Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 26.05.1989, Az.: 4 U 53/88
Anspruch auf Ersatz eines Brandschadens aus übergegangenem Recht; Verjährung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung; Ausführungen zu dem zum Schaden führenden Verhalten und Bestimmung dieses Zeitpunkts; Alternative Brandursachen; Verantwortlichkeit der Brandverursacher für den Schaden; Voraussetzungen für deliktsrechtliche Zurechnungsfähigkeit von Jugendlichen; Hierbei anzulegender Maßstab; Beurteilung einer unbegrenzten Haftung von Jugendlichen; Verfassungsgemäßheit von § 828 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 26.05.1989
- Aktenzeichen
- 4 U 53/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1989, 19342
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1989:0526.4U53.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 12.01.1988 - AZ: 5 O 99/87
Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 254 BGB
- § 67 VVG
- Art. 100 GG
- § 852 Abs. 1 BGB
- § 828 Abs. 2 BGB
- § 830 Abs. 1 S. 1 BGB
- § 276 BGB
- Art. 1 GG
Fundstellen
- JZ 1990, 294-297 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1989, 1952
- NJW-RR 1989, 791-794 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1989, 709-713 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
Redaktioneller Leitsatz
§ 828 Abs. 2 BGB ist nicht mit Art. 1, 2, 6 Abs. 2 Satz 2 GG vereinbar, wenn Kinder und/oder Jugendliche im Alter zwischen sieben und siebzehn Jahren in existenzvernichtender Weise auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, obwohl ihnen einerseits nur leichtes Verschulden vorzuwerfen, andererseits aber die finanzielle Entschädigung des Opfers von dritter Seite gewährleistet ist. Denn die in § 828 Abs. 2 BGB getroffene Regelung ermöglicht die Existenzvernichtung von Kindern und Jugendlichen, denen sie sich im Ergebnis nicht entziehen können.
Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 1989
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters ... sowie
der Richter ... und ...
für Recht erkannt/beschlossen:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Januar 1988 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels, teilweise geändert.
- 1.
Es wird festgestellt, daß die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gegenüber dem Beklagten zu 2) dem Grunde nach zu 70 % gerechtfertigt sind.
- 2.
Wegen der Höhe des Schadensersatzanspruches wird der Rechtsstreit an das Landgericht Verden zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
- 3.
Bezüglich des Beklagten zu 1) wird der Rechtsstreit ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
- 4.
Die Beschwer des Beklagten zu 2) beträgt 231.609 DM, die Beschwer der Klägerin 99.261 DM.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten, die zur Vorfallszeit 14 Jahre und 10 Monate sowie 15 Jahre und 8 Monate alt waren, aus übergegangenem Recht auf Ersatz eines Brandschadens in Anspruch. Zugunsten des Beklagten zu 1) war keine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen.
Die Klägerin ist Feuerversicherer der Firma .... Am 23. Januar 1984 um 3.02 Uhr wurde der Polizei ein Feuer auf dem Grundstück der Firma ... in ..., gemeldet, das u.a. zur Vernichtung einer Halle führte. Die Klägerin zahlte an die Firma ... in Teilbeträgen 330.870,04 DM, die sie von den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der fahrlässigen Brandstiftung erstattet verlangt. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige ... hat den Schaden auf 467.774 DM geschätzt (Bl. 20 d.A.).
Am Abend des 22. Januar gegen 18.00 Uhr hielten sich die Beklagten auf dem Gelände der Firma ... auf. Der Beklagte zu 1) holte aus einer Telefonzelle ein Telefonbuch, welches die Beklagten anzündeten, um sich zu wärmen. Zwischen den Parteien ist streitig, wieviele Seiten des Telefonbuches verbrannt worden sind und insbesondere die Frage, ob dieses Feuer vor oder in einem Anbau der Halle entzündet worden ist.
Bei dem Anbau handelt es sich um eine Holzkonstruktion, deren Fußboden aus Holz-Spanplatten bestand.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten das Feuer im Anbau entzündet und deshalb habe sich ein Schwelbrand entwickelt, der erst am Morgen des 23. Januar ausgebrochen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 330.870 DM nebst 8 % Zinsen aus 2.407,74 DM seit dem 13. März 1984, aus 110.000 DM seit dem 29. März 1984, aus 1.134,30 DM seit dem 16. Mai 1984, aus 130.000 DM seit dem 17. Mai 1984 und aus 87.328 DM seit dem 6. Juni 1984 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben geltend gemacht, sie kämen für die Brandverursachung deshalb nicht in Betracht, weil sie lediglich ein paar Seiten des Telefonbuches vor dem Anbau in Brand gesetzt und das Feuer danach sorgfältig ausgetreten hätten. Im übrigen habe die Kriminalpolizei nach ihrer Auffassung festgestellt, daß vermutlich Brandbeschleuniger benutzt worden seien, was auf eine vorsätzliche Brandstiftung durch Dritte hindeute. Wie in diesem Zusammenhang unstreitig ist (Bl. 53, 63 d.A.), war das Schloß der Tür des Anbaus einige Monate zuvor aufgebrochen worden, so daß das Gebäude für jedermann zugänglich war. Die Beklagten haben sich insoweit auf ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers der Klägerin berufen, der Beklagte zu 1) hat darüber hinaus Verjährung geltend gemacht.
Die Beklagten haben im übrigen behauptet, die Tür zum Anbau habe offengestanden, so daß der starke Wind das Feuer früher entfacht hätte, selbst wenn man unterstelle, sie hätten das Telefonbuch im Anbau angezündet.
Dem Zivilprozeß ist ein Strafverfahren (4 Ds 28 Js 5525/84 StA Verden) vorangegangen, das gegen Arbeitsauflagen eingestellt worden ist.
In dem Ermittlungsbericht der zuerst am Ort eingetroffenen Beamten heißt es, die Temperaturen hätten unter dem Gefrierpunkt gelegen und es habe ein starker Wind aus östlichen Richtungen geherrscht. Etwa 10 Meter von der nördlichen Ecke des Zaunes wurde ein orangefarbener Plastikkanister gefunden, der nach einer benzinähnlichen Flüssigkeit ro
ch. Eine Benutzung von Brandbeschleunigern konnte nicht ausgeschlossen werden (Bl. 3, 4 BA).
Die Hauptbrandbeschädigungen befanden sich an der rückwärtigen Seite des angebauten Holzschuppens. Nach Auffassung des Brandmeisters ließen die Brandspuren eindeutig erkennen, daß das Feuer seinen Ausgangspunkt in dem angebauten Schuppen hatte.
Der Inhaber der Firma ... hat im Strafverfahren erklärt, (Bl. 16 f BA), in dem Schuppen habe ein Kanister gelegen, der möglicherweise Benzin enthalten habe, das Türschloß sei seit sechs Monaten nicht mehr intakt gewesen. Die Ehefrau des Herrn ... hat bekundet, sie habe acht Tage vor dem Brand einen Anruf erhalten, daß in dem Gebäude ab und zu Licht brenne (Bl. 20 BA).
Der Beklagte zu 1) hat in seiner polizeilichen Vernehmung vom 6. Februar 1984 (Bl. 28 R BA) erklärt, man habe das Papier des Telefonbuches in dem Schuppen angesteckt. Der Beklagte zu 2) hat am 15. Februar 1984 ausgesagt (Bl. 33 BA), der Beklagte zu 1) sei auf die Idee gekommen, aus der Telefonzelle in der Nähe ein dickes Telefonbuch zu holen und es hinten im Schuppen bei ... zu verbrennen, das habe man dann auch gemacht. Wenige Zeilen später heißt es jedoch, er sei sich absolut sicher, daß das Telefonbuch draußen in unmittelbarer Nähe des Schuppens verbrannt worden sei.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des ermittelnden Kriminalbeamten ... sowie der Zeugen ... und ... (Bl. 85 ff und 107 ff d.A.) und sodann die Klage mit der Begründung abgewiesen, eine Brandstiftung gerade seitens der Beklagten sei nicht bewiesen.
Mit ihrer Berufung vertieft die Klägerin ihren Vortrag zur Verursachung des Brandes durch die Beklagten und verweist insbesondere auf die polizeiliche Vernehmung des Beklagten zu 1), in der er eingeräumt hat, das Telefonbuch im Anbau verbrannt zu haben.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, der von den Beklagten verursachte Schwelbrand habe sich auch erst viele Stunden später zu einem Feuer entwickeln können.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihr 330.870 DM nebst 8 % Zinsen auf 2.407,74 DM seit dem 13. März 1984, auf 110.000 DM seit dem 29. März 1984, auf 1.134,30 DM seit dem 16. Mai 1984, auf 130.000 DM seit dem 17. Mai 1984 und auf 87.328 DM seit dem 6. Juni 1984 zu zahlen,
hilfsweise
Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise
Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft.
