Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.05.1989, Az.: 17 UF 136/88

Rechtmäßigkeit der Durchführung eines Versorgungsausgleiches; Quasisplitting bei der Durchführung eines Versorgungsausgleiches; Abänderung einer früheren Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich ; Berechnung des Ehezeitanteils im Versorgungsausgleich; Versorgungsanwartschaft aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ; Vorzeitige Dienstunfähigkeit noch während der Ehezeit

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.05.1989
Aktenzeichen
17 UF 136/88
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 16059
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1989:0525.17UF136.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG ... - 21.06.1979 - AZ: 23 F 31/77

Verfahrensgegenstand

Abänderung des Versorgungsausgleichs

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Berechnung des Ehezeitanteils sind alle bei der Erstentscheidung eingetretenen tatsächlichen und rechtlichen Änderungen zu berücksichtigen, die sich rückwirkend betrachtet auf den Wert der Rentenanwartschaft - bezogen auf das Ende der Ehezeit - auswirken.

  2. 2.

    § 10 a VAHRG ermöglicht auch eine Korrektur fehlerhafter Berechnungen in der abzuändernden Entscheidung.

  3. 3.

    Mit § 10 a VAHRG wird das Prinzip eines ehezeitbezogenen Ausgleichs nicht aufgegeben. Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge stellen die persönliche Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Ruhegehalts dar. Die spätere Entwicklung dieser Bemessungsgröße hat keinen Bezug mehr zur Ehezeit. Inwieweit sich die Dynamik der Beamtenversorgung nach Ende der Ehezeit mit der der gesetzlichen Rentenversicherung deckt, ist angesichts der vom Gesetz vorausgesetzten Vergleichbarkeit beider Versorgungsarten nicht zu überprüfen. Im übrigen muss jeder Ehegatte selbst die Risiken des Alterssicherungssystems tragen, dem er angehört.

  4. 4.

    Tritt eine vorzeitige Dienstunfähigkeit noch während der Ehezeit ein, so ist im Versorgungsausgleich nicht von einer fiktiven, auf die Altersgrenze hochgerechneten Versorgung, sondern von dem tatsächlich gewährten Ruhegehalt auszugehen.

  5. 5.

    Die Vorschrift des § 10a VAHRG soll eine weitgehende Anpassung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs an die nach Ehezeitende eingetretene Entwicklung ermöglichen. Im Abänderungsverfahren sind alle seit der Erstentscheidung eingetretenen rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen, aus denen sich rückwirkend betrachtet ein anderer Wert des maßgebenden Ehezeitanteils eines Versorgungsanrechts ergibt.

In der Familiensache
hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
am 25. Mai 1989
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der ... wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - ... vom 5. Mai 1988 geändert.

Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ... vom 21. Juni 1979 wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) geändert: und wie folgt neu gefaßt:

Zu Lasten der Versorgung des Ehemannes (Antragsgegners zu 1) aus seinem Dienstverhältnis bei der ... - werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Hannover Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 220,28 DM, bezogen auf den 31. Dezember 1976, begründet.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Beschwerdewert: 1.000 DM.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der jetzt 59 Jahre alte Antragsgegner zu 1) und die jetzt 61 Jahre alte Antragsgegnerin zu 2) schlossen am 28.07.1961 die Ehe. Am 25.01.1977 wurde der Antragsgegnerin zu 2) (im folgenden: Ehefrau) der Scheidungsantrag des Antragsgegners zu 1) (im folgenden: Ehemann) zugestellt. Durch Urteil des Amtsgerichts C. vom 21.06.1979 (23 F 31/77) wurde ihre Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Die Rechtskraft der Scheidung trat am 21.06.1979 ein, die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wurde am 31.07.1979 rechtskräftig. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, daß zugunsten der Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 2,80 DM (die Hälfte der Differenz zwischen den beiderseits zugrunde gelegten gesetzlichen Rentenanwartschaften) übertragen und ferner gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 144,72 DM (die Hälfte der mit monatlich 289,45 DM angenommenen Beamtenversorgungsanwartschaften des Ehemannes) begründet wurden.

2

Mit Schriftsatz vom 07.09.1987, beim Amtsgericht eingegangen am 09.09.1987, hat die ... als Träger der Beamtenversorgung des Ehemannes beantragt, die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich hinsichtlich des Quasisplittings abzuändern und den Ausgleichsbetrag insoweit auf monatlich 196,79 DM festzusetzen. Zur Begründung hat die ... auf die nach der Erstentscheidung ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zur Ruhensregelung des § 55 BeamtVG Bezug genommen. Der Ehemann ist dem Abänderungsantrag entgegengetreten. Er ist inzwischen zum 01.02.1988 vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden und bezieht Ruhegehalt nach dem BeamtVG.

3

Das Amtsgericht hat den Antrag der ... zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, es lägen zwar die Abänderungsvoraussetzungen nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VAHRG vor (ohne daß dies näher begründet worden ist), doch sei eine Abänderung der Erstentscheidung gemäß § 10 a Abs. 3 VAHRG grob unbillig, weil der Ehemann lediglich einen Ruhegehaltssatz von 61 % erreicht habe.

4

Dagegen hat die ... Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Abänderung sei nicht grob unbillig, weil der veränderte Wertunterschied nicht auf der vorzeitigen Dienstunfähigkeit des Ehemannes, sondern darauf beruhe, daß die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG bei der Erstentscheidung nicht richtig angewendet worden sei.

