Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 23.02.2021, Az.: 3 A 228/20

Abhilfebescheid; Bewerbungsverfahrensanspruch; Erledigung der Hauptsache; Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren; Telekom; Verzögerung; Widerspruchsverfahren

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
23.02.2021
Aktenzeichen
3 A 228/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71127
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ausnahmefall der Erforderlichkeit einer Kostengrundentscheidung und der Entscheidung über die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren nach der Erledigung des Widerspruchsverfahrens in der Hauptsache

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Kosten eines erledigten beamtenrechtlichen Widerspruchsverfahrens.

Der Kläger ist Beamter im Dienst der Beklagten. Mit Bescheid vom 03.07.2017 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Kläger mit, dass er auf der Beförderungsliste „TPS_BPR“ nach A 13_vz BBesO mit dem Gesamturteil „Gut +“ geführt wurde. Es könnten jedoch nur Beamtinnen und Beamte befördert werden, die mit mindestens dem Gesamturteil „Sehr gut Basis“ beurteilt worden seien. Deshalb könne der Kläger in der Beförderungsrunde 2017 nicht befördert werden. Die der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Regelbeurteilungen umfassten den Zeitraum von November 2013 bis August 2015. Gegen diesen Bescheid legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Fax vom 13.07.2017 Widerspruch ein.

Zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs stellte er außerdem zwei Eilanträge beim erkennenden Gericht (1 B 285/16 und 1 B 237/17). In diesen Verfahren wies der Berichterstatter mit ausführlicher Verfügung vom 20.02.2018 darauf hin, dass die Beurteilungsrichtlinie und die Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung des Klägers einer Überprüfung voraussichtlich nicht standhalten würden. Mit Schriftsätzen vom 14.03.2018 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in beiden Verfahren mit, dass der Kläger für den Beurteilungszeitraum von November 2013 bis August 2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu beurteilt und darauf basierend auch eine neue Auswahlentscheidung für die Beförderungsrunde 2017 getroffen werde, wodurch der Kläger effektiv klaglos gestellt werde. Die Beklagte sei außerdem zur Übernahme der Verfahrenskosten bereit. Die beiden Eilverfahren wurden daraufhin wegen Erledigung der Hauptsache zur Kostenlast der Beklagten eingestellt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers mahnte in der Folgezeit die angekündigten Entscheidungen vergeblich an. Im Oktober 2019 erhob er eine Untätigkeitsklage (3 A 196/19). Mit Schriftsatz vom 18.12.2019 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, dass der Kläger am bereits 30.08.2018 für den fraglichen Zeitraum neu beurteilt worden sei. Unter Heranziehung dieser Beurteilung werde eine neue Auswahlentscheidung fingiert und geprüft, ob der Kläger hätte befördert werden können. Der Kläger werde eine neue Konkurrentenmitteilung erhalten, die streitbefangene vom 03.07.2017 werde hiermit aufgehoben. Das Verfahren wurde daraufhin nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten durch Beschluss vom 05.02.2020 zur übernommenen Kostenlast der Beklagten eingestellt.

Mit Schriftsatz vom 13.07.2020 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem Aktenzeichen dieses eingestellten Klageverfahrens, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Gleichzeitig legte er einen Bescheid vom 07.08.2020 vor, wonach dem Kläger mit Wirkung vom 01.06.2020 das Amt eines Technischen Postoberamtsrats übertragen und er in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 BBesO eingewiesen worden war. Nach einem rechtlichen Hinweis des Berichterstatters, das Widerspruchsverfahren sei noch nicht formell beendet und es obliege der Widerspruchsbehörde, die Kostengrund- und Hinzuziehungsentscheidung zu treffen, erließ der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Datum des 20.08.2020 einen als Widerspruchsbescheid bezeichneten Verwaltungsakt ohne Rechtsbehelfsbelehrung mit folgendem Tenor: „1. Das Widerspruchsverfahren wird eingestellt.“. Auf den Hinweis des Gerichts, dass diesem Bescheid wohl eine Kostengrundentscheidung fehle, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.10.2020 mit, „dass nicht beabsichtigt sei, die fehlenden Entscheidungen zu ergänzen.“. Mit weiterem Schriftsatz vom 13.10.2020 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, er habe dem Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Schreiben vom 13.10.2020 mitgeteilt, „dass keine Kosten erstattet werden.“.