Sie halten es nicht für bewiesen, daß das Telefonbuch im Schuppen verbrannt worden sei und bestreiten die Entstehung eines Schwelbrandes. Sie verweisen auf die erfolglosen Bemühungen des Versicherungsnehmers, das Gelände zu verkaufen, und halten eine Brandstiftung sowohl durch ihn als auch durch andere Personen für möglich, darüber hinaus auch eine anderweitige Verursachung im Hinblick auf zwei Tage zuvor in der Halle durchgeführte Montagearbeiten.
Der Senat hat die Beweisaufnahme erster Instanz nach Maßgabe des Beschlusses vom 27. Oktober 1988 wiederholt und ein Gutachten des Sachverständigen ... eingeholt, das in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 14. April 1989 verwiesen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Gründe
A.
Die Berufung ist teilweise begründet.
Bezüglich des Beklagten zu 2) ist der Anspruch dem Grunde nach gemäß den §§ 823 Abs. 1, 254 BGB, 67 VVG zu 70 % gerechtfertigt, hinsichtlich des Beklagten zu 1) ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 des Grundgesetzes geboten.
I.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist nicht verjährt.
Nach § 852 Abs. 1 BGB verjähren Ansprüche aus unerlaubter Handlung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Diese Voraussetzungen sind nach ständiger Rechtsprechung (BGH WM 1960, 885; BGH NJW 1984, 661 [BGH 20.09.1983 - VI ZR 35/82]; BGH VersR 1985, 740) dann erfüllt, wenn der Geschädigte hinsichtlich des Schadensablaufes sowie der Person des Ersatzpflichtigen und der seine Verantwortlichkeit begründenden Umstände so viele Details kennt, daß die Einleitung eines Rechtsstreites - und sei es auch nur in Form der Erhebung einer Feststellungsklage - erfolgversprechend erscheint. Da es sich im vorliegenden Fall um einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB handelt, der lediglich nach § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen ist, kommt es nicht auf die Kenntnis der Klägerin, sondern auf die des Ersatzberechtigten, des Herrn ..., an, weil die Klägerin nur kraft Gesetzes in die Rechtsstellung des Herrn ... eingetreten ist (Palandt-Thomas, 48. Aufl. 1989, Rdn. 2 zu § 852 m.weit.Nachw.).
Diese Differenzierung bedarf hier allerdings deshalb keiner weiteren Vertiefung, weil niemand vor der Einsicht in die polizeilichen Vernehmungsprotokolle eine ausreichende Kenntnis vom Schadensablauf haben konnte, die ihn in die Lage versetzt hätte, einen Prozeß einzuleiten. Die Entscheidung des Rechtsstreits steht und fallt nämlich - wie später noch näher ausgeführt wird - mit der Frage, ob das Telefonbuch im oder vor dem Anbau angezündet worden ist. Nachdem der Beklagte zu 1) erst am 6. Februar 1984 und der Beklagte zu 2) erst am 15. Februar 1984 verantwortlich vernommen worden sind, bedurfte es der Einsicht in die polizeilichen Protokolle, um die Erfolgsaussichten einer Klage beurteilen zu können. Selbst wenn Herr ... deshalb, wie die Klägerin vorträgt (Bl. 47 d.A.), am 3. Februar 1984 von der Möglichkeit der fahrlässigen Brandstiftung durch die Beklagten gehört haben sollte, so begann damit der Lauf der Verjährungsfrist noch nicht, weil die für die Verantwortlichkeit der Beklagten sprechenden Umstände Herrn ... damals noch nicht bekannt sein konnten. Unter diesen Umständen ist der Lauf der Verjährung jedenfalls durch den am 5. Februar 1987 beantragten und am 10. Februar 1987 zugestellten Zahlungsbefehl rechtzeitig unterbrochen worden, zumal die Klägerin auf die gerichtliche Anforderung vom 24. Februar schon am 27. Februar den weiteren Kostenvorschuß eingezahlt hat, so daß die Streitsache mit der Zustellung des Mahnbescheides als rechtshängig anzusehen ist (§§ 696 Abs. 3 ZPO, 209 Abs. 1 BGB), selbst wenn man annehmen wollte - wofür es allerdings keine Anhaltspunkte gibt, Herr ... habe die polizeilichen Protokolle bereits am 16. Februar 1984 eingesehen. Wann der Geschädigte tatsächlich Kenntnis erlangt hat, ist im übrigen von dem darlegungspflichtigen Beklagten, der sich auf die Einrede der Verjährung beruft, nicht vorgetragen worden.
II.
Die Haftung der Beklagten ergibt sich aus den §§ 823 Abs. 1, 828 Abs. 2, 830 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 67 VVG.
1.
Entgegen der Auffassung der Klägerin käme eine Haftung der Beklagten allerdings nicht in Betracht, wenn festgestellt oder auch nur ernstlich als möglich angesehen würde, daß die Beklagten das Telefonbuch vor dem Schuppen (Anbau) angezündet haben.
Selbst wenn die wände des Anbaues, wie die Klägerin vorträgt, sandwichartig aufgebaut sind und hinter der äußeren Wand aus Eternit-Platten, die im Verhältnis zur Sockelplatte leicht hervorspringen und zwischen der Außen- und der Innenschale wärmedämmendes Material eingebracht ist, so besteht allenfalls die entfernte Möglichkeit, nicht aber die zu einer Verurteilung der Beklagten ausreichende Sicherheit, daß bei einem Anzünden des Buches im Freien brennende Reste des Telefonbuchs unter das Gebäude gelangt sein und nach neun Stunden den Brand verursacht haben können.
Zunächst einmal fehlen Feststellungen und Erkenntnismöglichkeiten über die Art des Dämmaterials und seiner Entflammbarkeit. Darüber hinaus war die Erde, wie sich aus dem Ermittlungsbericht ergibt (Bl. 3 BA), am Vorfallstage mit Schnee bedeckt, so daß ein teilweise angezündetes Telefonbuch auf dem Schnee kaum längere Zeit "gebrannt" bzw. vor sich hin geschwelt haben kann. Wie der Sachverständige ... ferner überzeugend dargelegt hat, brennen die einzelnen herausgerissenen Seiten eines Telefonbuchs nur wenige Sekunden, so daß diese Seiten, die allenfalls unter den Anbau geweht worden sein könnten, nicht geeignet waren, dort nach neun Stunden einen Brand zu verursachen. Schließlich hat der Sachverständige ... ebenfalls überzeugend ausgeführt (Protokoll S. 7), daß die Brandspuren gegen die Annahme sprechen, der Brand könne an der Außenwand begonnen haben, weil sich dann an dieser Stelle stärkere Brandspuren - nämlich am Entstehungsort des Feuers - hätten zeigen müssen.
2.
Nach Überzeugung des Senats gibt es keinen ernstlichen Zweifel daran, daß die Beklagten das Telefonbuch im Anbau angezündet, andererseits aber das Feuer vor dem Verlassen des Gebäudes ausgetreten haben, nach ihrer Einschätzung in ausreichendem Umfang, in Wirklichkeit aber nur in der Weise, daß Reste weiterglimmten und das Gebäude entzündeten.
a)
Zur Überzeugungsbildung des Senats hat allerdings die wiederholte Vernehmung der Zeugen ... und ... kaum beigetragen. Der Zeuge ... hat zwar bekundet, seiner Erinnerung nach hätten die Beklagten davon gesprochen, das Telefonbuch "im" Schuppen angezündet zu haben, es handelte sich jedoch insoweit um eine ziemlich unsichere Vermutung. Entsprechendes gilt für die Aussagen ... und ..., lediglich bei dem Zeugen ... hatte der Senat deutlich den Eindruck, daß dieser zugunsten der Beklagten "mauerte", weil er trotz eindringlicher Vorhalte darauf bestand, er könne sich an überhaupt nichts erinnern. Es ist indessen mehr als unwahrscheinlich, daß jemand, der an einem Gespräch über eine Brandverursachung gerade deshalb teilnimmt, weil er Einzelheiten erfahren will, davon praktisch nichts mehr im Gedächtnis behalten hat.
b)
Entscheidend für die Überzeugungsbildung des Senats war jedoch zum einen die Aussage des Polizeibeamten ... und zum anderen der persönliche Eindruck der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung. Auch wenn der Zeuge ... sich an konkrete Einzelheiten der Jahre zurückliegenden Vernehmung im Hinblick auf die Vielzahl der von ihm bearbeiteten Fälle nicht zu erinnern vermochte, so führt doch nichts an der Tatsache vorbei, daß keine Anhaltspunkte für eine falsche Protokollierung dessen bestehen, was die Beklagten damals nach ihrer Belehrung ausgesagt haben.
