Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.04.1989, Az.: 12 A 207/86

Anerkennung; Berufspilot; Pilotenausbildung; Zulassung; Luftverkehr; Ausland; Berufsfreiheit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.04.1989
Aktenzeichen
12 A 207/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1989, 12811
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1989:0427.12A207.86.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig 26.06.1986 - 4 A 245/83
nachfolgend
BVerwG - 30.03.1990 - AZ: BVerwG 7 B 159/89

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 26. Juni 1986 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

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Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner 1980 in Amerika erworbenen Berufspilotenerlaubnis und Instrumentenflugberechtigung.

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Der 19... geborene Kläger erhielt am 17. 7. 1980 die (deutsche) Erlaubnis für Privatflugzeugführer Nr. ..., die noch heute gültig ist. Während eines Studienaufenthaltes in den Vereinigten Staaten bekam er darüber hinaus den amerikanischen Flugführerschein Nr. ..., und zwar die Instrumentenflugberechtigung am 4. 3. 1980, die Berufspilotenerlaubnis am 20. 4. 1980 und die Berechtigung für mehrmotorige Flugzeuge am 2. 9. 1980. Am 25. Februar 1981 beantragte er beim die Beklagte vertretenden Luftfahrt-Bundesamt die Anerkennung seiner in Amerika erworbenen Berufspilotenerlaubnis. Mit Bescheiden vom 10. Dezember 1982 und 2. Februar 1983 lehnte das Bundesamt indes eine Anerkennung sowohl der Berufspilotenerlaubnis als auch der Instrumentenflugberechtigung ab, weil der Kläger nicht die verlangten theoretischen und praktischen Prüfungsanforderungen erfülle. Den mit Schreiben vom 28. Februar 1983 dagegen erhobenen Widerspruch wies das Luftfahrt-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 1983 zurück. Ein wenig später erhobener, neuer Antrag des Klägers auf Anerkennung seines amerikanischen Berufsflugführerscheines wurde mit dem hier streitigen Verfahren verbunden.

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Der Kläger hat am 6. Juni 1983 Klage erhoben. Die Versagung der Anerkennung seiner amerikanischen Berufspilotenerlaubnis verletze ihn in seinen Rechten aufgrund des Chicagoer Abkommens (ICAO-Abkommen) von 1944, wonach sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet habe, entsprechende Erlaubnisse aller Staaten anzuerkennen, die das Abkommen ratifiziert haben. Diese Verpflichtung erfülle die Beklagte jedoch gleichheitswidrig gegenüber deutschen Staatsangehörigen wie ihm nicht. Damit werde zusätzlich in seine - des Klägers - grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit eingegriffen, da ihm nun der Zugang zum Beruf des Flugpiloten versperrt bleibe.

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Die Vorschriften des Deutschen Luftfahrtrechtes stellten für einen derartigen Eingriff keine ausreichende, gesetzesförmige Rechtsgrundlage dar. Die Nichtanerkennung erfolge lediglich aufgrund einer vom Bundesminister für Verkehr erlassenen Verordnung, die zudem ein Entscheidungsermessen einräume, was gegen Art. 80 GG verstoße. Inhaltlich gehe die Beklagte zu Unrecht von der Ungleichwertigkeit der deutschen und der amerikanischen Flugausbildung aus. Die Schulung und Vorbereitung, die er - der Kläger - in den Vereinigten Staaten absolviert habe, sei einer deutschen in allen Belangen gleichwertig, teilweise sogar überlegen. Bis zum Jahre 1980 habe er 260 Stunden Flugerfahrung auf amerikanischen Flugzeugen gesammelt. Ferner habe er 34,6 Flugstunden mit deutschen Flugzeugen nach Instrumentenflugregeln absolviert. Die Beklagte sei aber noch nicht einmal bereit, die von ihm absolvierten Flugstunden als ausreichende Instrumentenflugerfahrung anzuerkennen, obwohl das Merkblatt 80/1 bereits 100 Flugstunden als ausreichende Flugerfahrung für die Anerkennung vorsehe. Da er - der Kläger - berechtigt sei, aufgrund seiner amerikanischen Erlaubnisse Flugfahrzeuge, die in die amerikanische Luftfahrzeugrolle eingetragen seien, unter IFR-Bedingungen im Bundesgebiet zu fliegen, erscheine es paradox, wenn er dies mit solchen, die in die deutsche Luftfahrzeugrolle eingetragen seien, nicht dürfe. Auch überzeuge das Argument nicht, daß in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des beengten Luftraumes besondere Bedingungen herrschten, die eine weiter- und tiefergehende Ausbildung als in Amerika erforderlich machten. Er - der Kläger - habe die weltweit am häufigsten frequentierten amerikanischen Flughäfen angeflogen und dort hinreichende Erfahrung gesammelt. Im übrigen lasse es die Beklagte ja auch zu, daß in die deutsche Luftfahrzeugrolle eingetragene Flugzeuge von Piloten einer ausländischen Fluggesellschaft geflogen würden.

