Landgericht Aurich
Urt. v. 18.01.2007, Az.: 2 O 1125/04

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
18.01.2007
Aktenzeichen
2 O 1125/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71770
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 06.01.2009 - AZ: 9 U 17/07
BGH - 18.05.2011 - AZ: IV ZR 165/09

Tenor:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von einer etwaigen Zahlungsverpflichtung in Höhe von 85.077,88 € nebst anfallender Zinsen und weiterer Kosten, freizustellen, die ihr daraus erwachsen könnte, dass sie wegen des Unfallereignisses vom 29.01.2003 mit dem Tankmotorschiff „F…“ im Schiffshebewerk Scharnebeck von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte, mit Sitz in Hannover, auf Zahlung von insgesamt 87.627,88 € in Anspruch genommen wird.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis zu 30.000,- €.

Tatbestand:

Die Klägerin, die sich aus ihren Gesellschaftern A. S. und dem inzwischen verstorbenen R. K. zusammensetzte, betrieb das in ihrem Eigentum stehende Tankmotorschiff „F…“.

Dieses befand sich am 29.01.2003 auf der Fahrt von Hamburg nach Magdeburg, als es gegen 15:45 Uhr in das Schiffshebewerk in Scharnebeck in den dortigen Westtrog einfuhr. Beim Versuch, das Schiff am zugewiesenen Liegeplatz festzumachen, fuhr es gegen die dortige Stoßschutzvorrichtung, die ca. 2,50m vor dem Trogtor angeordnet war, und beschädigte diese. In der irrigen Annahme, die Kollision sei dadurch zustande gekommen, dass das Schiff durch eine nachlaufende Heckwelle gegen das Trogtor gedrückt worden sei, versuchte der Schiffsführer in weiterer Folge durch Einleitung einer Rückwärtsfahrt das Schiff wieder freizubekommen. Obgleich der Maschinentelegraph auf „Zurück“ gestellt war, machte das Schiff gleichwohl Vorwärtsfahrt und rammte erneut das Trogtor, welches nunmehr, da der Stoßschutz durch die vorherige Kollision bereits beeinträchtigt war, erheblich beschädigt wurde. Es stellte sich heraus, dass Ursache beider Kollisionen eine fehlerhafte Umsteuerungsanlage des Schiffes war und dieses in beiden Fällen entgegen der angeforderten Rückwärtsfahrt tatsächlich Vorwärtsfahrt machte. Die Klägerin wird wegen dieses Schadensereignisses von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte auf Zahlung von 87.627,88 € in Anspruch genommen. Eine entsprechende Klage ist vor dem Schifffahrtsgericht des Amtsgericht H. anhängig.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten für diesen Schadensfall Deckung aus einem angeblich mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Versicherungsverhältnisses. Die Beklagte zu 2) wird als persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch aus dem gleichen Rechtsgrund in Anspruch genommen.

Die Beklagte zu 1) war mit der Versicherung des Schiffes der Klägerin beauftragt. Sie übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 13.02.2003 ein von der Beklagten zu 1) ausgestelltes, mit deren Briefkopf versehenes und mit deren Firmenstempel gesiegeltes Dokument, welches mit „Cover Note“ betitelt ist und Angaben zu Versicherungsnehmer, Schiff, Versicherungssumme, Fahrtgebiet, Bedingungen, Selbstbehalt, Prämie und Versicherer enthielt und dem „Besondere Versicherungs-Bedingungen für den Einschluß der maschinellen Einrichtungen“ beigefügt waren, die ebenfalls auf dem Briefpapier der Beklagten zu 1) abgedruckt und mit deren Firmenstempel versehen waren.

Unter dem Gliederungspunkt „Laufzeit“ enthält das genannte Dokument die Angabe:

„01.01.2003 - 31.12.2003 (b.T.e.)“.