5

Der Senat hat ermittelt, daß die Ehefrau seit 01.12.1985 eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente ihrer früheren Arbeitgeberin, der Firma ... bezog. Die Erwerbsunfähigkeitsrente ist ab März 1988 in ein vorzeitiges Altersruhegeld umgewandelt worden. Der Ehemann erhält noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

6

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 621 e Abs. 3, 516, 519 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 VAHRG). Die ... ist durch die Entscheidung zum Quasisplitting unmittelbar betroffen und damit beschwerdebefugt (§§ 20, 57 FGG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 VAHRG). Die Beschwerdeberechtigung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die ... eine Abänderung des Versorgungsausgleichs zu Lasten des Ehemannes begehrt, dessen Versorgung sie zu tragen hat <vgl. BGH FamRZ 1982, 36, 37;  1984, 671 [BGH 11.04.1984 - IVb ZB 87/83]).

7

Die Beschwerde ist auch begründet.

8

1.

Die ... begehrt eine Abänderung der im Entscheidungsverbundurteil vom 21.06.1979 getroffenen Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Eine solche Abänderung kommt nach dem am 01.01.1987 in Kraft getretenen § 10 a VAHRG in Betracht. Den zur Einleitung des Verfahrens erforderlichen Antrag (§ 10 a Abs. 1 VAHRG) hat die ... beim Amtsgericht gestellt. Ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus § 10 a Abs. 4 VAHRG. Die zeitlichen Voraussetzungen für die Antragstellung nach § 10 a Abs. 5 VAHRG sind ebenfalls gegeben.

9

Zwar hat die ... ihren Abänderungsantrag auf den Ausspruch zum Quasisplitting in der Erstentscheidung beschränkt. Dadurch war das Amtsgericht jedoch nicht gebunden. Der Antrag hatte nur verfahrenseinleitenden Charakter. Demgemäß hatte das Amtsgericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 12 FGG) eine Totalrevision der Erstentscheidung vorzunehmen (Bundestags-Drucksache 10/5447, Seite 20; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, § 10 a VAHRG, Rdnr. 55; Soergel/Minz, BGB, 12. Auflage, § 10 a VAHRG, Rdnr. 20).

10

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Abänderung der früheren Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich liegen ebenfalls vor. Es ergibt sich nunmehr ein anderer Wertunterschied zwischen den ehezeitlichen Versorgungsanrechten beider Ehegatten als in der abzuändernden Entscheidung zugrunde gelegt worden ist (§ 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG). Dies führt dazu, daß wesentlich höhere Anrechte zugunsten der Ehefrau zu übertragen bzw. zu begründen sind (§ 10 a Abs. 2 Nr. 1 VAHRG). Die Abänderung wird sich auch zugunsten der Ehefrau auswirken (§ 10 a Abs. 2 Nr. 3 VAHRG), denn sie erhält aufgrund der Abänderungsentscheidung weitere Werteinheiten auf ihrem Rentenversicherungskonto gutgeschrieben, die zu einer Erhöhung ihrer Rente führen werden (§§ 1304 a Abs. 4, 1304 b Abs. 3 RVO).

11

2.

Zur Ermittlung des nunmehr maßgebenden Wertunterschieds sind zunächst wiederum die von beiden Ehegatten in der Ehezeit (01.07.1961 bis 31.12.1976; § 1587 Abs. 2 BGB) erworbenen Rentenanwartschaften im Sinne der §§ 1587 Abs. 1, 1587 a Abs. 2 BGB zu bewerten und einander gegenüberzustellen.

12

a)

Der Ehemann hat Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB) erworben. Da er noch keine Rente erhält, ist im Versorgungsausgleich der nach § 1304 RVO zu ermittelnde Ehezeitanteil eines fiktiven Altersruhegeldes zugrunde zu legen. Bei der Berechnung des Ehezeitanteils sind alle bei der Erstentscheidung eingetretenen tatsächlichen und rechtlichen Änderungen zu berücksichtigen, die sich rückwirkend betrachtet auf den Wert der Rentenanwartschaft - bezogen auf das Ende der Ehezeit - auswirken.

13

Die von der LVA Hannover durchgeführte aktualisierte Berechnung der ehezeitlichen Rentenanwartschaften ergibt nunmehr einen Betrag von monatlich 249,60 DM (gegenüber monatlich 261 DM in der Erstentscheidung). Die Abweichung beruht darauf, daß nach Erlaß der Erstentscheidung weitere voreheliche Beitrags- und Ersatzzeiten anerkannt worden sind, durch die sich die Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre und die persönliche Bemessungsgrundlage verändert haben. Nach Ehezeitende sind keine Versicherungszeiten mehr zurückgelegt worden. Nach der zutreffenden Berechnung der LVA Hannover, der unverändert die bei Ende der Ehezeit maßgebende allgemeine Bemessungsgrundlage zugrunde liegt, ergibt sich nunmehr - bezogen auf das Ende der Ehezeit - eine monatliche Rentenanwartschaft von 588,20 DM (statt 574,10 DM nach der früheren Berechnung). Da sich auch der Verhältniswert der ehezeitlichen zu den insgesamt erworbenen Werteinheiten - ohne die Werteinheiten nach Art. 2 §§ 14 und 55 a ArVNG - (§ 1304 Abs. 2 RVO) verändert hat (jetzt 42,42 % statt vorher 45,46 %), beträgt der nunmehr maßgebende Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenanwartschaften monatlich 249,60 DM.

14

b)

Der Ehemann hat in der Ehezeit außerdem eine Versorgungsanwartschaft aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB) erworben, die Inzwischen in einen Anspruch auf Ruhegehalt nach den §§ 4 ff. BeamtVGübergegangen ist.

