sich dieser Fall von demjenigen Sachverhalt, den das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 25.09.1987 (NJW-RR 1988, 467 = BB 1988, 301) zu entscheiden hatte.
2.
Wenn sich aber die Gewährleistungsfristen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch richten, so sind die Gewährleistungsansprüche der Klägerin im Hinblick auf das selbständige Beweisverfahren auch nicht verjährt (§§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 BGB), unabhängig davon, ob es gerechtfertigt ist, mit dem Beklagten an die Ingebrauchnahme im Jahre 1988 als frühesten Termin anzuknüpfen.
Da sich der Beklagte sachlich gegen den geltend gemachten Vorschußanspruch in der Berufungsinstanz nicht mehr zur Wehr setzt, blieb sein Rechtsmittel insgesamt erfolglos.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die sonstigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwerde für den Beklagten: 11.460 DM.