Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 12.01.2012, Az.: L 15 AS 305/11 B
Anspruch auf Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren des sozialgerichtlichen Verfahrens
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 12.01.2012
- Aktenzeichen
- L 15 AS 305/11 B
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 13490
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2012:0112.L15AS305.11B.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 12.08.2011 - AZ: S 24 AS 1090/10
Rechtsgrundlagen
- § 46 Abs. 1 SGB I
- § 22 Abs. 3 SGB II
- § 73a SGG
- § 114 ZPO
- § 127 Abs. 4 ZPO
Redaktioneller Leitsatz
Der Grundsatz, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann, schließt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht aus. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Tenor:
Der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 12. August 2011 wird aufgehoben.
Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Klageverfahren sowie für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. in H. bewilligt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Osnabrück vom 12. August 2011, mit dem sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Klageverfahren S 24 AS 1090/10 abgelehnt worden ist. Gegenstand der zur Hauptsache erhobenen Klage ist die Zahlung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Höhe von 726,30 EUR, die zur Tilgung von Darlehen einbehalten worden sind.
Der Kläger steht bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin (im Folgenden nur: Beklagter) im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Bescheiden vom 23. Januar 2008 und 29. Januar 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger Darlehen nach § 22 Abs. 3 SGB II für eine Mietkaution in Höhe von 855,00 EUR sowie nach § 23 Abs. 1 SGB II für eine Wohnungsausstattung in Höhe von 1.350,00 EUR. In den Bescheiden heißt es jeweils, dass die Rückzahlungen durch Einbehaltungen von den Leistungen ab dem 1. März 2008 in Höhe von monatlich 100,00 EUR "laut Erklärung vom 23. Januar 2008" erfolgen sollten. Diese Erklärung hat folgenden Wortlaut:
"Mir ist bekannt, dass gegen mich eine Forderung in Höhe von 855,00 EUR besteht.
Zur Rückzahlung dieses Betrages verzichte ich gemäß § 46 Sozialgesetzbuch (SGB) I auf die Auszahlung der mir und meinen Haushaltsangehörigen zustehenden Sozialhilfeleistungen
ab 01.03.2008 in Höhe von 100,00 EUR."
Anlässlich eines erneuten Umzugs bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13. August 2008 ein weiteres Darlehen für eine Mietkaution in Höhe von 900,00 EUR. Mit Schreiben vom 2. September 2008 teilte er dem Kläger mit, dass das Darlehen mit monatlichen Raten, die von den Regelleistungen eingehalten würden, abzuzahlen sei. Es werde ab dem 1. Oktober 2008 eine monatliche Rate von 50,00 EUR einbehalten. Mit Datum vom 2. September 2008 gab der Kläger auch hinsichtlich dieser Mietkaution eine Verzichtserklärung hinsichtlich der ihm und seinen Haushaltsangehörigen zustehenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. Oktober 2008 in Höhe von 50,00 EUR ab. Mit weiterem Darlehensbescheid vom 23. Juni 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger schließlich ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II für die Begleichung von Passgebühren in Höhe von 180,00 EUR. Die Rückzahlung wurde in dem Bescheid dahingehend geregelt, dass von der laufenden Grundsicherung für Arbeitsuchende ein Betrag in Höhe von monatlich 50,00 EUR einbehalten werde.
Ab dem 1. März 2008 behielt der Beklagte von den SGB II-Leistungen Beträge zur Tilgung der gewährten Darlehen ein und führte diese an die I. J. der K. ab, und zwar - soweit aus den Akten ersichtlich - zunächst in Höhe von 78,00 EUR monatlich und ab dem 1. Oktober 2008 in Höhe von 50,00 EUR monatlich.
