Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.06.1989, Az.: 4 W 79/89

Rechtsmissbrauch durch Stimmrechtshäufung; Gültigkeit eines Wohnungseigentümerbeschlusses; Gesetzliche Ausschlussfrist; Allgemeine Stimmrechtsbeschränkung; Konkrete Wahl

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.06.1989
Aktenzeichen
4 W 79/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 15265
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1989:0627.4W79.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Verden - 15.09.1988 - AZ: 11 II 5/88
LG Verden - 06.02.1989 - AZ: 2 T 208/88

Verfahrensgegenstand

Wohnungseigentumssache

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Wenn Streit darüber besteht, ob ein Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit zustande gekommen ist, ist der Antrag, die Gültigkeit bzw. die Ungültigkeit des Beschlusses festzustellen, nicht an die gesetzte Ausschlussfrist gebunden.

  2. 2.

    Ein Rechtsmissbrauch ist möglich, wenn das Stimmrecht abweichend vom Kopfprinzip nach der Zahl der innegehabten Wohnungseinheiten bestimmt wird, so dass eine Kumulierung von Stimmrechten bei einem einzelnen Wohnungseigentümer und damit einer Majorisierung der Minderheit ermöglicht wird. Wenn die mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers beschlossene Maßnahme den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, liegt jedenfalls ein Rechtsmißbrauch vor.

  3. 3.

    Im vorliegenden Fall ist es als rechtsmißbräuchlich anzusehen, dass der Zwangsverwalter der Wohnungen sein überwiegendes Stimmrecht allein dazu ausnutzen wollte, die Gläubigerin (die die betreffende Zwangsmaßnahme betreibt) als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft durchzusetzen.

  4. 4.

    Rechtsmissbrauch durch Stimmrechtshäufung kann nur bei einer konkreten Wahl zu einer Stimmrechtsbeschränkung auf eine Sperrminorität oder nach anderer Ansicht zur Unwirksamkeit des betreffenden, mehrheitlich gefaßten Beschlusses führen. Eine allgemeine Stimmrechtsbeschränkung kommt nicht in Betracht.

In dem Rechtsstreitverfharen
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
am 27. Juni 1989
durch
den Vorsitzenden Richter ...
sowie die Richter ... und ...
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsgegner zu B. 9) und C. wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 6. Februar 1989 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel insoweit aufgehoben, als er (zu 1)) eine Feststellung im Sinne des Feststellungsantrags zu 1) der Antragstellerin getroffen hat.

In diesem Umfang wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Verden vom 15. September 1988 zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten sämtlicher Rechtszüge werden der Antragstellerin zu 80 % und den Antragsgegnern - für das weitere Beschwerdeverfahren den Antragsgegnern zu B.9 und C. - zu 20 % auferlegt; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 51.000 DM.

Gründe

1

I.

Die vorliegende Wohnanlage besteht aus 102 Wohnungen. Davon entfallen 77 Wohnungseigentumsrechte auf den Kaufmann ... und 3 Wohnungseigentumseinheiten auf die Firma ... ..., die auf Betreiben der Sparkasse in ... unter Zwangsverwaltung stehen; Zwangsverwalterin ist die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 26. April 1988 stand u. a. die Neuwahl des Verwalters der Wohnungseigentumsanlage ab 1. Juni 1988 an, weil die Amtszeit der Beteiligten (Antragsgegnerin) zu C. ablief. Nach der Teilungserklärung hat der Eigentümer mehrerer Wohnungen für jede dieser Wohnungen eine Stimme. Die Antragstellerin schlug auf Wunsch der Sparkasse in ... (Bl. 110 d. A.) vor, diese als Verwalterin zu wählen. Die Antragstellerin stimmte (mindestens) für die 80 unter Zwangsverwaltung stehenden Wohnungseigentumsrechte mit "Ja", entgegen standen 20 Nein-Stimmen. Die Geschäftsführerin der amtierenden Verwalterfirma gab mit dem Hinweis, daß die von der Antragstellerin abgegebenen Stimmen auf eine Sperrminorität von 25 % beschränkt werden müßten, als Abstimmungsergebnis bekannt, der Antrag sei bei 6 Ja-Stimmen gegen 20 Neinstimmen abgelehnt. Gegen diese Wertung erhob die Antragstellerin Widerspruch. Auch eine Abstimmung über den Antrag, die Beteiligte zu C. wiederzuwählen, ergab nach Auffassung der Versammlungsleiterin, der insoweit nicht widersprochen wurde, keine Mehrheit. Anschließend beschloß die Mehrheit (einschließlich der Antragstellerin), die Verwalter-Wahl um sechs Monate zurückzustellen. In ihrem Bericht über die Eigentümerversammlung vom 6. Mai 1988 faßte die Versammlungsleiterin die Vorgänge hinsichtlich der Wahl des Verwalters der Eigentümergemeinschaft dahin zusammen, da die Wahlvorschläge nicht die erforderliche Stimmenmehrheit erhalten hätten, habe die Versammlung beschlossen, diesen Tagesordnungspunkt für etwa sechs Monate auszusetzen und dann auf einer außerordentlichen Versammlung die Verwalterwahl zu wiederholen.

