Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.08.2011, Az.: 16 K 276/08
Eigenständig zu beurteilende Kreditgewährung in Zusammenhang mit "PPP-Projekten"
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.08.2011
- Aktenzeichen
- 16 K 276/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 30688
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2011:0818.16K276.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 13.11.2013 - AZ: XI R 24/11
Rechtsgrundlage
- § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 UStG
Amtlicher Leitsatz
Eigenständig zu beurteilende Kreditgewährung in Zusammenhang mit "PPP-Projekten"
Revision eingelegt - BFH-Az.: XI R 24/11
Umsatzsteuer 2005
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen in den Bereichen Hochbau, Tiefbau und Ingenieurbau. Geschäftsführer der Klägerin ist Herr C. S.. Durch notariellen Vertrag vom 18. August 2004 gründete die Klägerin zusammen mit den Herren M. und H. die Objektgesellschaft W. M. mbH (nachfolgen OWM bzw. Organtochter). Die Klägerin hielt 90 v.H. der Gesellschaftsanteile. Zu Geschäftsführern der Gesellschaft wurden die Herren S., H. und M. bestellt. Gegenstand des Unternehmens der OWM ist die Verwaltung eigenen Vermögens. Hierzu zählt insbesondere die Vermietung der gem. Konzessionsvertrag überlassenen, noch zu sanierenden Studentenwohnheime in Mü.. Unstreitig wird angenommen, dass mit Gründung der OWM ein umsatzsteuerrechtliches Organschaftsverhältnis zur Klägerin im Sinne von § 2 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) besteht.
Die OVM wurde sodann in die Sanierung einer Studentenwohnanlage in Mü vertraglich eingebunden. Dies geschah im Rahmen eines sogenannten "ppp-Projekts" (sog. "Public-Private-Partnership"). Ziel des Projektes war die Sanierung der Studentenwohnanlage, wobei deren Träger, das Studentenwerk Mü., rechtlich nicht als Bauauftraggeber auftreten sollte und auch keine eigene Kreditaufnahme darstellen sollte. Daher wurde zwischen der OWM und dem Studentenwerk Mü. unter Datum vom 8. September 2004 ein Vertragswerk abgeschlossen, das sowohl einen sog. Mietvertrag als auch einen Konzessionsvertrag umfasste, auf deren Inhalt im Einzelnen das Gericht auf die zur Gerichtsakte gereichten Vertragskopien verweist. Nach der Präambel des Konzessionsvertrages beauftragte das Studentenwerk die Klägerin mit der Sanierung der Studentenwohnanlage. Dabei wurde die Klägerin als durchführende Generalunternehmerin benannt. Die Organtochter erhielt nach dem Vertrag das alleinige Recht auf Nutzung der Wohnheime in Form eines Nießbrauchsrechts am Wohnheim einschließlich dazugehörendem Grundstück gegen Zahlung eines einmaligen Nutzungsentgeltes von 2 Mio. EUR. Dieses Nießbrauchsrecht hatte die OWM ausschließlich dahingehend auszuüben, dass sie die Studentenwohnheime an das Studentenwerk im Rahmen eines ausschließlichen und alleinigen Mietverhältnisses zur Nutzung rücküberlassen konnte. Die Laufzeit des Konzessionsvertrages war auf 20 Jahre festgelegt seit Zahlung des ersten Nutzungsentgeltes. Die OWM verpflichtete sich die Studentenwohnheime zu sanieren, die Finanzierung der Sanierung über den gesamten Vertragszeitraum sicherzustellen und die Studentenwohnheime für die gesamte Laufzeit des Vertrages an das Studentenwerk auf der Basis des geschlossenen Mietvertrages zu vermieten. Das Studentenwerk stimmte im Vertrag dem Verkauf der Forderungen aus dem Mietvertrag an die finanzierende Bank zu. Grundlage für die Sanierung war gem. § 1 Abs. 2 des Vertrages das Angebot vom 29. Juni 2004 i.d.F. vom 26. Juli 2004 nebst dazugehörenden Zeichnungen und Planunterlagen. Nach § 1 Abs. 3 des Vertrages war ausdrücklich geregelt, dass Gegenstand des Vertrages auch die Nutzungsüberlassung an die OWM und die Mietüberlassung der Studentenwohnheime an das Studentenwerk einschließlich der Finanzierung der Sanierung durch die OWM war.