Auf Antrag des Klägers wurde die Abzweigung mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2010 aufgehoben. Mit Anwaltsschreiben vom 21. September 2010 wandte sich der Kläger an den Beklagten und beantragte "die Rücknahme des Verwaltungsakts, der die Verrechnung der unpfändbaren Einkünfte aus SGB II in Höhe von 50,00 EUR monatlich zu Gunsten der K. bestimmt", nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) sowie die Auszahlung der zu Unrecht abgeführten Sozialleistungen. Er machte geltend, dass die vorgenommenen "Verrechnungen" rechtlich unzulässig gewesen seien. Nachdem der Beklagte die Auszahlung der einbehaltenen Sozialleistungen im Hinblick auf die abgegebenen Verzichtserklärungen des Klägers mit Schreiben vom 13. Oktober 2010 und 9. Dezember 2010 abgelehnt hatte, hat der Kläger am 31. Dezember 2010 Leistungsklage auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 726,30 EUR erhoben. Er macht geltend, dass er sich hinsichtlich des gewährten Darlehens für die Wohnungsausstattung in Höhe von 1.350,00 EUR nicht mit einer Verrechnung einverstanden erklärt habe und eine gesetzliche Grundlage für die gleichwohl vorgenommene Verrechnung nicht vorhanden sei. Da das in Rede stehende Darlehen durch die vorgenommenen Verrechnungen zwischenzeitlich in Höhe von 726,30 EUR getilgt worden sei, habe der Beklagte diesen Betrag zu erstatten.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. August 2011 hat das SG die Gewährung von PKH abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage und der Frage der Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Verrechnung habe der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Auszahlung der bereits einbehaltenen Beträge in der von ihm bezifferten Höhe. Als Rechtsgrundlage komme allenfalls ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Betracht. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen eines solchen Erstattungsanspruchs vorlägen, da jedenfalls die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) verstoße. Danach fehle es für die Geltendmachung einer Forderung an einem schutzwürdigen Interesse, wenn eine Leistung geltend gemacht werde, die alsbald zurückzugewähren wäre ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est"). Ein solcher Sachverhalt liege hier vor, da die grundsätzliche Rückzahlungspflicht des Klägers aus dem bewilligten Darlehen zwischen den Beteiligten nicht streitig sei.
Gegen den ihm am 17. August 2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 7. September 2011 Beschwerde erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch für das Beschwerdeverfahren beantragt. Er macht im Wesentlichen geltend, dass seinem Anspruch die "dolo-agit-Einrede" nicht entgegen gehalten werden könne, da er zur Rückzahlung des streitbefangenen Darlehens erst nach Beendigung des Leistungsbezugs verpflichtet sei. Dass die vorgenommene Verrechnung rechtswidrig gewesen sei, habe der Beklagte durch deren Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft selbst eingeräumt.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht nach § 73 a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 127 Abs. 2 HS 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ausgeschlossen, weil in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Obwohl der Beschwerdewert vorliegend unter 750,00 EUR liegt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG), wäre vorliegend die Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG zulässig, da laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Auszahlung von Leistungen nach dem SGB II, die der Beklagte in der Zeit vom 1. März 2008 bis 30. September 2010, mithin für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr einbehalten hat.
Die Beschwerde ist in der Sache auch begründet. Dem Kläger ist für die beabsichtigte Rechtsverfolgung PKH zu gewähren.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält ein Verfahrensbeteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichend in diesem Sinne sind die Erfolgsaussichten einer Klage nicht etwa erst dann, wenn bei der notwendigerweise prognostischen Beurteilung der Möglichkeiten eines Klageerfolgs ein späteres Obsiegen bereits wahrscheinlicher erscheint als ein Unterliegen. Vielmehr genügt es für die Bewilligung von PKH, wenn die Klage auf der Grundlage eines vorläufig vertretbaren, diskussionswürdigen Rechtsstandpunkts schlüssig begründbar ist und in tatsächlicher Hinsicht die gute Möglichkeit der Beweisführung besteht (Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73 a Rdnr. 7a). Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen ist bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten eine nicht zu strenge Prüfung geboten; denn Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 GG gebieten eine weitgehende Gleichstellung von bemittelten und unbemittelten Personen hinsichtlich ihrer jeweiligen Möglichkeiten, effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können (BVerfG, Beschl. v. 26. April 1988, Az. 1 BvL 84/86, BVerfGE 78, 104). Dabei würde insbesondere die Rechtsweggarantie des Art 19 Abs. 4 GG gegenüber hoheitlichem Handeln von Leistungsträgern verfehlt, wenn die erst als Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens zu erwartende Klärung rechtlich und tatsächlich entscheidungserheblicher Zweifel im Sinne einer allzu vergröbernden Entscheidungsprognose in das PKH - Bewilligungsverfahren vorverlagert würde. PKH darf deshalb unter dem Gesichtspunkt der nicht hinreichenden Erfolgsaussicht nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache, wenn schon nicht auszuschließen, so doch wenigstens gänzlich fernliegend ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2000, Az. 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936 ff zur PKH-Bewilligung bei offenen Rechtsfragen).