Zwar hat der Beklagte zu 2) in seiner Vernehmung am 15. Februar 1984 (Bl. 33 BA) am Schluß seiner Aussage erklärt, er sei absolut sicher, daß das Telefonbuch etwa einen Meter vor dem Schuppen verbrannt worden sei. Wenige Zeilen zuvor hatte er indessen eine ganz andere Aussage gemacht, und zwar dahingehend, der Beklagte zu 1) sei auf die Idee gekommen, aus der Telefonzelle in der Nähe ein dickes Telefonbuch zu holen und es hinten im Schuppen zu verbrennen, und das hätten sie dann auch so gemacht. Angesichts der langjährigen Berufserfahrung des Kriminalbeamten ... und des positiven persönlichen Eindrucks, den der Senat von ihm gewonnen hat, sowie in Anbetracht des Umstandes, daß dem Vernehmenden die Wichtigkeit der Differenzierung hinsichtlich des Brandortes aufgrund seiner beruflichen Erfahrung zweifellos bewußt war, gibt es keine vernünftigen Zweifel daran, daß auch der Beklagte zu 2) zunächst die "Zündelei" im Schuppen eingeräumt und erst danach die Brisanz seiner Aussage erkannt und sie deshalb berichtigt hat.
Noch deutlicher wird das Beweisergebnis durch die eine Woche zuvor erfolgte Vernehmung des Beklagten zu 1), in der dieser ohne Wenn und Aber das Anzünden des Telefonbuchs im Schuppen eingeräumt hat. Es gibt auch nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine falsche Protokollierung dieser Aussage oder aber dafür, daß der Beklagte zu 1) sich zu Unrecht erschwerender Umstände bezichtigt haben könnte. Darüber hinaus entspricht die von dem Beklagten zu 1) und teilweise von dem Beklagten zu 2) gegebene Darstellung auch der Lebenswahrscheinlichkeit, denn wenn man ein Telefonbuch angezündet hat, um sich angesichts der Kälte aufzuwärmen, so gibt es keinen vernünftigen Sinn, dies angesichts des relativ starken Windes und der Temperaturen unter dem Gefrierpunkt im Freien und auf schneebedecktem Boden zu tun, weil dabei der erstrebte Erfolg kaum eintreten kann. Für die Beweiswürdigung ist schließlich von wesentlicher Bedeutung, daß der Beklagte zu 1) nach Überzeugung des Senats keinesfalls die Einzelheiten "erfunden" haben kann, mit denen er die Tatausführung geschildert hat, nämlich vom Fassen des Planes bis zum Betreten des Gebäudes durch die offene Tür und dem Verteilen der Blätter auf dem Fußboden.
Als letzter Gesichtspunkt kommt hinzu, daß die Beklagten aufgrund des persönlichen Eindrucks auf den Senat in der mündlichen Verhandlung das Telefonbuch im Schuppen angezündet haben, insbesondere weil sie keine Erklärung dafür geben konnten, wie es zu ihrer gegenteiligen detaillierten Aussage vor der Polizei gekommen ist. Unter diesen Umständen sah der Senat auch zu der von der Klägerin beantragten Vereidigung der Beklagten keine Veranlassung, weil er von dem Anzünden des Telefonbuches im Schuppen überzeugt ist und zu befürchten war, daß die Beklagten, insbesondere der Beklagte zu 1) angesichts der ihm drohenden Existenzvernichtung, aus Verzweifelung auch einen Meineid geschworen hätten (§ 452 ZPO).
3.
Wenn das Telefonbuch im Anbau verbrannt worden ist, so bestehen an der Verursachung des Brandes durch dieses Verhalten keine vernünftigen Zweifel.
a)
Nach dem Ergebnis des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... sowie aufgrund seiner mündlichen Anhörung in der Verhandlung vom 14. April 1989 ist es auch im Hinblick auf das um 18.00 Uhr vorgenommene Entzünden des Telefonbuches und die Entstehung des Brandes erst um 3.00 Uhr nachts durchaus möglich, daß das nicht ausreichend ausgetretene Feuer einen Schwelbrand entwickelt, der neun Stunden später zum Ausbruch des Feuers geführt hat. Diese ernsthafte Möglichkeit ergibt sich im Hinblick darauf, daß der Fußboden des Gebäudes aus Holz bestand und im Anbau nicht nur einzelne Seiten innerhalb weniger Sekunden verbrannt sind, sondern das Telefonbuch als solches mit den sich länger haltenden Brandresten im Gebäude verblieben ist. Der Sachverständige ... hat dazu ausgeführt, die wahrscheinlichste Möglichkeit bestehe darin, daß einzelne auf dem Holzfußboden vorhandene Holzstückchen - auf die einer der Beklagten hingewiesen hat (vgl. Bl. 28 R BA letzter Satz) - in einen Glimmbrand geraten seien und dann später den Fußboden entzündet hätten.
Zwar hat der Sachverständige ... andererseits zugunsten der Beklagten ausgeführt, die Wahrscheinlichkeit, daß ein nicht ausreichend ausgetretenes glimmendes Telefonbuch einen Brand im Anbau verursache, sei geringer als die des Erlöschens des Feuers, weil es zwar - abgesehen von hier nicht interessierenden Sonderfällen - keine Vorschriften über die besondere Imprägnierung von Holzfußböden gegen Feuer gebe, andererseits aber ein derartiger Fußboden infolge seiner Oberfläche ohnehin nur schwer entflammbar sei.
b)
An der Sachkunde des Sachverständigen ... bestehen im Hinblick darauf, daß er an der Ermittlung der Brandursachen in etwa 4.000 Fällen mit zahlreichen Schwelbränden beteiligt war sowie unter Berücksichtigung der Qualität seiner Ausführungen keine Zweifel.
c)
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Entzündung des Anbaues durch Feuerreste des Telefonbuchs angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles geringer einzuschätzen ist als das Erlöschen der Flamme, so reicht dieses Ergebnis für eine Verurteilung der Beklagten (§ 286 ZPO) und einer Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen ihrem Verhalten und der Entstehung des Brandes dann aus, wenn andere Brandursachen nicht ernstlich in Betracht kommen. Wenn es keine auch nur einigermaßen diskutablen alternativen Brandursachen gibt, so bleibt nur der Schluß, daß im vorliegenden Fall sich die - zahlenmäßig ausgedrückt - 40 %ige Wahrscheinlichkeit einer Entzündung des Fußbodens eben tatsächlich verwirklicht hat.
III.
Andere Ursachen für die Entstehung des Feuers kommen nicht ernstlich in Betracht.
Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, erfolgt die Ermittlung von Brandursachen häufig in der Weise, daß im Hinblick auf die eingeschränkten Möglichkeiten der Rekonstruktion Alternativursachen ausgeschieden werden, so daß am Ende nur eine ernstliche Möglichkeit der Brandverursachung in Betracht kommt.
1.
Soweit die Beklagten darlegen, der Brand könne auch durch einen Defekt der elektrischen Leitungen verursacht worden sein, so kommt dies deshalb nicht in Betracht, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen ... unter Auswertung der Ermittlungsakten in dem Anbau keine elektrischen Leitungen verlegt oder diese jedenfalls abgeschaltet (Bl. 15 BA) waren. Der Brand ist, wie bereits dargelegt, aufgrund der Ausführungen des Herrn ... in Übereinstimmung mit den Ermittlungsergebnissen der Kriminalpolizei auch im Anbau entstanden, und zwar unter Berücksichtigung der dort vorgefundenen Brandspuren. Wenn der Brand an einer anderen Stelle des Gebäudes ausgebrochen wäre, hätten dort deutlichere und andere Brandspuren vorhanden sein müssen.
2.
