Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 19.10.1984, Az.: 1 Ws 211/84

Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Klageerzwingungsverfahren); Relevante Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten; Öffentliches Interesse an der Strafverfolgung; Verfahrenseinstellung mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
19.10.1984
Aktenzeichen
1 Ws 211/84
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1984, 13948
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1984:1019.1WS211.84.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AZ: Zs 716/84
StA ... - AZ: 35 Js 5750/84

Fundstelle

  • MDR 1985, 249-250 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Unterschlagung

Prozessführer

...

Prozessgegner

Eheleute ... und ...

In dem Klageerzwingungsverfahren
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung nach Anhörung und mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts in Celle am 19. Oktober 1984
durch
die Richter am Oberlandesgericht ... und ... sowie
den Richter am Landgericht ...
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag wird hinsichtlich der Beschuldigten ... P. als unbegründet verworfen.

  2. 2.

    Hinsichtlich des Beschuldigten H. P. wird der Antrag in entsprechender Anwendung des § 172 Abs. 2 Satz 3 StPO verworfen.

  3. 3.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, soweit es sich gegen die Beschuldigte C. P. richtet. Im übrigen werden Kosten nicht erhoben und Auslagen nicht erstattet.

Gründe

1

Die Staatsanwaltschaft hatte das auf Anzeige des Antragstellers eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten wegen Unterschlagung eingestellt. Die Beschwerde des Antragstellers hat der Generalstaatsanwalt in Celle zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Der Antrag ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Hinsichtlich der Beschuldigten C. P. ist der Antrag mangels relevanter Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten unbegründet (§ 174 StPO).

2

Gegen den Beschuldigten H. P. besteht zwar für eine Anklageerhebung hinreichender Tatverdacht des Diebstahls (§ 242 StGB) unter dem Gesichtspunkt des sog. Mitgewahrsamsbruchs an den dem Antragsteller gehörenden Kupferrohren, die sich in der Garage befanden, die der Beschuldigte von dem Antragsteller gemietet hatte. Der Zeuge ... hat die Behauptung des Antragstellers, der Beschuldigte habe bei seinem Auszug - der Wahrheit zuwider - erklärt, daß in der Garage niemals Kupferrohre vorhanden gewesen seien, bestätigt. Er hat des weiteren die Einlassung des Beschuldigten widerlegt, das Garagentor sei nicht abschließbar gewesen und die Garage habe deswegen ständig offen gestanden. Dem haben auch die Eheleute ... widersprochen. Durch seine wahrheitswidrigen Angaben hat der Beschuldigte sich eines Zueignungsdelikts tatverdächtig gemacht. Außerdem wird er belastet durch die Aussage des Zeugen ... der seinerzeit die Installationsarbeiten am Neubau der Beschuldigten beaufsichtigte und bekundet hat, er erinnere sich an ein vom Beschuldigten auf der Baustelle geführtes Gespräch, in dem dieser erklärt habe, er besäße (höchstens zwei) Kupferrohre, die hätten verbraucht werden sollen. Wenn der Zeuge dieses Gespräch auch in eine Zeit verlegt, in der Installationsarbeiten am Neubau der Beschuldigten nicht mehr anfielen, so macht seine Aussage den Beschuldigten doch tatverdächtig. Letzte Klarheit könnte nur eine Hauptverhandlung bringen. Dem Antrag hätte also an sich stattgegeben werden können.

3

Es ist aber zu berücksichtigen, daß der dem Antragsteller entstandene Schaden verhältnismäßig unbedeutend ist. Nach den polizeilichen Ermittlungen kostet der laufende Meter Kupferrohr mit einem Durchmesser von 20-22 mm etwa 5,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Bei den hier in Rede stehenden 8 m Kupferrohr beträgt der Sachwert weniger als 50,00 DM und nicht etwa 150,00 DM - wie der Antragsteller vortragen läßt -. In Anbetracht dessen und im Hinblick auf die weiteren Umstände der dem bislang nicht bestraften Beschuldigten vorgeworfenen Tat, an deren Verfolgung kein öffentliches Interesse besteht, erscheint die Schuld des Beschuldigten gering. Der Senat hat deswegen mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts das Verfahren nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Diese Verfahrensweise ist zwar umstritten (vgl. dazu die Zusammenstellung des Meinungsstreits bei Meyer-Gossner in LR, 23. Aufl., RdNr. 3 ff. zu § 174 StPO); der Senat hält sie aber für geboten und schließt sich der Auffassung an, die das Oberlandesgericht Hamm (NJW 1975, 1984) und das Oberlandesgericht Stuttgart (MDR 1982, 954) vertreten (sh. auch OLG Braunschweig NJW 1958, 1361 [OLG Braunschweig 14.03.1958 - Ws 101/57]). Die Gegenmeinung stellt vor allem darauf ab, daß das Oberlandesgericht im Klageerzwingungsverfahren ausschließlich die Einhaltung des Legalitätsprinzips zu prüfen habe und nicht berufen sei, dem Beschuldigten die Chance der Anwendung des Opportunitätsgrundsatzes zu sichern. Dem ist entgegenzuhalten, daß dem Zweck des Klageerzwingungsverfahrens, über die Einhaltung des Legalitätsprinzips zu wachen, schon dadurch in hinreichendem Maße Rechnung getragen wird, daß das Oberlandesgericht - wie hier der Senat - die Anklageerhebung an sich bejaht. Auf Grund seiner höheren Zuständigkeit ist der Senat auch befugt, über die Einstellung des Verfahrens, zu der die untergeordneten Gerichte berechtigt sind, selbst zu befinden. Damit ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des Beschuldigten H. P. entsprechend § 172 Abs. 2 S. 3 StPO zu verwerfen.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 177 StPO.