15

aa)

Die ... hat unter Berücksichtigung zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen zutreffend einen Ehezeitanteil der Anwartschaft auf fiktives Altersruhegehalt in Höhe von monatlich 393,57 DM errechnet (gegenüber 289,45 DM, die in der früheren Entscheidung zugrunde gelegt worden sind). Dabei ist zu Recht die nach Erlaß der abzuändernden Entscheidung ergangene Rechtsprechung des BGH zur Anwendung der Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG berücksichtigt worden. § 10 a VAHRG ermöglicht auch eine Korrektur fehlerhafter Berechnungen in der abzuändernden Entscheidung (Bundestags-Drucksache 10/6369, Seite 21; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., Rdnr. 4).

16

Die Höhe des Ruhegehalts richtet sich nach einem von der ruhegehaltfähigen Dienstzeit abhängigen Prozentsatz der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Die ... hat zutreffend angenommen, daß auch im Abänderungsverfahren von den bei Ende der Ehezeit maßgebenden ruhegehaltfähigen Dienstbezügen auszugehen ist. Mit § 10 a VAHRG wird das Prinzip eines ehezeitbezogenen Ausgleichs nicht aufgegeben. Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge stellen die persönliche Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Ruhegehalts dar. Die spätere Entwicklung dieser Bemessungsgröße hat keinen Bezug mehr zur Ehezeit. Inwieweit sich die Dynamik der Beamtenversorgung nach Ende der Ehezeit mit der der gesetzlichen Rentenversicherung deckt, ist angesichts der vom Gesetz vorausgesetzten Vergleichbarkeit beider Versorgungsarten nicht zu überprüfen. Im übrigen muß jeder Ehegatte selbst die Risiken des Alterssicherungssystems tragen, dem er angehört (Roland NJW 1987, 345, 349 [BAG 12.03.1986 - 7 AZR 20/83]; Wagenitz JR 1987, 53, 54; Dörr NJW 1988, 97, 100; im Ergebnis ebenso Bundestags-Drucksache 10/6369, Seite 21; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., Rdnr. 16; Rahm/Lardschneider, Handbuch des familiengerichtlichen Verfahrens, Teil V, Rdnr. 393.3; abweichend Bergner SozVers 1987, 85, 91). Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge beliefen sich bei Ende der Ehezeit auf 1.614,55 DM. Aufgrund einer bis zur Altersgrenze von 65 Jahren erreichbaren ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 30 Jahren ergibt sich ein Ruhegehaltssatz von 70 %. Demgemäß errechnet sich ein fiktives Altersruhegehalt vor Anwendung von Kürzungsvorschriften von monatlich 1.130,19 DM zuzüglich 1/12 der jährlichen Sonderzuwendung (94,19 DM), also insgesamt 1.224,38 DM.

17

Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1983, 358;  1005)und unter Berücksichtigung der nunmehr anzurechnenden gesetzlichen Rentenanwartschaft ergibt sich folgende Ruhensberechnung:

Höchstgrenze (75 % von 1.614,55 DM; § 55 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG): 1.210,92 DM
Januar - NovemberDezember
ungekürzte Versorgung1.130,19 DM2.260,38 DM
gesetzliche Rente588,20 DM588,20 DM
Summe1.718,39 DM2.848,58 DM
./. Höchstgrenze1.210,92 DM2.421,84 DM
= gekürzte Versorgung507,47 DM426,74 DM
18

Der durchschnittliche monatliche Ruhensbetrag beläuft sich auf 507,47 DM × 11 = 5.582,17 DM + 426,74 DM = 6.008,91 DM: 12 = 500,74 DM. Von diesem Ruhensbetrag ist nach dem Verhältnis der ehezeitlichen zu den insgesamt in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Werteinheiten (ohne die Werteinheiten nach Art. 2 §§ 14 und 55 a ArNVG) ein Betrag von 500,74 DM × 1.088,47 DM: 2.565,92 DM = 212,42 DM durch die ehezeitlich begründete Rentenanwartschaft verursacht und damit zu berücksichtigen.

19

Dieser Kürzungsbetrag ist von der vollen, ungekürzten monatlichen Beamtenversorgungsanwartschaft einschließlich der Sonderzuwendung von 1.224,38 DM abzuziehen, so daß eine Anwartschaft von monatlich 1.224,38 DM - 212,42 DM = 1.011,96 DM verbleibt. Davon entfällt nach dem Verhältnis der ehezeitlich verbrachten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit (bis zur Altersgrenze) auf die Ehezeit ein Anteil von 1.011,96 DM × 11,68 Jahre: 29,77 Jahre = 397,03 DM.

20

bb)

Tatsächlich ist der Ehemann jedoch vorzeitig dienstunfähig geworden und bezieht aus diesem Grunde bereits seit dem 01.02.1988 ein vorzeitiges Ruhegehalt. Dieses bleibt aufgrund der bis zum Eintritt in den Ruhestand tatsächlich zurückgelegten ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 22 Jahren, 280 Tagen und des sich daraus ergebenden Ruhegehaltssatzes von 61 % trotz der Aufstockung auf die Mindestversorgung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 BeamtVG) hinter dem fiktiv errechneten Altersruhegehalt zurück. Andererseits ergibt sich für das tatsächliche Ruhegehalt ein höherer Verhältniswert der in der Ehezeit verbrachten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur gesamten bis zum (tatsächlichen) Eintritt in den Ruhestand zurückgelegten ruhegehaltfähigen Dienstzeit als für die fiktive Pension, weil sich die Erweiterungszeit (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 BGB) infolge des vorzeitigen Ruhestandes verkürzt. Der Anspruch des Ehemannes auf Ruhegehalt beträgt unter Berücksichtigung der Ruhensregelung monatlich 944,35 DM (vgl. insoweit die zutreffende Berechnung der ... vom 24.01.1989). Davon entfällt auf die Ehezeit ein Anteil von 944,35 DM × 11,68 Jahre: 22,77 Jahre = 484,41 DM. Der Ehezeitanteil der tatsächlichen Pension wegen vorzeitiger Dienstunfähigkeit übersteigt daher deutlich den Ehezeitanteil des fiktiven Ruhegehalts bei Erreichen der Altersgrenze.