Nach diesen Maßstäben lässt sich eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht verneinen. Obwohl der Kläger seine Klage auf bereicherungsrechtliche Grundsätze gestützt hat, macht er der Sache nach - entgegen der Auffassung des SG - nicht einen Erstattungsanspruch geltend, sondern begehrt vielmehr die vollständige Auszahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die der Beklagte ihm und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 30. September 2010 bewilligt hat. Der Beklagte hat die bewilligten Leistungen in diesem Zeitraum nicht in voller Höhe an den Kläger ausgezahlt, sondern monatlich Teilbeträge an die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit zur Tilgung von gewährten Darlehen abgeführt. Das Begehren auf vollständige Auszahlung der in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen kann der Kläger im Wege einer sogenannten echten Leistungsklage geltend machen (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall: LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 25. November 2009 - L 6 AS 24/09 -, Rn. 21, Revision beim BSG anhängig unter dem Az. B 4 AS 26/10 R).
Hinsichtlich der geltend gemachten restlichen Leistungsansprüche für den streitbefangenen Zeitraum in Höhe von insgesamt 726,30 EUR wird zunächst zu prüfen sein, ob diese durch Aufrechnung erloschen sind. Dies würde für die einzelnen gewährten Darlehen entsprechende Aufrechnungserklärungen voraussetzen, die indes jedenfalls in den Bescheiden vom 23. Januar 2008 (Mietkaution in Höhe von 855,00 EUR) und vom 29. Januar 2008 (Wohnungsausstattung in Höhe von 1.350,00 EUR) nicht enthalten sein dürften. Denn in diesen Bescheiden hat der Beklagte den monatlichen Einbehalt ab dem 1. März 2008 allein auf die abgegebene Verzichtserklärung des Klägers vom 23. Januar 2008 gestützt. Hinsichtlich des mit Bescheid vom 13. August 2008 bewilligten Darlehens für eine weitere Mietkaution in Höhe von 900,00 EUR hat der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 2. September 2008 mitgeteilt, dass zur Tilgung des Darlehens ab dem 1. Oktober 2008 monatliche Raten in Höhe von 50,00 EUR einbehalten würden. Soweit in dieser Mitteilung eine wirksame Aufrechnungserklärung erblickt werden könnte, würde diese Aufrechnung insoweit rechtlichen Bedenken begegnen, als nach der Rechtsprechung des LSG Schleswig Holstein (aaO.) bei Mietkautionsdarlehen eine Rechtsgrundlage für eine Aufrechnung in Form monatlicher Tilgungsraten nach der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Rechtslage (vgl. nunmehr § 43 a SGB II) nicht vorhanden war, eine solche Aufrechnung insbesondere nicht auf § 23 Abs. 1 S. 3 SGB II gestützt werden konnte. Schließlich ist die Zulässigkeit des in dem Bescheid vom 23. Juni 2009 (Darlehen in Höhe von 180,00 EUR für eine Passgebühr) verfügten monatlichen Einbehalts in Höhe von 50,00 EUR insoweit zweifelhaft, als nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB II a. F. die monatliche Tilgungsrate für ein Darlehen, welches für einen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt worden ist, auf 10 % der Regelleistung begrenzt war. Sollten sich die Aufrechnungen gemäß den bestandskräftigen Bescheiden vom 2. September 2008 und 23. Juni 2009 als rechtswidrig erweisen, wären diese Bescheide nach § 44 SGB X aufzuheben. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger bereits gestellt. Zwar ist nach dem Inhalt der Akten das diesbezügliche Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen, dieser Umstand dürfte aber der Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage hinsichtlich der ohne Aufrechnungs-Verwaltungsakt einbehaltenen Leistungen nicht entgegen stehen.