Am 05.11.2020 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung vertritt er die Auffassung, die Beklagte habe seinem Widerspruch in vollem Umfang abgeholfen, indem er neu beurteilt und befördert worden sei. Deshalb habe die Beklagte auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, zum Widerspruchsbescheid vom 20.08.2020 binnen drei Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung eine Kostengrundentscheidung sowie eine Entscheidung zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass ein Erstattungsanspruch des Klägers ausscheide, da der auf die Beförderungsrunde 2017 gerichtete Verpflichtungswiderspruch nicht erfolgreich gewesen sei. Vielmehr sei der Kläger in der Beförderungsrunde 2018/2019 auf der Grundlage einer dienstlichen Beurteilung für den Zeitraum ab August 2015 befördert worden. In der Sache handele es sich nicht um eine Abhilfe, weshalb der Widerspruch inzwischen ins Leere gehe und das Widerspruchsverfahren eingestellt worden sei.

Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsätzen vom 20. und 27.01.2021 zugestimmt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten der Verfahren 3 A 228/20, 3 A 196/19, 1 B 285/16 und 1 B 237/17 sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, über die der Einzelrichter gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg. Die Weigerung der Beklagten, zu dem im Juli 2017 eingeleiteten Widerspruchsverfahren keine Entscheidung über die Kosten und die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren zu treffen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Klage ist als isolierte Verpflichtungsklage (§ 42 VwGO) statthaft. Das Begehren des Klägers ist auf eine Kostengrund- und Hinzuziehungsentscheidung im Verwaltungsvorverfahren nach §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO iVm. §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO analog gerichtet (vgl. Porsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. Aufl. 2020, § 73 Rn. 65), welche die Beklagte bisher nicht getroffen hat. Eine nach der Erledigung des Widerspruchs ergehende Kostenentscheidung hat Regelungscharakter im Sinne eines Verwaltungsaktes gemäß §§ 35 Satz 1 VwVfG, 42 Abs. 2 VwGO (Kallerhoff/Keller in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 79 Rn. 48). Die Mitteilung vom 13.10.2020, „dass keine Kosten erstattet werden“, entfaltet mangels eines Regelungswillens (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3/09 -, juris, Rn. 20) keinen Regelungscharakter, weil sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch Schriftsatz vom 09.10.2020 ausdrücklich geweigert hat, die fehlenden Entscheidungen zu ergänzen. Die vier Tage später versandte Mitteilung vermeidet nicht nur die formellen Merkmale eines Verwaltungsakts wie eine Bezugnahme auf die Einstellungsentscheidung des Widerspruchsverfahrens, eine Begründung und eine Rechtsbehelfsbelehrung, sondern sie stellt auch nicht klar, dass die wenige Tage zuvor erklärte Weigerung nicht mehr gelten solle.

Ein (erneutes) Vorverfahren ist entsprechend §§ 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 79 Abs. 2 VwGO nicht erforderlich (vgl. Porsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. Aufl. 2020, § 73 Rn. 65 mwN.). Die zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bisher einzig getroffene Regelung, dass es eingestellt werde, ist vom Kläger nicht angegriffen worden und ist als solche im Übrigen auch nicht rechtlich zu beanstanden, so dass es ausnahmsweise eines Anfechtungsantrags nicht bedarf. Die Kostengrundentscheidung für das Widerspruchsverfahren wird schließlich auch nicht gemäß § 162 Abs. 1 VwGO von derjenigen des eingestellten Klageverfahrens 3 A 196/19 mitumfasst, weil im Zeitpunkt der Erhebung der Untätigkeitsklage im Oktober 2019 eine materielle Teilabhilfe in Gestalt der Neubeurteilung vom August 2018 bereits erfolgt war und sich die Untätigkeitsklage zulässigerweise auf die Neubescheidung des Bewerbungsverfahrensanspruchs beschränken musste (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 162 Rn 16).

Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, über die Kosten des Vorverfahrens und die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens sind §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO iVm. §§ 80 Abs. 1 und 2 VwVfG, 75, 161 Abs. 3 VwGO analog. Allerdings schreiben die genannten Normen eine Entscheidung über die Kosten ausdrücklich nur in den Fällen vor, in denen ein Widerspruch Erfolg hat (§ 72 VwGO) oder zurückgewiesen wird (§ 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Ob ein Widerspruch Erfolg hat, orientiert sich am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 68 ff. VwGO. Erfolgreich ist ein Widerspruch in diesem Sinne, wenn die Behörde das Widerspruchsverfahren durch eine Verwaltungsentscheidung abgeschlossen hat, die dem Widerspruch des Widerspruchsführers (ganz oder teilweise) abhilft oder ihm stattgibt, weil sie ihn in der Sache für begründet hält. Erledigt sich ein Widerspruch hingegen auf andere Weise, so war er nicht erfolgreich in diesem Sinne (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.02.1982 - 7 C 72/79 -, juris, Rn. 13 mwN., vom 18.04.1996 - 4 C 6/95 -, juris, Rn. 14 f., und vom 26.03.2003 - 6 C 24/02 -, juris, Rn. 22; VG B-Stadt, Urteil vom 23.09.2008 - 3 A 4599/06 -, juris, Rn. 16).

Vorliegend war der Widerspruch zumindest insoweit teilweise erfolgreich, als die Beklagte den Kläger für den Zeitraum von November 2013 bis August 2015 neu beurteilt hat. Soweit ersichtlich, wurde die Neubeurteilung vom Kläger nicht angegriffen und dürfte inzwischen auch nicht mehr angreifbar sein (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.04.2018 - 5 ME 28/18 -, juris, Rn. 42f). Angesichts der Erklärung der Beklagten vom 14.03.2018 ist die vorgenommene Neubeurteilung als die angekündigte materielle (Teil-)Abhilfeentscheidung zu qualifizieren.

Ob dagegen auch das verbliebene Teilbegehren des Widerspruchs, eine neue Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der neu erstellten Beurteilung für den Zeitraum von November 2013 bis August 2015 in der Beförderungsrunde 2017 zu treffen, materiell in vollem Umfang erfolgreich war, ist zweifelhaft. Aus Sicht des objektiven Empfängers entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Maßstäben (BVerwG, Urteil vom 05.11. 2009 - 4 C 3/09 -, juris, Rn. 21) lässt der Bescheid vom 07.08.2020, mit welchem dem Kläger das begehrte Amt der Besoldungsgruppe A 13 BBesO übertragen wurde, nicht eindeutig erkennen, ob er außerhalb des noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens erging, indem er auf einer anderen Beförderungsrunde als derjenigen von 2017 beruhte, oder ob er die noch ausstehende Teilabhilfeentscheidung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit umfasste, nämlich eine (fiktive) Neuentscheidung zur Beförderungsrunde 2017 zugunsten des Klägers. Für die erstgenannte Alternative spricht, dass das Widerspruchsverfahren nicht erwähnt wird und die Einweisung in die Planstelle nicht auf das Jahr 2017, sondern nur auf den 01.06.2020 zurückwirkte. Allerdings ist zugunsten der zweiten Alternative zu beachten, dass der Prozessbevollmächtige der Beklagten im März 2018 auch zum Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers eine Neubescheidung angekündigt und im Dezember 2019 die Konkurrentenmitteilung vom 03.07.2017 aufgehoben hat; dass die Beförderungsentscheidung zugunsten des Klägers in einer anderen Beförderungsrunde getroffen worden sein soll, hat ihm der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 20.08.2020 mitgeteilt. Indem auch der Prozessbevollmächtigte der Beklagten von einer vollständigen Erledigung der Hauptsache des Klageverfahrens 3 A 196/19 ausging, durfte der Kläger diese Erklärung dahingehend verstehen, dass er in den nächsten Monaten eine Neubescheidung der Beklagten über seinen Bewerbungsverfahrensanspruch in der Beförderungsrunde 2017 zu erwarten habe. In Kenntnis dieses Verfahrensablaufs erscheint es keinesfalls fernliegend, wenn ein objektiver Empfänger die Verfügung vom 07.08.2020 als eine späte (Teil-)Abhilfeentscheidung versteht, bei der lediglich der Zeitpunkt, ab dem die Ernennung zum Oberamtsrat wirksam werden sollte, in das Jahr 2020 verschoben wurde. Erst im Nachhinein zeigte sich, dass die Beklagte offenbar die angekündigte neue (fiktive) Auswahlentscheidung für die Beförderungsrunde 2017 nie getroffen oder jedenfalls nicht bekannt gegeben hat. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass Unklarheiten des Regelungsgehalts eines Verwaltungsaktes (hier: ob mit der Beförderungsentscheidung auch eine Abhilfeentscheidung im Widerspruchsverfahren verbunden ist), die auf einer entgegen § 39 Abs. 1 VwVfG fehlenden Begründung beruhen, zu Lasten der Behörde gehen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Schließlich wird die Beklagte zu beachten haben, dass sie das Widerspruchsverfahren ohne erkennbaren sachlichen Grund unangemessen lange verschleppt hat, so dass die Untätigkeitsklage berechtigt war und zur Kostenverteilung nach § 161 Abs. 3 VwGO führt.