21

Tritt eine vorzeitige Dienstunfähigkeit noch während der Ehezeit ein, so ist im Versorgungsausgleich nicht von einer fiktiven, auf die Altersgrenze hochgerechneten Versorgung, sondern von dem tatsächlich gewährten Ruhegehalt auszugehen (BGH FamRZ 1982, 36). Im vorliegenden Fall ist die vorzeitige Dienstunfähigkeit allerdings erst nach Ende der Ehezeit eingetreten. Hier stellt sich die Frage, ob die vorzeitige Dienstunfähigkeit zu den nach § 10 a VAHRG im Abänderungsverfahren zu berücksichtigenden individuellen Verhältnissen gehört, die für die - auf das Ehezeitende bezogene - Wertermittlung durchschlagen. Die Frage wird unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien (vgl. Bundestags-Drucksache 10/5447, Seite 17) in der Literatur im Grundsatz bejaht (vgl. Hahne FamRZ 1987, 217, 225 und in Johannsen/Henrich, a.a.O. Rdnr. 30; Bergner SozVers 1987, 85, 92; Wagenitz JR 1987, 53, 54; Dörr NJW 1988, 97, 99; Soergel/Minz, a.a.O., Rdnr. 8; Münchener Kommentar/Maier, BGB, 2. Auflage, § 10 a VAHRG, Rdnr. 18). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Zwar hat der BGH die vorzeitige Dienstunfähigkeit zu den individuellen Umständen gerechnet, deren Veränderung nach Ehezeitende im Erstverfahren (grundsätzlich) außer Betracht bleibt (FamRZ 1984, 569; ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 491, 492 auch für die seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG bestehende Rechtslage). Er hat darüber hinaus entschieden, daß die vorzeitige Invalidität nicht zu den Veränderungen gehöre, die im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bei der Aktualisierung eines bei Ehezeitende vorhandenen Versorgungsanrechts gemäß § 1587 g Abs. 2 Satz 2 BGB zu berücksichtigen sind (FamRZ 1987, 145, 147). Beide Entscheidungen sind jedoch vor Inkrafttreten des § 10 a VAHRG ergangen. Diese Vorschrift soll nunmehr eine weitgehende Anpassung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs an die nach Ehezeitende eingetretene Entwicklung (auch der individuellen Verhältnisse) ermöglichen. Im Abänderungsverfahren sind alle seit der Erstentscheidung eingetretenen rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen, aus denen sich rückwirkend betrachtet ein anderer Wert des maßgebenden Ehezeitanteils eines Versorgungsanrechts ergibt (Bundestags-Drucksache 10/6369, Seite 21). Damit soll erreicht werden, daß der Ausgleich auf der Grundlage der tatsächlich bezogenen späteren Alterssicherung beruht. Danach muß auch der Eintritt einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit, der die Verringerung der Versorgung zur Folge hat, berücksichtigt werden (so ausdrücklich Bundestags-Drucksache 10/5447, Seite 17). Dies führt bei der gesamtzeitbezogenen Berechnungsmethode, die § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB für die Beamtenversorgung vorschreibt, zwangsläufig zu einer Veränderung des Ehezeitanteils. Diese muß konsequenterweise nicht nur bei einer Verringerung, sondern auch bei einer Erhöhung des Ehezeitanteils des vorzeitigen Ruhegehalts gegenüber der fiktiven Alterspension berücksichtigt werden.

22

Indes kann der Umstand, daß sich trotz geringerer Gesamtversorgung ein höherer Ehezeitanteil des auszugleichenden Versorgungsanrechts ergibt, für die nach § 10 a Abs. 3 VAHRG gebotene Billigkeitsprüfung von Bedeutung sein. Umstritten ist allerdings, ob eine Abänderung des Versorgungsausgleichs zugunsten der Berechtigten aufgrund einer invaliditätsbedingten Erhöhung des Ehezeitanteils stets grob unbillig ist (so wohl Hahne FamRZ 1987, 217, 225; und in Johannsen/Henrich, a.a.O., Rdnr. 30 unter Bezugnahme auf Bundestags-Drucksache 10/6369, Seite 22, wo die hier zu entscheidende Frage jedoch nicht angesprochen wird; vgl. allerdings Bundestags-Drucksache 10/5447, Seite 17, wo nur eine Verringerung des Ehezeitanteils als Abänderungsgrund genannt ist) oder ob es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (so Dörr NJW 1968, 97, 99; offenbar auch Bergner SozVers 1987, 85, 92; Soergel/Minz, a.a.O., Rdnr. 16). Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Versorgungsanwartschaft eines Beamten, der vor Ehezeitende dienstunfähig geworden ist, grundsätzlich auf der Grundlage des tatsächlich erreichten Ruhegehaltssatzes und der tatsächlich zurückgelegten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berechnen. Für den Fall, daß die Dienstunfähigkeit nach Ehezeitende eingetreten, aber im Abänderungsverfahren zu berücksichtigen ist, kann nichts anderes gelten. Die Tatsache, daß sich aufgrund einer nach Ehezeitende eingetretenen Entwicklung rückwirkend betrachtet aufgrund der gesetzlichen Berechnungsvorschriften ein höherer Ehezeitanteil ergibt als im Erstverfahren, läßt eine Abänderung für sich allein noch nicht grob unbillig erscheinen. Der in der Erstentscheidung errechnete fiktive Ehezeitanteil beruhte letztlich nur auf der Prognose, daß der Ehemann bis zur Altersgrenze im aktiven Dienst bleiben werde. Diese Prognose hat sich im nachhinein als unzutreffend erwiesen.

