Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.04.1990, Az.: 9 A 107/88
Erschließungskosten; Erstattungsanspruch; Rückerstattung; Erschließungsvertrag; Folgelasten; Vorleistungen; Baugebiet; Herstellungskosten; Gemeinde
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.04.1990
- Aktenzeichen
- 9 A 107/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 13059
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1990:0427.9A107.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- 5 VG A 102/85
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 5. Kammer Stade - vom 7. Juli 1988 geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 128.636,08 DM nebst 9,25 % Zinsen vom 1. Dezember 1984 bis zum 25. August 1985, 8,75 % Zinsen vom 26. August 1985 bis 31. Dezember 1985 und 8 % Zinsen ab dem 1. Januar 1986 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Verweisung des Rechtsstreits von dem örtlich unzuständigen Verwaltungsgericht Hannover an das Verwaltungsgericht Stade entstanden sind, tragen die Parteien je zur Hälfte. Die Mehrkosten der Verweisung fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,-- DM abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Firma "...-Bau" Baubetreuungsgesellschaft mbH. Sie verlangt von der Beklagten Rückerstattung von Erschließungskosten und Zahlungen für Folgelasten aus einem Erschließungsvertrag, den ihre Rechtsvorgängerin mit dem Beklagten abgeschlossen hatte.
Dieser Erschließungsvertrag vom 1./5. Februar 1979 regelte die Erschließung des Baugebietes "In den Hollen".
In dem Vertragstext heißt es unter anderem:
"§ 1 - Gegenstand des Vertrages
1. Die Gemeinde überträgt hiermit nach § 123 Abs. 3 BBauG vom 23. Juni 1960 (BGBl I S. 341) in der zur Zeit geltenden Fassung die Erschließung für das Erschließungsgebiet des Bebauungsplanes "In den Hollen" der Gemarkung Langwedel auf den Erschließungsträger.
...
2. ...
§ 2 - Verkehrsflächen
1. Der Erschließungsträger hat nach Maßgabe der beigefügten Planunterlagen die Verkehrsflächen nach den in den Querprofilen festgelegten Ausbaumerkmalen (einschließlich Regenwasserkanalisation, Parkflächen und Grünanlagen) herzustellen bzw. herstellen zu lassen.
2. Der im Erschließungsgebiet vorgesehene Kinderspielplatz ist nach den näheren Festsetzungen der Gemeinde mit einem Kostenaufwand bis zu 10.000,-- DM vom Erschließungsträger auszustatten.
§ 3 - Versorgungsanlagen
1. Die Herstellung des Schmutzwasserkanals obliegt dem Erschließungsträger nach Maßgabe der von der Gemeinde erstellten und vom Landkreis Verden geprüften Planunterlagen (Anlage 4).
...
§ 4 - Sonstige Anlagen
1. ...
2. Die Anlagen für die Oberflächenentwässerung einschließlich des Regenrückhaltebeckens sind nach Maßgabe der Erlaubnis des Landkreises Verden vom 7. November 1978 und der vom Landkreis Verden geprüften Pläne (Anlage 6) vom Erschließungsträger zu erstellen.
...
§ 6 - Finanzierung der Kosten
1. Der Erschließungsträger trägt sämtliche Kosten für die Herstellung der in den §§ 2 bis 4 aufgeführten Erschließungsanlagen, soweit nachstehend keine davon abweichende Regelung vereinbart wird.
2. An den nach § 2 Abs. 1 und § 4 anfallenden Kosten beteiligt sich die Gemeinde mit einem Anteil von 10 % der effektiven Kosten. Der Anteil der Gemeinde ist durch die für dieses Baugebiet bereits erbrachten Vorleistungen abgegolten.
3. ...
4. Der Erschließungsträger verpflichtet sich, zur Sicherung der Kosten der Erschließung und der kommunalen Folgelasten die Bestätigung einer Bank über eine gesicherte Finanzierung beizubringen. Diese Sicherung hat durch Vorlage einer Bankbürgschaft in Höhe von 1.075.000,-- DM zu erfolgen. Die Vorlage hat bei Rechtskraft des Bebauungsplanes zu erfolgen.
§ 7 - Kommunale Folgelasten
1. Der Erschließungsträger verpflichtet sich zur Übernahme der durch diesen Bebauungsplan entstehenden kommunalen Folgelasten. Diese Folgelasten werden auf 2.500,-- DM je Wohneinheit festgesetzt.
2. Die kommunalen Folgelasten entstehen der Gemeinde dadurch, daß bei Erstellung von ca. 50 Wohneinheiten und einem daraus resultierenden plötzlichen Bevölkerungszuwachs von etwa 180 Personen für die vorhandenen öffentlichen Einrichtungen ein erhöhter Aufwand entsteht. Der Erschließungsträger erkennt ausdrücklich das Entstehen von kommunalen Folgelasten und seine Verpflichtung zur teilweisen Übernahme an. Es bestehen zwischen den Vertragspartnern auch Einigkeit darüber, daß es sich bei dem Betrag von 2.500,-- DM je Wohneinheit um einen vereinbarten Betrag handelt, der die der Gemeinde tatsächlich entstehenden kommunalen Folgelasten nicht deckt.
3. Die kommunalen Folgelasten werden für jede Wohneinheit nach deren Bezugsfertigkeit fällig.
...
§ 9 - Grunderwerb
1. Der Erschließungsträger erwirbt die für die Erschließungsanlage benötigten Grundflächen auf seine Kosten, soweit die Gemeinde noch nicht Eigentümerin ist.