Unter dem Punkt „Bedingungen“ enthält das Dokument die Angabe:

„Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Flußkaskorisiken 2000 (AVB Flußkasko 2000). § 9.4 (Abzüge „neu“ für „alt“) ist gestrichen. Besondere Bedingungen gemäß Anlage. Die besonderen Bedingungen gehen den gedruckten Klauseln, diese den AVB Flußkasko 2000 und diese den gesetzlichen Bestimmungen voran.“

Unter dem Punkt „Versicherer“ enthält das Dokument die Angabe:

 „100% Europäischer Markt“.

Wegen des weiteren Inhalts des Dokumentes wird im Einzelnen auf die von der Klägerin zur Akte gereichte Ablichtung des Schreibens vom 13.02.2003 nebst Anlage (Bl. 13 - 15 Bd. I d.A.) verwiesen.

Aufgrund des eingangs genannten Schadensereignisses wurde der Klägerin seitens der Beklagten zu 1) mitgeteilt, dass ihr Schiff bei einem Konsortium, bestehend aus der Streithelferin als führende Versicherung und 5 weiteren Versicherern, versichert sei. Mit Schreiben vom 19.07.2004 wurde der Klägerin ein weiteres Dokument übersandt, welches ebenfalls mit „Cover Note“ betitelt und im Übrigen in englischer Sprache abgefaßt war. Dieses von der Streithelferin gezeichnete, aber wiederum auf dem Briefkopf der Beklagten zu 1) verfaßte Dokument vom 06.02.2003, welches im Aufbau dem von der Klägerin vorgelegten, aber in Deutscher Sprache verfaßten Dokumentes vom 13.02.2003 gleicht und dem ebenfalls - neben einer Liste mit verschiedenen Versicherungsnehmern (u.a. der Klägerin), einer Liste mit verschiedenen Schiffen (u.a. dem „F…“), einer Liste mit verschiedenen Versicherungssummen (u.a. auch der in dem Dokument vom 13.2. aufgeführten Versicherungssumme über 332.350,- €), einer Aufstellung über die maximale Entschädigung von Maschinenschäden - eine Anlage mit besonderen Versicherungsbedingungen enthält, die hinsichtlich der „Besonderen Versicherungs-Bedingungen für den Einschluß der maschinellen Einrichtungen“ denjenigen des Dokumentes vom 13.2. gleichen. Auf der Cover Note wurde bzgl. des Versicherungsnehmers, des versicherten Schiffes und der Versicherungssumme auf die jeweilige angehängte Liste verwiesen.

Dort, wo auf dem Dokument vom 13.2. als Versicherer „100% Europäischer Markt“ aufgeführt ist, weist das Dokument vom 6.2. folgenden Passus auf:

„Leading Underwriter: D. D. Versicherungs- und Rückversicherungs AG, R., Share to be 30%.“

Wegen des genauen Inhalts des von den Beklagten vorgelegten Dokumentes wird auf die in der Akte befindliche Ablichtung des in Englischer Sprache verfaßten Schreibens vom 06.02.2003 (Bl. 75 - 84 Bd. I d.A.) sowie dessen deutscher Übersetzung vom 03.09.2005 (Bl. 215 - 219R Bd. I d.A.) verwiesen.

Auf diese Auskünfte hin wandte sich die Klägerin zunächst an die Streithelferin und begehrte Deckungszusage. Hierauf folgte am 08.08.2003 ein Schreiben des Bevollmächtigten der Streithelferin an die Beklagte zu 1) mit u.a. folgendem Inhalt:

„Meine Mandantin lehnt namens der Versicherer die Deckung des im Betreff genannten Schadensereignisses ab und ist nicht bereit, eine Leistung aus dem Versicherungsvertrag zu erbringen.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass gemäß § 12 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei wird, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird.“

 Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung des Schreibens vom 08.08.2003 (Bl. 26 Bd. I) verwiesen.

