Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 26.06.2013, Az.: 4 A 1442/12

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für die Klärung der Frage eines Hausverbots; Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines durch den Direktor eines Amtsgerichts ausgesprochenen Hausverbots

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
26.06.2013
Aktenzeichen
4 A 1442/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 42943
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2013:0626.4A1442.12.0A

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen ein von dem Beklagten für dessen Gerichtsgebäude verhängtes Hausverbot und begehrt die Herausgabe eines Lichtbildes.

Durch Schreiben vom 2. Februar 2012 erteilte die Direktorin des beklagten Amtsgerichtes dem Kläger ein Hausverbot. Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:

Sehr geehrter Herr B.,

aufgrund Ihrer Äußerungen in den letzten Tagen gegenüber Bediensteten des Amtsgerichts G. und Ihres bereits in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens erteile ich Ihnen mit sofortiger Wirkung

Hausverbot.

Jede Zuwiderhandlung gegen dieses Hausverbot wird strafrechtlich verfolgt.

Sofern Sie bei dem Amtsgericht G. einen Termin wahrzunehmen haben, wird Ihnen für diesen Fall durch die Justizwachtmeister Zutritt gewährt.

Am 3. Februar 2012 beantragte der Kläger bei der erkennenden Kammer den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die ihm Zugang zu einer für den 8. Februar 2012, 14.15 Uhr, im Gerichtsgebäude des Beklagten anberaumten mündlichen Verhandlung gewährt und das ihm erteilte Hausverbot vorläufig aufgehoben werden sollte. Dieses Eilverfahren (4 B 1420/12) erklärten die Beteiligten durch Schriftsätze vom 9. Februar 2012 (Kläger) und vom 22. Februar 2012 (Beklagter) für erledigt, nachdem der für den 8. Februar 2012 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2012 aufgehoben worden war und die Berichterstatterin durch gerichtliches Schreiben vom 7. Februar 2012 unter anderem darauf hingewiesen hatte, dass eine (vorläufige) Aufhebung des Hausverbotes im Wege einer einstweiligen Anordnung als Vorwegnahme der Hauptsache ausscheiden dürfte. Dem Kläger stehe für die Aufhebung des Hausverbotes der Klageweg offen, wobei die Erhebung einer Klage zu deren aufschiebender Wirkung führen würde, weil in dem anzufechtenden Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2012 keine Anordnung der sofortigen Vollziehung des Hausverbotes erfolgt sei. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen wurde das einstweilige Anordnungsverfahren durch Beschluss der Berichterstatterin vom 23. Februar 2012 eingestellt. Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 25. Februar 2012 Beschwerde ein, weil er bei Abgabe der Erledigungserklärung getäuscht worden sei. Ihm sei zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen, dass der Beklagte ein Foto seiner Person der Wachtmeisterei zugänglich gemacht habe und dass er von Wachtmeistern im Amtsgerichtsgebäude begleitet werden solle. Die Schriftsätze des Beklagten, aus denen sich diese Tatsachen ergäben, seien ihm von dem Verwaltungsgericht nicht zeitig übersandt und zugestellt worden. Diese Beschwerde nahm der Kläger am 2. März 2012 zurück (vgl. Einstellungsbeschl. d. Nds. OVG v. 05.03.2012 - 13 ME 49/12 -).

Zeitgleich mit der Beschwerderücknahme beantragte der Kläger bei der erkennenden Kammer, den Beklagten im Wege einer Sicherungsanordnung zu verpflichten, das von seiner Person an die Wachtmeisterei des Amtsgerichtes ausgehändigte Foto dort zu entfernen und in dem Besitz des Beklagten befindliche Fotos oder Lichtbilder seiner Person an denjenigen herauszugeben, dem das Recht und der Besitz an den Fotos/Bildern zustehe. Diesen einstweiligen Rechtsschutzantrag des Klägers lehnte die Kammer durch Beschluss vom 3. April 2012 (4 B 1577/12) ab. Die hiergegen am 5. April 2012 eingelegte Beschwerde verwarf das Nds. Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 23. April 2012 (13 ME 79/12), weil sie von dem Kläger persönlich und nicht durch einen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten erhoben worden sei.