2. Nach Herstellung sämtlicher Erschließungsanlagen im Erschließungsgebiet veräußert der Erschließungsträger alle für die öffentlichen Erschließungsanlagen in Anspruch genommenen Grundflächen aufgrund eines besonderen Vertrages lasten- und kostenfrei an die Gemeinde. Er verpflichtet sich darüber hinaus, die öffentlichen Flächen vor dem Ausbau der Erschließungsanlagen gemäß den Festsetzungen des Ausbauplanes vermessen zu lassen.
..."
Gemäß § 9 Nr. 2 des Erschließungsvertrages übertrug die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Beklagten durch notariellen Vertrag vom 18. März 1980 und einen Ergänzungsvertrag vom 12. November 1980 nach Vermessung die öffentlichen Straßen- und Verkehrsflächen. Durch einen Ergänzungsvertrag vom 16./20. September 1983 vereinbarten die Vertragsparteien, daß die Ausstattung des Kinderspielplatzes dem Beklagten übertragen werde und die Gesellschaft nach Abzug der auf ihre Kosten bereits durchgeführten Arbeiten an den Beklagten einen Betrag von 7.998,50 DM zu zahlen habe.
Die Erschließung des Baugebietes wurde in den Jahren 1980 bis 1985 durch von der Rechtsvorgängerin der Klägerin beauftragte Baufirmen durchgeführt.
Nachdem es zwischen den Vertragsparteien wegen einer Bankbürgschaft zu Meinungsverschiedenheiten gekommen war und die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Beklagten mitgeteilt hatte, sie beabsichtige, die Erschließungsvereinbarung vom 1./5. Februar 1979 juristisch überprüfen zu lassen, teilte sie dem Beklagten am 20. September 1984 mit, daß sie die abgeschlossenen Verträge als ungültig ansehe und forderte vom Beklagten die Zahlung von 146.890,92 DM laut einer anliegenden Forderungsaufstellung. Die Forderung setzte sich aus 10 % der Erschließungskosten einschließlich Grunderwerbs- und Vermessungskosten für die öffentlichen Flächen in Höhe von 81.890,92 DM, sowie aus Folgekosten für 26 Häuser zu je 2.500,-- DM; insgesamt 65.000,-- DM, zusammen. Das Schreiben enthielt eine Zahlungsaufforderung bis zum 8. Oktober 1984. Nach Mahnung am 11. Oktober 1984 drohte sie am 12. November 1984 mit einer erneuten Frist zum 30. November 1984 Klage an. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 30. November 1984 Zahlungen ab.
Am 27. Dezember 1984 hat die Klägerin Klage erhoben, die zunächst auf Zahlung von 146.890,92 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1984 lautete. Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1985 hat sie ihre Klage erweitert auf 283.496,-- DM nebst Zinsen und mit Schreiben vom 23. Dezember 1985 hat sie ihre Klage nochmals erweitert auf letztlich 288.229,23 DM nebst Zinsen.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Erschließungsvertrag sei jedenfalls insoweit unwirksam, wie die Verrechnung des 10 %igen Gemeindeanteils einem Abbedingen der gemeindlichen Kostenbeteiligung gleichkomme. Das sei bei den im Erschließungsvertrag genannten Vorleistungen des Beklagten der Fall. Ob die als Vorleistungen angegebenen Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt worden seien, wisse sie nicht. Das Baugebiet "Neues Land", in dem die vorhandene Vorflut durch eine neue ersetzt worden sei, sei ein anderes Baugebiet. Die Bebauung "In den Hollen" habe ohne die Verlegung der Vorflut im Baugebiet "Neues Land" erfolgen können. Vom Beklagten auch als Vorleistungen angegebene Erstattungszahlungen auf Erschließungsbeiträge in der Bürgermeister-Lange-Straße hätten ebenfalls nichts mit den Erschließungskosten des Baugebietes zu tun. Bei Abschluß des Erschließungsvertrages sei sie sich hinsichtlich des 10 %-Anteils der Gemeinde über die Rechtslage nicht im klaren gewesen. Sie habe deshalb auch keine Leistungen im Bewußtsein einer nicht bestehenden Leistungspflicht erbracht. Im übrigen hätten die Erschließungsmaßnahmen schon deshalb fortgeführt werden müssen, um Baugenehmigungen zu erhalten. Weiterhin sei die Übernahmeregelung von Folgekosten unwirksam, weil eine konkrete Zuordnung, für welche strukturverbessernden Maßnahmen in der Gemeinde sie erhoben würden, nicht stattgefunden habe. Ebenso sei die Bestimmung des § 3 des Erschließungsvertrages nichtig, weil der Beklagte nicht habe verlangen können, daß sie, die Klägerin, die gesamten Kosten des Schmutzwasserkanals allein übernehme. Er sei lediglich berechtigt gewesen, einen Kanalbaubeitrag entsprechend seiner Satzung zu erheben. Aus dieser Forderung resultiere die erste Klageerweiterung. Die zweite Klageerweiterung sei mit einer Erhöhung der Kosten der Erschließung in der Schlußrechnung der Firma Petershagen gegenüber dem zunächst zugrunde gelegten Kostenvoranschlag begründet.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 288.229,23 DM nebst 10% Zinsen auf 146.890,92 DM seit dem 1. Dezember 1984, auf 136.605,80 DM seit dem 16. Dezember 1985 und auf 4.733,23 DM seit dem 24. Dezember 1985 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, der Erschließungsvertrag sei auch hinsichtlich der angegriffenen Teile wirksam. Der 10 %-Anteil sei durch erbrachte Vorausleistungen abgegolten. Die Entwässerung des benachbarten Baugebietes "Neues Land" sei unabdingbare Voraussetzung für die Erschließung "In den Hollen" gewesen. Das Gebiet "Neues Land" sei von zwei Gräben durchzogen gewesen, die aus anderen Gebieten Wasser aufgenommen hätten. Diese hätten umgeleitet werden müssen, um eine Bebauung des Gebietes "Neues Land" zu ermöglichen. Dabei sei auch eine Anbindung des bereits geplanten Gebietes "In den Hollen" vorgesehen gewesen. Die Einigung im Vertrag sei erfolgt, um umfangreiche Verrechnungen zu vermeiden. Ferner habe der Schmutzwasserkanal an das Netz des Baugebietes "Neues Land" in der Bürgermeister-Lange-Straße angeschlossen werden müssen. Im übrigen werde die Forderung des 10 %igen Gemeindeanteils auch der Höhe nach bestritten. Die Grunderwerbskosten nebst anteiligen Vermessungskosten habe die Klägerin nach dem Vertrag alleine zu tragen. Auch die Folgekostenvereinbarung sei wirksam. Eine Konkretisierung der Folgekosten im Vertrag selbst sei nicht notwendig. Die Konkretisierung sei anläßlich der Vertragsverhandlungen durch den Gemeindedirektor erfolgt. Tatsächlich seien auch im Schul- und im Kindergartenbereich entsprechende Investitionen, die durch Vorlage von Unterlagen belegt werden, erfolgt. Die Kosten der Schmutzwasserkanalisation seien von der Klägerin laut Vertrag zu tragen. Im übrigen sei die Berechnung der Klägerin über die Forderungshöhe fehlerhaft, da sie Kosten für die jeweiligen Hausanschlüsse enthalte.