Zwar hat die Beklagte nach dem Vorstehenden noch eine Kostengrundentscheidung für das erledigte Widerspruchsverfahren zu treffen; es ist auch nicht zweifelhaft, dass diese Entscheidung auch unabhängig von der Gewichtung der beiden Teile des Widerspruchszueinander (mindestens) zum weitaus überwiegenden Teil zu ihren Lasten ausgehen muss. Lediglich hinsichtlich der Frage, ob der Beschwer des Klägers in Bezug auf die Neubescheidung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs vollständig abgeholfen wurde, bevor er mit der Erledigungserklärung im Verfahren 3 A 196/17 konkludent auch das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt hat, darf die Beklagten neben den schon dargelegten Aspekten auch berücksichtigen, dass der Kläger jedenfalls auch einen Teil seines ursprünglichen Begehrs im Widerspruchsverfahren konkludent aufgegeben hat, indem er sich mit seiner Ernennung (erst) zum 01.06.2020 zufrieden gegeben hat. Er hat nicht erkennbar versucht, etwaigen Schadenersatz wegen rechtswidrig entgangener Besoldungsansprüche geltend zu machen, wobei dieser Aspekt auch davon abhängig sein wird, ob der Kläger bis zum 31.05.2020 überhaupt Dienstbezüge nach BesGr. A 12 BBesO oder eine Vergütung nach einer höheren Entgeltgruppe bezogen hat.

Der Anspruch des Klägers auf eine Entscheidung über die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren beruht angesichts der zu treffenden Kostengrundentscheidung auf § 80 Abs. 2 VwVfG. Zwar vertritt die ganz überwiegende Meinung in der Rechtsprechung zu § 80 VwVfG die Auffassung, dass diese Vorschrift nur anwendbar ist, wenn dem Widerspruch formell abgeholfen wurde, und dass sie die Kostenerstattung im isolierten Widerspruchsverfahren abschließend regelt, so dass für eine entsprechende Anwendung dieser Norm oder der Kostenregelungen der §§ 154 ff. VwGO, insbesondere des § 161 Abs. 2 VwGO, kein Raum ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.1981 - 6 C 121/80 -, juris, Rn 11f; VG Schleswig, Urteil vom 03.03.2005 - 15 A 61/04 -, juris, Rn 30 mwN.). Es erscheint jedoch unter Billigkeitsgesichtspunkten unbefriedigend, einem Widerspruchsführer das Recht auf eine Kostenentscheidung zu verwehren, der gegen einen rechtswidrigen Verwaltungsakt einen zulässigen Rechtsbehelf eingelegt hat, welcher ohne das erledigende Ereignis erfolgreich gewesen wäre. Daher wird vereinzelt in der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur auch eine analoge Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO oder eine erweiternde Auslegung des § 80 VwVfG im Falle einer Erledigung eines begründeten Widerspruchs befürwortet (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 06.10.1980 - 3 S 1510/80 - NJW 1981, 1524 [BVerwG 23.05.1980 - BVerwG 4 C 84.77]; HessLSG, Urteil vom 26.09.2007 - L 4 KA 15/07 - juris, Rn. 15; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 80 Rn. 19).