2

Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht (u. a.) beantragt, festzustellen, daß durch Beschluß der Eigentümerversammlung vom 26. April 1988 zu TOP 3 die Sparkasse in ... ab 1. Juni 1988 für die Dauer von fünf Jahren zum Verwalter bestellt worden sei. Die Antragsgegner zu B. 9) und zu C. sind dem - soweit für das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - mit dem Gegenantrag entgegengetreten, festzustellen, daß die Antragstellerin als Zwangsverwalterin der dem Kaufmann ... und der der Firma ... gehörenden Eigentumswohnungen sowie als Bevollmächtigte der KV Kapitalanlagen- und Vermögensverwaltungs GmbH (Beteiligte zu B. 5)) bei Abstimmungen, die die Neuwahl des Verwalters der Wohnungseigentumsanlage betreffen, nur sieben Stimmen habe. Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen und dem Feststellungsantrag der Antragsgegner zu B. 9) und C. stattgegeben. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens beschlossen die Wohnungseigentümer, die Beteiligte zu C. bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung in dem laufenden Beschwerdeverfahren zum Verwalter zu bestellen (Beschluß vom 25. Oktober 1988, Bl. 214 d. A.). Das Landgericht hat auf die Beschwerde der Antragstellerin festgestellt, daß durch Beschluß der Eigentümerversammlung vom 26. April 1988 die Sparkasse ... ab dem 26. Oktober 1988 zum Verwalter bestellt worden sei. Dagegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu B. 9) und C., die ihre bisherigen Anträge weiterverfolgen; die Beteiligte zu C. bringt hilfsweise den Antrag an, festzustellen, daß die Antragstellerin in ihrer im Hauptantrag näher beschriebenen Position nur insgesamt sieben Stimmen bei Abstimmung habe, die die Wahl der Sparkasse in ... als Verwalter der Wohnungsanlage beträfen.

3

II.

Die weiteren Beschwerden haben überwiegend Erfolg.

4

1.