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Der Kläger hat beantragt,

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unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 10. Dezember 1982 und vom 2. Februar 1983 sowie ihres Widerspruchsbescheides vom 21. April 1983 die Beklagte zu verpflichten, den Kläger zu einem Instrumentenüberprüfungsflug zuzulassen und nach erfolgreichem Abschluß ohne weiteres seine amerikanische Instrumentenflugberechtigung anzuerkennen, und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Anerkennung seiner amerikanischen Berufspilotenerlaubnis mit Instrumentenflugberechtigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und dazu vorgetragen: Ober § 32 LuftVG sei die das Anerkennungsverfahren ordnende LuftVZO eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Regelung der streitigen Verhältnisse. Da die Anerkennung einer ausländischen Erlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland wie die Ersterteilung einer deutschen Erlaubnis wirke, sei bei der Anerkennungsentscheidung u.a. festzustellen, ob die Voraussetzungen für die ausländische Erlaubnis mit denen zur Erteilung einer deutschen im wesentlichen übereinstimmten. Ein Vergleich der amerikanischen Vorschriften zur Erlangung einer Berufspiloten- wie Instrumentenflugberechtigung mit den entsprechenden deutschen Bestimmungen ergebe aber, daß die Voraussetzungen nach deutschem Recht für einen Bewerber sowohl in theoretischer wie in praktischer Hinsicht deutlich höher lägen. Daraus folge, daß speziell die amerikanische Instrumentenflugberechtigung in der Bundesrepublik Deutschland nur anerkannt werden könne, wenn sich der Antragsteller einer theoretischen Teilüberprüfung in den Fächern Luftrecht, Luftverkehrs- und Flugsicherungsvorschriften, Flugplanung, Meteorologie, Elektronik, Avionik und Physiologie sowie einer praktischen Prüfung unterziehe. Zum Ausgleich der Unterschiede in der Ausbildung und der geforderten fliegerischen Erfahrung sei zudem erforderlich, daß von der ausländischen Berechtigung mindestens 100 Stunden Gebrauch gemacht worden sei. Diese erhöhten Anforderungen müßten gestellt werden, weil in der Bundesrepublik Deutschland wegen der schwierigen meteorologischen Bedingungen, der komplizierten Luftraumstruktur und des extrem großen Verkehrsaufkommens in einem relativ kleinen Luftraum erhöhte Anforderungen an einen Luftfahrzeugführer gestellt würden. Hinsichtlich der vom Kläger nachgewiesenen 103 Stunden nach Instrumentenflugregeln könnten jedoch diejenigen 34,6 Stunden, die er mit deutschen Flugzeugen geflogen sei, nicht anerkannt werden. Auch Art. 33 des Chicagoer Abkommens gewähre dem Kläger im übrigen keinen unmittelbaren Anspruch auf Anerkennung, denn jene Vorschrift beziehe sich nur auf die von außen in den deutschen Luftraum einfliegenden Flugfahrzeugführer, gelte also nicht für solche Personen, die von ausländischen Flugerlaubnissen auf Dauer im deutschen Hoheitsgebiet Gebrauch machen wollten. Wenn Luftfahrzeugführer (und sei es bei deutscher Staatsangehörigkeit) mit einer ausländischen, etwa amerikanischen Instrumentenflugberechtigung in der Bundesrepublik Deutschland Flüge nach den geltenden Regeln durchführen könnten, so werde dies nach dem Chicagoer Abkommen nur für solche Flüge zugelassen, welche mit einem entsprechend ausländischen, hier: amerikanischen Luftfahrzeug stattfänden. In diesen Fällen liege die Verantwortung bei dem Staat, der das Luftfahrzeug registriert und den Luftfahrerschein mit diesen Berechtigungen erteilt habe. - Eine Einschränkung der Berufswahl- oder Berufsausübungsfreiheit des Klägers als Rechtsanwalt sei nicht zu erkennen.