Aus demselben Grunde scheidet die von den Beklagten ferner angesprochene Möglichkeit aus, daß durch zwei Tage vorher durchgeführte Montagearbeiten das Feuer verursacht worden sein könnte, zumal nicht ersichtlich ist, welche Brandursache erst nach zwei Tagen zum Ausbruch eines Feuers hätte führen können. Abgesehen davon ist aber auch das von den Beklagten vorgetragene Abmontieren der Tresen und der Abtransport der Kühlmaschinen kein Verhalten, von dem auch nur wahrscheinlich eine Brandgefahr ausgeht. Der Vortrag der Beklagten, es seien Schneidbrenner benutzt worden, ist eine Behauptung ins Blaue.
3.
Soweit die Beklagten schließlich unterstellen, der Schadensfall könne von dem Versicherungsnehmer, Herrn ..., durch Brandstiftung selbst herbeigeführt worden sein, zumal Herr ... längere Zeit vergeblich versucht hat, das Grundstück nebst Gebäude zu veräußern, so vermag das eine andere Entscheidung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dies gilt zum einen deshalb, weil es keine konkreten Anhaltspunkte für eine Verursachung durch den Geschädigten selbst gibt und als solcher Anhaltspunkt nicht allein der Umstand angesehen werden kann, daß Verkaufsbemühungen des Geschädigten längere Zeit ohne Ergebnis geblieben waren. Wie sich im übrigen aus der Vernehmung des Geschädigten ... im Ermittlungsverfahren (Bl. 17 BA) ergibt, die hier verwertet werden kann, weil ihr Inhalt unstreitig ist, hat er selbst auf eigene Veranlassung die Gebäudeversicherung von 300.000 DM auf 150.000 DM und die Inventarversicherung von 200.000 DM auf 100.000 DM herabsetzen lassen. Das ist indessen ein Verhalten, welches von einem Menschen, der sein Eigentum selbst in Brand zu setzen in Betracht zieht, um die Versicherungssumme zu kassieren, nicht zu erwarten ist.
4.
Die Beklagten können ihrer Haftung auch nicht mit dem Hinweis entgehen, es komme als weitere Alternative eine Brandstiftung von anderer Seite in Betracht, und zwar im Hinblick darauf, daß in den Ermittlungsakten von der Benutzung eines Brandbeschleunigers die Rede ist.
Richtig ist zweifellos, daß der Nachweis der Kausalität zwischen dem Verhalten der Beklagten und der Entstehung des Schadens wohl kaum zu führen wäre, wenn infolge fehlerhafter Ermittlungen Aufklärungsmöglichkeiten "verschüttet" worden wären, weil derartiges sich nicht zu Lasten der Beklagten auswirken darf. Wie der Kriminalbeamte ... bereits im Ermittlungsbericht als auch in seiner Vernehmung erklärt hat, handelt es sich bei der Formulierung, es sei möglicherweise ein Brandbeschleuniger benutzt worden, um eine bloße Vermutung, die durch Tatsachen nicht gestützt werden konnte. Es läßt sich auch nicht sagen, daß in dieser Hinsicht Ermittlungen unterlassen worden sind, weil, wie der Sachverständige ... ausgeführt hat, Feststellungen in dieser Hinsicht im Hinblick auf die Beseitigung von Spuren durch den Brand gar nicht getroffen werden konnten.
5.
Somit kommt als letzte Alternative nur noch die Möglichkeit einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Brandstiftung von dritter Seite in derselben Nacht in Betracht, und zwar auch im Hinblick auf die beiden vorgefundenen Kanister.
Zunächst einmal kann einer der Kanister im Zusammenhang mit der Brandverursachung deshalb außer Betracht bleiben, weil der Beklagte zu 2) bei seiner Vernehmung im Strafverfahren (Bl. 34 BA) selbst ausgesagt hat, die Beklagten hätten diesen Kanister untersucht und festgestellt, daß er leer war.
Was den auf dem Grundstück gefundenen orangefarbenen Kanister anbetrifft, so kann er nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen ... sich während des Brandes nicht im Gebäude befunden haben, weil er keine Brandspuren aufwies. Die Tatsache allein, daß auf einem bestimmten Gelände ein Kanister gefunden wird, begründet aber nicht schon die ernstzunehmende Möglichkeit einer Brandstiftung, wenn zusätzliche Anhaltspunkte nicht vorliegen.
Als Ergebnis bleibt festzustellen, daß zwar die Wahrscheinlichkeit für den Ausbruch eines Feuers infolge eines Schwelbrandes durch das Telefonbuch geringer als 50 % war, diese Möglichkeit sich aber nach Überzeugung des Senats realisiert hat, es sei denn, man hielte es für eine ernsthafte Alternative, anzunehmen, daß zufällig in derselben Nacht irgendjemand anderes einen Brand verursacht hat. Der Senat hätte diese Möglichkeit mit der Folge einer Klagabweisung ernsthaft in Betracht gezogen, sofern es sich um einen Diebstahl gehandelt hätte, weil nicht nur heutzutage, sondern auch im Jahre 1984 infolge der schon damals bestehenden Obdachlosigkeit einer nicht unerheblichen Zahl von Personen eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß in einer kalten Winternacht irgendein Obdachloser zufällig das Gebäude aufsucht, um sich dort aufzuwärmen, zu übernachten und bei dieser Gelegenheit Gegenstände entwendet. Demgegenüber handelt es sich bei der Brandstiftung um ein eher seltenes Delikt, und die Möglichlichkeit, daß zufällig ausgerechnet in dieser einen Nacht eine andere Person den Schuppen aufgesucht und das noch schwelende Feuer entweder angefacht oder ein neues Feuer entzündet hat, liegt nach Auffassung des Senats dermaßen außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, daß sie nicht geeignet ist, ernsthafte Zweifel an der Verursachung des Feuers durch das Anzünden des Telefonbuchs hervorzurufen.
IV.
Die Beklagten sind für die Schadensverursachung auch nach Maßgabe der §§ 823 Abs. 1, 828 Abs. 2 BGB verantwortlich.
1.
Eine Zurechnungsfähigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist zu bejahen, wenn der Jugendliche die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht, d.h. die geistige Entwicklung besitzt, die ihn in den Stand versetzt, das Unrecht seiner Handlung gegenüber Mitmenschen und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seines Verhaltens selbst einstehen zu müssen (BGH NJW 1984, 1958). In dieser Hinsicht bestehen zunächst einmal schon deshalb keine ernstlichen Zweifel, weil nach der sprachlichen Fassung des § 828 BGB der Mangel der Einsicht nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern vom Täter zu behaupten und zu beweisen ist (BGH VersR 1970, 467, NJW 1984, 1956). Da in dieser Hinsicht nichts vorgetragen worden ist, kann eine Haftung insoweit nicht verneint werden, ganz abgesehen davon, daß angesichts des Alters der Beklagten von knapp unter 15 bzw. über 15 Jahren auch sonst keine erkennbaren Zweifel an der zuvor näher beschriebenen Einsichtsfähigkeit bestehen (vgl. die empirischen Untersuchungen von Wille und Bettge, VersR 1971, 878 ff).
2.
Die Beklagten haben auch schuldhaft im Sinne von § 276 BGB gehandelt, und zwar fahrlässig. Insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die individuellen Fähigkeiten des Jugendlichen abzustellen, sondern darauf, ob ein normal entwickelter Jugendlicher dieses Alters die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen und dieser Einsicht gemäß hätte handeln können und müssen (BGH NJW 1970, 1038, NJW 1984, 1958). Hinsichtlich dieses Verschuldens, welches der Geschädigte zu beweisen hat, ist ein Anscheinsbeweis mit der Einschränkung zulässig, daß es bei der Prüfung der Fahrlässigkeit nicht auf die persönliche Schuld des Jugendlichen ankommt, sondern objektiv darauf, was von einem Jugendlichen seiner Altersgruppe zu fordern war (BGH NJW 1970, 1038). In dieser Beziehung ist zunächst daran zu erinnern, daß bei der Fahrlässigkeit generell nicht die Vorhersehbarkeit des konkreten Geschehensablaufes erforderlich ist, die Beklagten also nicht mit den Feinheiten der Entstehung eines Schwelbrandes vertraut zu sein brauchten. Ausgangspunkt ist vielmehr, daß das Telefonbuch und der in ihm befindliche Brandherd nicht vollständig ausgetreten worden sein kann, weil sich anderenfalls der Brand nicht entwickelt hätte. Das Verschulden der Beklagten liegt dementsprechend vor in bezug auf das nicht ordnungsgemäße Austreten des Feuers, zumal der Brand schon verhindert worden wäre, wenn die Beklagten ein paar Hand voll Schnee zusätzlich auf das Telefonbuch geworfen hätten. Gerade wenn ein dickes Telefonbuch vorher geglimmt hat, kann sich auch ein 15-jähriger sagen, daß die Reste des Feuers auf einem Holzfußboden zur Entzündung führen können, mögen die Einzelheiten der Schadensentwicklung auch für ihn nicht vorhersehbar gewesen sein.