Nach dem Mietvertrag war in § 2 zur Miete geregelt, dass die Festlegung der Höhe des Mietzinses zunächst offenbleibe, da die endgültige Höhe der Gesamtfinanzleistungen für die Sanierung der Mietobjekte und die Kapitalmarktverhältnisse zum Beginn der Mietzeit berücksichtigt werden sollten. Die Grundlage der Miete war in § 2 Ziff. 2 des Vertrages umschrieben. Danach sollte sich die Mietzinsberechnung auf der Grundlage der Gesamtfinanzleistungen für die Sanierung der Mietobjekte zusammensetzen aus einem Anteil Baumaßnahme, der alle Baukosten inklusive der Nebenkosten gem. Angebot vom 29. Juni 2004 i.d.F. vom 26. Juli 2004 netto umfasste zzgl. der am Tag der Fertigstellung gültigen gesetzlichen Mehrwertsteuer sowie einem Anteil Finanzierung, der die Finanzierungskosten über die Bauzeit, das Nutzungsentgelt für die Überlassung des Mietobjektes und der Bestellung des Nießbrauchsrechtes sowie den jeweils geltenden Finanzierungszins umfasste. Hierzu war im Vertrag ausdrücklich geregelt, dass die Finanzierungsanteile gem. § 4 Nr. 8 UStG umsatzsteuerbefreit seien. Weiterhin heißt es im Vertrag: "Der umsatzsteuerbefreite Finanzierungsanteil wird separat berechnet und ausgewiesen. Einzelheiten sind nach den Bestimmungen der Finanzbehörden (R29a UStR) noch festzulegen."
Im Streitjahr 2005 wurden die ersten beiden der insgesamt fünf Studentenwohnheimhäuser fertig gestellt und abgerechnet. Die gesamte Sanierung war in 2007 beendet.
Die OWM finanziert die Sanierungsmaßnahmen über die Eurohypo AG. Grundlage hierfür war die Finanzierungsvereinbarung vom 22. Oktober 2004; mit Nachträgen (zuletzt vom 20. Juli 2007).
Nach Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme rechnete die OWM mit dem Studentenwerk Mü. im Juli 2007 ab. Nunmehr wurden aufgrund der feststehenden Baukosten und Finanzierungskonditionen die Gesamtfinanzleistungen festgelegt und daraus folgend die monatlich vom Studentenwerk zu zahlende Miete. Auf das Schreiben der OWM an das Studentenwerk Mü. vom 20. Juli 2007, das in Kopie zur Gerichtsakte genommen ist, wird hingewiesen. In der Anlage zu diesem Schreiben dokumentierte die OWM inwieweit sich angenommene Darlehen über die Laufzeit durch Tilgung und Zinsbetrag entwickelten.
Das FA für Großbetriebsprüfung B. führte in 2007 eine Außenprüfung bei der Klägerin und auch bei der OWM durch. Im Ergebnis nahm die Prüfung an, das entgegen den Verträgen die Leistung der OWM umsatzsteuerlich in der Werklieferung der Sanierung der Gebäude bestehe. Bemessungsgrundlage für diese umsatzsteuerliche Leistung sei die gesamte Kaufpreisforderung als Summe der Mieten bzw. Ratenzahlungen. Für die beiden im Streitjahr abgeschlossenen Sanierungen seien sowohl die abgerechneten Baukosten als auch die darauf entfallenden Finanzierungskosten sowie das Nutzungsentgelt für das der OWM eingeräumte Nießbrauchsrecht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Entsprechend der Darstellung in Tz. 19 des Außenprüfungsberichts für die OWM ergebe sich eine Mehrsteuer von 292.668,82 EUR. Soweit die OWM gegenüber dem Studentenwerk die Bauleistungen im Ergebnis kreditiere, liege keine eigenständige umsatzsteuerliche Leistung vor. Hierzu habe es einer eindeutigen, klaren, offensichtlichen und leicht nachprüfbaren Trennung zwischen Kreditgeschäft und Liefergeschäft bedurft. Diese eindeutige Trennung gehe aus dem vorgelegten Vertragswerk nicht hervor.
Entsprechend dem Ergebnis der Außenprüfung setzte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 6. Mai 2008 die Umsatzsteuer für das Streitjahr erhöht fest. Hiergegen richtet sich die nach insoweit erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor: Die von ihr über ihre Organtochter erbrachten Finanzierungsleistungen an das Studentenwerk seien einerseits als Darlehensrückzahlung nicht umsatzsteuerbar und unterlägen bezüglich der Kreditgewährung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8a UStG.
