Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.11.1984, Az.: 1 Ws 363/84

Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Unterzeichnung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung (Klageerzwingungsverfahren); Entsprechende Anwendung der zivilprozessualen Vorschrift über die Beiordnung eines Notantwalts

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
03.11.1984
Aktenzeichen
1 Ws 363/84
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1984, 13947
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1984:1103.1WS363.84.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AZ: Zs 1132/84

Fundstellen

  • MDR 1985, 164 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1985, 1353 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Rechtsbeugung, Begünstigung im Amt u.a.

Prozessgegner

Direktor des Sozialgerichts ... in ...

Sonstige Beteiligte

... in ... .

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Stellung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegenüber dem Bescheid des Generalstaatsanwalts in Celle vom 18. September 1984
nach dessen Anhörung am 3. November 1984
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts, den der Antragsteller damit begründet hat, daß er keinen Rechtsanwalt gefunden habe, der bereit sei, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu unterzeichnen (§ 172 Abs. 3 Satz 2 HS 1 StPO), ist unzulässig. Zwar sieht § 78 b ZPO für das Zivilverfahren die Beiordnung eines Notanwalts unter bestimmten Voraussetzungen vor. Das Oberlandesgericht Celle vertritt jedoch in ständiger Rechtsprechung (z.B. Beschlüsse vom 24. Juni 1975 - 2 Ws 131/75 - und vom 12. März 1976 - 2 Ws 43/76 - sowie vom 30. November 1982 - 2 Ws 161/82 -) die auch in Literatur und Rechtsprechung herrschende Auffassung, daß diese Vorschrift im Verfahren nach § 172 StPO nicht entsprechend anwendbar ist (OLG Schleswig SchlHA 1961, 220; OLG Hamm NJW 1960, 164 [OLG Hamm 19.10.1959 - 2 Ws 410/59]; OLG Hamburg MDR 1965, 407 [OLG Hamburg 02.12.1964 - 2 Ws 402/64]; OLG Frankfurt NJW 1965, 599; KK-Müller Rdnr. 55 zu § 172 StPO; Kleinknecht 36. Aufl. Rdnr. 23 zu § 172 StPO, Meyer in NJW 1964, 1972; H-W Schmidt in MDR 1965, 872). Der Gegenmeinung (OLG Saarbrücken NJW 1964, 1534 [OLG Saarbrücken 08.05.1964 - Ws 28/64]; OLG Koblenz NJW 1982, 61 [OLG Koblenz 20.05.1981 - 1 Ws 282/81]; Meyer-Goßner in LR 23. Aufl. Rdnr. 113 zu § 172 StPO) ist zwar zuzubilligen, daß die Fallgestaltung im Zivilprozeß und im Klageerzwingungsverfahren rechtsähnlich ist; es fehlt aber an der für eine Analogie weiter erforderlichen unbewußten Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Anwendung des § 78 b ZPO ersichtlich bewußt auf das Zivilverfahren beschränkt. Er hat nämlich anläßlich der Neuregelung des Armenrechts durch das Gesetz über die Prozeßkostenhilfe mit Wirkung zum 1.1.1981 in § 172 Abs. 3 Satz 2 HS 2 zwar die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe verfügt, dabei aber die bekannte Streitfrage um die entsprechende Anwendung des § 78 b ZPO nicht durch eine ausdrückliche Regelung im positiven Sinne entschieden. Eine Analogie liefe daher auf eine unzulässige Korrektur des Gesetzes hinaus (KK-Müller, a.a.O.). Überdies ließe sie sich nicht mit dem Zweck des § 172 Abs. 3 Satz 2 HS 1 StPO vereinbaren, der mit seinem Erfordernis der Unterzeichnung des Antrages durch einen Rechtsanwalt dahin geht, mutwillige oder aussichtslose Anträge vom Gericht überhaupt fernzuhalten (OLG Celle a.a.O.). Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller ausreichend dargelegt hat, daß er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden habe.

2

Aus dem Zusammenhang der Gründe der Antragsschrift entnimmt der Senat, daß der Antragsteller noch keinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gestellt hat, der, wie ihm bekannt, schon wegen der fehlenden Unterschrift eines Rechtsanwalts unzulässig sein würde (§ 172 Abs. 3 Satz 2 HS 1 StPO), daß sich vielmehr der Antragsteller die Stellung eines solchen Antrags - gegebenenfalls verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag - durch einen Rechtsanwalt hat vorbehalten wollen, dessen Beiordnung als Notanwalt er mit dem vorliegenden Antrag erstrebt hat. Deshalb war nur über den Beiordnungsantrag zu entscheiden.

3

Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde zulässig (§ 304 Abs. 4 StPO).