Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.06.1994, Az.: 7 W 15/94
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.06.1994
- Aktenzeichen
- 7 W 15/94
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1994, 25350
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1994:0620.7W15.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Rinteln - 26.01.1994 - AZ: 3 LwH 13/88
In der Landwirtschaftssache
betreffend die Löschung des Hofvermerks für den im Grundbuch von . Band . Blatt . eingetragenen Hof des Landwirtes .
hat der 7. Zivilsenat -; Senat für Landwirtschaftssachen -; des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht . des Richters am Oberlandesgericht . und der Richterin am Oberlandesgericht . als Berufsrichter sowie der Landwirte . und . als ehrenamtliche Richter am 20. Juni 1994 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der am 26. Januar 1994 verkündete Beschluß des Amtsgerichts -; Landwirtschaftsgericht -; Rinteln geändert:
Das Landwirtschaftsgericht wird angewiesen, das Grundbuchamt des Amtsgerichts Rinteln aufgrund der notariellen Erklärung des . vom 10.10.1988 zu ersuchen, den Hofvermerk im Grundbuch von . Band . Bl. . zu löschen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird auf 5. 000 DM festgesetzt.
Tatbestand:
I.
Verfahrensgegenstand ist der Antrag des inzwischen verstorbenen ursprünglichen Hofeigentümers . auf Löschung des Hofvermerkes bezüglich des Hofes eingetragenen Grundbuch von . Band . Blatt . zur Größe von ca. 20 ha.
Eigentümer dieses Hofes war der genannte Landwirt ., geboren am 12.05.1913. . war verheiratet. Aus seiner Ehe gingen drei Kinder hervor, nämlich die Beteiligten dieses Verfahrens, ., geboren am 07.03.1939, . geboren am 10.06.1942 sowie ., geboren am 29.11.1946.
. verpachtete den Hof gemäß Vertrag vom 01.04.1969 zunächst bis zum 30.03.1988 an den ältesten Sohn, .. Über die Beendigung des Pachtverhältnisses kam es zwischen Vater und Sohn zum Streit, der seine Ursache u. a. darin hatte, daß . die Auffassung vertrat, sein Vater habe durch den Umfang und die Art. seiner Beschäftigung auf dem Hof zu erkennen gegeben, daß er, der Sohn, Erbe des Hofes werden solle. Vater und Sohn einigten sich dann zunächst im Wege gerichtlichen Vergleichs vom 04.07.1979 (Az. 5 LwP 2/78) auf eine Verlängerung des Pachtvertrages bis zum 30.09.1988.
Am 08.10.1988 schloß . einen Übergabevertrag bezüglich des Hofes mit seinen Enkel . dem Sohn der . Unter dem 10.10.1988 erklärte er vor dem Notar . in ., daß der im Grundbuch von . Band . Blatt . eingetragene Hof kein Hof mehr gemäß der Höfeordnung sein solle und beantragte festzustellen, daß mit der Löschung des Hofvermerks die Hofeigenschaft mit Wirkung vom Tage des Eingangs dieser Erklärung beim Landwirtschaftsgericht entfalle. Diese Urkunde reichte der Notar am 21.11.1988 bei dem Amtsgericht -; Landwirtschaftsgericht -; Rinteln ein mit dem Antrag, die Löschung des Hofvermerks vorzunehmen.
Der Sohn . stellte zeitgleich den Antrag, festzustellen, daß er formlos zum Hoferben bestellt worden sei und widersprach der Löschung des Hofvermerks. Im Wege einstweiliger Verfügung erreichte der Sohn die Eintragung einer Vormerkung zur Erhaltung des von ihm beanspruchten Rechts auf Umschreibung des Hofes auf ihn (so zunächst Beschluß des Landgerichts Bückeburg vom 10.05.1989, Bl. 19 d. A.) bzw. die Eintragung eines Veräußerungsverbotes (so Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 15.12.1989, Bl. 25 ff. d. A.).
Das Amtsgericht -; Landwirtschaftsgericht -; setzte die Entscheidung über den Löschungsantrag im Hinblick auf das einstweilige Verfügungsverfahren gemäß Beschluß vom 06.04.1989 aus (Bl. 10 d. A.).
Der Sohn . betrieb seit Juni 1990 ein Verfahren, um seinen Vater unter Pflegschaft zu stellen, weil er seinen Vater nur noch für beschränkt geschäftsfähig hielt. Gemäß Bestellungsurkunde vom 21.02.1991 wurde . zum Vermögenspfleger des . bestellt.
Durch Urteil vom 02.10.1992 (Az. 3 O 42/89) stellte schließlich das Landgericht Bückeburg rechtskräftig fest, daß . seinen ältesten Sohn verbindlich zum Hoferben bestimmt habe bzw. ein Vorvertrag auf Abschluß eines Hofübergabevertrages zustande gekommen sei und deshalb der Übergabevertrag vom 08.10.1988 mit der Übertragung des Hofes auf den Enkel . unwirksam sei. Zugleich wurde der Antrag des Sohnes . auf Feststellung der Unwirksamkeit des Antrages auf Löschung des Hofvermerkes zurückgewiesen.