Dieses Schreiben der Streithelferin übersandte die Beklagte zu 1) wiederum mit Schreiben vom 17.10.2003 der Klägerin. In dem Schreiben der Beklagten zu 1) heißt es dabei unter anderem:

„Die in dem Schreiben des Herrn Dr. Fischer angesprochene Frist von sechs Monaten beginnt nach Empfang dieses Fax-Schreibens“

Wegen des weiteren Inhalts des an die Klägerin gerichteten Schreibens der Beklagten zu 1) vom 17.10.03 wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Bl. 179 Bd. I) verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 1) ein Versicherungsverhältnis zu den Bedingungen der AVB Flusskasko (2000) für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2003 zustande gekommen sei und beruft sich hierzu auf die von ihr vorgelegte „Cover Note“ vom 13.02.2003.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch haftend verpflichtet sind, der Klägerin EUR 85.077,88 zzgl. Zinsen und Kosten sowie die Regiekosten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte zu erstatten, die die Klägerin wegen der Beschädigung des Westtrogs des Schiffshebewerks Scharnebeck vom 29.01.2003 durch das TMS „F…“ an die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte, Hannover, zahlen muss;

wobei die Klägerin ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 09.02.2006 klarstellt, dass Freistellung bzgl. der Forderung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Mitte verlangt wird und hilfsweise Erstattung des genannten Betrages für den Fall, dass die Klägerin zahlt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass die Beklagte zu 1) lediglich ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und einem Konsortium, bestehend aus der Streithelferin als führende Versicherung sowie 5 weiteren Versicherern, vermittelt habe und verweist hierzu auf die von ihr vorgelegte „Cover Note“ vom 06.02.2003, mit der die Streithelferin mit einem 30%igen Anteil die Versicherung des Schiffes als führende Versicherung übernommen habe.

Die auf Seiten der Beklagten beigetretene Streithelferin vertritt im Gegensatz hierzu die Auffassung, dass die „Cover Note“ vom 06.02.2003 ein zwischen ihr und der Beklagten zu 1) abgeschlossenes Rückversicherungsverhältnis bestätige. Insoweit schließt sie sich der Ansicht der Klägerin an, dass deren Versicherungsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zustande gekommen sei, was durch die "Cover Note“ vom 13.02.2003 bestätigt werde.

Im übrigen sind Beklagte und Streithelferin übereinstimmend der Ansicht, dass Deckung bereits deswegen zu versagen sei, weil die Klägerin nicht binnen der Sechsmonatsfrist gemäß § 12 Abs. 3 VVG Klage erhoben habe. Auch sei die Haftung vorliegend gemäß Ziffer 3.2.1.2 der AVB Flusskasko bzw. nach § 132 VVG ausgeschlossen, da das versicherte Schiff zum Zeitpunkt des Schadensfalles fahruntüchtig gewesen sei, was bereits daraus folge, dass bei einer nicht funktionierenden Umsteuerungsanlage die Klassifizierung, die hier durch das Bureau Veritas erteilt gewesen sei, erlösche.

Weiter wenden sie ein, dass darüber hinaus kein Versicherungsfall eingetreten sei, da die Schiffseigner für die Haverie nicht haften würden. Dieser sei vielmehr durch fehlerhaftes Verhalten des Schleusenmeisters zurückzuführen, der die Besatzung des Schiffes nicht auf das ihm erkennbare Umsteuerversagen hingewiesen habe.

Beklagte und Streithelferin rügen, dass mit dem Tode des Mitgesellschafters Klein die Klägerin nach § 727 BGB aufgelöst sei und daher das Verfahren gemäß § 239 ZPO hätte ausgesetzt werden müssen.

Die Klägerin hatte mit Schriftsatz vom 26.01.2003 der Streithelferin den Streit verkündet und diese aufgefordert, dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beizutreten. Die Streitverkündungsschrift ist der Streithelferin am 03.02.2005 zugestellt worden (Bl. 121 Bd. I). Mit Schriftsatz vom 19.05.2005 hat die Streithelferin ihren Beitritt auf Seiten der Beklagten erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Namentlich besteht das nach § 276 ZPO für die vorliegende Feststellungsklage zu fordernde Feststellungsinteresse.