23

Vorbehaltlich einer abschließenden Billigkeitsprüfung (siehe unten 4) ist daher im Abänderungsverfahren der Ehezeitanteil von monatlich 484,41 DM maßgebend.

24

c)

Die Ehefrau hat in der Ehezeit eine Anwartschaft auf Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB) erworben. Auch deren Ehezeitanteil ist nach dem aktuellen Stand neu zu berechnen.

25

aa)

Die Ermittlung richtet sich weiterhin nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 HS 2 BGB), jedoch tritt an die Stelle des Ehezeitendes als fiktiver Versicherungsfall ein der Abänderungsentscheidung möglichst naher "Abänderungsversicherungsfall" (so die zu billigende Praxis der Rentenversicherungsträger; vgl. Bergner SozVers 1987, 85, 88 f.). Die Versicherungsjahre (§ 1258 RVO) und der persönliche Vom-Hundert-Satz (§§ 1255, 1255 a RVO) werden auf den fiktiven Abänderungsversicherungsfall bezogen errechnet. Der Ehezeitbezug bleibt dadurch erhalten, daß in die Rentenformel weiterhin die am Ende der Ehezeit maßgebende Rentenbemessungsgrundlage eingesetzt wird (vgl. insoweit Bergner a.a.O. Seite 89; Dörr NJW 1988, 97, 99; Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O., Rdnr. 16). Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die LVA Hannover in ihrer Auskunft vom 05.09.1988 zutreffend ein fiktives Altersruhegeld gemäß § 1304 Abs. 1 RVO von monatlich 566,80 DM und dessen Ehezeitanteil gemäß § 1304 Abs. 2 RVO mit monatlich 259,90 DM errechnet.

26

bb)

Allerdings bezieht die Ehefrau inzwischen tatsächlich bereits eine Rente, und zwar seit März 1988 in Form des vorgezogenen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 3 RVO. Aufgrund ihres Alters und ihres mit Schriftsatz vom 20.02.1989 näher dargestellten Gesundheitszustandes, der bereits ab Dezember 1985 zur Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente geführt hatte, ist mit dem Wegfall des vorgezogenen Altersruhegeldes nicht mehr zu rechnen. Deshalb ist im Versorgungsausgleich nunmehr dieses tatsächliche Altersruhegeld zugrunde zu legen, das wegen der Besitzstandsregelung des § 1290 Abs. 3 Satz 3 RVO nicht mehr entfallen kann (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587 a, Rdnr. 171). Seine Höhe ist, wie aus der Auskunft der LVA Hannover vom 27.01.1989 ersichtlich ist, mit dem auf die regelmäßige Altersgrenze bezogenen fiktiven Altersruhegeld identisch, beträgt also ebenfalls monatlich 566,80 DM. Eine Abweichung ergibt sich jedoch hinsichtlich des nach § 1304 Abs. 2 RVO für den Ehezeitanteil maßgebenden Werteinheiten-Verhältnisses, was durch die unterschiedliche Bewertung der Beiträge für das Kalenderjahr 1984 bedingt ist. Bei der Berechnung der tatsächlichen Rente ist gemäß § 1255 Abs. 3 Buchst. b RVO für das Jahr 1984, das dem Eintritt des Versicherungsfalls vorausging, nunmehr das durchschnittliche Bruttojahresarbeitsentgelt für 1983 als Vergleichswert berücksichtigt worden (vgl. dazu Münchener Kommentar/Mayer, a.a.O., Rdnr. 32), wodurch sich geringfügig höhere Werteinheiten ergeben haben. Hierdurch haben sich der Verhältniswert für die Berechnung des Ehezeitanteils auf 45,80 % (statt 45,85 % in der Berechnung des Ehezeitanteils des fiktiven Altersruhegeldes) und der maßgebende ehezeitliche Versorgungswert auf monatlich 259,60 DM verringert. Dieser Betrag ist nunmehr in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

27

d)

Die Ehefrau hat in der Ehezeit ferner eine Anwartschaft der betrieblichen Altersversorgung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB) erworben, und zwar gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber, der Firma .... Dieser Firma gehörte sie vom 21.10.1968 bis zum 31.12.1984 an.

28

Zum Zeitpunkt der Erstentscheidung war die Anwartschaft noch verfallbar, da die Ehefrau die nach der Versorgungsordnung vorgesehene Wartezeit von zehn Jahren noch nicht erfüllt hatte und deshalb bei Eintritt eines vorzeitigen Versorgungsfalles oder Ausscheiden aus dem Betrieb keine Versorgungsleistungen erhalten hätte. Demgemäß ist die Anwartschaft damals zu Recht nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen worden (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB). Mit Erreichen einer zehnjährigen Dienstzeit am 21.10.1978 hat die Ehefrau jedoch eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen erworben, die nunmehr in den Wertausgleich einzubeziehen ist (§ 10 a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG).

29

Die Berechnung des Ehezeitanteils der Versorgung richtet sich nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b BGB, weil die Betriebszugehörigkeit der Ehefrau inzwischen beendet ist (Münchener Kommentar/Mayer, a.a.O., Rdnr. 35; Hahne FamRZ 1987, 217, 225 und in Johannsen/Henrich, a.a.O., § 10 a VAHRG, Rdnr. 34; Bergner SozVers 1987, 85, 89 f.; Dörr NJW 1988, 97, 100). An die Stelle des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (gemeint: Ehezeitende) im Sinne der genannten Vorschrift tritt nunmehr der "Abänderungsversicherungsfall" (siehe oben zu c).