V.
Der Anspruch des Herrn ... ist indessen durch ein Mitverschulden seinerseits zu kürzen (§ 254 BGB).
Wie zwischen den Parteien unstreitig ist und Herr ... in seiner polizeilichen Vernehmung selbst eingeräumt hat, war in das Gebäude etwa sechs Monate zuvor eingebrochen worden, wobei das Schloß zerstört worden war. Darüber hinaus war der Ehefrau des Herrn ... aufgefallen, daß etwa eine Woche vor dem Vorfall Licht in dem betreffenden Anbau gebrannt hatte.
Nach Auffassung des Senats ist ein Mitverschulden zu bejahen, weil Herr ... diejenige Aufmerksamkeit und Sorgfalt außer acht gelassen hat, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (BGH NJW 1965, 1075; 1978, 980). Diese Voraussetzungen liegen vor, weil sich Herr ... hätte sagen können und müssen, daß bei einem fehlenden Schloß generell das Betreten durch unbefugte Personen wahrscheinlicher wird, und zwar selbst dann, wenn sich dort keine Gegenstände mehr befinden, die es zu stehlen lohnten, weil es nicht ganz unwahrscheinlich ist, daß jemand versucht, sich im Winter in einem leeren Gebäude unsachgemäß "aufzuwärmen". Nach Auffassung des Senats hat sich das Verschulden des Geschädigten auch mitursächlich ausgewirkt (BGHZ 57, 217 [BGH 29.10.1971 - I ZR 19/71]; BGH VersR 1988, 570), weil jedenfalls die Beklagten das Gebäude nicht betreten hätten und der Schadensfall nicht eingetreten wäre, wenn die Tür verschlossen gewesen wäre; denn angesichts der im Straf- und im Zivilverfahren erkennbaren Persönlichkeitsstruktur der Beklagten wäre nicht zu erwarten gewesen, daß sie das Schloß aufgebrochen hätten, um in diesen Raum einzudringen. Da das Verschulden der Beklagten, die sich immerhin bemüht haben, den Brandherd auszutreten - und auch insoweit ist ihre Aussage vor der Polizei nicht in Zweifel zu ziehen -, in diesem Punkt zu ihren Gunsten nur als leicht fahrlässig zu bezeichnen ist, erschien dem Senat eine Verteilung der Haftung nach dem Maßstab 70: 30 zugunsten des Geschädigten angebracht.
VI.
Die Zurückverweisung an das Landgericht rechtfertigt sich aus § 538 Nr. 3 ZPO, und zwar zum einen im Hinblick auf den Terminsstand des Senats von einem Jahr, zum anderen deshalb, weil auch der Umfang der Haftung durch zwei Tatsacheninstanzen geklärt werden soll unter Berücksichtigung des Umstandes, daß zur Schadenshöhe noch nicht abschließend vorgetragen worden ist.
B.
Bezüglich des Beklagten zu 1) ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 des Grundgesetzes geboten.
I.
Nach Überzeugung des Senats ist § 828 Abs. 2 BGB jedenfalls in denjenigen Fällen nicht mit der Verfassung (Art. 1, 2, 6 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) vereinbar, in denen Kinder und/oder Jugendliche im Alter zwischen sieben und siebzehn Jahren in existenzvernichtender Weise auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, obwohl ihnen einerseits nur leichtes Verschulden vorzuwerfen, andererseits aber die finanzielle Entschädigung des Opfers von dritter Seite gewährleistet ist.
II.
1.
Nach § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 828 Abs. 2 BGB haftet bereits ein Kind (in Übernahme der strafrechtlichen Terminologie: eine Person von sieben bis dreizehn Jahren) und/oder ein Jugendlicher (im Alter von vierzehn bis siebzehn Jahren) dann, wenn er einem anderen einen Schaden zufügt, in unbegrenzter Höhe. Diese Haftung greift schon bei ganz geringem Verschulden, d.h. bei leichtester Fahrlässigkeit ein, und zwar mit dem Ergebnis, daß auch eine momentane und angesichts der Situation verständliche Unaufmerksamkeit eines Kindes oder Jugendlichen oder insbesondere ein Verhalten, welches typischerweise als "Dummenjungenstreich" charakterisiert wird, zu einer unbegrenzten Haftung führt.
2.
Nach Überzeugung des Senats reichen die in § 828 Abs. 2 BGB enthaltenen Schranken, die eine Haftung des Kindes bzw. des Jugendlichen von seiner Zurechnungsfähigkeit und dem Verschulden - bezogen auf ein normal verständiges Kind der entsprechenden Altersgruppe - abhängig machen, nicht aus, um in sämtlichen (fallen zu akzeptablen Ergebnissen zu gelangen.
a)
Was zunächst die Zurechnungsfähigkeit anbetrifft, so wird die erforderliche Einsicht im Sinne einer geistigen Entwicklung, die den Handelnden in den Stand setzt, das Unrecht seiner Tat gegenüber den Mitmenschen und zugleich seine Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seiner Handlung selbst einstehen zu müssen, in der Regel bei den typischen Fällen der Unaufmerksamkeit oder der "Dummenjungenstreiche" zu bejahen sein, insbesondere bei Kindern oberhalb der Grenze von zehn Jahren.
b)
Auch das Erfordernis des Verschuldens wird regelmäßig zu sachgerechten Ergebnissen nicht ohne weiteres führen können. Wenn, um dies an einem Beispiel zu erläutern, ein zehn oder zwölfjähriges Kind, das ein schlechtes Zeugnis erhalten hat oder nicht versetzt worden ist, voller Angst vor Strafe nach Hause geht, deshalb unaufmerksam die Straße überquert und einen schweren Unfall mit hohem Schaden zu Lasten eines Autofahrers verursacht, der ihm ausweicht und dabei verunglückt, so wird regelmäßig nicht um die Feststellung herumzukommen sein, daß auch ein normaler Zehn- oder Zwölfjähriger selbst unter Berücksichtigung der konkreten Situation an die ihm seit vielen Jahren eingeimpfte Belehrung hätte denken können, daß Straßen nicht unaufmerksam überquert werden dürfen. Entsprechendes gilt für typisches kindliches Fehlverhalten beim Spielen und die bereits erwähnten "Dummenjungenstreiche" trotz der vom Bundesgerichtshof entwickelten Haftungseinschränkungen (z.B. BGH NJW 1984, 1958), denn gerade auch im vorliegenden Fall hätten sich die Beklagten sagen können und müssen, daß schon das Anzünden eines Telefonbuches in einem Raum mit Holzfußboden gefährlich war und die Brandreste zumindest mit Schnee hätten gelöscht werden müssen. Die in jedem Kommentar zitierten Einzelfälle aus der Rechtsprechung belegen im übrigen dieses Urteil, ganz abgesehen davon, daß Gerichte dazu neigen, und zwar berechtigterweise, an das Verschulden - gerade eines versicherten - Kindes oder Jugendlichen nur geringe Anforderungen zu stellen, weil anderenfalls den möglicherweise schwer geschädigten Opfern sonst jegliche Entschädigung abgesprochen werden müßte.
c)
Ganz besonders problematisch ist die Haftung jedoch, weil es beim Verschulden auf die Sorgfalt eines durchschnittlichen Kindes dieser Altersgruppe ankommt (st.Rspr., z.B. BGH NJW 1984, 1958), so daß gerade ein in seiner Entwicklung zurückgebliebenes Kind besonders scharf haftet.
3.