Nach dem Wortlaut des mit der Klageschrift angekündigten Antrages konnten hieran allerdings Zweifel bestehen, da dieser zunächst auf Feststellung einer unbedingten Zahlungsverpflichtung der Beklagten gerichtet schien. Wäre der Antrag tatsächlich so auszulegen gewesen, wäre die Klägerin auf die vorrangige Leistungsklage zu verweisen und das Feststellungsinteresse zu verneinen gewesen. Tatsächlich hat die Klägerin laut Protokoll vom 09.02.2006 klargestellt und dies ergibt sich auch bereits aus der übrigen Klagebegründung, dass mit der Klage das Ziel einer Freistellung von einer Verbindlichkeit begehrt wird, die der Klägerin gegenüber von der Bundesrepublik Deutschland behauptet wird. Inwieweit diese behauptete Forderung tatsächlich gegenüber der Klägerin berechtigt ist, ist Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits und damit sowohl dem Grunde wie der Höhe nach noch ungewiß.

Die Klägerin hat dabei ein berechtigtes Anliegen, die Eintrittspflicht der Beklagten für diese eingeforderte Verbindlichkeit, bereits zum jetzigen Zeitpunkt feststellen zu lassen, da hiermit die Beklagten zugleich angehalten würden, der Klägerin bei der gegenwärtigen Verteidigung gegen die sie gerichtlich geltend gemachten Ansprüche beizustehen und die hierzu notwendigen Kosten zu übernehmen.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass mit der Feststellung einer Freistellungspflicht die Feststellung eines Haftpflichtversicherungsverhältnis verbunden wäre, welches gemäß den hier einschlägigen Versicherungsbedingungen nach Ziffer 4.2 AVB Flusskasko (2000) auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche durch den Versicherer zum Inhalt hätte.

II.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin bzw. ihr(e) Rechtsnachfolger hat einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Freistellung von berechtigten Forderungen der geschädigten Bundesrepublik Deutschland anlässlich des Unfallereignisses mit dem Tankmotorschiff „F...“ in dem Schiffshebewerk Scharnebeck vom 29.01.2003 aus Versicherungsvertrag.

Daneben haftet die Beklagte zu 2) für diesen Anspruch gesamtschuldnerisch aufgrund ihrer Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1) gemäß §§ 128, 161 HGB.

1. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung im Anschluss an BGHZ 146, 341ff kann die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts in analoger Anwendung von § 128 HGB eigene Rechte und Pflichten begründen und ist insoweit auch für den vorliegenden Rechtsstreit aktiv legitimiert. Keiner Entscheidung bedarf dabei die Frage, ob die Klägerin durch den Tod eines ihrer Gesellschafter überhaupt noch existiert oder nicht vielmehr nach § 727 BGB unter Anwachsung des Gesellschaftsanteils beim übrig gebliebenen Gesellschafter aufgelöst ist. Eine Nachfolgeregelung ist jedenfalls nicht vorgetragen worden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten war deswegen das Verfahren nicht nach § 239 ZPO zu unterbrechen. Die Klägerin war mit ihrem Prozessbevollmächtigten auch nach einer gegebenenfalls erfolgten Auflösung mit Wirkung für und gegen ihre Rechtsnachfolger wirksam vertreten. Die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten wirkt gemäß § 86 ZPO über den Tod bzw. die Auflösung der Partei hinaus (vgl. auch BGH NJW 2002, 1207 [BGH 18.02.2002 - II ZR 331/00]; Zöller/Greger, ZPO (25. Aufl.) § 239 RN 2).

2. Die Beklagten sind der Klägerin zur Deckung im Rahmen einer abgeschlossenen Binnenschiffsversicherung verpflichtet.

Dabei kann es im Ergebnis dahinstehen, ob mit der von den Beklagten vorgelegten „Cover Note“ vom 06.02.2003 (auch) ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem von der Streithelferin angeführten Konsortium zustande gekommen ist, welches die Beklagte zu 1) namens und in Vollmacht der Klägerin mit dem Konsortium abgeschlossen hätte, oder ob anstelle dessen ein Rückversicherungsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und dem Konsortium vereinbart und bestätigt wurde. Unabhängig von einem eventuellen Vertragsverhältnis der Klägerin zu dem von der Streithelferin angeführten Konsortium hat die Beklagte zu 1) nämlich mit der von ihr auf eigenem Briefbogen ausgestellten und mit eigenem Firmenstempel gesiegelten „Cover Note“ vom 13.02.2003 gegenüber der Klägerin eine eigene Haftung für die Erfüllung einer Versicherung unter den dargestellten Bedingungen übernommen.