Nach Abgabe der Erledigungserklärung in dem Verfahren 4 B 1420/12 hat der Kläger am 9. Februar 2012 Klage gegen das ihm erteilte Hausverbot erhoben. Zur Begründung macht er unter anderem geltend:

Das Hausverbot sei gegen ihn zu Unrecht verhängt worden, weil er weder den Hausfrieden noch den Geschäftsablauf bei dem beklagten Amtsgericht störe. Es sei rechtswidrig, weil es lediglich auf bloße Behauptungen gestützt werde. Der Bescheid, durch den das Hausverbot ausgesprochen werde, sei zu unbestimmt und verstoße daher gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Wenn der Zutritt bei dem beklagten Amtsgericht zu "Terminen" nicht ausgeschlossen sein solle, bleibe es im Ergebnis der Wachtmeisterei überlassen zu entscheiden, zu welchen Angelegenheiten er Zutritt habe oder nicht.

Der bei dem Beklagten tätige Richter am Amtsgericht H. habe ihm wiederholt grundlos die Prozessvollmacht entzogen. So sei es auch in einem Verfahren seines Sohnes gewesen, in dem dieser ihm - dem Kläger - Prozessvollmacht erteilt habe. Der Ärger und Streit mit Richter H. habe schon 1995 zu Beginn seiner Referendarausbildung bei dem beklagten Amtsgericht begonnen, als Richter H. seine Ausbildung nur widerwillig übernommen habe. Es sei zu Beleidigungen und Diffamierungen durch seinen Ausbilder gekommen. Dieser habe ihm in dem erteilten Stationszeugnis Unfähigkeit und Unkenntnis vorgeworfen. Er - der Kläger - habe Richter H. 1995 in Sitzungen des beklagten Amtsgerichtes erlebt. Dieser habe auch zugelassene Rechtsanwälte in den Sitzungen des Öfteren beleidigt und als unfähig tituliert. Es treffe zu, dass Richter H. damit rechnen müsse, dass irgendwann ein Kläger, Beklagter oder sonstiger Zuschauer die Nase voll von ihm habe und ihm in den Kopf schieße. Solche Taten kämen, wie erst kürzlich geschehen, vor. Er - der Kläger - habe aber nicht gesagt, dass er das tun werde.

Vor dem erlassenen Hausverbot habe er bei dem beklagten Amtsgericht nur Kontakt zu den Sachbearbeitern I. und J. gehabt. Beide Mitarbeiter seien ihm gegenüber unhöflich, unfreundlich, überheblich und diskriminierend aufgetreten. Es sei in mehreren Verfahren auch vorgekommen, dass von ihm per Post übersandte Schrift-sätze und Formulare in gerichtlichen Verfahren in den Papierkorb geworfen worden seien, ohne dass er dies den beiden Sachbearbeitern nachweisen könne. Für dieses Verhalten der Sachbearbeiter sei ebenfalls Amtsrichter H. verantwortlich. Richter H. sei dienstunfähig und nicht in der Lage, den Geschäftsablauf seiner Geschäftsstelle zu organisieren.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

das ihm erteilte Hausverbot aufzuheben und den Beklagten zur Herausgabe des von ihm angefertigten Lichtbildes zu verpflichten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert im Wesentlichen:

Das gegen den Kläger ausgesprochene Hausverbot finde seine Ermächtigungsgrundlage in dem Hausrecht seiner Direktorin. Das Hausrecht eines Behördenleiters umfasse die Befugnis, Ordnungsmaßnahmen zu treffen, um die Verwirklichung des Widmungszwecks zu gewährleisten, Störungen des Dienstbetriebs abzuwenden und dabei insbesondere auch über den Aufenthalt von Personen in den Räumen des öffentlichen Gebäudes zu bestimmen. Dem Direktor eines Amtsgerichts als Inhaber des Hausrechts stehe somit das Recht zu, zur Gewährleistung des Dienstbetriebs Regelungen über den Zutritt zum Dienstgebäude und den Aufenthalt von Personen in den Räumen des Amtsgerichts zu treffen. Der Grund, bei dem Kläger auf ein sofortiges Hausverbot zurückzugreifen, sei die Erwartung, dass sein Verhalten zu einer beachtlichen Beeinträchtigung der Tätigkeit des Amtsgerichts und damit zu einer nachhaltigen Störung des Dienstablaufs in seinem Gebäude führen werde. Der Kläger habe durch seine Äußerungen nicht nur einen Mitarbeiter des Gerichts in seiner Ehre verletzt, sondern sogar unverhohlen bedroht, so dass als Maßnahme zur Verhinderung einer nachhaltigen Störung des Dienstablaufs in seinem Gebäude nur das den Kläger als Besucher treffende Hausverbot angemessen gewesen sei. Anlass für diese Annahme hätten aktuell die telefonisch dem Justizfachwirt J. gegenüber getätigten Äußerungen des Klägers gegeben. Er verweise auf den Vermerk seines Mitarbeiters vom 24. Januar 2012.