Die in § 828 Abs. 2 BGB getroffene Regelung ermöglicht somit die Existenzvernichtung von Kindern und Jugendlichen, denen sie sich im Ergebnis nicht entziehen können.
a)
Richtig ist zwar, daß auch die menschlich nachvollziehbare und verständliche momentane kleine Unaufmerksamkeit eines Erwachsenen zu dessen unbegrenzter Schadensersatzpflicht führen kann, und zwar bei fahrlässigem Verhalten sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Die diesbezügliche gesetzliche Regelung erscheint jedoch deshalb vertretbar, weil in Teilbereichen (Stichwort: gefahrgeneigte Arbeit) jedenfalls bei leichter Fahrlässigkeit der Schadensersatzanspruch des Opfers durch den Arbeitgeber befriedigt wird, während der Erwachsene in den übrigen Fällen durch den Abschluß einer Berufs- und/oder einer Privathaftpflichtversicherung zu akzeptablen finanziellen Bedingungen die Folgen einer wirtschaftlichen Existenzvernichtung vermelden kann, zumal eine derartige Privathaftpflichtversicherung bei einer Deckungssumme von 2 Millionen DM je nach Versicherungsgesellschaft lediglich zwischen 70 und 150 DM im Jahr kostet.
b)
Das der unbegrenzten Haftung unterliegende Kind bzw. der Jugendliche ist indessen nicht in der Lage, gegen existenzvernichtende Schadensersatzansprüche selbst Vorsorge zu treffen. Die Erwägung der Klägerin, das Kind oder der Jugendliche möge unter Berücksichtigung des § 110 BGB selbst eine Versicherung abschließen, kann nur als abwegig bezeichnet werden, und zwar zum einen deshalb, weil ein Zehnjähriger, der beispielsweise 2 DM pro Monat Taschengeld erhält, nicht zumutbarerweise davon eine jährliche Versicherungsprämie von 100 DM aufbringen kann und soll, vor allen Dingen aber auch deshalb, weil diesem Kind oder Jugendlichen die ihm drohenden Gefahren in der Regel überhaupt nicht bewußt sind.
c)
Ebenso abwegig ist die ferner angesprochene Möglichkeit, das Kind oder der Jugendliche möge im Falle eines Schadenseintritts bei seinen Eltern Regreß nehmen. Es ist aus psychologischen Gründen und im Interesse des notwendigen vertrauensvollen Eltern-Kind-Verhältnisses indiskutabel, von dem Kind bzw. dem Jugendlichen zu erwarten, er möge seine eigenen Eltern auf Zahlung von mehreren 100.000 DM verklagen, weil sie ihn unter Verletzung der Sorgepflichten nicht ausreichend versichert hätten, ganz abgesehen davon, daß die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern nicht gesichert ist und der Schaden dadurch, daß eventuelle Erbansprüche damit verkürzt oder zunichte gemacht werden, wiederum auf dem Kind bzw. dem Jugendlichen selbst hängenbleibt. Der entscheidende Punkt ist indessen nicht die finanzielle Konsequenz, sondern das unvertretbare Ansinnen einer gerichtlichen Auseinandersetzung innerhalb der Familie.
III.
Die Haftung nach § 828 Abs. 2 BGB ist mit der Verfassung nicht in allen Fällen vereinbar.
1.
Die unbegrenzte Haftung von Kindern oder Jugendlichen hat deren wirtschaftliche Existenzvernichtung und häufig zweifellos auch die weitgehende Zerstörung ihrer Persönlichkeit zur Folge, die auch unter Berücksichtigung der Interessen des Opfers und der Allgemeinheit nicht mit der Würde des Menschen und dem Gebot der freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie dem Willkürverbot vereinbar ist.
2.
Angesichts des im vorliegenden Fall angerichteten Schadens muß der Beklagte zu 1) mit einer Zahlungspflicht von etwa 116.000 DM rechnen, wobei sich diese Summe pro Jahr um etwa 8.000 DM für die Zinsen erhöht. Dieser Betrag ergibt sich auf der Basis des Grund-Urteils gegen den Beklagten zu 2), hinsichtlich der Zinsen unter Berücksichtigung des allgemeinen Erfahrungssatzes, daß die von der Klägerin geltend gemachte Zinsforderung jedenfalls in einer Größenordnung von 7 % begründet erscheint, weil Versicherungen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel etwa mit dieser Rendite anlegen können.
Der Beklagte zu 1), der nach seinen insoweit nicht angezweifelten und glaubhaften Angaben im Rahmen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe über kein Vermögen verfügt, war zum Zeitpunkt der Tat knapp 15 Jahre alt, ihm stand ausweislich der Strafakten (Bl. 27 R BA) ein monatliches Taschengeld von 40 DM zur Verfügung. Selbst wenn er deshalb sein gesamtes Taschengeld - eine absurde Vorstellung angesichts des pädagogischen Gebots, Jugendliche den Umgang mit Geld erlernen zu lassen - zur Rückführung der Schulden eingesetzt hätte, so würde sich die Forderung der Klägerin pro Jahr um etwa 7.500 DM allein aufgrund der Zinsen erhöhen, wobei die Prozeßkosten bei einem Verfahren durch drei Instanzen in einer fünfstelligen Größenordnung noch gar nicht in Betracht gezogen worden sind. Wie dem Protokoll vom 14. April 1989 zu entnehmen ist, befindet sich der Beklagte zu 1) auch jetzt noch in der Ausbildung. Geht man davon aus, daß diese Ausbildung - wobei es sich nur um Annäherungswerte handeln kann - mit 17 Jahren beginnt, so würden ihm angesichts der Bruttovergütung von 730 DM im ersten, 1.136 DM im zweiten und 1.434 DM im dritten Lehrjahr mit 17 Jahren etwa monatlich netto 500 DM, mit 18 Jahren 700 DM und mit 19 Jahren etwa 900 DM zur Verfügung stehen. Unter Berücksichtigung der in § 850 c ZPO festgelegten Pfändungsfreigrenze von 754 DM monatlich, wobei von den Besonderheiten beim Wohnen im elterlichen Haushalt abgesehen werden soll, wäre der Beklagte zu 1) an sich bis zum 18. Lebensjahr überhaupt nicht in der Lage, zur Tilgung seiner Schulden in irgendeiner Form beizutragen, so daß seine Verbindlichkeiten um jährlich mindestens 8.000 DM und somit in den vier Jahren bis zum Erreichen des dritten Lehrjahres auf etwa 150.000 DM nebst 7 %Zinsen gestiegen wären, mit der Folge, daß selbst im dritten Ausbildungsjahr bei einer Rückzahlung von monatlich 200 DM die Forderung pro Jahr allein im Hinblick auf die Zinsen um 5.000 DM ansteigt - von den bereits erwähnten Prozeßkosten ganz abgesehen. Auch die eventuelle Verjährung von Zinsen nach § 197 BGB hilft dem Schuldner im Hinblick auf die Möglichkeiten der Unterbrechung nicht wesentlich weiter.
Wenn man sodann unterstellt, daß der Beklagte zu 1) mit 20 Jahren einen Arbeitsplatz erhält und 2.000 DM netto verdient, so müßte er allein 875 DM monatlich an Zinsen zahlen, wobei die Rückzahlung der Forderung als solche ihn für Jahrzehnte auf den Status eines Sozialhilfeempfängers verweist. Dabei hat der Senat bereits - worüber noch nicht rechtskräftig entschieden ist - die Forderung der Klägerin wegen Mitverschuldens ihres Versicherungsnehmers um 100.000 DM gekürzt. Der Beklagte zu 1) befindet sich darüber hinaus noch in der vergleichsweise glücklichen Lage, daß ein weiterer Schuldner zur Verfügung steht, von dem, weil er haftpflichtversichert ist, ein hälftiger Schadensausgleich tatsächlich erwartet werden kann mit der Folge der Verringerung der Hauptforderung und insbesondere der Zinslast.
Gleichwohl verbleibt es dabei, daß der Beklagte zu 1) auch im vorliegenden Fall für eine leichte Fahrlässigkeit bzw. ein Verhalten, welches man als "Dummenjungenstreich" charakterisieren kann, für Jahrzehnte, wenn nicht lebenslänglich, auf den einem Sozialhilfeempfänger vergleichbaren Status verwiesen werden wird.
3.
Nach Auffassung des Senats verstößt eine derartige unbegrenzte Haftung bereits gegen Art. 1 des Grundgesetzes. Es bedarf keiner psychologischen Beratung und auch nicht der Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung, um erkennen zu können, daß die die Jugend eines Menschen durch die psychische Belastung weitgehend zerstört wird, wenn er sich derart unerfüllbaren Forderungen gegenübersieht. Es war für den Senat auch bedrückend zu erleben, daß der Beklagte zu 1) mit Zustimmung seiner Mutter sich bereiterklärte, aus verständlicher Verzweiflung über die drohende Existenzvernichtung einen Eid hinsichtlich seiner Aussage zu schwören, an welchem Ort das Telefonbuch angezündet worden ist, der nach Überzeugung des Senats ein Meineid gewesen wäre.
