Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 23.10.2001, Az.: 4 A 227/00

Abschiebungskosten

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
23.10.2001
Aktenzeichen
4 A 227/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39352
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Abschiebungskosten durch die Beklagte.

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Die Klägerin ist Inhaberin eines Fugerbetriebes in B.. Am 26. November 1999 wurde ein auf die Klägerin zugelassener VW-Transporter mit einer Anhänger-Putzmaschine ohne Kennzeichen und ohne Beleuchtung auf der Autobahn 1 in Oyten im Landkreis Verden polizeilich überprüft. Neben dem Fahrzeugführer befanden sich in dem Fahrzeug drei mazedonische Staatsangehörige A. die sich nach bereits erfolgter Abschiebung illegal in Deutschland aufhielten. Bei ihren polizeilichen Vernehmungen gaben sie an, in dem Fugerbetrieb der Klägerin gearbeitet zu haben, wobei sie hinsichtlich der Dauer ihrer Tätigkeit dort unterschiedliche Angaben machten. Alle drei wurden vom Amtsgericht Achim mit Urteil vom 29. November 1999 wegen illegaler Einreise in Tateinheit mit illegalem Aufenthalt zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Am 15. Dezember 1999 wurden sie durch die Beklagte in ihr Heimatland abgeschoben. Das Amtsgericht Bremen verurteilte die Klägerin mit Strafbefehl vom 31. März 2000 - rechtskräftig seit dem 11. August 2000 - wegen illegaler Beschäftigung der mazedonischen Staatsangehörigen A.  für mindestens zwei Wochen in ihrem Fugerbetrieb zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50,-- DM.

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Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte diese mit Bescheid vom 6. Juli 2000 auf, die Kosten für die Abschiebung der mazedonischen Staatsangehörigen I., S. und N. A.  in Höhe von 7.324,08 DM zu erstatten. Zur Begründung gab die Beklagte an, dass für die Kosten der Abschiebung vorrangig der hafte, wer den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt habe, wenn diesem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nicht erlaubt gewesen sei. Die Klägerin habe die mazedonischen Staatsangehörigen mindestens zwei Wochen ohne Arbeitserlaubnis in ihrem Fugerbetrieb beschäftigt. Das für die praktische Durchführung der Abschiebungen zuständige Landeskriminalamt habe die Kosten mit Forderungsnachweisen vom 22. Dezember 1999 und vom 29. Dezember 1999 in der geltend gemachten Höhe nachgewiesen. Mit Schreiben vom 8. August 2000 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid ohne Begründung Widerspruch ein. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2000 - zugestellt am 4. Oktober 2000 - den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie führte aus, dass auch die Höhe der zu erstattenden Kosten nicht zu beanstanden sei. Die Abschiebung von I.  A.  habe mit Begleitung durchgeführt werden müssen, da gegen ihn Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und versuchter Vergewaltigung anhängig gewesen seien. Für seine Abschiebung seien Kosten in Höhe von 3.938,-- DM entstanden.

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Die Klägerin hat am 3. November 2000 Klage erhoben.

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Sie trägt vor, dass die Auferlegung der Abschiebungskosten in Höhe von 7.324,08 DM in ihrem Falle unverhältnismäßig sei, da den hohen Kosten nur eine geringe und sehr kurze Arbeitsleistung der mazedonischen Staatsangehörigen gegenüber gestanden habe. Außerdem habe nicht mit allen dreien ein Arbeitsverhältnis bestanden. N.  A.  habe, wie sich aus seinem Vernehmungsprotokoll ergebe, lediglich probeweise und auch nur am Tag der Kontrolle Verputzarbeiten auf der Baustelle durchgeführt, ohne dafür Lohn erhalten zu haben. Die mazedonischen Staatsangehörigen seien auch nicht nach Deutschland eingereist, um hier zu arbeiten, sondern wollten Verwandte und Freundinnen besuchen. Somit sei ein Zusammenhang zwischen dem - ursprünglich zu anderen Zwecken erfolgten - illegalen Aufenthalt und der Abschiebung nicht gegeben. Eine Haftung für die Mehrkosten der Abschiebung von I.  A.  sei ebenfalls nicht verhältnismäßig.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2000 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 29. September 2000 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, dass für den Begriff der Erwerbstätigkeit unerheblich sei, ob ein Lohn gezahlt worden sei, wie lange die Beschäftigung gedauert habe oder ob nur zur Probe gearbeitet worden sei. Hier habe eine Beschäftigung der drei mazedonischen Staatsangehörigen durch die Klägerin vorgelegen. Eine Teilforderung von Abschiebekosten je nach Dauer der illegalen Beschäftigung würde dem Zweck der Vorschrift, die illegale Beschäftigung zu bekämpfen, nicht entsprechen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

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Der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2000 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 29. September 2000, mit dem die Klägerin aufgefordert worden ist, für die Abschiebung der mazedonischen Staatsangehörigen I. , S.  und N.  A.  Kosten in Höhe von 7.324,08 DM zu erstatten, ist rechtmäßig.

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Nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG haftet für die Kosten der Abschiebung, wer den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, wenn diesem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des SGB III nicht erlaubt war. Der Ausländer haftet nach § 82 Abs. 4 Satz 3 AuslG für die Kosten nur, soweit sie von dem anderen Kostenschuldner nicht beigetrieben werden können. Hier greift zu Lasten der Klägerin die Arbeitgeberhaftung ein. Denn sie hat die drei mazedonischen Staatsangehörigen beschäftigt, obwohl diese sich illegal in Deutschland aufhielten und nicht über eine Arbeitserlaubnis verfügten. Entscheidend ist allein, ob es sich nach den tatsächlichen Verhältnissen um eine abhängige, fremdbestimmte Arbeitsleistung handelte. Das Vorliegen eines wirksamen Arbeitsvertrages ist eben so wenig maßgeblich wie die Dauer der Beschäftigung. Auch wenn der Arbeitgeber den Ausländer nur stundenweise oder nur für sehr kurze Zeit beschäftigt hat, ist die Haftung des Arbeitgebers aufgrund der gesetzlich bezweckten Abschreckung nicht als unverhältnismäßig anzusehen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand: März 2001 m.w.N.). Im Übrigen ist hier die Klägerin wegen einer mindestens zwei Wochen dauernden illegalen Beschäftigung der drei mazedonischen Staatsangehörigen A.  rechtskräftig vom Amtsgericht Bremen zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

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Der erforderliche Zusammenhang zwischen dem unerlaubten Aufenthalt, der zu der Beschäftigung genutzt wurde, und der Abschiebung liegt ebenfalls vor. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn der Aufenthalt der Mazedonier nach der Beschäftigung bei der Klägerin und vor der Abschiebung legalisiert worden wäre. Zu welchem Zweck die Ausländer nach Deutschland eingereist sind, ist dagegen unerheblich.

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Gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten bestehen ebenfalls keine Bedenken. Der Umfang der Kostenhaftung ist in § 83 Abs. 1 AuslG geregelt. Insbesondere sind nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG auch Kosten für eine erforderliche amtliche Begleitung des Ausländers zu übernehmen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.