30

Gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b BGB ist der Teil der (tatsächlich) erworbenen Versorgung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der gesamten Betriebszugehörigkeit entspricht. Für die Berechnung der vollen Versorgung ist dabei auch hier von den bei Ehezeitende maßgebenden persönlichen Bemessungsgrundlagen auszugehen (Bundestags-Drucksache 10/5447, Seite 16 f.; Hahne FamRZ 1987, 217, 223; Bergner SozVers 1987, 85, 90). Da die Betriebsrente der Firma ... nur nach Maßgabe des § 16 Betriebs AVG angepaßt wird und damit nicht volldynamisch ist (vgl. BGH FamRZ 1985, 1119;  1235 [BGH 18.09.1985 - IVb ZB 15/85]),muß der ehezeitliche Versorgungswert ferner gemäß § 1587 a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Nr. 2 BGB nach Maßgabe der Barwertverordnung in eine (voll dynamische) Rente der gesetzlichen Rentenversicherung umgewertet werden, um die Vergleichbarkeit des betrieblichen Versorgungsanrechts mit den anderen (voll dynamischen) Versorgungen der Parteien herzustellen.

31

Die Höhe der Betriebsrente ist im vorliegenden Fall einkommensabhängig. Sie beruht - aufgrund einer Besitzstandsregelung in den seit 01.06.1981 geltenden neuen betrieblichen Versorgungsbestimmungen - auf dem durchschnittlichen jährlichen Bruttoeinkommen der Ehefrau in den Jahren 1978 bis 1980. Der Wert der Anwartschaft ist daher vom Ende der Ehezeit bis zum Inkrafttreten der neuen Versorgungsbestimmungen im Rahmen der Einkommensentwicklung gestiegen. Darin liegt eine Teildynamik im Anwartschaftsstadium. Seit dem 01.06.1981 hat in der Anwartschaftsphase keine Anpassung mehr stattgefunden. Seit dem Eintritt des Versorgungsfalles der Erwerbsunfähigkeit (01.12.1985) wird die Betriebsrente nach Auskunft der Firma EWD bisher in unveränderter Höhe gezahlt. Es ist also noch keine Anpassung gemäß § 16 Betriebs AVG vorgenommen worden.

32

Da der Abänderungsentscheidung aktualisierte Werte der ehezeitlichen Versorgungsanrechte zugrunde zu legen sind, muß nach Auffassung des Senats der Dynamisierungswertzuwachs, der aufgrund der Einkommensabhängigkeit der Versorgung im Anwartschaftsstadium eingetreten ist, berücksichtigt werden. Dies kann auf zweierlei Weise geschehen.

33

aa)

Nach Hahne (FamRZ 1987, 217, 226, sowie in Johannsen/Henrich, a.a.O., Rdnr. 34, 36) ist der Ehezeitanteil der vollen Versorgung unter Zugrundelegung des bei Ehezeitende maßgebenden ruhegeldfähigen Einkommens zu ermitteln. Danach ergibt sich im vorliegenden Fall folgende Berechnung (vgl. dazu die im Schreiben der Firma ... vom 27.04.1989 mitgeteilten Berechnungsdaten):

34

18.458,15 DM (ruhegeldfähiges Einkommen der Ehefrau im Jahre 1976) × 22 (anrechnungsfähige Dienstjahre bis zur Dienstunfähigkeit): 120 = 3.383,99 DM × 151: 293 (Berechnung des Teilanspruchs nach § 2 BetriebsAVG) = 1.743,97 DM (volle Versorgung) × 99 (Monate der Betriebszugehörigkeit in der Ehe vom 21.10.1968 bis zum 31.12.1976): 195 (Monate der gesamten Betriebszugehörigkeit vom 21.10.1968 bis zum 31.12.1984) = 885,36 DM: 12 = monatlich 73,78 DM (Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft).

35

Für die Umwertung dieses Anrechts kommt Tabelle 1 der Barwertverordnung nicht in Betracht, weil diese die Dynamik im Anwartschaftsstadium nicht berücksichtigt. Den Werten der Tabelle 4 liegt andererseits eine Volldynamik in der Anwartschaftsphase bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde, die hier ebenfalls nicht gegeben ist. Es verbleibt nur die Möglichkeit, den Barwert unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles individuell zu ermitteln oder aber den Barwertfaktor der Tabelle 1, jedoch bezogen auf das Lebensalter zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb, zugrunde zu legen, wodurch die Dynamik im Anwartschaftsstadium im Wege einer wohl noch hinzunehmenden Pauschalierung erfaßt würde. Im vorliegenden Fall ergibt sich bei Anwendung der Barwertverordnung folgendes:

36

885,36 DM (Jahresbetrag des ehezeitanteiligen Anrechts) × 5,4 (Faktor aus Tabelle 1 der Barwertverordnung bei Zugrundelegung eines Lebensalters der Ehefrau zur Zeit ihres Ausscheidens aus dem Betrieb - 31.12.1984 - von 56 Jahren) = 4.781,16 DM (Barwert des Anrechts unter Berücksichtigung des Dynamisierungswertzuwachses bis zum 31.12.1984).

37

Dieser Barwert ist sodann gemäß § 1304 c Abs. 3 RVO unter Heranziehung der Umrechnungsfaktoren aus den Tabellen 5 und 2 der Rechengrößenbekanntmachung wie folgt in eine dynamische Rente (bezogen auf das Ende der Ehezeit) umzurechnen:

38

4.781,16 DM × 0,0272585 × 0,2292125 = 29,87 DM.