Das Landgericht führt - in Auseinandersetzung mit der Ansicht des Amtsgerichts - aus: Es sei nicht ersichtlich, warum ein Mehrheitseigentümer, der entsprechend höhere Kosten und Lasten der Wohnungseigentumsanlage zu tragen habe, bei der Bestellung des Verwalters eine Stimmenbeschränkung hinnehmen müsse. Eine solche Beschränkung führe zu einer unangemessenen Gleichstellung mit einem Eigentümer, dem lediglich das Stimmrecht für eine Wohnung zustehe. Es sei zwar von Teilen der Rechtsprechung eine Einschränkung von Stimmrechten eines Mehrheitseigentümers unter Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben befürwortet worden, allerdings nur in Fällen, in denen eine beherrschende, die übrigen Wohnungseigentümer majorisierende Stellung rechtsmißbräuchlich ausgenützt worden sei. Ein solcher Fall sei vorliegend aber nicht gegeben. Allein aus der Feststellung, daß die vorgeschlagene Verwalterin auch Gläubigerin der zwangsverwalteten Wohnungen des Mehrheitseigentümers sei, könne die konkrete Gefahr einer rechtsmißbräuchlichen Ausnutzung des Stimmenübergewichts bei der Wahl des Verwalters nicht abgeleitet werden. Wenn es nach dem Gesetz zulässig sei, daß ein Mehrheitswohnungseigentümer zugleich Verwalter des gesamten Wohnungseigentums sein könne, so müsse es auch grundsätzlich möglich sein, ein solches Stimmenübergewicht bei der Wahl eines Verwalters seines Vertrauens einzusetzen. Den Interessen der in der Minderheit befindlichen Wohnungseigentümer werde dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß sie von dem Verwalter eine nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechende Verwaltung verlangen und gegebenenfalls die erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen im gerichtlichen Verfahren nach dem WEG auch gegen den Willen des Mehrheitseigentümers durchsetzen könnten. Es seien auch keine schwer beeinträchtigenden Auswirkungen zu erkennen, die Anhaltspunkte für eine gegen die Interessen der Antragsgegner arbeitende Verwaltung durch die Sparkasse ... befürchten lassen und damit eine Stimmrechtsbeschränkung der Antragstellerin rechtfertigen könnten.

5

2.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

6

a)

Das vom Landgericht vertretene Ergebnis, die Stadtsparkasse in ... sei rechtswirksam zum Verwalter bestellt, wäre allerdings unbeschadet der Richtigkeit oder Unrichtigkeit seiner sachlichen Erwägungen unangreifbar, wenn insoweit ein bestandskräftiger, nämlich seitens der Antragsgegner nicht rechtzeitig gemäß § 23 Abs. 4 WEG angefochtener Beschluß der Wohnungseigentümer vorläge. Insoweit käme folgende - auch vom Senat zunächst in Betracht gezogene - Erwägung in Betracht: Zählt man die in der Eigentümerversammlung vom 26. April 1988 abgegebenen Stimmen nach dem Stimmrecht, wie es sich aus der Teilungserklärung ergibt, zusammen, so hatte die eindeutige Mehrheit den Antrag, die Sparkasse in ... zur neuen Verwalterin zu bestellen, befürwortet. Damit lag ein gültiger Mehrheitsbeschluß vor, und die Frage einer etwaigen Rechtsmißbräuchlichkeit der Stimmrechtsausübung durch die Antragstellerin hätte nur im Rahmen der Prüfung der Ungültigkeit dieses Beschlusses auf einen entsprechenden Antrag gemäß §§ 23 Abs. 4 Satz 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEGüberprüft werden können.

