Amtsgericht Osnabrück
Urt. v. 23.10.1998, Az.: 31 C 356/98 (XXIV)

Vertretung der ungestattet von minderjährigen Familienangehörigen verursachten Gebühren durch den Anschlussinhaber; Sittenwidrigkeit der technischen Herstellung von Verbindungen zwischen zwei Nutzern des Telefonnetzes

Bibliographie

Gericht
AG Osnabrück
Datum
23.10.1998
Aktenzeichen
31 C 356/98 (XXIV)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 30666
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOSNAB:1998:1023.31C356.98XXIV.0A

Fundstelle

  • NJW-RR 2000, 934 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreitverfahren
hat das Amtsgericht Osnabrück im schriftlichen Verfahren
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 885,19 DM nebst 5,5 % Zinsen seit dem 29.09.1998 zu zahlen.

  2. 2.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Ohne Tatbestand gemäß § 495 a ZPO.

Entscheidungsgründe

2

Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag über einen Telefonanschluß. Auf diesem Vertrag sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Telefondienst anzuwenden. Nach Ziffer 4) dieser Bedingungen hat der Kunde auch die Preise zu zahlen, die durch befugte oder unbefugte Nutzung des Anschlusses durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dabei ist nicht entscheidend, ob es Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und demjenigen, der ein Telefon benutzt gibt. Es besteht ein Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Kunden, also denjenigen, die ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen. Das sind die Personen, für die ein Telefonanschluß eingerichtet ist; dies ist ersichtlich die Grundlage sowohl der Bestimmungen der Telekomunikationsverordnung als auch der nach § 1 Abs. 1 der TKV zum Vertragsinhalt gemachten AGB der Klägerin. Damit ist das Teilnehmerverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin zustandegekommen. Den Beklagten trift nach Nr. 4 und 5 dieser AGB die Gebührenpflicht für die Benutzung des Anschlusses (OLG Karslruhe, Urteil vom 15.09.1998, Archiv PT 195). Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob dem minderjährigen Sohn des Beklagten stillschweigend die Benutzung gestattet wurde oder ob der Sohn das Telefon unbefugt genutzt hat. Auch im Fall unbefugter Nutzung trift den Beklagten die Verpflichtung zur Zahlung der Telefongebühren, weil er die Benutzung des Anschlusses durch seinen Sohn nach Ziffer 4) der AGB zu vertreten hat. Auf die Frage eines Verschuldens des Beklagten bei der Beaufsichtigung seines Sohnes kommt es nicht an. Entscheidend ist die Interessenlage, die letztlich zu einer Abgrenzung nach Risikosphären führt. Der Anschlußinhaber hat die Gebüren zu vertreten, die z.B. Familienangehörige, Gäste und Mitbewohner verursachen, denen die Benutzung der Telefoneinrichtung offen steht. Auf die Gestattung des Einzelgesprächs kommt es dabei nicht an. Es obliegt allein den Anschlußinahber, Vorsorge gegen eine unbefugte Benutzung zu treffen. Trifft er keine vorbeugenden Maßnahmen, so hat er die Benutzung des Telefons zumindest zu vertreten. Welche Maßnahmen der Anschlußinhaber im konkreten Fall als Vorbeugemaßnahmen gegen die Benutzung gegen seinen Willen ergreifen will, kann offenbleiben, weil der Beklagte hier keine derartigen Vorkehrungen getroffen hat (OLG Karlsruhe a.a.O.).

3

Inwieweit der Inhalt der Telefongespräche sittenwidrig ist und inwieweit derjenige, der Telefonsexdienstleistungen anbietet, wegen Sittenwidrigkeit seines Angebots keinen Anspruch auf eine Vergütung hat, braucht vorliegend nicht erörtert zu werden. Die Klägerin selbst hat keine sittenwidrigen Leistungen angeboten. Die Klägerin hat lediglich das Herstellen von Telefonverbindungen nach Übersee und zu Service 0190-Rufnummern angeboten und durchgeführt. Daß lediglich technische Herstellen von Verbindungen zwischen zwei Nutzern des Telefonnetzes kann nicht als sittenwidrig angesehen werden. Inwieweit der Inhalt der Gespräche gegen die guten Sitten verstößt ist unabhängig von der Herstellung einer Fernsprechverbindung. Telefongespräche, welche gegen die guten Sitten verstoßen, können auch im normalen Ortsnetz geführt werden. Die Klägerin kann für den Inhalt eines Telefongesprächs, dessen Verbindung sie vermittelt hat, nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

4

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 284, 286 BGB, 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.