Nachdem ein Vergleich von der Klägerin widerrufen worden war, hat das Verwaltungsgericht Stade durch Urteil vom 7. Juli 1988, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 202.133,17 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Am 22. August 1988 hat der Beklagte Berufung eingelegt.
Diese begründet er damit, er habe die in § 6 Ziff. 2 des Erschließungsvertrages erwähnten Vorleistungen erbracht. Zur Entwässerung der Baugebiete "Neues Land" und "In den Hollen" sei es erforderlich gewesen, die bestehende Vorflut durch eine neue zu ersetzen. Er habe das Recht, mit einer "Durchschnittsberechnung" den Herstellungsaufwand für die Ersatzvorflut als Teil des abgegrenzten Entwässerungssystems der Beitragspflicht zu unterwerfen (BVerwG, Urt. v. 25. 8. 1971 - 4 C 93.69 - KStZ 72, 114). Bei Teilung auf beide Baugebiete ergebe sich für "In den Hollen" 29.759,15 DM. Die Grunderwerbskosten seien im vorliegenden Fall nicht beitragsfähig, da die Klägerin sich zur unentgeltlichen Übertragung verpflichtet habe. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Vertragsparteien die Grunderwerbsverpflichtung in die Herstellungsverpflichtung übernommen hätten. Das sei aber nicht geschehen. Hinsichtlich der Schmutzwasserkanalisation schreibe das Bundesrecht keine Eigenbeteiligung der Gemeinde vor. Übernehme der Erschließungsträger die Herstellungsverpflichtung für beitragsfreie Anlagen, wie z.B. für Kinderspielplätze, so komme eine Kostenbeteiligung nicht in Betracht. Gleiches müsse entgegen der bei Driehaus vertretenen Meinung auch für leitungsgebundene Einrichtungen gelten. Übernehme der Erschließungsträger die Herstellung von Kanalisationsanlagen, so habe er auch die Kosten zu tragen. Wirksam sei auch die Folgekostenvereinbarung, da über die mit der Ansiedlung verbundenen Folgekosten verhandelt worden sei. Die Klägerin könne dem nicht entgegenhalten, sie seien nicht erforderlich gewesen, da sie sie im Vertrag anerkannt habe. Nach dem Konkretisierungsgebot müßten die Beträge zwar grundsätzlich durch den Vertrag in bestimmter Höhe bestimmten Folgemaßnahmen zugeordnet werden, das brauche aber nicht im Vertragstext zu geschehen. Es reiche Bestimmbarkeit aus. Schließlich sei die Forderung der Klägerin verjährt. Auch könnten nur 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit beansprucht werden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 7. Juli 1988 zu ändern und die Klage auch hinsichtlich des Betrages von 202.133,17 DM abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach ist das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Verjährung greife nicht ein. Auch ihr Zinsanspruch sei begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von den Parteien vorgelegten Beiakten verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf den 10 %-Anteil des Beklagten an den Erschließungskosten, da die von der Beklagten angeführten Vorleistungen nicht zu dem beitragsfähigen Aufwand der Erschließungsanlagen im Baugebiet "In den Hollen" gehören, an deren Herstellungskosten sich die Gemeinde mit 10 % beteiligen muß. Es mag zwar sein, daß hinsichtlich der Straßenentwässerung in einem Entwässerungssystem ein Einheitssatz festgesetzt werden kann, wenn auch Rohre mit unterschiedlichem Durchmesser in den einzelnen Straßen liegen (Durchschnittssatz) (BVerwG, Urt. v. 25. 8. 1971 - 4 C 93.69 - KStZ 72, 114); es mag weiterhin sein, daß bei einem abgeschlossenen Entwässerungssystem auch nicht in der beitragsfähigen Erschließungsanlage liegende notwendige Vorfluter-Baumaßnahmen in den Erschließungsaufwand eingestellt werden können. Ein derartiger Fall ist hier aber nicht gegeben. Der Beklagte hat keinen Vorfluter für das Baugebiet "In den Hollen" hergestellt. Nach seinem eigenen Vorbringen handelte es sich um eine Ersatzvorflut außerhalb dieses Baugebietes, deren Bau notwendig wurde durch die Erschließung "Neues Land", wo der alte Vorfluter offenbar im Wege war. Das ergibt sich auch aus der Plangenehmigung des Landkreises Verden nach §§ 98 und 104 a NWG. Es ist nicht ersichtlich, daß der Bau des neuen Vorfluters tatsächlich notwendig war zur Entwässerung des von der Klägerin zu erschließenden Gebietes und eine Erschließung über den ersetzten Vorfluter nicht möglich gewesen wäre.