Dieser Vorfall stelle keinen Einzelfall dar. Bereits in der Vergangenheit sei der Kläger durch renitente Verhaltensweisen und sich häufende Anrufe mit verbalen Attacken gegen den Richter am Amtsgericht H. und "den Rest der Justiz" aufgefallen, die der Behördenleitung Anlass gegeben hätten, besondere Sicherheitsmaßnahmen gegen den Kläger anzuordnen. So habe sein Geschäftsleiter bereits durch Verfügung vom 24. November 2008 die Justizwachtmeister unter Aushändigung eines Fotos von dem Kläger angewiesen, diesen im Falle seines Erscheinens im Gericht sofort anzusprechen und ihn während seines Aufenthaltes im Gerichtsgebäude ständig zu begleiten, und zwar solange bis der aufgesuchte Richter, Rechtspfleger oder Serviceeinheit-Mitarbeiter die ständige Bewachung für nicht mehr notwendig erachte. Ein eventuelles Erscheinen des Klägers im Gerichtsgebäude sei der Verwaltung sofort anzuzeigen.

Das Hausverbot sei auch verhältnismäßig. Angesichts der Schwere der verbalen Verfehlungen des Klägers und der dahinter stehenden Drohung sowie seiner weiteren Einlassungen und des umfangreichen folgenden Schriftverkehrs stehe nicht zu erwarten, dass er das Unrechtmäßige seines Tuns einsehe und daraus in absehbarer Zeit Konsequenzen für sein Handeln ziehe. Es sei auch keine milderes Mittel gegeben. In seiner Verbotsverfügung vom 2. Februar 2012 werde bereits eine Ausnahme ausdrücklich für den Fall zugelassen, dass der Kläger in eigener Sache einen Termin wahrnehmen wolle. In diesem Fall werde ihm durch die Justizwachtmeister Zutritt in deren Begleitung gewährt.

Der Vermerk des Justizfachwirtes J. vom 24. Januar 2012 hat folgenden Wortlaut:

3 C 1022/10

Es rief an der wütend der A. B. und gab in etwa folgendes von sich:

Der H. kann mich nicht ablehnen durch Beschluss.

Das ist eine Sauerei der muss sich nicht wundern, wenn der irgendwann ne Kugel in Kopf kriegt/hat. Die Öffentlichkeit weiß sowieso das das er ein Arschloch ist. Ich werde mit meinem Sohn zur Verhandlung kommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte A) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz Ausbleibens des Klägers verhandelt und entschieden werden konnte, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Klage ist begründet, soweit sich der Kläger gegen die Verfügung des Beklagten vom 2. Februar 2012 wendet (1.). Hinsichtlich der darüber hinaus von dem Kläger begehrten Herausgabe eines seine Person betreffenden Lichtbildes ist sie dagegen abzuweisen (2.).

1. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist eröffnet. Für die Frage, ob für ein Hausverbot das öffentliche Recht oder das Privatrecht gilt, ist mangels eines öffentlich-rechtlichen Sonderrechts maßgeblich darauf abzustellen, welche Rechtsnormen die Rechtsbeziehungen der Beteiligten und damit das Hausverbot prägen. Davon ausgehend ist das hier ausgesprochene Hausverbot öffentlich-rechtlicher Natur. In einem Gerichtsgebäude steht das Hausrecht dem Behördenleiter als einem Organ der Justizverwaltung zu.