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Mit Urteil vom 26. Juni 1986, auf dessen Gründe im einzelnen Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Aus dem Chicagoer Abkommen von 1944 könne der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Anerkennung seiner amerikanischen Berufspilotenerlaubnis und Instrumentenflugberechtigung herleiten. Die dortigen Vorschriften seien auf dem Grundsatz aufgebaut, daß die Staatszugehörigkeit des vom Erlaubnisinhaber geflogenen Luftfahrzeuges und das Ursprungsland seiner Flugerlaubnisse und -berechtigungen übereinstimmten. Wenn ein Lizenzinhaber wie der Kläger von seinen ausländischen Erlaubnissen im Inland auf Dauer und auf Luftfahrzeugen mit deutschem Hoheitszeichen Gebrauch machen wolle, unterfalle er den internationalen Anerkennungsregeln nicht, sondern dürfe gem. § 28 Abs. 2 LuftVZO einer Zusatzprüfung unterzogen werden. Das Verfahren stelle die Anerkennung in das Ermessen der Erlaubnisbehörde, und dabei stehe die Anerkennung einer konstitutiven Erlaubniserteilung nach § 4 I LuftVG gleich, so daß sie von denselben Voraussetzungen abhängig gemacht werden könne. Jener § 28 II LuftVZO beruhe auf einer ordnungsgemäßen gesetzlichen Ermächtigung und sei auch nicht wegen Verletzung der Berufsfreiheit verfassungswidrig. Da die Gegenüberstellung der Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen in der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten zeige, daß insb. die theoretischen Anforderungen an den Erwerb der Berufsflugzeugführererlaubnis zweiter Klasse und der Instrumentenflugberechtigung in beiden Ländern voneinander abwichen, sei es richtig, für eine deutsche Anerkennung seiner amerikanischen Flugfahrerscheine vom Kläger eine Zusatzprüfung zu verlangen. Die hierfür angesetzten Prüfungsfächer Allgemeine Navigation, Flugplanung, Meteorologie, Flugzeugkunde, Elektronik/Avionik und Physiologie für Flugzeugführer seien sachgerecht und in ihrer zeitlichen Veranschlagung angemessen. Wenn damit die Erlaubnisanforderungen in der Bundesrepublik Deutschland höher seien als nach allgemeinem internationalen Standard, so werde dies durch die besonderen Luftverkehrsverhältnisse im deutschen Luftraum gerechtfertigt. Von einem Fehler in der Ermessensausübung könne deshalb keine Rede sein.