Im übrigen hätte der Beklagte, wenn er die Kosten des Vorfluters in den Erschließungsaufwand aufgenommen wissen wollte, rechtzeitig vor Abschluß des Erschließungsvertrages einen Beschluß darüber fassen müssen, daß die beiden Baugebiete - falls das tatsächlich der Fall ist - eine Entwässerungseinheit bilden sollten, so daß unter Einschluß der Kosten des Vorfluters eine Berechnung von Einheitssätzen möglich geworden wäre. Da die Aufwandsermittlung nach den tatsächlich entstandenen Kosten für eine einzelne Erschließungsanlage den gesetzlichen Regelfall und die Abrechnung nach Einheitssätzen die Ausnahme darstellt, muß die Gemeinde eine ausdrückliche Entscheidung fällen, wenn diese Ausnahme Platz greifen soll. Diese Entscheidung muß rechtzeitig gefällt werden, d.h. im Fall einer Beitragserhebung vor Entstehung der Beitragspflicht, im Fall eines Erschließungsvertrages vor Abschluß desselben, weil nur dann der Vertragspartner den von der Gemeinde zu tragenden Anteil berechnen und in seine Überlegungen, ob er den Vertrag abschließen will oder nicht, einbeziehen kann.
Auch der Anschluß des Schmutzwasserkanals vom Baugebiet an den in der Bürgermeister-Lange-Straße liegenden Kanal ist keine beitragsfähige und daher als Vorleistung anzuerkennende Erschließungsmaßnahme. Ebenso sind die vom Beklagten an Anlieger der Bürgermeister-Lange-Straße erstatteten Teilbeträge von Erschließungsbeiträgen nicht als Vorleistungen anzusehen.
Nicht in den Erschließungsaufwand einzurechnen und damit auch beim 10 %-Anteil der Gemeinde nicht zu berücksichtigen sind dagegen die von der Klägerin dem Beklagten aufgrund des Zusatzvertrages gezahlten Kosten für die Herstellung des Kinderspielplatzes. Mit dem Zusatzvertrag hat die Klägerin die Herstellung des Kinderspielplatzes als Erschließungsmaßnahme, soweit sie noch nicht durchgeführt war, auf den Beklagten zurückübertragen und sich an den Herstellungskosten, die dem Beklagten entstehen, in Höhe von 7.998,50 DM beteiligt. Mit der Rückübertragung der Herstellung des Kinderspielplatzes auf die Gemeinde entfällt der Anspruch der Klägerin auf den Gemeindeanteil an den Herstellungskosten. Die Beteiligung der Klägerin an den der Beklagten entstehenden Herstellungskosten des Kinderspielplatzes stellt sich als anderweitig gedeckter Erschließungsaufwand nach § 129 Abs. 1 BBauG dar. Damit reduziert sich aber der Erschließungsaufwand der Klägerin als Bemessungsgrundlage des Gemeindeanteils auf 2.001,50 DM, den Betrag, den die Klägerin selbst vor Rückübertragung der Herstellung für den Kinderspielplatz aufgewendet hat.
Der Anspruch der Klägerin auf eine Beteiligung des Beklagten an den beitragsfähigen Kosten der Herstellung der Erschließungsanlagen in Höhe von 10 % bezieht sich auf die Kosten des Grunderwerbs und der Vermessung. Der Beklagte konnte die nach § 129 Abs. 1 BBauG zwingend vorgesehene Beteiligung auch nicht dadurch umgehen, daß er eine unentgeltliche Übertragung der Flächen der Erschließungsanlagen vereinbarte. Sofern die Abrede in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages, daß "der Erschließungsträger alle für die öffentlichen Erschließungsanlagen in Anspruch genommenen Grundflächen ... lasten- und kostenfrei an die Gemeinde" zu veräußern habe, den Inhalt haben soll, daß damit der Grunderwerb der Klägerin nicht zu den beitragsfähigen Kosten der Herstellung gehören sollte, verstieße sie gegen § 129 BBauG und stünde daher einem Erstattungsanspruch nicht entgegen.
Dem der Klägerin zustehenden 10 %-Anteil kann der Beklagte die aus seinem eigenen Bestand für die Verkehrsanlagen zur Verfügung gestellten Grundstücksflächen nicht gegenrechnen. Bei den Kosten für die vor Fertigstellung der Erschließungsanlagen erworbenen Grundstücksflächen handelt es sich um eigenen Herstellungsaufwand des Beklagten, für den er gegebenenfalls - nach BBauG - Erschließungsbeiträge erheben könnte.
Eine Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin ist dagegen nicht möglich. Es fehlt ein entsprechender Anspruch gegen die Klägerin. Ein solcher ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Insbesondere besteht kein Beitragsanspruch, da mangels Beitragserhebung keine persönliche Beitragspflicht - soweit die Klägerin oder ihre Rechtsvorgängerin überhaupt noch Eigentümerin der erschlossenen Grundstücke war - entstehen konnte.