39

bb)

Eine andere Bewertungsmethode schlägt Bergner (SozVers 1987, 85, 90 f.) vor. Er berücksichtigt die (Teil-) Dynamik im Anwartschaftsstadium, die sich aufgrund von Einkommenssteigerungen nach Ende der Ehezeit realisiert hat, schon bei der Berechnung des Ehezeitanteils der Versorgung. Danach ist die volle Versorgung nicht unter Zugrundelegung des bei Ehezeitende maßgebenden, sondern des aktuellen ruhegeldfähigen Einkommens zu ermitteln. Dabei bleibt allerdings eine Steigerung des ruhegeldfähigen Einkommens, die auf einem beruflichen Aufstieg nach Ende der Ehezeit beruht, außer Betracht. Die Versorgung wird also weiter aus der bei Ehezeitende maßgebenden persönlichen Bemessungsgrundlage errechnet, jedoch wird diese Bemessungsgrundlage aktualisiert. Wird - wie im vorliegenden Fall - zur Zeit der Abänderungsentscheidung bereits eine Betriebsrente gezahlt, so ist nunmehr der tatsächliche Rentenzahlbetrag maßgebend, soweit er auf dem Einkommen beruht, das der bei Ehezeitende erreichten beruflichen Stellung entspricht. Dadurch werden auch etwaige seit Eintritt des Versorgungsfalles erfolgte Rentenanpassungen erfaßt.

40

Danach ergibt sich im vorliegenden Fall folgender Ehezeitanteil der Versorgung:

41

178,10 DM (tatsächliche monatliche Betriebsrente zur Zeit der Abänderungsentscheidung; das ruhegeldfähige Einkommen entspricht nach Auskunft des Arbeitgebers der bei Ehezeitende erreichten beruflichen Stellung) × 99 (Monate der Betriebszugehörigkeit in der Ehe): 195 (Monate der gesamten Betriebszugehörigkeit) = 90,42 DM (Ehezeitanteil der monatlichen Betriebsrente).

42

Der aktuelle Barwert dieses (nicht voll dynamischen) Versorgungsanrechts ist gemäß § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 BGB nach Tabelle 7 der Barwertverordnung zu ermitteln, da die Ehefrau im Zeitpunkt der Abänderungsentscheidung (als des fiktiven Abänderungsversicherungsfalls) bereits eine Rente bezieht. Der Umrechnungsfaktor bestimmt sich nach dem jetzigen Alter der Ehefrau von 61 Jahren und beträgt demgemäß 9,6. Damit ergibt sich ein Barwert von 90,42 DM × 12 × 9,6 = 10.416,38 DM. Dieser Barwert entspricht derzeit einer dynamischen Rente von 10.416,38 DM (Barwert) × 0,01417482 × 0,3726750 (Faktoren aus den Tabellen 5 und 2 der Rechengrößenbekanntmachung) = 55,03 DM.

43

Abschließend ist eine Rückrechnung dieses aktuellen Werts auf den Stand bei Ende der Ehezeit erforderlich. Dies geschieht mit Hilfe der Tabellen 1 und 2 der Rechengrößenbekanntmachung:

44

55,03 DM (Rentenanwartschaft zum jetzigen Zeitpunkt) × 2,683303 (Faktor aus Tabelle 1,1. Halbjahr 1989) = 147,66 (Werteinheiten, gerundet);

45

147,66 (Werteinheiten, Stand 1. Halbjahr 1989) × 0,2292125 (Faktor aus Tabelle 2 1976) = 33,85 DM (Rentenanwartschaft am 31.12.1976).

46

cc)

Der Senat bevorzugt - jedenfalls für den vorliegenden Fall - die Methode Bergner, weil sie stärker die tatsächliche Entwicklung der Dynamik berücksichtigt und ferner auch bei der Barwertbildung berücksichtigt, daß die Ehefrau tatsächlich bereits eine Rente bezieht. Diese Methode dürfte auch praktikabler sein, weil die Ermittlung des ruhegeldfähigen Einkommens zum Zeitpunkt des Ehezeitendes, das oft Jahre zurückliegt, auf Schwierigkeiten stoßen können. Im vorliegenden Fall ist daher der Wert von 33,85 DM zugrunde zu legen.

47

e)

Die Parteien haben daher nach aktuellen Stand in der Ehezeit folgende Versorgungsanrechte erworben:

Ehemann:
gesetzliche Rentenversicherung249,60 DM
Beamtenversorgung484,41 DM
734,01 DM
Ehefrau:
gesetzliche Rentenversicherung259,60 DM
Betriebliche Altersversorgung33,85 DM
293,45 DM
48

3.

Der Ehemann hat weiterhin die werthöheren Anwartschaften erworben. Der Ehefrau steht nunmehr gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB folgender Ausgleichsanspruch zu:

Ehemann734,01 DM
Ehefrau293,45 DM
Differenz440,56 DM
: 2 =220,28 DM.
49

Dieser Ausgleichsbetrag übersteigt den in der Erstentscheidung ermittelten Ausgleichswert von 147,52 DM um 72,76 DM. Die Abweichung ist wesentlich im Sinne des § 10 a Abs. 2 Satz 2 VAHRG.

50

4.