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Gegen dieses ihm am 22. Juli 1986 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. August 1986 Berufung eingelegt. Er bezieht sich dafür auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, den er durch das Verwaltungsgericht nicht ausreichend gewürdigt sieht. Insbesondere sei es falsch, daß die theoretischen Anforderungen für die amerikanische Erlaubnis- und Berechtigungserteilung den deutschen nachstünden, vielmehr versuchten die deutschen Prüfungsbedingungen, sich den amerikanischen anzupassen. Im übrigen werde daran festgehalten, daß der Kläger durch die Anerkennungsverweigerung in seiner Berufsfreiheit verletzt werde. § 28 LuftVZO könne dafür keine hinreichende Rechtsgrundlage abgeben, da die Vorschrift einerseits dem Chicagoer Abkommen (Art. 33) widerspreche, andererseits schon nach ihrem Wortlaut nur Erlaubnisse, nicht aber Berechtigungen erfasse.

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Der Kläger beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen,

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und wiederholt im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

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Mit Beschluß vom 18. September 1984 (4 VG D 85/84) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit Beschluß vom 11. Februar 1985 zurückgewiesen (12 OVG B 121/84).

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Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Gerichtsakten aus dem Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz wurden beigezogen. Der einschlägige Verwaltungsvorgang der Beklagten (Beiakte C), eine Broschüre "Instrument Rating Written Test Guide" (Beiakte D), mehrere Bände "Airman's Information Manual" (Beiakten E-J) sowie ein "Instrument Rating Question Book" von 1986 (Beiakte K) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet weil das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

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I. Maßstab für die gerichtliche Überprüfung ist § 28 Abs. 2 Luftverkehrs-Zulassungsordnung - LuftVZO - i.d.F. vom 13. 3. 1979 (BGBl I S. 308, geänd. durch Gesetz vom 21. 7. 1986, BGBl I S. 1097). Die Vorschrift erweist sich entgegen der Ansicht des Klägers als verfassungskonform und wurde von der Beklagten bei Ablehnung des klägerischen Anerkennungsantrages tatbestandlich korrekt sowie verhältnismäßig angewendet.

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1. Selbst wenn der Senat etwaige Zweifel beiseite läßt, ob der Kläger durch die Verweigerung der Anerkennung seiner amerikanischen Luftfahrerscheine in dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG betroffen werde, ergibt sich keine Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs. 2 LuftVZO. Die Berufsfreiheit wird nicht uneinschränkbar gewährt. Vielmehr kann die Zulassung zum Beruf (hier: eines Luftfahrers) durch ein Abstellen auf subjektive Befähigungskriterien beim Bewerber begrenzt werden, wenn dies mittels Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zugunsten eines "überragenden Gemeinschaftsgutes" geschieht (st.Rspr. seit BVerfG v. 11. 6. 1958, BVerfGE 7, 377, 399 ff.) [BVerfG 11.06.1958 - 1 BvR 596/56]. Ein solch elementares Schutzgut stellt zweifellos aber die Sicherheit des Luftverkehrs dar, und ihr dient u.a. § 28 Abs. 2 LuftVZO. Die Vorschrift ist aufgrund § 32 Abs. 1 Nr. 4 Luftverkehrsgesetz - LuftVG - i.d.F. vom 14. 1. 1981 (BGBl. I S. 61, zul.geänd. durch G v. 26. 11. 1986, BGBl. I S. 2089) ergangen, welcher seinerseits eine verfassungsmäßige Einschränkung der Berufsfreiheit zugunsten des Gemeinschaftsgutes der Luftsicherheit vornimmt und seinen normativen Ansatz in einer hinreichend bestimmten Ermächtigung an den Verordnungsgeber weiterreicht. Insoweit ist Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG vollauf gewahrt.

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Da die normative Einschränkung der personalen Zulassung zum Flugverkehr die Belange der Luftsicherheit in geeigneter, erforderlicher und proportionaler Weise zur Geltung bringt, ist sie im übrigen auch als Zurückschneidung anderer, gesetzlich begrenzbarer Grundrechte verfassungsgemäß. Das bezieht sich sowohl auf die möglicherweise berührten Grundrechte des Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 1 GG) oder der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) als auch auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG.