Wie es für eine erfolgreiche Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlich ist, erweist sich die Verfügung des Beklagten vom 2. Februar 2012 als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dazu im Einzelnen:

Das von der Direktorin des Beklagten als Behördenleiterin gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot findet seine Ermächtigungsgrundlage in der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen Hausrechts. Das Hausrecht des Behördenleiters umfasst die Befugnis, Ordnungsmaßnahmen zu treffen, um die Verwirklichung des Widmungszwecks zu gewährleisten, Störungen des Dienstbetriebes abzuwenden und dabei insbesondere auch über den Aufenthalt von Personen in den Räumen des öffentlichen Gebäudes zu bestimmen. Grenzen für die Ausübung des Hausrechts an Gerichtsgebäuden ergeben sich dabei für Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 169 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -) und während einer laufenden Gerichtssitzung aus den sitzungspolizeilichen Befugnissen des Vorsitzenden (§ 176 GVG). Wegen Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sind darüber hinaus an das öffentlich-rechtliche Hausverbot strenge Anforderungen zu stellen. Es sind daher einerseits die Grundsätze des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zu beachten und andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen Hausrechts nicht um eine gebundene, gesetzlich verbindlich vorgegebene Entscheidung handelt, sondern dass die Verhängung eines Hausverbotes im pflichtgemäßen Ermessen der Behördenleitung steht. Da ein Hausverbot eine freiheitsverkürzende Maßnahme darstellt, die präventiven Charakter hat, indem sie darauf abzielt, zukünftige Störungen des Betriebsablaufs in der Behörde zu vermeiden, bedarf es entsprechend § 28 Abs. 1 VwVfG zunächst der vorherigen (mündlichen oder schriftlichen) Anhörung des Betroffenen. Ergeht ein Hausverbot nicht unmittelbar auf eine im Gerichtsgebäude eskalierende Konfliktsituation, ist dem Betroffenen grundsätzlich auch schriftlich der dem beabsichtigten Hausverbot zugrundeliegende Sachverhalt zu schildern, die Verhängung des Verbots anzukündigen und ihm Gelegenheit zu geben, sich vor dem Erlass des Hausverbotes zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Es sind - spätestens in der Hausverbotsverfügung - die Tatsachen zu benennen, die in vorangegangener Zeit den Hausfrieden gestört haben. Weiter ist auszuführen, dass und warum in Zukunft wieder mit Störungen zu rechnen und das Hausverbot daher erforderlich ist, um erneute Vorfälle zu verhindern. Da eine Behörde aber auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen muss, ist ihr die Möglichkeit der Verhängung eines Hausverbotes erst dann eröffnet, wenn es durch das Verhalten des Adressaten zu einer beachtlichen, das heißt, mehr als nur leichten und/oder vorübergehenden Beeinträchtigung der öffentlichen Tätigkeit innerhalb der Behörde gekommen ist. Dies ist anzunehmen, wenn der Dienstablauf nachhaltig gestört worden ist, weil beispielsweise Bedienstete beleidigt werden oder der Besucher in nicht hinnehmbarer Weise aggressiv reagiert und mit einer Wiederholung derartiger Vorfälle zu rechnen ist. Da das öffentlich-rechtliche Hausverbot ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG ist, muss es hinreichend bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 VwVfG), das heißt, der Adressat, der Geltungsbereich, die Art und die Dauer des Hausverbots müssen genau bezeichnet werden. Ferner bedarf es einer Begründung unter Darlegung des sanktionierten Sachverhalts und der wesentlichen Entscheidungsgründe (§ 39 Abs. 1 VwVfG). Dies ist bei einer - wie hier - zu treffenden Ermessensentscheidung deshalb von besonderer Bedeutung, weil sich zum einen nur so feststellen lässt, ob die Behördenleitung das ihr zustehende Ermessen erkannt und von diesem in sachgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Die Verhängung des Hausverbots unterliegt darüber hinaus dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Hausverbot muss auch die geeignete Maßnahme sein, die verursachte Störung zu beenden und/oder für die Zukunft den ordnungsgemäßen Ablauf der Geschäfte innerhalb des Gerichtsgebäudes sicherzustellen, es muss das mildeste in Betracht kommende Mittel sein und es muss hinsichtlich des Bezugsbereiches, für den es verhängt wird, sowie bezüglich seiner Dauer angemessen sein, so dass grundsätzlich mit der Verhängung des Hausverbotes eine Befristung auszusprechen ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass durch das Hausverbot nicht die Inanspruchnahme von gesetzlich zu erbringenden Leistungen der Behörde vollkommen unmöglich gemacht wird.