Aber auch der Vertrag gibt dem Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Grunderwerbskosten. Sie gehören nicht zu den von der Klägerin zu tragenden Herstellungskosten. Nach § 6 Abs. 1 des Erschließungsvertrages sollte der Erschließungsträger sämtliche Kosten für die Herstellung der in §§ 2 bis 4 des Vertrages aufgeführten Erschließungsanlagen tragen. Außerdem sollte er die für die Erschließungsanlagen benötigten Grundflächen auf seine Kosten erwerben, soweit die Gemeinde noch nicht Eigentümer war. Damit sind die gemeindlichen Grundstücke ausdrücklich von der Erwerbspflicht des Erschließungsträgers ausgeschlossen, so daß die Kosten für den Erwerb dieser Flächen nicht zum Herstellungsaufwand der Klägerin gehören.
Der Beklagte kann den Grunderwerb auch nicht als "für dieses Baugebiet bereits erbrachte Vorleistung" im Sinne von § 6 Abs. 2 des Erschließungsvertrages geltend machen. Zwar sind die "Vorleistungen" im Vertrag nicht genauer bezeichnet, auch kann eine Gemeinde ihren 10 %-Anteil am Erschließungsaufwand auch durch Einbringung von Grundstücken in die Erschließungsmaßnahme erbringen. Es muß sich aber dem Erschließungsvertrag ein entsprechender Wille entnehmen lassen. Das ist hier nicht der Fall. Die Grundstücke sind im Vertrag nicht als Vorleistung der Beklagten genannt, sondern an anderer Stelle aufgeführt, nämlich in dem Zusammenhang, daß sich die Erwerbspflicht des Erschließungsträgers nicht auf sie bezieht. Damit verbleibt es dabei, daß sie eigener - nach Maßgabe des Gesetzes beitragsfähiger - Aufwand der Beklagten sind.
Begründet ist die Berufung auch, soweit vom Verwaltungsgericht ein Erstattungsanspruch für die Herstellungskosten des Schmutzwasserkanals bejaht wurde. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung ihrer insoweit aufgewendeten Kosten. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, daß in diesem Bereich die Vertragsfreiheit des Beklagten dadurch eingeschränkt sei, daß er der Klägerin nicht mehr Kosten aufbürden dürfe als bei einer Beitragserhebung nach kommunalem Abgabenrecht von den Eigentümern des Erschließungsgebietes aufzubringen gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden (so aber Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 2. Aufl., Rdnr. 126).
Diese Auffassung zieht die Grenzen der Vertragsfreiheit, die es auch im Erschließungsrecht gibt, zu eng. Gegenstand des Erschließungsvertrages kann über die Herstellung der nach § 127 Abs. 2 BauGB beitragsfähigen Erschließungsanlagen hinaus die Herstellung der Erschließungsanlagen im weiteren Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB sein, also auch der Anlagen zur Schmutzwasserbeseitigung (so auch Driehaus, aaO, Rdnr. 114). Dann übernimmt der Erschließungsunternehmer auch die Herstellung dieser Anlagen auf seine Kosten. Der von Driehaus vertretenen Beschränkung, eine höhere Belastung als bei einer Beitragserhebung dürfe nicht vereinbart werden, kann nicht gefolgt werden. Der Unterschied zwischen Vertrag und Abgabenerhebung ergibt sich aus der unterschiedlichen Stellung des Erschließungsunternehmers und der Abgabenpflichtigen zur Gemeinde. Im Gegensatz zum Beitragsrecht, wo der Anlieger der hoheitlichen Beitragserhebung mit einseitig festgesetzten Beträgen unterworfen ist, kann der Erschließungsunternehmer frei entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen er die Erschließung übernehmen will. Er finanziert den von ihm geleisteten Erschließungsaufwand in der Regel auf privatrechtlicher Basis durch Verkauf oder sonstige Nutzung der erschlossenen Grundstücke, wobei der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt (Ernst in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Okt. 1989, § 124 Rdnr. 7). Die Verteilung der Kosten auf die begünstigten Eigentümer, z.B. die Grundstückskäufer des Unternehmers, entzieht sich dem Erschließungsrecht, eine Bindung an die Verteilungsregelungen des kommunalen Beitragsrechtes bestehen nicht. Der Erschließungsträger kann andere Verteilungsmaßstäbe gegenüber seinen Vertragspartnern vorsehen (Birk, Der Erschließungsvertrag gemäß § 123 Abs. 3 BBauG im BBauG- und KAG-Bereich, VBlBW 1984, S. 109). Ebenso kann der Erschließungsunternehmer vereinbaren, daß die Gemeinde ihm die Kosten der Schmutzwasserkanalisation erstattet und sie dann als Beiträge von den Anliegern erhebt.
Durch Übernahme der Kosten durch den Erschließungsträger wird eine Erschließung überhaupt erst möglich, wenn ein erhebliches privates Interesse an einer möglichst baldigen Erschließung besteht und die Gemeinde dazu derzeit - z.B. finanziell oder personell - nicht in der Lage ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um beitragsfähige oder nicht beitragsfähige Kosten handelt. Es geht vielmehr lediglich um die Kostentragung allgemein. Diese Interessenlage kann im Rahmen des Vertrages Ausdruck finden durch die Übernahme der Erschließung auf Kosten des Unternehmers.
