Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.09.1998, Az.: 1 WS 475/98

Die fehlenden Voraussetzungen des Widerrufs der Strafaussetzung als Grundvoraussetzungen des Straferlasses; Zulässigkeit des Widerrufs der Strafaussetzung nach Ablauf der Bewährungszeit; Unzulässigkeit eines Widerrufs bei ungebührlich langer Herauszögerung der Entscheidung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
11.09.1998
Aktenzeichen
1 WS 475/98
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1998, 28723
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1998:0911.1WS475.98.0A

Amtlicher Leitsatz

Ein Widerruf der Strafaussetzung an Stelle eines Straferlasses nach Ablauf der Bewährungszeit ist nur bei ungebührlicher Herauszögerung der Entdeckung unzulässig.

Gründe

1

Ein Straferlass an Stelle des Widerrufs der Strafaussetzung setzt voraus, dass die Voraussetzungen für den Widerruf endgültig fehlen. Wenn auf Grund eines anhängigen Ermittlungsverfahrens Grund für die Annahme besteht, dass ein Widerrufsgrund vorliegt, ist die Entscheidung über den Straferlass vorübergehend - ggf. bis zum Abschluss des Strafverfahrens - zurückzustellen. Die Regelung des § 56 g Abs. 1 StGB steht dem nicht entgegen. Darin ist keine Frist für die Entscheidung über den Erlass der Strafe vorgesehen. Auch nach Ablauf der Bewährungszeit ist der Widerruf der Strafaussetzung zulässig. Unzulässig wird ein Widerruf erst dann, wenn die Entscheidung ungebührlich lange herausgezögert wird und der Verurteilte nicht mehr mit ihm rechnen muss (vgl. dazu BGH NStZ1993, 235). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der Widerruf ist nicht ,herausgezögert" worden. Das Zuwarten bis zur Entscheidung des Landgerichts Aachen war vielmehr sachlich geboten. Der Verurteilte musste bei entsprechendem Ausgang des Verfahrens in Aachen auch mit dem Widerruf rechnen. Das Landgericht Osnabrück hatte ihn im Übrigen mit Schreiben vom 15. Mai 1995 darauf hingewiesen, dass es seine Entscheidung von dem Ausgang des neuen Strafverfahrens abhängig machen werde. Auch sachlich war der Widerruf geboten.