Die Klägerin habe ihre Leistungen über ihre Organtochter OWM im Rahmen eines typischen PPP-Projekts erbracht. Diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie den Gebietskörperschaften erlaubten, ohne eine weitere Kreditaufnahme bei Banken zwecks Vermeidung einer Nettokreditaufnahme durch die öffentliche Hand die Errichtung und Sanierung von öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen ausführen zu lassen. Dabei würden privat-wirtschaftliches Engagement und Kapital gezielt partnerschaftlich zur Erfüllung von Aufgaben der öffentlichen Hand eingesetzt, ohne die Ausgaben des Gemeinwesens durch neue Verschuldung überproportional zu belasten. Nach diesen Grundsätzen erbringe die Klägerin zwei getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen an das Studentenwerk, nämlich einerseits die Sanierung/Bauleistung und andererseits die Finanzierungsleistung. Aus Miet- und Konzessionsvertrag gehe eindeutig hervor, dass die Vertragsparteien einen Darlehensvertrag und eine Ratenzahlungsvereinbarung abschließen wollten.
Im Streitfall liege ein Sachverhalt zugrunde, der als "Nießbrauch and Lease-back" bezeichnet werden könne. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht an den Immobilien verbleibe dauerhaft beim Studentenwerk, weil das Nießbrauchsrecht nach Zahlung der letzten Mietrate erlösche und die Instandhaltung und Instandsetzung während der Vertragslaufzeit dem Studentenwerk obliege. Weder die Bestellung des Nießbrauchsrechts noch die Vermietung stellten daher umsatzsteuerliche Leistungen dar. Es handele sich insoweit um eine bloße Kreditgewährung mit entsprechenden Sicherungs- und Finanzierungsfunktionen durch Einräumung eines Nießbrauchsrechts und durch nachfolgende Zins- und Tilgungszahlungen. Dem wirtschaftlichen Inhalt der Verträge zufolge dienten Miet- und Konzessionsvertrag insoweit neben der Ratenzahlung für die Bauleistungen der Darlehensgewährung und der ratierlichen Darlehensrückzahlung. Sowohl die Bauleistung als auch die Finanzierungsleistung sei jeweils als eigene selbstständige Leistung zu betrachten. Andererseits gelte umsatzsteuerrechtlich, dass wirtschaftlich einheitliche Leistungen nicht künstlich aufgespalten werden dürften, wenn sie wirtschaftlich zusammengehörten und ein einheitliches Ganzes bildeten. Die Annahme einer einheitlichen Leistung setzte voraus, dass die einzelnen Faktoren einem einheitlichen und wirtschaftlichen Ziel dienten und so ineinander griffen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten. Andererseits gelte, dass die einzelnen Leistungen auch dann nicht als umsatzsteuerrechtliche Einheit zu behandeln seien, wenn sie zum Teil auf einheitlichem Vertrag beruhten. Im Streitfall erfüllten die Vereinbarungen, die zwischen OWM und dem Studentenwerk geschlossen seien, die Grundsätze, die auch nach Auffassung der Finanzverwaltung erfüllt seien müssen, um die Finanzierungsleistung als eigenständig zu beurteilen. So sei bereits im Mietvertrag mit dem Hinweis auf die Bestandteile "Mietanteil Baumaßnahme" und "Mietanteil Finanzierung" die gesonderte Vereinbarung enthalten. Auch sei insoweit geregelt, dass das Entgelt für die zukünftig zu erbringenden Leistungen aufzuteilen ist. Dem Umstand, dass entgegen der Vorgabe im Abschnitt 29a Abs. 2 UStR im Mietvertrag nicht die genaue Höhe des Zinssatzes enthalten sei, komme keine besondere Bedeutung zu. Denn der Vertrag enthalte hinreichende Regelungen, wie der Zins zu ermitteln sei, zumal bei Vertragsschluss dieser Zins der absoluten Höhe nach noch nicht bestimmbar gewesen sei. Schließlich sei auch das Erfordernis der getrennten Abrechnung der Leistungen erfüllt. Dies folge aus den Anlagen zum Schreiben der OWM vom 20. Juli 2007. Die Finanzierungsleistungen der OWM seien steuerfrei, soweit die OWM dem Studentenwerk die Bauzeit-Zinsen in Rechnung stelle sowie die damit verbundenen Finanzierungsnebenkosten. Soweit das Studentenwerk mit den monatlichen Raten anteilig die 2 Mio. EUR zurückzahle, die die OWM zuvor für die Einräumung des Nießbrauchs geleistet habe, handele es sich nicht um Leistungsentgelte, sondern um die Rückzahlung eines Darlehens. Damit fehle es insoweit am Entgeltscharakter.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerfestsetzung vom 6. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2008 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 292.668,82 EUR herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zwar bestehe kein Zweifel darin, dass der wirtschaftliche Hintergrund des PPP-Projektes die Sanierung von Teilen der Studentenwohnanlagen sowie die Finanzierung der damit im Zusammenhang stehenden Baumaßnahmen gewesen sei. Dies alleine reiche jedoch nicht aus, um umsatzsteuerlich von gesondert zu beurteilenden Leistungen, nämlich einer Sanierung und einer Kreditgewährung auszugehen. Gesondert zu beurteilende Leistungen lägen nur dann vor, wenn die Parteien neben der Leistungserbringung ausdrücklich eine Kreditgewährung vereinbarten, die Entgelte für die beiden Leistungen darlegten und getrennt abrechneten. Im Streitfall fehle es an der Vereinbarung einer Kreditgewährung. Die gewählte Gestaltung könne umsatzsteuerlich nicht in eine Kreditgewährung umgedeutet werden. Weder im Konzessionsvertrag noch im Mietvertrag noch in der Vereinbarung über das Nießbrauchsrecht hätten die Vertragsparteien eine Kreditgewährung gesondert vereinbart. Das Fehlen einer solchen Vereinbarung könne nicht dadurch geheilt werden, dass der Mietzins in einen Anteil Baumaßnahme und einen Anteil Finanzierung aufgeteilt werde. Auf die Regelungen im Abschn. 29a der Umsatzsteuerrichtlinien und die dort genannte BFH-Entscheidung vom 18. Dezember 1980 V B 24/80 werde Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie des Inhalts der angesprochenen Verträge wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin erbringt mit ihrer Organtochter OWM im Rahmen des abgeschlossenen PPP-Projekts (Public-Private-Partnerships) mehrere umsatzsteuerlich getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen. Dabei ist die sonstige Leistung, die in der wirtschaftlichen Vorfinanzierung des Bauaufwandes liegt, als eigenständige steuerfreie Kreditgewährung zu beurteilen.
Mit den Beteiligten geht das Gericht davon aus, dass entgegen der abgeschlossenen Verträge die OWM gegenüber dem Studentenwerk Mü. keine Mietleistungen an Grundstücken erbracht hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Verfügungsmacht an den Grundstücken ab Fertigstellung des jeweiligen Gebäudes auf das Studentenwerk überging, dass bereits zuvor bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des jeweiligen Grundstückes ist. Insoweit ist die Leistung der Organtochter der Klägerin nicht als Vermietung, sondern als Werklieferung einzuordnen. Für die im Streitjahr abgenommenen Gebäude hat damit die Organtochter die vereinbarte Werklieferung in Teilleistungen im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 UStG erbracht. Neben diesen steuerpflichtigen Teilleistungen aus der vereinbarten Werklieferung steht die eigenständig zu beurteilende Kreditleistung der Organtochter an das Studentenwerk.
Für die Abgrenzung, ob nur eine einheitliche oder mehrere selbstständige Leistungen vorliegen, sind im Wesentlichen folgende gemeinschaftsrechtlich geklärten Grundsätze zu berücksichtigen: Zum einen ist jede Leistung in der Regel als eigene, selbstständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftliche einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzulegen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbstständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung überbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Darüber hinaus ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Deshalb rechtfertigt allein der Umstand, dass Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden, nicht die Annahme einer einheitlichen Leistung. Eine einheitliche Leistung liegt auch nicht schon deshalb vor, weil mehrere Leistungen demselben wirtschaftlichen Ziel dienen (vgl. BFH-Urteil V R 14/06 vom 6. September 2007, BFH/NV 2008, 624 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Für den Streitfall bedeutet dies, dass zur Ermittlung des Wesens des fraglichen Umsatzes nicht auf die wörtlichen Vereinbarungen, wie sie im Mietvertrag und Konzessionsvertrag enthalten sind, abgestellt werden kann. Dies folgt bereits daraus, dass eine Vermietung, wie sie vereinbart war, wirtschaftlich betrachtet und umsatzsteuerlich folgend tatsächlich nicht in Betracht kam. Aus den Regelungen in § 2 des Mietvertrages ist jedoch für das Gericht ersichtlich, dass von vornherein die Vertragsbeteiligten davon ausgingen, dass neben der eigentlichen Werklieferung eine eigenständige Finanzierungsleistung treten sollte. Insoweit sind die Vereinbarungen in § 2 nicht lediglich als solche zu betrachten, die die Höhe des Entgelts regelten. Dies schließt das Gericht einerseits aus dem Umstand, dass in § 2 Ziff. 2 des Vertrages eigenständige Regelungen über den Mietzins, der sich aus den Baukosten ableiten lässt und eigenständige Mietzinsberechnung dem Grunde nach für die Finanzierungsanteile genannt sind. Darüber hinaus haben die Vertragsbeteiligten ausdrücklich im Vertrag geregelt: "Die Finanzierungsanteile sind gem. § 4 Nr. 8 UStG umsatzsteuerbefreit." Damit haben die Vertragsbeteiligten klar zum Ausdruck gebracht, dass für den Finanzierungsanteil eine Eigenständigkeit einer derartigen Leistung angestrebt war. Denn nur bei Eigenständigkeit der Finanzierungsleistung konnte überhaupt in Betracht kommen, dass diese unter die Steuerbefreiungsnorm fallen würde.
