Landgericht Aurich
Urt. v. 15.06.2007, Az.: 3 O 1312/06 (377)
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 15.06.2007
- Aktenzeichen
- 3 O 1312/06 (377)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 60018
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2007:0615.3O1312.06.377.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich auf die mündliche Verhandlung vom 16.05.2007 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Diehl
die Richterin am Landgericht Döring und
den Richter am Landgericht Henjes
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist für die Beklagten wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Erstattung einer Geldauflage als Schadensersatz wegen Pflichtverletzung aus einem Steuerberatungsvertrag im Zeitraum 1993 bis 1997.
Während des vorgenannten Zeitraumes kam es beim Kläger und dessen zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau zu steuerlichen Unregelmäßigkeiten, als dessen Folge eine Selbstanzeige erfolgte und eine Außenprüfung des Finanzamtes stattfand. Gegen den Kläger wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, welches nach Zahlung einer Geldauflage von 7 500 € gem. § 153a StPO am 15.09.2004 eingestellt wurde. Es wird auf die Bescheide des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen Oldenburg vom 19.07. und 15.09.2004 verwiesen.
Der Kläger trägt vor, die Geldauflage sei vom Finanzamt von einer Größenordnung von 13 000 € auf 7 500 € reduziert worden und vertritt dazu die Auffassung, dies sei geschehen, da er lediglich fahrlässig gehandelt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 7 500 € nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem von der Deutschen Bundesbank bekannt gegebenen Basiszinssatz seit dem 1.10.2005 sowie weitere 287,80 € nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem von der Deutschen Bundesbank bekannt gegebenen Basiszinssatz seit dem 21.05.2006 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 16.05.2007 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Pflichtverletzung eines Steuerberatungsvertrages gem. § 280 BGB.
Die vom Kläger geltend gemachte Geldauflage nach § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO stellt keinen erstattungsfähigen Schaden des Klägers dar.
Eine Geldstrafe oder -buße ist grundsätzlich eine höchstpersönliche Schuld. Der Täter hat sie aus seinem Vermögen zu erbringen. Die strafrechtliche Sanktion soll ihn persönlich treffen und es bedarf eines besonderen Rechtsgrundes, der die Abwälzung einer Geldstrafe auf einen Dritten rechtfertigt. Ein solcher Rechtsgrund mag dann zu bejahen sein, wenn der Täter durch die schuldhafte Verletzung einer vertraglichen Beratungspflicht zu einer fahrlässigen Begehung einer Ordnungswidrigkeit veranlasst worden ist (vgl. LG Bonn, Urteil vom 27.08.1996, 13 O 226/96, NJW 1997, 1449.). Der BGH hat in seinem Urteil vom 14.11.1996, Az.: IX ZR 215/95 ( NJW 1997, 518, 519.) anerkannt, dass das Steuerrecht vielfach kompliziert und jedenfalls für den Laien undurchsichtig ist/Für den Steuerpflichtigen, der naturgemäß daran interessiert ist, seine Steuerlast so gering wie möglich zu halten, ist oft schwer erkennbar, was noch gesetzmäßig ist und was den Rahmen der steuerlichen Legalität sprengt. Wenn der Steuerpflichtige sich in dieser Lage eines steuerlichen Fachberaters bedient, so besteht dessen Aufgabe nicht nur darin, die seinem Mandanten zustehenden Steuervorteile auszuschöpfen, sondern er hat ihn auch davor zu bewahren, sich durch Überschreitung des zulässigen Rahmens der steuerstrafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Diese Pflicht endet dort, wo der Mandant selbst sich über die Rechtswidrigkeit eines bestimmten Vorgehens im klaren ist, denn dann bedarf er keiner Aufklärung. Begeht er deshalb allein oder gemeinsam mit dem Steuerberater eine vorsätzliche Steuerhinterziehung, so kann er die sein Vermögen treffenden strafrechtlichen Folgen nicht auf seinen Berater abwälzen. Allenfalls bei leichtfertigem Verhalten (§ 378 Abs. 1 AO) ist die Lage eine andere.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ist wegen Steuerstraftaten nach § 370 Abs. 1 und 2 AO geführt worden. Dabei handelt es sich um eine auch im Versuch strafbare vorsätzliche Steuerhinterziehung. Die Einstellung nach § 153a StPO hat sich gerade auf dieses Ermittlungsverfahren bezogen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine Verurteilung zu einer Geldstrafe oder eine Einstellung gegen eine Geldauflage vorliegt. Der Kläger selbst führt auf Seite 7 seines Schriftsatzes vom 11.12.2006 aus:
"Schon deshalb, weil der Kläger anderenfalls wegen einer Steuerstraftat verurteilt worden wäre und der Kläger bei einer Fortsetzung des Strafverfahrens mit weit aus höheren Kosten rechnen musste, war dieser gezwungen, das Angebot des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen vom 5.07.2004 (Anlage K3) anzunehmen und die geforderte Geldauflage von 7 500 € zu zahlen."
Daraus wird deutlich, dass er selbst eine strafrechtliche Relevanz seines Handelns eingestanden hat. Er ist selbst nicht etwa davon ausgegangen, dass ihn keine Schuld trifft oder jedenfalls nur Fahrlässigkeit vorliegt. In diesem Fall hätte er nämlich das Angebot gerade nicht annehmen dürfen, sondern auf eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO ggf. verbunden mit einer Verfolgung wegen der Begehung einer Ordnungswidrigkeit drängen müssen. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgetragene Reduzierung der Geldauflage von ursprünglich 13 000 € auf 7 500 € hat insoweit keine Auswirkungen. Der Grund bleibt nämlich der Gleiche: Die Einstellung wegen einer vorsätzlichen, ggf. auch versuchten Steuerhinterziehung.
Der sich aus der Argumentation des Klägers ergebene Wertungswiderspruch wird insbesondere aus der nachfolgenden Betrachtung deutlich, die bereits das LG Bonn in der zuvor zitierten Entscheidung anführt: Wäre der Täter wegen eines Verstoßes gegen § 370 Abs. 1 und 2 AO zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, so hätte er diese, da kein Vermögensschaden, nicht abwälzen können. Es wäre aber nicht einzusehen, dass ein Vorsatztäter dem eine Geldstrafe auferlegt wird oder der rechtzeitig einer Einstellung gegen eine Geldauflage zustimmt, der Strafe im Wege des Schadensersatzes entgeht und er deshalb besser gestellt wird.
Wegen einer bloßen Ordnungswidrigkeit aufgrund leichtfertigen Verhaltens (§ 378 AO) des Klägers ist gerade nicht gegen ihn vorgegangen worden. Sodann hätte es nämlich keiner Einstellung nach der StPO, sondern einer solchen nach dem OWiG bedurft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.