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Verfügung des Beklagten vom 2.Februar 2012 schon deshalb als rechtswidrig, weil dem angefochtenen Bescheid jede Begründung unter Darlegung des sanktionierten Sachverhalts und der wesentlichen Entscheidungsgründe fehlt, so dass sich insbesondere nicht feststellen lässt, dass die Behördenleitung das ihr zustehende Ermessen erkannt und von diesem in sachgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Zwar hat der Beklagte im Laufe des Klageverfahrens in der Sache umfangreich vorgetragen, doch führt dieses Nachschieben einer Begründung nicht zur Rechtmäßigkeit des verfügten Hausverbotes, weil § 114 Satz 2 VwGO nur gestattet, dass die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann. Nicht erfasst werden von dieser Regelung aber die Fälle, in denen der streitige Bescheid - wie hier - gar keine Begründung und damit auch keinerlei Ermessenserwägungen enthält.

Darüber hinaus ist das von dem Beklagten verfügte Hausverbot aber auch inhaltlich nicht bestimmt genug (§ 37 Abs. 1 VwVfG), weil jedenfalls der Geltungsbereich des Hausverbotes nur unzureichend bezeichnet worden ist.

Soweit es in dem angefochtenen Bescheid heißt, dass dem Kläger für den Fall, dass er "bei dem Amtsgericht G. einen Termin wahrzunehmen" habe, durch die Justizwachtmeister Zutritt gewährt werde, bleibt völlig offen, was unter den Begriff der Terminswahrnehmung fallen bzw. wann eine solche vorliegen soll. Letztlich wird dadurch nicht nur den Justizwachtmeistern des Beklagten die Entscheidung überlassen, ob dem Kläger Zutritt zum Gerichtsgebäude gewährt wird oder nicht, sondern auch für den betroffenen Kläger ist überhaupt nicht zu erkennen, ob bzw. wann das Hausverbot greift oder auch nicht. Es hätte daher bereits in der streitigen Verfügung durch die Behördenleitung festgelegt werden müssen, ob eine Zutrittsgewährung nur in den Fällen erfolgen wird, in denen der Kläger als unmittelbar am Verfahren Beteiligter zu einer Verhandlung geladen ist, oder ob eine Ausnahme von dem ausgesprochenen Hausverbot auch dann gelten soll, wenn der Kläger beispielsweise als Bevollmächtigter eines volljährigen Familienangehörigen nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) oder als Beistand nach § 90 ZPO an einer Verhandlung teilnehmen will. Darüber hinaus sind aber auch weitere regelungsbedürftige Fälle im Zusammenhang mit dem Geltungsbereich eines ausgesprochenen Hausverbotes für ein Amtsgerichtsgebäude gegeben, wie beispielsweise hinsichtlich des Rechts auf Abgabe von mündlichen Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichtes nach §§ 129a, 496 ZPO oder des Akteneinsichtsrechts nach § 299 ZPO.

2. Hinsichtlich des von dem Kläger erstmals durch Schriftsatz vom 26. Juni 2013 zum Gegenstand des Klageverfahrens gemachten Anspruchs auf Herausgabe eines an die Wachtmeisterei des Beklagten ausgehändigten Lichtbildes seiner Person kann dahin stehen, ob die Klage insoweit überhaupt zulässig ist, weil sie jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat.

Die Überlassung eines Lichtbildes von der Person des Klägers an die Wachtmeisterei steht im Zusammenhang mit einer von dem Geschäftsleiter des Beklagten im Auftrag der Amtsgerichtsdirektorin bereits am 24. November 2008 erlassenen Hausverfügung, die folgenden Inhalt hatte:

Wegen der bekannt renitenten Verhaltensweisen von Herrn A. B. und der sich in der letzten Zeit häufenden Anrufe mit heftigen verbalen Attacken gegenüber Herrn H. und den "Rest der Justiz" habe ich die Justizwachtmeister unter Aushändigung des beiliegenden Fotos von Herrn A.B. angewiesen,

Herrn A. B. im Falle seines Erscheinens im Gericht sofort anzusprechen und ihn während seines Aufenthalts im Gerichtsgebäude ständig "zu begleiten", und zwar solange bis der aufgesuchte Richter, Rechtspfleger oder SE-Mitarbeiter die ständige Bewachung für nicht mehr notwendig erachtet. Ein evtl. Erscheinen von Herrn A.B. im Gerichtsgebäude ist der Verwaltung sofort anzuzeigen.