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§ 28 Abs. 2 LuftVZO widerspricht auch nicht anderen höherrangigen Normen. Insbesondere besteht keine Differenz zu Art. 33 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt - ICAO-Abkommen ("Chicagoer Abkommen") - vom 7. 12. 1944, für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt durch Gesetz vom 7. 4. 1956 (BGBl II S. 411, zul. geänd. durch Gesetz vom 15. 2. 1980, BGBl 1983 II S. 763). Die einschlägigen Vorschriften des ICAO-Abkommens betreffen - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - in der Tat nur den internationalen, nicht den nationalen Flugverkehr, erfassen also nur die Fälle, in welchen Luftfahrzeuge, die in einem Drittstaat eingetragen sind, im deutschen Luftraum geflogen werden bzw. ausländische Staatsangehörige Flugfahrzeuge (gleich welcher Eintragungsörtlichkeit) im deutschen Luftraum pilotieren. Dies kommt in dem das gesamte ICAO-Abkommen durchziehenden Grundsatz zum Ausdruck, daß jeder Staat für die Sicherheit solcher Luftfahrzeuge und die Befähigung des zu ihrem Führen eingesetzten Luftfahrtpersonals verantwortlich ist, die bei ihm eingetragen, d.h. mit seinen Staatszugehörigkeitszeichen versehen sind. Im übrigen gilt eindeutig Art. 32 Abs. b) ICAO-Abkommen für den Kläger, wonach der beklagten Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat das Recht vorbehalten bleibt,

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"den Befähigungszeugnissen und Erlaubnisscheinen, die einem seiner Staatsangehörigen von einem anderen Vertragsstaat ausgestellt sind, für Flüge über seinem Gebiet die Anerkennung zu verweigern".

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2. Der Tatbestand des § 28 Abs. 2 LuftVZO trifft dabei auch für das klägerische Begehren zu. Nicht richtig ist, daß nur die technisch so genannten "Erlaubnisse" (hier: die amerikanische Berufspilotenerlaubnis des Klägers), nicht aber die "Berechtigungen" (hier: die amerikanische Instrumentenflugberechtigung des Klägers) erfaßt würden. Schon § 28 Abs. 2 S. 1 LuftVZO selbst spricht von den in der Erlaubnis eingetragenen Berechtigungen, verwendet also die Erlaubnisse als Oberbegriff. Dieses Begriffsverständnis ergibt sich auch aus Art. 33 ICAO-Abkommen, wo global von Zeugnissen und Erlaubnisscheinen die Rede ist und damit eindeutig auch die im deutschen Luftrecht spezifisch so bezeichneten "Berechtigungen" mit gemeint sind.

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Das in § 28 Abs. 2 Satz 1 ebenso wie Satz 2 LuftVZO an die Hand gegebene Ermessen eröffnet keinerlei Belieben. Verwaltungsermessen ist immer "pflichtgemäßes Ermessen", d.h. an dem Ermächtigungszweck und den bestehenden allgemeinen Rechtsgrenzen auszurichten (§ 40 VwVfG) und unterliegt insoweit der vollen gerichtlichen Nachprüfung (§ 114 VwGO). Für die rechtmäßige Ermessensausübung der Beklagten war deshalb vorrangig der Zweck der betreffenden Ermessenseinräumung maßgeblich, d.h. die damit beabsichtigte Sicherung des Luftverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland.