7

Derartige Überlegungen sind jedoch zumindest bei einer Fallgestaltung, wie sie hier vorliegt, letztlich zu verwerfen. Dabei braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob für einen "Beschluß" nur ein bestimmtes Abstimmungsergebnis maßgeblich ist oder ob es zur Gültigkeit eines Beschlusses einer formellen Feststellung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses bedarf (zum Streitstand s. Weitnauer, WEG, 7. Auflage, § 23 Rdnr. 3 h m. w. N.; vgl. auch Wangemann, WuM 1989, 53 ff.). Selbst wenn man für die Frage, ob ein Beschluß vorliegt, der Feststellung des Verwalters in der Versammlung oder in der Versammlungsniederschrift grundsätzlich keine ausschlaggebende Bedeutung zumißt (BayObLGZ 1984, 213, 216 = DWE 1984, 62), setzt die Anfechtbarkeit oder jedenfalls die Verbindlichkeit eines Beschlusses, wenn er nicht angefochten und für ungültig erklärt wird, voraus, daß zumindest die Möglichkeit besteht, daß der betreffende Antrag in oder nach der Eigentümerversammlung als angenommen angesehen wird (BayObLGZ a. a. O., Seite 215). Dabei kann allerdings aus der Sicht des Senats die Vorschrift des § 23 Abs. 4 WEG nach ihrem Sinn und Zweck nicht schon dann einschlägig sein, wenn lediglich einzelne Beteiligte einen Antrag als angenommen ansehen, während die Versammlungsleitung ein anderes Abstimmungsergebnis feststellt und auch die übrigen Versammlungsteilnehmer anschließend davon ausgehen, die Abstimmung sei negativ verlaufen. Der Sinn des § 23 Abs. 4 WEG, Rechtssicherheit zu schaffen, würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn in einem solchen Fall die Wohnungseigentümer aktiv werden müßten, um etwas zu beseitigen, was sie - berechtigterweise - als überhaupt nicht existent ansehen. Insoweit muß vielmehr derselbe Gedanke zum Tragen kommen, der im umgekehrten Sinne zu dem Ergebnis gelangt, daß, wenn die Feststellung des Versammlungsleiters, der Antrag sei mit Stimmenmehrheit angenommen, unrichtig ist und dieses Ergebnis verkündet und in der Niederschrift festgehalten wird, die Annahme als beschlossen gilt, solange der verkündete Beschluß nicht wirksam angefochten worden ist (RGRK-Augustin, BGB, 12. Auflage, § 23 WEG, Rdnr. 22 unter Hinweis auf BGHZ 14, 36 ff. [BGH 09.06.1954 - II ZR 70/53], RGZ 152, 128, die allerdings das GmbH- bzw. Aktienrecht betreffen; vgl. auch Weitnauer a. a. O.). Zumindest hier muß also gelten, daß, wenn Streit darüber besteht, ob ein Beschluß der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit zustande gekommen ist, der Antrag, die Gültigkeit bzw. die Ungültigkeit des Beschlusses festzustellen, nicht an die in § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gesetzte Ausschlußfrist gebunden ist (noch weitergehend: OLG Celle NJW 1958, 307 [OLG Celle 18.12.1957 - 4 Wx 42/57]). Soweit in dem erwähnten Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts (a. a. O.) etwas anderes anklingt, gibt dies keinen Anlaß für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG, weil die dortige Entscheidung darauf nicht beruht.

8

b)

Aus dem Gesagten folgt, daß im Rahmen des von der Antragstellerin angebrachten Feststellungsantrags spätestens auf die insoweit von den Antragsgegnern erhobenen Einwände geprüft werden muß, ob auf Seiten der Antragstellerin bei der Abstimmung vom 26. April 1988 ein Stimmrechtsmißbrauch vorlag. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Bindung an den Tatrichter letztlich zu entscheiden hat und die er hier anders als das Landgericht beurteilt:

9

Ein Mißbrauch kommt insbesondere in Betracht, wenn das Stimmrecht abweichend vom Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG nach der Zahl der innegehabten Wohnungseinheiten bestimmt wird, so daß eine Kumulierung von Stimmrechten bei einem einzelnen Wohnungseigentümer und damit einer Majorisierung der Minderheit ermöglicht wird (Weitnauer a. a. O., § 25 Rdnr. 18). Ein derartiges Stimmenübergewicht führt zwar nicht dazu, daß die betreffende Stimmrechtsregelung in der Teilungserklärung als solche unzulässig und unwirksam ist (BayObLG NJW-RR 1986, 566; OLG Karlsruhe WuM 1988, 325, 326) [OLG Karlsruhe 23.07.1986 - 11 W 8/86]. Im Einzelfall liegt jedoch Rechtsmißbrauch jedenfalls dann vor, wenn die mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers beschlossene Maßnahme den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG widerspricht.

10

Dies gilt auch bezüglich der von der Antragstellerin als Zwangsverwalterin für 80 Wohnungseigentumsrechte in der Eigentümerversammlung vom 26. April 1988 angestrebten Bestellung "ihrer" Gläubigerin, nämlich der die Zwangsverwaltung betreibenden Sparkasse in ... zur Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft.