Ein gesetzliches Verbot, daß eine Privatperson auf eigene Kosten der Gemeinde eine Erschließungsanlage erstellt, besteht nicht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG i.V.m. § 123 Abs. 3 BBauG (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB i.V.m. § 124 Abs. 1 BauGB) in der Auslegung, die diese Norm durch das Bundesverwaltungsgericht erhalten hat, nur insoweit, als die Gemeinden auch bei der Übertragung der Erschließung im Vertragswege den gemeindlichen 10 %-Anteil am beitragsfähigen Aufwand von Erschließungsanlagen i.S. von § 127 Abs. 2 BBauG tragen müssen. Eine entsprechende Regelung eines von der Gemeinde zu tragenden Anteils gibt es in Niedersachsen für die Beitragserhebung nach NKAG aber nicht. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Übernahme der Kosten aus öffentlichem Recht. Der Gleichheitssatz im Beitragsrecht soll Ungleichbehandlungen durch hoheitliche Gewalt verhindern, denen sich der Bürger nicht (jedenfalls nicht ohne gerichtliche Inanspruchnahme) entziehen kann. Zwar gilt Art. 3 GG für alles öffentliche Handeln, also auch im Bereich der öffentlich-rechtlichen Verträge. Durch die Vertragsfreiheit ist hier die Bindung insofern gelockert, als der Vertragspartner der Gemeinde in seiner Entscheidung freier ist. Diese unterschiedliche Situation des Erschließungsunternehmers einerseits und der Beitragspflichtigen im Falle der Beitragserhebung nach Kommunalabgabenrecht andererseits rechtfertigen die ungleiche Behandlung hinsichtlich der Kosten für die Wasserversorgungs- und Entwässerungsanlage im Falle des Erschließungsvertrages und im Falle der Erhebung von Beiträgen nach Kommunalabgabenrecht (Ernst aaO, Rdnr. 8).
Dem stehen auch die aus § 6 NKAG abzuleitenden Kalkulationsgrundsätze im Kanalanschlußbeitragsrecht nicht entgegen. Die Kalkulation des Beitragssatzes ist ausgerichtet auf den Funktionszusammenhang der gesamten Abwasserbeseitigungsanlage, nicht auf Teileinrichtungen derselben in einzelnen Straßenzügen oder Baugebieten. Demgegenüber handelt es sich bei der Übernahme durch den Erschließungsunternehmer nicht um die Übernahme der Herstellung der Einrichtung, die sonst im Beitragswege abgerechnet wird, sondern nur um die Übernahme von Teilen derselben. Trotzdem braucht sich die Herstellung der Leitungsanlagen im Erschließungsgebiet nicht zum Nachteil der Beitragspflichtigen auszuwirken. Die Kosten dieser Herstellung trägt nach dem Erschließungsvertrag der Erschließungsunternehmer. Die Gemeinde kann also, da ihr insoweit kein Aufwand entsteht, diesen auch nicht in die Kalkulation einsetzen. Die Beitragspflichtigen brauchen demnach keine Beiträge für das auf Kosten des Unternehmers hergestellte Leitungsnetz zu zahlen. Wenn die Beitragskalkulation bereits zu einem Zeitpunkt erstellt wurde, zu dem der Abschluß des Erschließungsvertrages noch nicht absehbar war und deshalb auch Leitungskosten für das Baugebiet in die Beitragskalkulation eingestellt wurden, so ist zu überprüfen, inwieweit die Kalkulation deshalb geändert werden muß (so auch Ernst aaO, Rdnr. 8).
Andererseits bedeutet das, daß die Grundstückseigentümer im Erschließungsgebiet durch die Tatsache, daß die Leitungen dort auf Kosten des Unternehmers hergestellt wurden, nicht von einer Beitragszahlung freigestellt sind. Der Vorteil, für den sie Beiträge zu zahlen haben, ist nämlich der Anschluß an die funktionstüchtige Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde als ganzes, nicht die Herstellung von Leitungen vor der Haustür. Wie hoch der Aufwand der Gemeinde dafür war, ob sie insoweit überhaupt Aufwand gehabt hat, ist für die Entstehung der Beitragspflicht unerheblich. Da die Eigentümer - über den Kaufpreis an den Erschließungsunternehmer - die Kanalisation im Baugebiet aber allein tragen mußten, stellt sich die Frage, ob es unbillig ist, sie zusätzlich auch noch zu Beiträgen heranzuziehen. Möglicherweise kann dem durch einen entsprechenden Beitragsverzicht im Erschließungsvertrag entsprochen werden. Da der Vertrag aber keinen Verzicht des Beklagten auf künftige Beitragsansprüche gegen die Grundstückseigentümer im Erschließungsgebiet enthält, bedarf die Frage nach der Zulässigkeit eines solchen Verzichts keiner weiteren Erörterung.
Für die Zulässigkeit der Kostenübernahme für die Schmutzwasserkanalisation sprechen auch die von der Rechtsprechung entwickelten Schranken für Folgekostenverträge. Bei den Folgekosten geht es um Aufwendungen, die den Gemeinden jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer Ansiedlungen für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6. 7. 1973 - IV C 22.72 - DVBl 73, 800, 802). Die Zulässigkeit von Folgekostenverträgen richtet sich in erster Linie danach, ob das landesrechtliche Abgabenrecht - bzw. sonstige öffentlich-rechtliche Regelungen - eine Abwälzung der Kosten auf Dritte gestattet oder bestimmt, daß die Gemeinden "die Kosten gleichsam endgültig zu tragen haben". Das NKAG sieht anders als das BBauG/BauGB in § 129 Abs. 1 nicht vor, daß sich die Gemeinde mit einem bestimmten Mindestanteil an den beitragsfähigen Kosten von Einrichtungen beteiligen muß. § 6 Abs. 5 Satz 4 NKAG, der eine Beteiligung der Gemeinde am Aufwand vorsieht, macht diese Beteiligung von Voraussetzungen abhängig, die bei der Abwasserbeseitigung nicht vorliegen.