Bei der von der Beklagten zu 1) am 13.02.2003 ausgestellten „Cover Note“ handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Erklärungsinhalt sich danach bestimmt, wie sie sich dem Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter der Berücksichtigung der Verkehrssitte darstellt (BGHZ 36, 30, 33; Palandt/Heinrichs, BGB (65. Aufl.) § 133 Rdnr. 9 m.w.N.). Insoweit gilt auch für das Recht der Stellvertretung, dass der Wille, in fremden Namen handeln zu wollen, erkennbar hervortreten muss. Wo dies nicht geschieht, muss der Erklärende das Geschäft in seinem Namen gelten lassen, ohne sich darauf berufen zu können, dass er nicht im eigenen Namen handeln wollte. Der innere Wille des Erklärenden ist insoweit nicht maßgebend (BGHZ 36, 30, 33).

Mit der am 13.02.2003 ausgestellten „Cover Note“ wurde das Bestehen eines Versicherungsverhältnis bestätigt. Dieses wird von den Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Ihrer Ansicht nach soll die Erklärung aber lediglich dahingehend zu verstehen sein, dass die Beklagte zu 1) für die Klägerin ein Versicherungsverhältnis mit anderen Versicherungen abgeschlossen und damit ihren Auftrag zur Vermittlung eines Versicherungsvertrages erfüllt habe. Ein derartiger Erklärungsinhalt läßt sich bei einer objektiven Betrachtung der Urkunde vom 13.02.2003 jedoch nicht entnehmen.

Hiergegen spricht bereits die gewählte Formulierung „cover note“, die nach der von den Beklagten vorgelegten beglaubigten Übersetzung bereits als „Deckungszusage“ zu verstehen ist. Bereits der gewählte Titel spricht damit dafür, dass die Möglichkeit eröffnet werden sollte, bereits aus der Urkunde selbst Rechte herzuleiten. Damit geht der Erklärungsgehalt dieses Schreibens deutlich über die bloße Anzeige einer erfolgreichen Vermittlung hinaus.

Tatsächlich stellt das Schreiben vom 13.02.2003 einen Versicherungsschein i.S.v. § 3 VVG dar, da es die wesentlichen Vertragsdaten eines Versicherungsverhältnisses wie Vertragsdauer, Haftungssumme, geltende Versicherungsbedingungen, Selbstbehalte usw. enthält und bestätigt.

Der Versicherungsschein ist nach § 3 VVG aber vom Versicherer auszustellen. Ein Versicherungsagent ist gemäß § 43 VVG Ziffer 3 nur dazu bevollmächtigt, die von dem Versicherer ausgefertigten Versicherungsscheine auszuhändigen. Die Beklagten tragen zwar vor, dass sie als Makler tätig geworden seien. Für einen selbständig tätigen Versicherungsmakler sind dabei die Vorschriften über Versicherungsagenten der §§ 43 VVG grundsätzlich nicht anwendbar (Kollhosser in Prölss/Martin, VVG (27. Aufl.) § 43 RN 3-4). Wenn aber schon dem auf Seiten der Versicherung tätigen Agenten nicht das Recht zusteht, einen Versicherungsschein namens der hinter ihm stehenden Versicherung auszustellen, kann dies noch weniger für einen unabhängigen Makler gelten, zumal dann nicht, wenn dieser, wie hier behauptet, von dem Versicherungsnehmer mit der Vermittlung einer Versicherung beauftragt war.