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Auch bei der Ermessenshandhabung nach § 28 Abs. 2 LuftVZO ist deshalb der Sicherheitsstandard zu erreichen und zu gewährleisten, den das Luftrecht generell ansetzt. Die Anerkennung ausländischer Lizenzen bei Luftfahrern (und sie bezöge sich eben beim Kläger sowohl auf seine Berufspilotenerlaubnis wie Instrumentenflugberechtigung) steht inhaltlich und funktional einer entsprechend originären Erlaubniserteilung nach §§ 4 Abs. 1 LuftVG, 20 ff. LuftVZO, 7 ff. Verordnung über Luftfahrtpersonal - LuftPersV - i.d.F. vom 13. 2. 1984 (BGBl. I S. 265) gleich; denn mit ihr hätte der betreffende Bewerber dieselbe Luftfahrerbefugnis wie ein originärer Erlaubnisnehmer (vgl. § 28 Abs. 3 LuftVZO). Die in § 28 Abs. 2 S. 2 LuftVZO anheimgegebene Eignungsprüfung darf deshalb - ja sollte sogar - bis an die Anforderungen heranreichen, welche bei 'normalen' Erlaubnis- und Berechtigungserteilungen verlangt werden.

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3. Diese Ermessensmargen hat die Beklagte bei ihrer Bescheidung des klägerischen Antrages eingehalten. Die Voraussetzung des § 113 Abs. 4 VwGO lag deshalb nicht vor.

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Die Erlaubnis für Berufsflugzeugführer zweiter Klasse, welche der amerikanischen Berufspilotenerlaubnis des Klägers entspräche, verlangt nach § 7 LuftPersV u.a. eine theoretische Ausbildung gem. §§ 7 Abs. 3, 1 Abs. 2 LuftPersV und eine praktische Tätigkeit als Flugzeugführer, die mindestens 150 Flugstunden, davon 100 Flugstunden als verantwortlicher Flugzeugführer, umfaßt. Für die Instrumentenflugberechtigung steigert sich der Nachweis praktischer Tätigkeit auf die in § 71 Abs. 3 LuftPersV bestimmten Anforderungen, und die theoretische Ausbildung verschärft sich gem. § 71 Abs. 4 LuftPersV. Bei den für beide Befugnisarten nach jeweils 12 Monaten notwendigen Verlängerungen bzw. Erneuerungen nach §§ 11, 75 LuftPersV kommen weitere Qualifikationsüberprüfungen hinzu. Insoweit scheinen die für die Anerkennung der ausländischen Lizenzen des Klägers geforderten Nachweise durchaus gleichwertig und angemessen. Die generelle Festlegung dieser Anforderungen in den Merkblättern des Luftfahrt-Bundesamtes (II 352/353 - 220.1) in der Fassung sowohl von 1980 wie jetzt von 1988 erweisen sich danach als ermessenszweckkonform.

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Daß die Beklagte dann beim Kläger, was den Nachweis seiner praktischen Tätigkeit als Flugzeugführer anbetrifft, jene Flugstunden nicht anrechnete, die er zwar technisch beanstandungsfrei, wohl aber ohne die notwendige Lizenz absolvierte, ist korrekt. Dies Vorgehen folgt dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz, daß rechtswidrig erlangte Beweismittel, Verfahrensvoraussetzungen oder tatbestandsrelevante Fakten unbeachtlich bleiben müssen. Auch die Zusatzprüfung in den Fächern Luftrecht, Luftverkehrs- und Flugsicherungsvorschriften, Flugplanung, Meteorologie, Elektrotechnik, Avionik und Physiologie erscheint notwendig und zumutbar. Nach dem überzeugenden Vortrag der Beklagten werden diese Fächer bei den amerikanischen Prüfungen nicht gleichermaßen berücksichtigt und haben für die deutschen Luftfahrtbedingungen zum Teil einen anderen Zuschnitt; ohnedies erfolgt die betreffende Prüfung nur in einem relativ kurzen und pauschalen Testverfahren.

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Dafür daß es für den Kläger individuell-subjektiv unzumutbar wäre, sich diesen Anforderungen zu stellen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

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II. Da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen. Die Kosten der Berufung fallen nach § 154 Abs. 2 VwGO dem Kläger zur Last; diese Entscheidung war gemäß §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

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Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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Schoof

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Dr. Uffhausen

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Schmidt-Jortzig