Die Bestimmung des Erschließungsvertrages, die Schmutzwasserkanalisation auf eigene Kosten herzustellen, ist auch nicht als Ablösungsvereinbarung anzusehen, die nichtig wäre. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß von den Parteien seinerzeit eine Ablösungsvereinbarung beabsichtigt war. Zwar beeinhaltet die Vertragsregelung, daß die Klägerin auf ihre Kosten die Schmutzwasserkanalisation herstellt. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob damit eine Ablösung noch entstehender Beitragspflichten erfolgen sollte. Das hätte im Text des Vertrages irgendwie zum Ausdruck gebracht werden müssen. Der Wortlaut des Vertrages gibt für eine derartige Auslegung aber nichts her. Dagegen spricht auch, daß bei einer Ablösung regelmäßig die erbrachte Leistung mit den zu erwartenden Beiträgen etwa gleichwertig ist, sie also ein Äquivalent darstellt. Angesichts der seinerzeit geringen Beiträge der Beklagten und den erheblich höheren Kosten der Schmutzwasserkanalisation im Baugebiet ist eine derartige Gleichwertigkeit aber gerade nicht gegeben.
Zu erstatten sind dagegen auch die von der Klägerin gezahlten Leistungen für Folgekosten, da der Vertrag vom 1./5. Februar 1979 auch insoweit unwirksam ist. Zwar sind Folgekostenverträge grundsätzlich zulässig, soweit sie eine Gegenleistung bieten für die durch eine Bauleitplanung entstehenden zusätzlichen Aufwendungen der Gemeinde und evtl. durch diese Gegenleistung eine Bebauung erst ermöglicht wird (BVerwG, Urt. v. 6. 7. 1973 - 4 C 22.72 - DVBl 73, 800 f). Hier fehlt aber die vom Bundesverwaltungsgericht verlangte Konkretisierung der Bauvorhaben, für die die Folgekosten-Mittel verwandt werden sollen. Dazu enthält der Vertrag keinerlei Angaben. Zwar "braucht die Konkretisierung nicht notwendig im Wortlaut der Vertragsurkunde in Erscheinung zu treten" (BVerwG, aaO), vielmehr reicht es aus, wenn die Maßnahmen, für die die Folgekosten-Mittel verwandt werden sollen, bestimmbar sind (BVerwG, Beschl. v. 19. 1. 1981 - 8 B 6.81 -, Buchholz 406.11 § 123 Nr. 19). Aber auch diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, aus dem Vertragstext sind die Maßnahmen nicht bestimmbar. Es heißt lediglich, daß "für die vorhandenen öffentlichen Einrichtungen ein erhöhter Aufwand entsteht". Damit sind keine konkreten Einrichtungen genannt, die hier überhaupt in Frage kommen. Die Bestimmbarkeit muß sich aus dem Vertragstext ergeben, da öffentlich-rechtliche Verträge der Schriftform bedürfen (§ 57 VwVfG). Die Bestimmung oder Bestimmbarkeit der Maßnahmen ist wesentlicher Vertragsinhalt, der dem Schriftlichkeitserfordernis unterliegt. Es ist nicht ausreichend, falls die Parteien, wie der Beklagte vorträgt, "während der Vertragsverhandlungen über bestimmte Folgeeinrichtungen gesprochen" haben (GA Bl. 67). Durch derartige Gespräche wird die Schriftform nicht ersetzt, zumal auch die Formulierung der Beklagten nicht erkennen läßt, daß die Folgelasten-Mittel in bestimmter Höhe bestimmten Folgeeinrichtungen zugeordnet worden sind. Das aber ist erforderlich, sollen die Folgekosten nicht zu einer allgemeinen Zuzugsabgabe ausarten.
Im übrigen hat der Beklagte nicht dargelegt, daß die im Prozeß genannten Baumaßnahmen tatsächlich Folgelasten der Erschließung "In den Hollen" waren. Er hat lediglich vorgetragen und durch Unterlagen belegt, daß er bestimmte Investitionen im Schul- und Kindergartenbereich getätigt hat. Weder aus seinem Vorbringen, noch aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich jedoch schlüssig, daß es sich bei den Maßnahmen um Folgelasten dieses Baugebietes handelte.
Nach alledem berechnet sich die Erstattungsforderung der Klägerin wie folgt:
I. Erschließungskosten ieS (§§ 127 Abs. 2, 128 BBauG)
1. Grunderwerbskosten
a) Kaufpreis 180.925,-- DM
b) Notarkosten 360,08 DM
c) Vermessungskosten 5.360,-- DM
186.645,08 DM
10 % 18.664,51 DM
2. Erschließungsanlagen ieS
a) Straßenbau 610.000,-- DM
./. Schmutzwasser 182.964,42 DM
427.035,58 DM
b) Beleuchtung/Bepflanzung 20.678,61 DM
c) Kinderspielplatz 2.001,50 DM
449.715,69 DM
10 % 44.971,57 DM
II. Folgelasten
26 Wohneinheiten × 2.500,-- DM 65.000,-- DM
Gesamtanspruch 128.636,08 DM
Diese Forderung ist auch nicht verjährt. Der Senat hat im Urteil vom 26. 8. 1987 - 9 OVG A 143/86 - KStZ 88, 172 f - entschieden, daß für Erstattungsansprüche aus der Rückabwicklung einer Ablösungsvereinbarung die 30jährige Verjährungsfrist entsprechend § 195 BGB gilt. Selbst wenn man diese Rechtsprechung für Ablösungsvereinbarungen nicht weiter führt und für Erstattungsforderungen aus Ablösungsvereinbarungen entsprechend den Regelungen des Abgabenrechts eine kurze Verjährungsfrist von 5 Jahren entsprechend § 11 Abs. 1 Nr. 5 a NKAG i.V.m. § 228 AO annimmt (so Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand März 1990, § 1 Rdnr. 69), so kann dieses für Erstattungsforderungen aus Erschließungsverträgen nicht gelten.