11

Nach Auffassung des Senats bestehen bereits durchgreifende Bedenken dagegen, daß ein Wohnungseigentümer sein absolutes Stimmenübergewicht zur eigenen Verwalterwahl oder zur Wahl eines Verwalters seines Vertrauens einsetzt, mit dem er wirtschaftlich eng verbunden ist oder auf den er einen beherrschenden Einfluß ausüben kann (OLG Hamm, OLGZ 1978, 184 ff. = Rechtspfleger 1979, 182 f.; OLG Düsseldorf, OLGZ 1984, 289). Denn damit würde dem Mehrheitseigentümer zugleich ermöglicht, die übrigen Wohnungseigentümer auch im "Alltag" der Wohnungseigentümergemeinschaft völlig zu überspielen. Der Verwalter ist außer der Versammlung der Wohnungseigentümer das wichtigste Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft. Er hat nicht nur Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen, sondern er hat, wenn es darum geht, welche Maßnahmen im Rahmen der Verwaltung getroffen werden müssen, weitgehend den ersten Zugriff (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). Unbeschadet des Weisungs- und Kontrollrechts der Wohnungseigentümergemeinschaft stellt der Verwalter also eine eigenständige "Machtposition" dar, und von seiner fachlichen und persönlichen Qualifikation hängen das Funktionieren der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihr innerer Friede entscheidend ab (OLG Düsseldorf a.a.O. Seite 290, 291). Die Person des Verwalters bestimmt also auch weitgehend, ob die Interessen aller Wohnungseigentümer gleichberechtigt zum Tragen kommen. Dieses System ist jedoch von vornherein in Frage gestellt, wenn ein Mehrheitseigentümer sich über den Kopf der anderen Wohnungseigentümer selbst zum Verwalter bestimmen und anschließend, soweit es um Beschlußfassungen über die Verwaltung geht, die anderen Eigentümer auch noch grundsätzlich nach Belieben überstimmen kann. Ob den Interessen der in der Minderheit befindlichen Eigentümer dadurch hinreichend Rechnung getragen wird, daß sie von dem Verwalter eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Maßnahmen verlangen und auch gegen den Willen des Mehrheitseigentümers gerichtlich durchsetzen können und daß sich der Mehrheitseigentümer an der Abstimmung über die Entlastung des mit ihm identischen oder mit ihm wirtschaftlich eng verbundenen Verwalters entsprechend § 25 Abs. 5 WEG nicht beteiligen kann (so - vgl. OLG Hamm a.a.O. - KG NJW-RR 1987, 268; Weitnauer a. a. O. Rdnr. 18 a), ist zu bezweifeln.

12

Entscheidend ist dies hier jedoch letztlich nicht. Denn vorliegend kommt hinzu, daß die Antragstellerin nicht gleichsam einem übrigen "neutrale" Person ihres Vertrauens als Verwalter durchzusetzen versucht hat, sondern daß die Majorisierung der übrigen Wohnungeigentümer dazu führen sollte, die hinter ihr, der Zwangsverwalterin, stehende Gläubigerin zur Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft zu machen. Damit würde aber den Minderheitseigentümern ein Verwalter auf gezwungen, der auf den ersten Blick Interessen zu verfolgen hat, die mit ihren - der Wohnungseigentümer - Interessen nicht identisch sind, sondern diesen vielfach entgegenstehen können. Während nämlich die Gläubigerin in erster Linie darauf bedacht sein wird, ihre Forderung beizutreiben, geht es den Wohnungseigentümern vorwiegend um die Erhaltung und Wertverbesserung ihres Eigentums. Das kann beispielsweise bei der Frage, inwieweit Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum vorzunehmen sind, zu erheblich gegensätzlichen Beurteilungen führen. Die Entscheidung über Instandsetzungen werden zwar regelmäßig von der Wohnungseigentümerversammlung zu treffen sein; die maßgebliche Initiative wird aber häufig beim Verwalter liegen.