Bereits nach der Gesetzeslage musste die Klägerin damit davon ausgehen, dass die Beklagte zu 1) selber als Versicherer aufgetreten ist, da es hiernach grundsätzlich nicht vorgesehen ist, dass der Versicherer sich bei der in § 3 VVG niedergelegten Verpflichtung zur Ausstellung eines Versicherungsscheines, von einer anderen, zumal nicht in seinem Lager stehenden Person vertreten läßt. Wenn hiervon abgewichen werden soll, muss dies ausdrücklich und für den Versicherungsnehmer eindeutig erkennbar zum Ausdruck gebracht werden.

Die hier gewählte Formulierung „Versicherer: 100% Europäischer Markt“ genügt diesen Anforderungen nicht. Diese Formulierung soll augenscheinlich die wahren Verhältnisse verschleiern und verhindern, dass der Versicherungsnehmer sich in der folgenden Versicherungsperiode direkt und unter Ausschluss des Maklers an die Versicherung wendet. Ein berechtigtes Anliegen, des beauftragten Maklers, die Namen der wahren Vertragspartner zu verschweigen, besteht nicht und widerspricht zudem der in §§ 675, 666 BGB niedergelegten Rechenschaftspflicht. So hätte ohne weiteres in der am 13.2.03 verfaßten „cover note“ die Formulierung der am 06.02.03 an dieser Stelle gewählten Klausel übernommen werden können, die zumindest die führende Versicherung erkennen ließ. Eine Übersendung der Anlagen, welche die Namen der übrigen Versicherungsnehmer und versicherten Schiffe enthielten, wäre damit nicht zwingend verbunden gewesen.

3. Das dermaßen von der Beklagten zu 1) bestätigte Vertragsverhältnis hat eine Binnenschiffsversicherung gemäß § 129 Abs. 2 VVG zum Inhalt, für welche die Geltung der AVB Flusskasko (2000) - abgedruckt in Prölss/Martin, VVG (27. Aufl.) S. 2481ff - vereinbart wurde. Gemäß Ziff. 4.1. der AVB gewährt der Versicherer danach Versicherungsschutz für den Fall, dass der Versicherungsnehmer einem Dritten wegen des Verlustes oder der Beschädigung von Sachen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Ersatz zu leisten hat und der Verlust und die Beschädigung durch unmittelbare navigatorische Maßnahmen mit der Teilnahme am Schiffsverkehr verursacht worden sind. Gemäß Ziff. 4.2. der AVB umfaßt die Leistungspflicht des Versicherers u.a. den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat sowie die Abwehr unberechtigter Ansprüche.

Ein Versicherungsfall i.S.v. Ziff. 4.1 der AVB liegt vor. Die Klägerin wird wegen der Beschädigung des Trogtores in Anspruch genommen, die durch die beiden Kollisionen mit dem in ihrem Eigentum stehenden Binnenschiffes „F...“ verursacht wurden. Ursache war in beiden Fällen eine unmittelbare navigatorische Maßnahme im Zusammenhang mit der Teilnahme am Schiffsverkehr, denn in beiden Fällen beruhte der Zusammenstoß - unstreitig - darauf, dass der Schiffsführer das Fahrmanöver „Rückwärtsfahrt“ einleitete, das Schiff sodann gleichwohl aber vorwärts fuhr.

Ob die Klägerin oder ihr Schiffsführer dagegen diese Kollision schuldhaft herbeigeführt haben und tatsächlich gegenüber der Bundesrepublik Deutschland haften, oder ob der Geschädigten aufgrund fehlender Warnhinweise des Schleusenpersonals ein (Mit-) Verschulden zur Last fällt, bedarf im vorliegenden „Deckungsprozess“ keiner Entscheidung, da die Klägerin insoweit nicht Zahlung sondern Freistellung begehrt, die nach Ziff. 4.2 der AVB hier entweder in der Bezahlung eines richterlich festgestellten Anspruches oder aber in der Abwehr unberechtigter Ansprüche zu leisten ist. Den Beklagten bleibt es unbenommen im eigentlichen „Haftpflichtprozess“ vor dem Schifffahrtsgericht ihren diesbezüglichen Einwand durch Gewährung entsprechender Rechtsverteidigung weiter zu verfolgen.