Die Vorfinanzierung der Baumaßnahmen durch die Organtochter der Klägerin hatte für das Studentenwerk als Leistungsempfängerin auch einen eigenen bedeutsamen Zweck. Durch die Vertragsgestaltung konnte insoweit eine ansonsten notwendig werdende Kreditaufnahme durch das Studentenwerk umgangen werden. Aus der Sicht des Studentenwerkes oder eines an seine Stelle tretenden Durchschnittsverbrauchers kommt der tatsächlich stattgefundenen Kreditierung des Werklieferungsentgelts bis hin zu letzten Rate nach vereinbarten 20 Jahren auch eine besondere Bedeutung zu. Denn im Regelfall kann ein Durchschnittsleistungsempfänger nicht annehmen, dass ihm der Leistende für die Zahlung des vereinbarten Entgeltes derartige Zeitspannen zuerkennt, ohne hierfür einen wie immer gearteten Zins zu verlangen. Im Ergebnis schließt sich der Senat damit auch der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen an, das im BMF-Schreiben vom 3. Februar 2005, BStBl I 2005, 415 zu PPP-Projekt im Straßenbau davon ausgeht, dass der Private regelmäßig die Vorfinanzierung vornimmt und dabei eine steuerfreie Kreditgewährung in Betracht kommt.
Ist damit die Kreditierung des Werklieferungsentgeltes als eigenständige Leistung zu beurteilen, so ist entgegen der Anforderung, wie sie im Abschn. 29a Abs. 2 der Umsatzsteuerrichtlinien formuliert ist, nicht zwingend erforderlich, dass in der geschlossenen Vereinbarung über die Kreditgewährung ein zahlenmäßig feststehender Jahreszins angegeben sein muss. Für den Streitfall ist bedeutsam, dass die Regelung in § 2 Ziff. 3 des Mietvertrages konkret genug regeln, wie sich der Zins zum Zeitpunkt der Erbringung der Werklieferung ermitteln wird. Die abschließende Festlegung des Zinses war ausdrücklich in § 2 Ziff. 4 des Vertrages für den Zeitpunkt des Beginns der Mietzeit festgelegt.
Schließlich ist festzustellen, dass die Organtochter der Klägerin mit den Anlagen zum Schriftsatz vom 20. Juli 2007 die eigenständige Abrechnung über die Kreditleistungen gegenüber dem Studentenwerk vorgenommen hat.
Die Gewährung des Kredits der Organtochter an das Studentenwerk ist zwingend nach § 4 Nr. 8a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Eine Optionsmöglichkeit nach § 9 UStG kommt nicht in Betracht. Auf die Frage, ob im Umfang der Rückzahlung des Betrages von 2 Mio. EUR, den die Organtochter für die Bestellung des Nießbrauchsrechts zahlte, eine nicht steuerbare Darlehensrückgewährung zu sehen ist, kommt es damit nicht an.
Im Ergebnis ist die Korrektur, wie sie der Beklagte aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung zu Tz. 25 des Bp-Berichts vorgenommen hat, rückgängig zu machen. Deshalb ist die Steuer für das Streitjahr - wie beantragt - um 292.668,82 EUR herabzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Das Gericht lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deshalb zu, weil die getroffene Entscheidung eine Abweichung von den Regelungen in dem Abschnitt 29a der Umsatzsteuerrichtlinien bedeutet.