Insbesondere das Verfassungsrecht fordert im vorliegenden Fall eine Annahme. Der Ausschluss einer Kostenentscheidung nach § 80 Abs. 1 und 2 VwVfG führt hier zu einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtsschutzes. Das Vorgehen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten erweckt sehr stark den Eindruck, dass die mehrjährige Verzögerung einer Neuentscheidung über den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers zum Zweck hatte, die Übernahme weiterer Verfahrenskosten zu vermeiden, indem der angekündigten Abhilfeentscheidung so lange ausgewichen wird, bis eine Erledigung der Hauptsache durch eine Beförderung des Klägers in einem anderen Auswahlverfahren eintritt. Ein solches Vorgehen ist mit dem Gleichheitssatz, dem Rechtsstaatsgebot, den Grundsätzen einer fairen Gestaltung des Verfahrens und den Prinzipien von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren (vgl. auch Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. C326 vom 26.10.2012, S. 391; BVerwG, Urteil vom 28.04. 2009 - 2 A 8/08 -, juris, Rn. 16ff).

Die Notwendigkeit zur Zuziehung eines Rechtsanwalts ist zu bejahen. Sie ist aus einer Sicht ex ante zu beurteilen und bestimmt sich danach, welche Anforderungen in dem konkreten Fall an eine „zweckentsprechende“ Rechtsverfolgung gestellt sind. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist somit die Schwierigkeit der Sache, die jedoch nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung der Sachkunde und der persönlichen Verhältnisse des Widerspruchsführers festzustellen ist. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28.04.2009 - 2 A 8/08 –, juris, Rn. 20f) hat in ständiger Rechtsprechung zu § 80 Abs. 2 VwVfG ausgeführt, dass die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren von der Prüfung im Einzelfall abhängt und unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen ist. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 80 Abs. 2 VwVfG dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten ist, das Vorverfahren selbst zu führen.

Bei der Anfechtung einer Regelbeurteilung ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht unvernünftig. Die Regelbeurteilung ist das wichtigste Instrument der Personalauswahl. Sie dient der Verwirklichung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatzes, Beamte nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einzustellen, einzusetzen und zu befördern (Art. 33 Abs. 2 GG). Ihr Ziel ist es, die den Umständen nach optimale Verwendung des Beamten zu gewährleisten und so die im öffentlichen Interesse liegende Erfüllung hoheitlicher Aufgaben (Art. 33 Abs. 4 GG) durch Beamte bestmöglich zu sichern. Zugleich dient die dienstliche Beurteilung auch dem berechtigten Anliegen des Beamten, in seiner Laufbahn entsprechend seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung voranzukommen. Ihr kommt die entscheidende Bedeutung bei der Auswahlentscheidung des Dienstherrn und der dabei erforderlichen "Klärung einer Wettbewerbssituation" zu.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Verfahren die Zuziehung des Bevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren für erstattungsfähig zu erklären. Die Hinzuziehung anwaltlichen Rates durfte der Kläger für erforderlich halten, da Kenntnisse des Beamtenrechts und des hier relevanten Kostenrechts nicht zum Allgemeinwissen gehören. Da es zudem um nicht unerhebliche Geldbeträge geht, war die Angelegenheit für den Kläger auch von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, die die Zuziehung eines Rechtsanwaltes rechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Einzelrichter die wirtschaftliche Bedeutung der begehrten Entscheidungen für den Kläger mit dem halben Auffangstreitwert als angemessen erachtet.