Bei der Erstattungsforderung aus einem Erschließungsvertrag handelt es sich nicht um einen Anspruch aus einem Abgabenschuldverhältnis, für den allein die Verjährungsvorschriften der AO anzuwenden sind. Der Erschließungsvertrag entfernt sich sehr viel weiter als die Ablösungsvereinbarung vom Regelfall des Beitragsschuldverhältnisses. Dann aber kommt nur die 30jährige Verjährung entsprechend § 195 BGB in Betracht, zumal § 62 VwVfG auf die entsprechende Anwendung der BGB-Vorschriften verweist.
Zu diesen entsprechend geltenden Vorschriften gehören auch die über den bereicherungsrechtlichen Ausgleich nach § 812 f BGB (Bonk in Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, 2. Aufl., § 62, Rdnr. 19). Dementsprechend ist auch in § 48 Abs. 2 Satz 5 bis 8 VwVfG für die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte hinsichtlich der Erstattung geregelt, daß für sie die Vorschriften des BGBüber ungerechtfertigte Bereicherung gelten sollen. Bei einem Zurückgreifen auf diese Vorschriften ist es aber sachgerecht, auch die dort geltende Verjährung von 30 Jahren gemäß § 195 BGB anzuwenden.
Insbesondere drängt sich auch nicht die kurze Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf. Zwar enthält ein Erschließungsvertrag wesentliche Teile eines Werklieferungsvertrages, so daß für die vertraglichen Ansprüche die kurze 2jährige, bzw. 4jährige Verjährung bei einer Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners als angemessen angesehen werden könnte. Die Gedanken des § 196 BGB sind aber nicht übertragbar, da es sich um spezielle Verjährungsvorschriften für ganz bestimmte Lebenssachverhalte handelt, die üblicherweise als "Geschäfte des täglichen Lebens" bezeichnet werden. Eine Vergleichbarkeit mit dem Erschließungsvertrag mit seinen umfangreichen Regelungen öffentlich-rechtlicher Art ist nicht gegeben.
Der Klägerin waren auf ihre Forderung auch die begehrten Zinsen zu gewähren. Der Anspruch ergibt sich aus Verzug gemäß § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. §§ 284, 288 BGB. Zwar gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Vielmehr richten sich die Folgen der Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen nach dem im Einzelfall einschlägigen Spezialrecht. Deshalb können auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts Verzugszinsen nur verlangt werden, wenn dies im Gesetz oder sonst rechtlich besonders vorgesehen ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 13. 7. 1979 - 4 C 66.76 - DÖV 79, 761; Urt. v. 21. 3. 1986 - 7 C 70.83 - NVwZ 86, 554) auch für Forderungen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen. In den genannten Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht einen Anspruch auf Verzugszinsen jeweils abgelehnt.
Diese Auffassung kann für niedersächsisches Recht unter der Geltung des § 62 Satz 2 VwVfG nicht mehr aufrechterhalten werden. Nach dieser Norm gelten für öffentlich-rechtliche Verträge die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend. Damit sind auch die Regelungen des BGBüber Verzug und Verzugszinsen (§§ 284, 288 BGB) anwendbar. Durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag werden in gleicher Weise wie durch den zivilrechtlichen Schuldverhältnisse mit Leistungspflichten begründet. Öffentlich-rechtliche Besonderheiten, die eine Nichtanwendung rechtfertigen könnten, bestehen nicht. Wie im zivilrechtlichen Vertrag gerät ein Schuldner auch im öffentlich-rechtlichen Vertrag durch die Mahnung der zu erbringenden Leistung in Verzug. Auch die Tatsache, daß dem Gläubiger durch den Verzug des Schuldners ein Schaden entsteht, hier ein Zinsschaden, ist vom privat- oder öffentlich-rechtlichen Charakter des Vertrages unabhängig. Der Grundsatz, daß es im Verwaltungsrecht grundsätzlich keine Verzugszinsen gebe, ist durch Inkrafttreten des § 62 VwVfG für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge eingeschränkt worden. Einen Grundsatz, daß das Verwaltungsrecht es generell verböte, Verzugszinsen zu erheben, der dann eine entsprechende Anwendung der BGB-Vorschriften verhindern würde, gibt es nicht (vgl. Friehe, Verzugszinsen aus öffentlich-rechtlichem Vertrag in NVwZ 1986, 538 f [BVerwG 21.03.1986 - 7 C 70/83]).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wobei der Senat berücksichtigt hat, daß durch die Änderung des Streitwertes in der ersten Instanz und dem davon unterschiedlichen Berufungsstreitwert in der ersten Instanz die Klägerin, in der zweiten Instanz der Beklagte überwiegend obsiegt hat. Die Kostenlast für die Verweisung ergibt sich aus § 155 Abs. 5 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Revisionsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorlag. Insbesondere weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Verzugszinsen ab. Diese Rechtsprechung befaßte sich mit Verträgen, die vor Inkrafttreten des § 62 VwVfG abgeschlossen worden waren. Außerdem hat die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. März 1986 die hier zu entscheidende Fallkonstellation offen gelassen.
Schmaltz
Habermann
Riehl