Die Kollision ereignete sich innerhalb des versicherten Zeitraumes.

4. Die Beklagten sind insofern auch nicht von einer Leistungspflicht frei geworden, weil die Klägerin es entgegen § 12 Abs. 3 VVG versäumt hätte, ihren Anspruch binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Nach S. 2 dieser Vorschrift beginnt die Frist erst, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge abgelehnt hat.

Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass dieses mit ihrem Schreiben vom 17.10.2003 erfolgt sei, mit dem sie der Klägerin die ihnen gegenüber erklärte Ablehnungsentscheidung der Streithelferin mitteilten, kann dem nicht gefolgt werden. Mit diesem Schreiben mag der Klägerin i.S.d. § 12 Abs. 3 VVG mitgeteilt worden sein, dass die Streithelferin eine Deckung abgelehnt habe, wobei es fraglich bleibt, ob mit der in diesem Schreiben enthaltenen bloßen Bezugnahme auf eine der Beklagten zu 1) gegenüber erklärten Fristsetzung die Anforderungen nach § 12 Abs. 3 S. 2 VVG auch gegenüber der Klägerin im Rahmen eines ggfs. auch zwischen ihr und der Streithelferin bestehendem Versicherungsverhältnis erfüllt sind. Die Ablehnung einer eigenen Leistungspflicht der Beklagten zu 1) war damit noch nicht erklärt, zumal ein derartiges Begehren der Klägerin damals noch gar nicht im Raume stand.

5. Schließlich liegt auch kein Leistungsausschluss nach Ziffer 3.2.1.2 der AVB bzw. nach § 132 Abs. 1 VVG wegen Fahruntüchtigkeit des Schiffes vor, wobei zunächst aufgrund der als vorrangig vereinbarten AVB die dortigen Voraussetzungen zu prüfen sind.

a) Nach Ziffer 3.2.1.2 der AVB leistet der Versicherer keinen Ersatz für Verlust oder Beschädigung des versicherten Schiffes, verursacht dadurch, dass das versicherte Schiff nicht fahrtüchtig ist. Dieser Haftungsausschluss bezieht sich damit eindeutig nur auf den in der Binnenschiffsversicherung primär versicherten Kaskoschaden, d.h. Schäden, die dem Versicherungsnehmer selbst durch die Beschädigung des versicherten Gutes entstehen.

Der hier vorliegende Haftpflichtschaden, d.h. ein Schaden, den der Versicherungsnehmer einem Dritten zu ersetzen hat, ist hiervon nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel nicht umfasst.

Insoweit gilt überdies, dass die Binnenschiffsversicherung im Transportversicherungsrecht eine Besonderheit darstellt, als das mit dieser Versicherung nicht nur eigene sondern auch Haftpflichtschäden mitversichert sind. Gemäß Ziffer 3.1.3.1 der AVB richtet sich die Ersatzpflicht des Versicherers für diese Schäden auch nach besonderen Klauseln, nämlich den in Ziffer 4 der AVB niedergelegten Bestimmungen. Tatsächlich enthält diese Ziffer mit den Regelungen in 4.7 bis 4.9 auch eigenständige Haftungsausschlüsse; ein Ausschluss wegen Fahruntüchtigkeit des Schiffes fällt jedoch nicht hierunter. Auch im Übrigen sind die dort niedergelegten Ausschlusstatbestände für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

b) In Betracht käme von daher, dass die Haftung der Beklagten jedenfalls nach § 132 Abs. 1 VVG wegen einer Fahruntüchtigkeit des Schiffes ausgeschlossen wäre, da diese Norm nicht zwischen Haftpflicht und Kaskoschäden unterscheidet. Im Ergebnis ist aber auch dieses nicht der Fall.