Es liegt darüber hinaus auf der Hand, daß die auf den Beklagten zu 1) zukommende finanzielle Belastung seine Lebensplanung (Heirat, Kinder, Ausscheiden der Ehefrau aus dem Beruf, Berufsausbildung der Kinder) in einer Weise beeinträchtigt, daß von einer würdevollen und freien Gestaltung nicht mehr die Rede sein kann. Die dem Beklagten zu 1) drohenden Gefahren sind im übrigen deshalb sehr realistisch, weil es unter den Versicherungsgesellschaften keine Absprachen und/oder Regelungen gibt mit dem Ziel, die existenzvernichtende Inanspruchnahme von Kindern und/oder Jugendlichen zu vermeiden. Diese Situation mag zwar einerseits angesichts der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles verständlich sein, könnte aber auch darauf beruhen, daß man durch ständige Pfändungsversuche bei dem Jugendlichen schließlich so viel Druck auf Eltern und Verwandte erzeugt, daß diese sich zur Übernahme eines erheblichen Teils der Verbindlichkeiten bereit erklären, um dem Jugendlichen eine vertretbare Lebensplanung zu ermöglichen, obwohl sie gesetzlich zum Ausgleich des Schadens nicht verpflichtet sind.
Insgesamt besteht somit die realistische Gefahr, daß eine vernünftige Lebensplanung des Beklagten zu 1) noch für viele Jahre - wenn nicht Jahrzehnte - verhindert wird.
4.
In verfassungsrechtlicher Hinsicht nimmt der Senat ergänzend Bezug auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 1986, 1859 [BVerfG 13.05.1986 - 1 BvR 1542/84]), in der es als ein Verstoß gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 des Grundgesetzes angesehen worden ist, daß Eltern ihre Kinder finanziell in einer Weise verpflichten können, durch die in erheblichem Maße die Grundbedingungen der freien Entfaltung und Entwicklung und damit nicht nur einzelne Ausformungen allgemeiner Handlungsfreiheit, sondern die engere persönliche Lebenssphäre junger Menschen betroffen werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß Eltern nicht fähig oder nicht bereit sind, den Anforderungen des Elternrechts zu entsprechen und der Gesetzgeber insoweit nach Maßgabe seines Wächteramtes (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) aufgerufen sei, Regelungen zu treffen, die verhindern, daß der volljährig Gewordene nicht mehr als nur eine scheinbare Freiheit erreicht, und ihm Raum bleibt, um sein weiteres Leben selbst und ohne unzumutbare Belastungen zu gestalten (ebenso der Regierungsentwurf 1967 des Bundesministers der Justiz, S. 74).
Dem ist nichts hinzuzufügen außer einer Begründung dafür, warum in Fällen der hier vorliegenden Art entsprechende Schlußfolgerungen gezogen werden sollten. Während in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall die Kinder überhaupt keinen Einfluß auf die wirtschaftlichen Dispositionen ihrer Eltern nehmen konnten, ist den Beklagten dieses Verfahrens immerhin ein gewisses Verschulden im Sinne des bereits erwähnten "Dummenjungenstreichs" vorzuwerfen. Auch ein solcher rechtfertigt aber nach Maßgabe des Willkürverbots, wonach Anlaß und Reaktion in einem noch vertretbaren Verhältnis zueinander stehen müssen (BVerfG NJW 1988, 2232 [BVerfG 26.04.1988 - 1 BvL 84/86]), eine entsprechende Anwendung der Grundgesetzvorschriften, zumal die Fälle in einem entscheidenden Punkt parallel liegen, nämlich in bezug auf Eltern, die bei der Sorge für ihre Kinder den ihnen obliegenden Pflichten - vielleicht aus Unkenntnis - nicht nachgekommen sind, weil verantwortungsbewußte Eltern angesichts des Spieltriebes und der typischerweise jungen Menschen eigenen Unachtsamkeit unter Berücksichtigung der finanziellen Konsequenzen eine Privathaftpflichtversicherung abschließen würden, um die Existenz ihrer Kinder nicht zu gefährden. Es ist deshalb auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG Aufgabe des Gesetzgebers, Kinder und junge Menschen nicht sehenden Auges bei unzulänglicher Wahrnehmung der Erziehungsaufgaben in ihr Verderben laufen zu lassen.
IV.
Es gibt auch vertretbare und sachgerechte alternative Lösungsmöglichkeiten für die zivilrechtliche Haftung Minderjähriger.
1.
Wie der Senat insoweit nicht verkennt, obliegt ihm nicht die Aufgabe, dem Gesetzgeber Alternativlösungen zu empfehlen, zumal er dazu mangels ausreichender Informationsmöglichkeiten, die nur dem Gesetzgebungsapparat zur Verfügung stehen, gar nicht in der Lage ist. Wenn der Senat deshalb gleichwohl derartige Möglichkeiten kurz anspricht, so ausschließlich unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt, nämlich deshalb, weil dann, wenn man allein die gegenwärtige Rechtslage als sachgemäß ansehen müßte, sie nicht gleichzeitig verfassungswidrig sein kann. Das wesentliche Kriterium für ein verfassungswidriges Gesetz liegt, wie das Bundesverfassungsgericht (z.B. BVerfG NJW 1988, 2232 [BVerfG 26.04.1988 - 1 BvL 84/86]) mehrfach ausgesprochen hat, gerade darin, daß willkürliche - und/oder unverhältnismäßige - Regelungen zum Gesetz erhoben werden, obwohl es andere gerechte und praktikable Lösungsmöglichkeiten gibt.
Zur Klarstellung sei zunächst folgendes angemerkt:
a)
Die Ausführungen des Senats zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des § 828 BGB beziehen sich nicht auf Fälle, in denen Kinder und/oder Jugendliche grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich einen bestimmten Schaden herbeiführen. Mag es aus jugendpsychologischer Sicht möglicherweise problematisch sein, grobe Fahrlässigkeit auf die intellektuelle und emotionale Entwicklungsstufe des Kindes zu übertragen, so sind derartige Konstellationen auf jeden Fall nicht Gegenstand dieser Entscheidung.
b)
Der Senat ist ferner keineswegs der Auffassung, daß eine zivilrechtliche Haftung von Kindern oder Jugendlichen generell ausgeschlossen sein sollte, und zwar sowohl aus pädagogischen als auch aus generalpräventiven Gründen.
c)
Besondere Bedeutung würde bei der gesetzlichen Neuregelung auch dem Gedanken des Schutzes des Geschädigten zukommen müssen. Dieser Aspekt würde es dem Senat verfassungsrechtlich nicht geboten erscheinen lassen, eine Haftungsbegrenzung auch dort vorzunehmen, wo sich die finanzielle Situation des Täters und des Opfers entsprechen. Wenn deshalb ein Jugendlicher schuldhaft einen Schaden verursacht, der bei einem nichtversicherten und auch sonst finanziell schlecht gestellten - z.B. arbeitsunfähigen und/oder kranken - Opfer zur Existenzvernichtung führt, so müßte es bei der unbegrenzten Haftung des Schädigers bleiben.
Zusammenfassend sei somit darauf hingewiesen, daß der Senat nur über die Verfassungswidrigkeit der unbegrenzten Haftung bei leichter Fahrlässigkeit zu entscheiden hat, die einerseits zur Existenzvernichtung des Jugendlichen führt, während das Opfer finanziell von anderer Seite befriedigt wird.
2.