Gemäß § 10 a Abs. 3 VAHRG findet eine Abänderung nicht statt, soweit sie unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Versorgungserwerbs nach der Ehe, grob unbillig wäre. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

51

Wie oben (zu 2. b) ausgeführt, ergibt sich auf seiten des Ehemannes trotz der infolge vorzeitiger Dienstunfähigkeit eingetretenen Verringerung des beamtenrechtlichen Ruhegehalts ein höherer Ehezeitanteil dieses Versorgungsanrechts, wodurch sich der Wertunterschied um (484,41 DM - 397,03 DM =) 87,38 DM und der gesamte Ausgleichsanspruch der Ehefrau um (: 2 =) 43,69 DM erhöhen. Die Frage, ob eine Abänderung des Versorgungsausgleichs insoweit grob unbillig ist, ist nach Auffassung des Senats unter, entsprechender Heranziehung der Grundsätze zu beantworten, die der BGH zur Berücksichtigung einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit im Erstverfahren entwickelt hat (FamRZ 1982, 36). Im Rahmen der Erstentscheidung kommt gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB eine Kürzung bis herab auf den Ausgleichsbetrag in Betracht, den der Ehegatte erhalten hätte, wenn der Beamte nicht dienstunfähig geworden wäre, sondern bei Ehezeitende noch aktiv in Dienst gestanden hätte. Voraussetzung für eine Kürzung des rechnerisch auszugleichenden Anrechts ist jedoch, daß der ausgleichsberechtigte Ehegatte infolge des Versorgungsausgleichs und seiner eigenen fortdauernden Arbeitsfähigkeit die Möglichkeit erhalten würde, bei Erreichen der Altersgrenze eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Rente zu erzielen. § 10 a Abs. 3 VAHRG knüpft an den Maßstab des § 1587 c Nr. 1 BGB an und verfolgt ebenso wie dieser das Ziel, grob ungerechte und dem Zweck des Versorgungsausgleichs zuwiderlaufende Ergebnisse zu verhindern, zu denen eine strikte Anwendung der Berechnungsvorschriften führen könnte. Die Billigkeitsabwägung wird dabei im Abänderungsverfahren auf die nacheheliche Entwicklung der Versorgungssituation konzentriert (Bundestags-Drucksache 10/6369, Seite 22). Eine Korrektur der gesetzlichen Bewertungsregelungen ist mit § 10 a Abs. 3 VAHRG nicht beabsichtigt.

52

Im vorliegenden Fall führt die Einbeziehung der tatsächlichen Dienstunfähigkeitspension des Ehemannes nicht zu einer grob unbilligen Besserstellung der Ehefrau. Sie ist knapp zwei Jahre älter als der Ehemann und bereits seit 01.12.1985 erwerbsunfähig. Es ist nicht mehr damit zu rechnen, daß sie ihre Versorgungsanrechte durch eigene Erwerbstätigkeit noch ausbauen kann. Die Abänderung des Wertausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften wird auch nicht dazu führen, daß die Ehefrau über (wesentlich) höhere Versorgungseinkünfte verfügt als der Ehemann, daß dessen notwendiger Unterhalt gefährdet wird oder daß er der Ehefrau gegenüber unterhaltsberechtigt werden kann. Er verfügt derzeit über eine Bruttopension von 1.520,70 DM zuzüglich der jährlichen Sonderzuwendung, während die Ehefrau eine gesetzliche Rente von monatlich brutto 1.161,50 DM und eine Betriebsrente von monatlich 178,10 DM bezieht. Nach Abänderung des Versorgungsausgleichs, die eine Erhöhung der gesetzlichen Rente auf seiten der Ehefrau und eine entsprechende Kürzung der Beamtenpension auf seiten des Ehemannes zur Folge haben wird, werden beide Eheleute über etwa gleich hohe Bruttoeinkünfte verfügen. Die möglicherweise höhere Belastung des Ehemannes mit Steuern und Krankenversicherungskosten ist für sich allein noch kein ausreichender Grund für die Anwendung der Härteklausel (vgl. z.B. BGH FamRZ 1987, 255, 257;  1988, 709, 710;  1988, 822, 826). Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß die Betriebsrente der Ehefrau nicht an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt wird und daher von geringerem Wert ist.

53

Andere Gründe, die die Abänderung als grob unbillig erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.

54

5.

Die Durchführung des Ausgleichs erfolgt nunmehr ausschließlich durch Quasisplitting nach § 1587 b Abs. 2 BGB. Da die auszugleichenden Anwartschaften der Ehefrau aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem jetzigen Stand diejenigen des Ehemannes übersteigen, scheidet ein Splitting nach § 1587 b Abs. 1 BGB aus.

55

Die "Änderung der Ausgleichsform wirkt sich für den Ehemann ebenfalls nicht grob unbillig aus. Zwar hat sich die Kürzung seiner gesetzlichen Rentenanwartschaften, die nunmehr rückgängig zu machen ist, für ihn bisher noch nicht nachteilig ausgewirkt, weil er noch keine gesetzliche Rente bezieht. Das Quasisplitting führt demgegenüber zur Kürzung der bereits laufenden Beamtenversorgung. Dadurch wird der Ehemann jedoch nicht grob unbillig belastet, weil nach der Erstentscheidung monatliche Rentenanwartschaften von nur monatlich 2,80 DM durch Splitting zu übertragen waren.

56

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG, der gemäß § 11 Abs. 1 VAHRG entsprechend anzuwenden ist (vgl. Bundestags-Drucksache 10/6369, Seite 24). Die Kostenschuld hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus den - ebenfalls entsprechend anwendbaren - Vorschriften der Kostenordnung (§§ 1, 2 Nr. 1, 99 Abs. 1, 131 a KostO) und bedarf keines ausdrücklichen Ausspruchs. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf entsprechende Anwendung der §§ 99 Abs. 3 Nr. 1, 131 a KostO (§ 11 Abs. 1 VAHRG).

57

Die weitere Beschwerde war gemäß §§ 621 e Abs. 2 Satz 1, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 1.000 DM.