Hierzu hat die Kammer bereits in dem einstweiligen Anordnungsverfahren 4 B 1577/12 durch Beschluss vom 3. April 2012 Folgendes festgestellt:

Gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben ist der einstweilige Rechtsschutzantrag des Antragstellers abzulehnen, weil er keinen Anspruch auf Entfernung des am 24. November 2008 an den Justizwachtmeisterdienst des Antragsgegners ausgehändigten Fotos seiner Person aus den Räumen der Wachtmeisterei und auf Herausgabe des Lichtbildes "an den, den es angeht" hat.

Die Hausverfügung der Direktorin des Antragsgegners vom 24. November 2008 findet eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in der Ausübung des Hausrechts. Das gewohnheitsrechtlich anerkannte Hausrecht des jeweiligen Behördenleiters umfasst die Befugnis, zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude zu ergreifen. Das Hausrecht stellt insoweit die Grundlage für Eingriffe in die Rechte der von den Ordnungsmaßnahmen betroffenen Personen dar. Grenzen für die Ausübung des Hausrechts ergeben sich dabei aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -) und den sitzungspolizeilichen Befugnissen des Vorsitzenden nach § 176 GVG sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Werden diese Grenzen eingehalten, stellen hausrechtliche Ordnungsmaßnahmen eines Behördenleiters keinen Eingriff in die durch den Widmungszweck des Gerichtsgebäudes von vornherein beschränkte allgemeine Handlungsfreiheit eines Betroffenen dar (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Beschl. v. 17.05.2011 - 7 B 17/11 -, NJW 2011, 2530; zitiert nach [...]).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stand und steht der Direktorin des Antragsgegners als Inhaberin des Hausrechts das Recht zu, zur Gewährleistung des Dienstbetriebs Regelungen über den Aufenthalt des Antragstellers in den Räumen des Amtsgerichts einschließlich der Übergabe eines Lichtbildes von der Person des Antragstellers an die Wachtmeisterei zu treffen.

Aus den von dem Antragsgegner vorgelegten Vermerken (vgl. Originale in der Beiakte A zu dem Klageverfahren 4 A 1442/12), an deren inhaltlicher Richtigkeit zu zweifeln, die Kammer keine Veranlassung hat, gab und gibt es für den Antragsgegner hinreichende Veranlassung, im Falle des Antragstellers einen unbeaufsichtigten Aufenthalt in dem Gebäude des Antragsgegners zu unterbinden und daher die Justizwachtmeister anzuweisen, den Antragsteller nach dem Betreten des Gerichtsgebäudes solange zu begleiten, bis der aufgesuchte Richter, Rechtspfleger oder Mitarbeiter der Serviceeinheit dies nicht mehr für notwendig erachtet. Hinsichtlich dieser zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes im Rahmen der Ausübung des Hausrechts sachlich gerechtfertigten Anordnung begegnet es ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken, dass der für die Eingangskontrolle zuständigen Wachtmeisterei Fotos des Antragstellers ausgehändigt worden sind, wodurch sichergestellt wurde/wird, dass der Antragsteller beim Betreten des Gerichtsgebäudes von den Justizwachtmeistern sofort zu identifizieren war und ist. Ohne diese Maßnahme hätten alle den Wachtmeistern nicht bereits von Person bekannten Besucher des Gerichtsgebäudes einer Kontrolle durch Vorlage eines Personalausweises oder ähnlichem unterzogen werden müssen, so dass sich die Aushändigung eines/mehrerer Fotos von der Person des Antragstellers auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten als zulässig erweist, zumal der Antragsgegner sichergestellt hatte und hat, dass ein unbefugtes Betrachten der den Antragsteller abbildenden Fotografien durch Dritte ausgeschlossen ist. Vor diesem Hintergrund besteht hinsichtlich der Lichtbilder auch kein Herausgabeanspruch des Antragstellers, und zwar unabhängig davon, woher die Fotografien stammen bzw. wie sie in den Besitz des Antragsgegners gelangt sind.

Diese Feststellungen gelten für das Klageverfahren uneingeschränkt fort, zumal der Kläger keine Gründe vorgetragen hat, die eine abweichende Beurteilung des geltend gemachten Herausgabeanspruches rechtfertigen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.