Bei der Erörterung von Alternativen mag zunächst einmal dahinstehen, ob die gesetzliche Regelung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie (vgl. Wille und Bettge, Versicherungsrecht 1971, 878 ff mit weit. Nachw.) überhaupt sachgerecht ist. Jedenfalls ist die Problematik der gegenwärtigen Regelung bekannt, und deshalb wurde im Jahre 1967 ein Referentenentwurf zur Änderung und Ergänzung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vorgelegt - wobei frühere Reformbestrebungen außer Betracht bleiben können, in dem eine Neufassung des § 828 Abs. 2 BGS des Inhalts vorgesehen war, daß die Haftung von Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und siebzehn Jahren angesichts der geringeren Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen beschränkt werden sollte, und zwar auch insoweit, als es nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, der Billigkeit entsprach.
a)
Dieser Referentenentwurf, der, wie dem Senat bekannt ist, zur Zeit nicht weiterverfolgt wird, enthielt bereits eine jener möglichen vertretbaren Alternativlösungen, nämlich die grundsätzliche Haftung des Kindes aus generalpräventiven und pädagogischen Gründen, während andererseits auf eine existenzvernichtende Inanspruchnahme verzichtet wurde. Damit übereinstimmend hat von Bar in seiner Stellungnahme (Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. II, herausgegeben vom Bundesminister der Justiz, 1981, S. 1239 ff, 1762) eine Vorschrift (Neufassung nach § 829 BGB) des Inhalts vorgeschlagen, daß Kinder und Jugendliche bis einschließlich siebzehn Jahren zum Schadensersatz insoweit nicht verpflichtet sind, als dies im Hinblick auf ihr Alter, ihre Entwicklung, die Art der Tat, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten und die übrigen Umstände des Einzelfalles nicht der Billigkeit entspricht. Bei der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse soll dabei ein vorhandener oder im Verkehr erwarteter Versicherungsschutz berücksichtigt werden.
Von Bar weist dabei in der Begründung unter ausführlichen Hinweisen auf die internationale Rechtsentwicklung (S. 1740, 1774) darauf hin, daß eine Neuordnung der Haftung schuldunfähiger oder begrenzt schuldfähiger Personen angezeigt erscheint, wobei die Berücksichtigung des Versicherungsschutzes im Rahmen der schon jetzt in § 829 BGB geregelten Billigkeitsprüfung im übrigen auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1980, 1623) entspricht.
b)
Demgegenüber gäbe es als zweite Alternative grundsätzlich such die Möglichkeit einer staatlichen Haftpflichtversicherung, wie dies - teilweise mit einer Altersbegrenzung - von einigen Autoren vorgeschlagen worden ist (vgl. die Literaturnachweise bei von Bar, a.a.O., S. 1739, Rdn. 10). Diese Lösung hätte den Nachteil, daß die Kosten vernünftiger Maßnahmen, wie der Abschluß einer Privathaftpflichtversicherung, zu denen sich verantwortungsbewußte und informierte Eltern ohnehin entschließen, auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, während die Billigkeitshaftung selbst bei fehlendem Versicherungsschutz immer noch zu einer fühlbaren Inanspruchnahme des Schädigers führen würde, die diesen bzw. seine Eltern erwünschtermaßen veranlassen könnte, selbst auf eigene Kosten eine derartige Versicherung abzuschließen.
c)
Als dritte Möglichkeit käme in Betracht, Eltern gesetzlich vorzuschreiben, eine Privathaftpflichtversicherung für ihre Kinder abzuschließen.
Wie bereits dargelegt, gehört es nicht zu den Aufgaben und Befugnissen des Senats, dem Gesetzgeber Empfehlungen zu geben. Die voranstehenden Ausführungen sollen nur verdeutlichen, daß es unter Berücksichtigung des Referentenentwurfes 1967, der internationalen Rechtsentwicklung und der sonst in der Literatur gemachten Reformvorschläge vertretbare Alternativen gibt, die es als insgesamt unerträglich erscheinen lassen, Kinder und Jugendliche für eine verständliche Unaufmerksamkeit lebenslänglich in ihren Entwicklungsmöglichkeiten zu beschneiden (und zwar auch und gerade solche, die in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sind, mag das auch in concreto nicht der Fall sein).
V.
Nach Auffassung des Senats liegen auch die Voraussetzungen einer Richtervorlage im Sinne von Art. 100 des Grundgesetzes an das Bundesverfassungsgericht vor.
1.
Der Senat hat erwogen, von einer Vorlage vorerst deshalb abzusehen, weil einstweilen die Haftung der Beklagten nur in einem Grund-Urteil festgeschrieben wird und nach seiner Überzeugung eine teilweise Inanspruchnahme des Beklagten zu 1) nicht verfassungswidrig wäre, beispielsweise eine Verurteilung zum Ersatz von 20.000 DM nebst Zinsen und anteiliger Gerichtskosten. Die Gültigkeit von § 828 BGB wäre somit dann (noch nicht) entscheidungserheblich, wenn im Betragsverfahren beispielsweise nur ein Schaden von 70.000 DM festgestellt würde, weil der Senat dann nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts (BVerfGE 2, 266, 271 [BVerfG 07.05.1953 - 1 BvL 104/52]; 7, 171, 173 ff; 53, 257, 287)im Falle der Gültigkeit der Norm nicht anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit, denn eine Haftung von 24.500 DM (70 % davon die Hälfte) erschiene jedenfalls vertretbar. In Anbetracht der durch die Einreichung von Unterlagen zur Bewilligung von Prozeßkostenhilfe glaubhaft gemachten Vermögenslosigkeit des Schuldners einerseits sowie der Hohe der von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzforderung andererseits ist der Senat indessen davon überzeugt, daß keine realistischen Aussichten dafür bestehen, im Betragsverfahren die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 1) umfangsmäßig auf eine Summe herabzusetzen, die dem Beklagten die bereits erwähnte Lebensperspektive nicht verschließt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß Versicherungen erfahrungsgemäß bei der Auszahlung von Schadensersatzleistungen eher Zurückhaltung zu ihren Gunsten üben, die Gebäude abgebrannt sind und bereits ein Sachverständigengutachten vorliegt, in dem der von der Klägerin geltend gemachte Schaden plausibel und nachvollziehbar dargelegt ist, so daß in Betragsverfahren realistische Änderungen, die über eine Größenordnung von 10.000 DM bis 20.000 DM hinausgehen, nicht zu erwarten sind. Selbst eine Kürzung im Betragsverfahren von 30.000 DM würde sich im übrigen auf den Beklagten zu 1) nicht wesentlich - nämlich nur in Höhe von 10.500 DM (70 %, davon die Hälfte) - auswirken. Auch im Hinblick auf die dem Senat bekannte drückende Arbeitsbelastung des Verfassungsgerichts erscheint eine weitere Verzögerung einer Vorlage um mehrere Jahre bei der zu erwartenden Revision gegen das Grund-Urteil, dem anschließenden Betragsverfahren beim Landgericht und der sich dann evtl. anschließenden Berufung - auch im Interesse des Beklagten zu 1), dessen Leben seit über fünf Jahren beeinträchtigt ist -, nicht vertretbar, wenn im Betragsverfahren realistischerweise erhebliche Abweichungen nicht zu erwarten sind.
2.
Nach Auffassung des Senats besteht auch kein ernstlicher Zweifel daran, daß es sich bei § 828 BGB um ein sog. nachkonstitutionelles Gesetz nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 2, 124, 128 ff [BVerfG 24.02.1953 - 1 BvL 21/51]; 18, 252 [BVerfG 24.11.1964 - 2 BvL 19/63]; Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rdn. 12, von Münch-Meyer, 2. Auflage, Rdn. 13; Stern im Bonner Kommentar, Rdn. 86, jeweils zu Art. 100 GG) handelt.
Zwar ist das die betreffende Vorschrift nicht nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassen worden, ein nachkonstitutionelles Gesetz im Sinne dieser Vorschrift ist indessen auch dann zu bejahen, wenn der Gesetzgeber die betreffende Regelung in seinen Willen aufgenommen hat (BVerfG 6, 65). Auch wenn in der Literatur (Maunz/Dürig, Rdn. 14) bisweilen die Auffassung vertreten wird, das Kriterium der nachträglichen Willensaufnahme sei im Einzelfall kaum einer eindeutig rationalen Klärung fähig, so ergibt sich aus den zahlreichen Modifikationen des Bürgerlichen Gesetzbuches nach Inkrafttreten der Verfassung in Verbindung gerade mit den hier in den erörterten Reformbestrebungen (Referentenentwurf 1967, Entwurf des Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes aus dem Jahre 1959), daß der Gesetzgeber durch die Änderung zahlreicher Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit dem Festhalten an § 828 BGB gerade diese Vorschrift und die entsprechenden Haftungsregelungen in seinen Willen aufgenommen hat, so daß das Vorliegen eines nachkonstitutionellen Gesetzes nicht ernstlich zweifelhaft sein kann.
3.
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß der Senat nicht befugt ist, durch Auslegung der Vorschrift eine Haftungsbegrenzung auf ein vertretbares Maß selbst herbeizuführen, weil dies dem ausdrücklichen und erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht.
Streitwertbeschluss:
Die Beschwer des Beklagten zu 2) beträgt 231.609 DM, die Beschwer der Klägerin 99.261 DM.