13

Zusammenfassend ist es als rechtsmißbräuchlich, nämlich die übrigen Wohnungseigentümer unerträglich majorisierend anzusehen, wenn der Zwangsverwalter der überwiegenden Mehrheit der zur Wohnungsanlage gehörenden Wohnungen sein sich danach richtendes Stimmrecht mit dem alleinigen Ziel ausnutzt, die Gläubigerin, die die betreffende Zwangsverwaltung betreibt, als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft durchzusetzen. Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die Stimmrechtsausübung des Zwangs Verwalters (zumindest auch) darauf abzielte, den bisherigen Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft abzulösen, weil er diesen aus fachlichen Gründen für nicht mehr tragbar hält, kann auf sich beruhen. Denn gegen die fachliche Qualität der Beteiligten zu C. als der bisherigen Verwalterin hat die Antragstellerin nichts vorgebracht; das - insoweit auch von der Antragstellerin vertretene - Interesse der Sparkasse in ... als Gläubigerin liegt ersichtlich nur darin, die bisher für die zwangsverwalteten Wohnungen geschuldete Vergütung für den Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst verdienen zu können.

14

3.

a)

Der angefochtene Beschluß des Landgerichts kann daher, soweit das Landgericht dem Feststellungsantrag der Antragstellerin, daß die Sparkasse in ... zum Verwalter bestellt worden sei, stattgegeben hat, keinen Bestand haben; unter Aufhebung dieser Feststellung ist insoweit die (den Antrag der Antragstellerin abweisende) Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.

15

b)

Sinngemäß - allerdings ohne dies ausdrücklich zu sagen - hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts auch abgeändert (und den betreffenden Gegenantrag der Antragsgegner zu B. 9) und C. zurückgewiesen), soweit das Amtsgericht festgestellt hatte, daß die Antragstellerin bei Abstimmungen betreffend die Neuwahl des Verwalters der Wohnungseigentumsanlage lediglich sieben Stimmen habe. Insoweit greifen die Antragsgegner zu B. 9) und C. die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis ohne Erfolg an. Eine allgemeine Stimmrechtsbeschränkung der Antragstellerin "bei Abstimmungen, die die Neuwahl des Verwalters der Wohnungsanlage betreffen" kommt nicht in Betracht. Rechtsmißbrauch durch Stimmrechtshäufung kann allenfalls bei einer konkreten Wahl zu einer Stimmrechtsbeschränkung auf eine Sperrminorität (so OLG Hamm OLGZ 1978, 184) oder nach anderer Ansicht (KG NJW-RR 1986, 643; Weitnauer a. a. O. Rdnr. 18) zur Unwirksamkeit des betreffenden, mehrheitlich gefaßten Beschlusses führen. Zwar hat das OLG Düsseldorf (OLGZ 1984, 289, 292) ausgesprochen, ein festgestellter Rechtsmißbrauch rechtfertige die Beschränkung des Stimmrechts eines Mehrheits-Wohnungseigentümers auch für eine künftige Verwalterwahl, bei der es um die Wahl seiner Person selbst oder einer von ihm abhängigen Person gehe. Wie ... (DWE 1989, 50) berichtet, ist das OLG Düsseldorf jedoch von diesem - bedenklichen - Standpunkt in einer neueren Entscheidung vom 30. August 1988 (3 Wx 185/88) wieder abgerückt. Näher braucht der Senat sich hiermit nicht auseinanderzusetzen; denn die Antragsgegner zu B. 9) und C. haben in den Tatsacheninstanzen nur einen - allemal unbegründeten, nicht einmal von der zuerst zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf gedeckten - Antrag auf Feststellung einer Stimmrechtsbeschränkung generell bei der Verwalterwahl gestellt. Soweit die Antragsgegnerin zu C. vor dem Oberlandesgerichts einen eingeschränkten Hilfsantrag bezogen auf Abstimmungen, "die die Wahl der Sparkasse in ... als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage ... betreffen", angebracht hat (Bl. 287, 288 d. A.), handelt es sich um einen neuen, im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr zulässigen Antrag.

16

III.

Über die Kosten hat der Senat gemäß § 47 WEG entschieden. Er hat das wechselseitige Unterliegen bzw. Obsiegen (im Kern: Unbegründetheit des Feststellungsantrags zu 1) der Antragstellerin einerseits, Zurückweisung des Feststellungsantrags der Antragsgegner zu B. 9) und C. andererseits) mit 4/5 zu Lasten der Antragstellerin bewertet. Ein Anlaß, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, bestand nach den allgemeinen, im WEG-Verfahren geltenden Grundsätzen nicht.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 51.000 DM.