aa) Auch soweit mit § 129 Abs. 2 S. 2 VVG in der Binnenschiffsversicherung eine Haftpflichtversicherung mit enthalten ist, handelt es sich um eine (einheitliche) Transportversicherung, für welche die Vorschriften des fünften Teils des VVG gelten. Die Vorschriften über die Haftpflichtversicherung im sechsten Teil des VVG finden insoweit keine Anwendung, was sich bereits aus der Stellung dieser Normen im Gesetz ergibt (vgl. auch Voit/Knappmann in Prölss/Martin VVG (27. Aufl.) § 129 Rdnr. 18). § 132 Abs. 1 VVG ist damit grundsätzlich auch auf die in der Binnenschiffsversicherung enthaltene Haftpflichtversicherung anzuwenden.

bb) Vorliegend haben die Parteien jedoch die Regelung nach § 132 Abs. 1 VVG wirksam mit der Vereinbarung der Geltung der AVB Flusskasko abbedungen. Wie ausgeführt, ist mit der Ziffer 3.2.1.2 in der AVB eine eigenständige Regelung für den Fall der Fahruntüchtigkeit des versicherten Schiffes enthalten. Diese Regelung des Haftungsausschlusses für die Fahruntüchtigkeit des versicherten Schiffes ist abschließend.

So enthält die Klausel einerseits Verschärfungen zu § 132 Abs. 1 VVG, indem sie Umstände aufzählt, in denen von vornherein eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen ist, wie etwa dem Wegfall einer Klassifizierung. Hierdurch wird dem Versicherer der Nachweis einer Fahruntüchtigkeit erheblich erleichtert. Ferner ist in dieser Klausel die Voraussetzung nach § 132 VVG weggefallen, wonach die Fahruntüchtigkeit bereits bei Antritt der Reise vorgelegen haben muss.

Andererseits enthält diese Klausel für den Versicherungsnehmer auch eine erhebliche Besserstellung, indem der Haftungsausschluss nicht gelten soll, wenn der Versicherungsnehmer die Fahruntüchtigkeit nicht zu vertreten hat, so dass es sich bei dieser Klausel nicht wie in § 132 VVG um einen objektiven Risikoausschluss, sondern um einen Haftungsausschluss für eine Obliegenheitsverletzung handelt.

Mit Ziffer 3.2.1.2 AVB, die in weitere Regelungen zum Haftungsausschluss eingebettet ist, wurde tatsächlich eine neue eigenständige Risikoverteilung zwischen den Parteien vereinbart, welche die Vermutung der Abgeschlossenheit für sich in Anspruch nehmen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der fehlenden Regelung für eine Fahruntüchtigkeit des Schiffes in Haftpflichtfällen eine ungewollte Regelungslücke vorliegt, die mit dispositivem Gesetzesrecht wie dem § 132 VVG zu schließen wäre, zumal - wie ausgeführt - in Ziffer 4 der AVB eigenständige Haftungsausschlüsse für den Haftpflichtschadensfall enthalten sind.

cc) Soweit gegebenenfalls doch noch Zweifel verbleiben, ob mit der Nichteinbeziehung der Ziffer 3.2.1.2 in Haftpflichtfälle eine ungewollte Regelungslücke vorliegt, die über § 132 VVG zu schließen wäre, gehen diese Zweifel gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten.

Bei der AVB Flusskasko (2000) handelt es sich um allgemeine Versicherungsbedingungen, im Sinne der §§ 305ff BGB. Die AVB wurden vorliegend von der Beklagten zu 1) gestellt, die deren Geltung in ihrer „Cover Note“ feststellte. § 305c gilt auch im kaufmännischen Verkehr (§ 310 Abs. 1 BGB), so dass es keiner Feststellung bedarf, ob die Klägerin mit dem von ihr betriebenen Transportgeschäft bereits ein Handelsgewerbe betrieb.

III.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus § 91 und 709 ZPO. Bei der Bestimmung des Streitwertes war zu berücksichtigen, dass die Klägerin lediglich die Feststellung einer Freistellungsverpflichtung für eine Forderung begehrt, deren Berechtigung noch völlig offen und Gegenstand eines weiteren Gerichtsverfahrens ist. Insoweit ist es angemessen, den Streitwert lediglich mit 30% der maximal zu erwartenden Zahlungsverpflichtung anzusetzen (§ 3 ZPO).