Soweit der Beklagte die von ihm vorgenommenen Abzweigungen von den laufenden Leistungen im Hinblick auf die vom Kläger abgegebenen "Verzichtserklärungen" vom 23. Januar 2008 und 2. September 2008 für zulässig hält, ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger hinsichtlich des gewährten Darlehens für die Wohnungsausstattung in Höhe von 1.350,00 EUR eine derartige Verzichtserklärung ohnehin nicht abgegeben hat. Die von dem Beklagten insoweit in Bezug genommene Verzichtserklärung vom 23. Januar 2008 bezieht sich nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf eine Forderung in Höhe von 855,00 EUR, mithin auf das gewährte Darlehen für die Mietkaution. Auch hinsichtlich der Mietkautionsdarlehen erscheint es allerdings zweifelhaft, ob sich der Beklagte auf die abgegebenen Erklärungen des Klägers berufen kann (verneinend für von der Behörde selbst veranlasste unzulässige Tilgungsvereinbarungen: LSG Schleswig Holstein aaO., Rn. 29). Im Übrigen wird bei der rechtlichen Prüfung der abgegebenen Verzichtserklärungen auch zu berücksichtigen sein, dass ein Verzicht nach § 46 Abs. 1 SGB I zum Erlöschen des Leistungsanspruchs führt. Sollten die in Rede stehenden Erklärungen rechtlich als (Teil-)Verzicht i. S. des § 46 Abs. 1 SGB I zu qualifizieren sein, wären die Leistungsansprüche in Höhe von 50,00 EUR bzw. 100,00 EUR monatlich erloschen, sodass diese Beträge auch nicht für eine Abführung an die I. der K. zur Verfügung gestanden hätten. Welcher Erklärungsgehalt den fraglichen Erklärungen von diesem Hintergrund überhaupt beigemessen werden kann, muss der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wie sie sich aus der vorgelegten Erklärung nebst Belegen ergeben, ist der Kläger nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH sind damit insgesamt erfüllt.
Dem Kläger ist auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren PKH zu gewähren. Allerdings entspricht es - soweit ersichtlich - allgemeiner Auffassung der Landessozialgerichte, dass für ein PKH-Beschwerdeverfahren PKH nicht gewährt werden kann (so auch für das zivilgerichtliche Verfahren: Geimer in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 114 Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 114 Rn. 35 u. § 127 Rn. 88, jeweils m. w. N). Diese Auffassung wird damit begründet, dass nach § 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO PKH für die "Prozessführung" gewährt werde und hierunter das eigentliche Streitverfahren, nicht aber das PKH-Prüfungsverfahren zu verstehen sei (vgl. z. B. Bayr. LSG, Beschlüsse vom 28. November 2011 - L 11 AS 606/11 B PKH, Rn. 10, vom 12. April 2011 - L 7 AS 192/11 B, Rn. 13 und vom 7. Mai 2010 - L 17 U 133/10 B, Rn. 9) sowie das PKH-Beschwerdeverfahren im sozialgerichtlichen Verfahren auch ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts betrieben werden könne (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - L 6 R 131/11 B, Rn. 7). Dieser Argumentation vermag sich der Senat indes nicht anzuschließen. Für die Begründung der Auffassung, dass PKH für das PKH-Verfahren nicht gewährt werde könne, wird regelmäßig der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. Mai 1984 (Az. VIII ZR 298, 83, BGHZ 91, 311) herangezogen. Dabei bleibt indes unberücksichtigt, dass der BGH diesen Grundsatz in einer späteren Entscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht angewendet und dem dortigen Beschwerdeführer PKH für eine Rechtsbeschwerde gegen ablehnende PKH-Entscheidungen bewilligt hat (Beschluss vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02). Für eine Differenzierung zwischen PKH-Antrag und PKH-Beschwerde auch im sozialgerichtlichen Verfahren spricht der Umstand, dass für das Beschwerdeverfahren (in Streitigkeiten, in denen Beitragsrahmengebühren gemäß § 3 RVG entstehen) nach Nr. 3501 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Vergütungsverzeichnis - RVG-VV) eine Verfahrensgebühr in Höhe von 15,00 bis 160,00 EUR anfällt. Diese Verfahrensgebühr ist - anders als die für den PKH-Antrag vorgesehene Gebühr (Nr. 3336 RVG-VV) - regelmäßig gegenüber dem Auftraggeber abrechenbar, da nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG Beschwerdeverfahren besondere Angelegenheiten sind und damit die Regelung des § 16 Nr. 2 RVG, wonach das Verfahren über die PKH und das Verfahren, für das die PKH beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit sind, nicht anwendbar ist (vgl. hierzu LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. August 2007 - L 3 B 307/06 AS, Rn. 3 m. w. N.; Rohn in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl. 2009, § 16 Rn. 5 u. § 18 Rn. 44). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der PKH erstreckt sich nicht auf das Beschwerdeverfahren (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, § 48 Rn. 29 und Ziffer 3500 VV Rn. 26; Ebert/Ludwig Kroiß in: Mayer/Kroiß, § 48 Rn. 16), so dass die Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren nicht von dem Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für das erstinstanzliche Verfahren umfasst wird. Hieraus folgt im Zusammenspiel mit der Regelung des § 127 Abs. 4 ZPO, der eine Kostenerstattung im PKH-Beschwerdeverfahren ausschließt, dass der unbemittelte Beschwerdeführer mit der Verfahrensgebühr für das PKH-Beschwerdeverfahren auch dann belastet bleibt, wenn die Beschwerde Erfolg hatte. Dieses Ergebnis ließe sich mit der in Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verbürgten Rechtsschutzgleichheit (vgl. z. B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 24. März 2011 - 1 BvR 2493/10, Rn. 14f m. w. N.) kaum vereinbaren. In seiner o. g. Grundsatzentscheidung vom 30. Mai 1984 (Rn. 6) hat der BGH maßgeblich darauf abgestellt, dass der armen Partei, der für das Bewilligungsverfahren PKH nicht gewährt werde, keine Kostennachteile entstünden. Diese Feststellung lässt sich für das PKH-Beschwerdeverfahren gerade nicht treffen. Schließlich folgt auch aus der Regelung des § 127 Abs. 4 ZPO, der eine Kostenerstattung für PKH-Beschwerdeverfahren ausnahmslos ausschließt, nicht, dass in Ermangelung erstattungsfähiger Kosten auch die Bewilligung von PKH ausscheiden muss. Entscheidungserheblich ist vielmehr allein, dass der Beteiligte durch das PKH-Beschwerdeverfahren mit Kosten belastet wird, die er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht tragen kann, so dass im Hinblick auf die verfassungsrechtlich verbürgte Rechtsschutzgleichheit die Gewährung staatlicher Leistungen in Form der Prozesskostenhilfe zur Gewährleistung gleichen Zugangs zu den Gerichten geboten ist.
Schließlich vermag auch das Argument, der Antragsteller könne das PKH-Verfahren mangels Anwaltszwangs vor dem LSG selbst führen und es sei Sache des beauftragten Rechtsanwalts, seinen Mandanten über das Kostenrisiko im Falle einer anwaltlichen Vertretung im Beschwerdeverfahren zu informieren, nicht zu überzeugen. Es ist anerkannt, dass ein Rechtssuchender trotz des im sozialgerichtlichen Verfahrens geltenden Amts-ermittlungsgrundsatzes regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten darf, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um das Verfahren in jedem Stadium durch sachdienlichen Vortrag und Anträge effektiv fördern zu können (vgl. BVerfG aaO., Rn. 19 m. w. N.). Nach diesen Maßstäben lässt sich die Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung bei einer Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Sozialgericht hinreichende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat, nicht bezweifeln. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage wäre, das PKH-Verfahren selbst zu führen, sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten für das vorliegende Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.