Am 30.11.1992 verstarb der Landwirt . ohne daß das Amtsgericht -; Landwirtschaftsgericht -; das durch Beschluß vom 06.04.1989 ausgesetzte Verfahren wieder aufgenommen hatte. Das Verfahren haben sodann die anderen Kinder des Verstorbenen, die Beteiligten zu 1 und 2, fortgesetzt. Mit Beschluß vom 26.01.1994 hat das Amtsgericht -; Landwirtschaftsgericht -; den Antrag auf Löschung des Hofvermerkes zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, . habe mit dem Löschungsantrag gegen Treu und Glauben verstoßen, da er sich bereits zuvor gegenüber seinem ältesten Sohn zur Übergabe des Hofes verpflichtet habe und mit dem Löschungsantrag die bereits begründeten Anwartschaftsrechte seines ältesten Sohnes habe beeinträchtigen wollen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2. Sie vertreten die Auffassung, das Amtsgericht habe leichtfertig einen Verstoß gegen Treu und Glauben festgestellt. Grundsätzlich sei der Hofeigentümer in seiner Disposition nach § 1 Abs. 4 Höfeordnung völlig frei. Es seien durchaus billigenswerte Motive vorstellbar, weshalb der Erblasser den Hof der erbrechtlichen Folgen der Höfeordnung habe entziehen wollen, um nämlich die übrigen Kinder besser zu stellen. Der älteste Sohn habe nämlich nicht zur Altersbetreuung des Vaters beigetragen, wohl aber die beiden jüngeren Geschwister.
Der Beteiligte zu 3 verteidigt die angegriffenen Entscheidung. Er hält die Löschung des Hofvermerkes zum jetzigen Zeitpunkt für unzulässig, da der Hof zwischenzeitlich in seinem Eigentum stehe, was unstreitig ist. Er vertritt die Auffassung, daß die von seinem Vater abgegebene Erklärung jedenfalls deshalb jetzt unwirksam geworden sei, da er inzwischen gegenüber dem Landwirtschaftsgericht erklärt habe, daß der Hof weiterhin Hof nach der Höfeordnung sein solle.
Er behauptet, sein Vater sei zum Zeitpunkt der Abgabe der notariellen Erklärung vom 10.10.1988 nicht mehr voll geschäftsfähig gewesen.
Gründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 20, 22 FGG, 9, 22 LwVG. Sie ist auch begründet.
1. Gegenstand des Verfahrens ist die höferechtliche Erklärung des verstorbenen, ursprünglichen Eigentümers des Hofes gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 HöfeO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 HöfeVfO, verbunden mit dem Antrag, die Löschung des Hofvermerkes im Grundbuch einzutragen.
Es ist allgemein anerkannt, daß dem Hofeigentümer gegen eine Entscheidung des Landwirtschaftsgerichtes, mit dem dieses es ablehnt, der höferechtlichen Erklärung stattzugeben, ein Rechtsmittel zustehen muß (OLG Hamm AgarR 1986, 179; OLG Celle AgrarR 1980, 342 f.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Senates kann gegen einen derartigen Beschluß die sofortige Beschwerde eingelegt werden, obwohl vom Gesetzgeber eine Anfechtung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts im Löschungsverfahren nach den Vorschriften der HöfeVfO nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Ein Feststellungsverfahren gemäß § 11 HöfeVfO hätte insoweit nämlich keinen Sinn, weil die Frage, ob die formellen Voraussetzungen der Löschung des Hofvermerks gegeben sind, nicht unter Beteiligung sonstiger Betroffener und mit Rechtskraftwirkung für und gegen jedermann beantwortet werden kann. Mit Rücksicht auf die weittragende Bedeutung der höferechtlichen Erklärung und das Fehlen eines sonstigen Anschlußverfahrens ist die Entscheidung als eine solche in der Hauptsache anzusehen.
Die Beteiligten zu 2 und 3 sind auch beschwerdeberechtigt. Zwar ist an dem Verfahren gemäß § 3 HöfeVfO grundsätzlich nur der Antragsteller selbst beteiligt. Gemäß § 20 Abs. 2 FGG steht auch das Beschwerderecht nur dem Antragsteller selbst zu, soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist.
Im vorliegenden Fall ist jedoch der Antragsteller selbst verstorben und nach der gesetzlichen Erbfolge von den Beteiligten beerbt worden. Gemäß § 4 Abs. 3 HöfeVfO wirkt die höferechtliche Erklärung des Erblassers nach § 1 Abs. 4 Satz 1 HöfeO über seinen Tod hinaus, insbesondere kann der an sich berufene Hoferbe die persönliche Erklärung des Eigentümers nicht mehr zurücknehmen. Der Fortgang des Verfahrens wird danach nicht durch eine nach dem Tod des Antragstellers eingetretene Rechtsnachfolge gehindert, so daß der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde auch nicht der Umstand entgegensteht, daß der Hof, bezüglich dessen die Löschung des Hofvermerks beantragt ist, inzwischen in dem Eigentum des Beteiligten zu 3 steht. Dies berührt lediglich die Frage der Begründetheit.
2. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag des . auf Löschung des Hofvermerks zu Unrecht zurückgewiesen.
a) Die notarielle Erklärung vom 10.10.1988 ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil der Vater der Beteiligten zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung nicht mehr testierfähig war, § 2229 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Satz 1 HöfeO. Der diesbezügliche Vortrag des Beteiligten zu 3 ist ohne jede Substanz, so daß der Senat keine Veranlassung gesehen hat, dem Beweisangebot des Beteiligten zu 3 nachzugehen und die den Vater der Beteiligten seinerzeit behandelnden Ärzte zu befragen. Es sind keine Umstände oder Verhaltensweisen dargetan, aus denen sich irgendwelche Zweifel hinsichtlich der Testierfähigkeit des . im Oktober 1988 ergeben könnten. Die notariellen Urkunden vom 8. und 10. Oktober 1988 sprechen vielmehr dagegen. Insbesondere hat sich der Notar vor Aufnahme des Hofübergabevertrages vom 08.10.1988 ausweislich des Vertrages ausdrücklich von der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten überzeugt. Auch die dem Senat vorliegenden Akten 3 O 42/89 sowie die Pflegschaftsakten ergeben keine Hinweise darauf, daß der Vater der Beteiligten bereits im Jahr 1988 in seiner Geschäftsfähigkeit eingeschränkt und nicht mehr testierfähig gewesen wäre. Der Beteiligte zu 3 meldete selbst in dem Verfahren 3 O 42/89 erstmalig Zweifel an der Geschäftsfähigkeit seines Vaters mit Schriftsatz vom 05.01.1990 (Bl. 1 d.A. 3 O 42/89 LG Bückeburg) an, ohne daß sich daraus Anhaltspunkte ergeben, daß sein Vater bereits mehr als ein Jahr zuvor nicht mehr testierfähig gewesen wäre.
b) Die höferechtliche Erklärung des . war auch nicht deshalb unzulässig, weil sie gegen Treu und Glauben verstieß.
Zwar ist durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 02.10.1992 festgestellt worden, daß der Beteiligte zu 3 von seinem Vater verbindlich zum Erben des Hofes bestimmt worden ist, jedoch ist dies formlos geschehen.
In der Literatur und in der Rechtsprechung besteht aber überwiegend Einigkeit darüber, daß der Eigentümer grundsätzlich den Hof dem Höferecht durch Erklärung entziehen kann, auch wenn er bereits eine formlose Hoferbenbestimmung getroffen hat (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 6 RdNr. 13; BGH RdL 1987, 217 f.; BGH RdL 1988, 135 f.). Dies rechtfertigt sich damit, daß das fakultative Höferecht den Vertrauensschutz des formlos bestimmten Hofanwärters nur in beschränktem Umfang gewährleistet, was sich u. a. darin zeigt, daß der Hofeigentümer eine nach Höferecht wirksam begründete Verpflichtung durch Aufhebung der Hofeigenschaft nicht wieder beseitigen kann. Dies bedeutet aber nur, daß dem formlos bestimmten Hoferben ein Anspruch auf Übereignung des Grundbesitzes zusteht, der durch die Löschung des Hofvermerks auch nicht berührt wird. Die Rechtsstellung des formlos bestimmten Hoferben wird allerdings insoweit beeinträchtigt, als er nicht mehr der Privilegierung des Höferechts unterfällt, sondern der Anspruch auf Übereignung oder die Vererbung sich nach den allgemeinen (Erb) Vorschriften, gegebenenfalls nach denen für das Landgut richtet. Gegen unbillige Folgen der höferechtlichen Erklärung bieten die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung oder z. B. § 2057 a BGB hinreichenden Schutz für den enttäuschten Hofanwärter.
Das Landwirtschaftsgericht hätte dementsprechend vorrangig über den Antrag auf Löschung des Hofvermerks entscheiden müssen und durfte das Verfahren nicht im Hinblick auf die von dem Beteiligten zu 3 geltend gemachten Ansprüche wegen formloser Hoferbenbestellung aussetzen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, da die Beteiligten zu 1 und 2 mit ihrer sofortigen Beschwerde Erfolg hatten. Zur Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat der Senat im Hinblick auf § 3 HöfeVfO, wonach das Verfahren außer dem Antragsteller selbst im Regelfall keine weiteren Beteiligten kennt, keine Veranlassung gesehen.
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 30 Abs. 2 KostO (vgl. hierzu Steffen, HöfeO mit HöfeVfO § 4 RdNr. 8).