Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.02.2015, Az.: 2 A 190/13

Dürftigkeitseinrede; Ersatzvornahme; Kostenbescheid; Nachlassverbindlichkeit; Vollstreckung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
26.02.2015
Aktenzeichen
2 A 190/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44952
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Grundverfügung, in der dem Bescheidadressat die Vornahme einer Handlung aufgegeben und für den Fall der Nichtbefolgung die kostenpflichtige Durchführung einer Ersatzvornahme angedroht wurde, erledigt sich nicht durch die Durchführung der Ersatzvornahme.
2. In einer gegen den Kostenbescheid gerichteten Klage ist die Rechtmäßigkeit einer sofort vollziehbaren Grundverfügung auch dann nicht zu überprüfen, wenn diese aufgrund eines anhängigen Widerspruchsverfahrens noch nicht bestandskräftig geworden ist.
3. Bei der erstmaligen Inanspruchnahme eines Erben als Zustandstörer wird dieser originär in Anspruch genommen, so dass es sich nicht um eine Nachlassverbindlichkeit, sondern um eine Eigenverbindlichkeit des Erben handelt, der erbrechtliche Haftungsbeschränkungen nicht entgegengehalten werden können.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Kosten einer Ersatzvornahme.

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke A. weg 51 und A. weg 52 in B. (Flur C., Flurstück D. /E., ca. 520 m² und Flurstück F. /G., ca. 951 m²). Die Grundstücke sind mit einem Bahnwärterhaus und einem Behelfsheim bebaut, wurden jedoch seit Jahren nicht mehr als solche benutzt. Beide Grundstücke standen ursprünglich im Eigentum des Herrn H., der im Dezember 2010 verstarb. Der Nachlass des Herrn I. bestand ausschließlich aus den beiden Grundstücken sowie weiteren Nachlassverbindlichkeiten. Nachdem die gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen hatten, stellte das Amtsgericht Celle mit Beschluss vom 24. Juni 2011 den Fiskus als Erben fest. Unter dem 28. Juli 2011 erstellte das Amtsgericht Celle einen Erbschein, nachdem I. von dem Land Niedersachsen, vertreten durch die Oberfinanzdirektion Niedersachsen, allein beerbt worden ist.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 gab die Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, mit unverzüglicher Wirkung, spätestens bis zum 6. Januar 2013, zahllose auf den Grundstücken verstreut liegende gefährliche Gegenstände, wie Glasscherben und spitze Reste von abgerissenem Sanitärbedarf, zu entfernen, Gebäudeöffnungen gegen unbefugten Zutritt zu verschließen sowie den Holzunterstand und das Gartenhaus gegen Einsturzgefahren zu sichern. Gleichzeitig drohte die Beklagte die Ersatzvornahme an, wobei die Kosten der Ersatzvornahme mit voraussichtlich ca. 2.000,00 EUR angegeben wurden. Nachdem der Kläger den Anordnungen nicht nachgekommen war, setzte die Beklagte am 7. Januar 2013 die Durchführung der Ersatzvornahme fest und beauftragte die Firma J. K. mit der Durchführung der Arbeiten.

Gegen die Bescheide vom 18. Dezember 2012 und vom 7. Januar 2013 erhob der Kläger jeweils fristgerecht Widerspruch, über die nicht entschieden wurde; die Beteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, dass sich die Widersprüche mit der Durchführung der Ersatzvornahme erledigt hätten.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Februar 2013 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger als Kosten der Ersatzvornahme die Kosten der beauftragten Firma in Höhe von 3.694,45 EUR sowie 60,00 EUR Gebühren, mithin insgesamt 3.754,45 EUR fest.

Daraufhin legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein und beantragte zugleich, die sofortige Vollziehung des Kostenfestsetzungsbescheides vom 18. Dezember 2012 aufzuheben. Den Aufhebungsantrag lehnte die Beklagte unter dem 7. März 2013 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2013 als unbegründet zurück.

Daraufhin hat der Kläger am 4. Juli 2013 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass der Kostenfestsetzungsbescheid und die der Ersatzvornahme zugrundeliegenden Anordnungen nicht mit den Besonderheiten des Staatserbrechts vereinbar seien. Ferner hätten die im Bescheid vom 18. Dezember 2012 beschriebenen Gefahren bereits lange vor dem Erbfall bestanden, sodass die Beklagte früher hätte einschreiten müssen. Diese Fehlerhaftigkeit sei im hiesigen Verfahren zu berücksichtigen, da eine Überprüfung der Verfügung vom 18. Dezember 2012 aufgrund der Erledigung des Widerspruchs bisher nicht stattgefunden habe. Da die Gefahren schon lange Zeit vor dem Erbfall bestanden hätten, handele es sich auch um Nachlassverbindlichkeiten, sodass seiner Inanspruchnahme für die Kosten die von ihm erhobene Dürftigkeitseinrede entgegenstünde. Die Kostenforderung sei auch unverhältnismäßig, da die entstandenen Kosten den Wert der Grundstücke, die unverkäuflich seien, übersteigen würden. Er könne sich dabei auch auf die zugunsten von Privateigentümern entwickelte und auf Art. 14 GG abstellende Rechtsprechung berufen, da er zwar Teil des Staates sei, jedoch die Funktion eines Eigentümers treuhänderisch wahrnehme. Er handle nicht hoheitlich, sondern sei zivilrechtlicher Zwangserbe. Die Unverhältnismäßigkeit folge darüber hinaus aus dem Umstand, dass er an der Entstehung der Gefahren nicht beteiligt gewesen sei, weil er nicht in der Lage gewesen sei, sich des Eigentums an den Grundstücken zu entziehen.

Der Kläger beantragt,

den Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2013 aufzuheben,

hilfsweise,

die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass ihr der verwahrloste Zustand der Grundstücke vor dem Erbfall nicht bekannt gewesen sei. Selbst für den Fall, dass ihr der Zustand vorher bekannt gewesen und sie gegen den Erblasser bereits tätig geworden wäre, wäre sie nicht daran gehindert, gegen den Kläger als heutigen Zustandsstörer vorzugehen. Im Übrigen sei die Ersatzvornahme ordnungsgemäß vorgenommen worden und die Inanspruchnahme des Klägers entspreche pflichtgemäßem Ermessen und sei auch verhältnismäßig. Der Kläger könne sich zum einen nicht auf Art. 14 GG berufen. Zum anderen könnten die Grundstücke dadurch aufgewertet und verkauft werden, indem die baufälligen Gebäude abgerissen würden. Auch die erhobene Dürftigkeitseinrede greife nicht durch, da es sich bei der Pflicht, die vom Grundstück ausgehenden Gefahren zu beseitigen, nicht um eine Erblasserschuld handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat weder mit dem Haupt-(I.) noch mit dem Hilfsantrag (II.) Erfolg.

I. Der mit dem Hauptantrag angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2013 ist rechtmäßig und kann daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Sowohl die Veranlagung zu den Kosten der Ersatzvornahme (1.) als auch die Festsetzung der Verwaltungsgebühren (2.) sind rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Rechtsgrundlagen für die geltend gemachten Kosten der Ersatzvornahme sind die §§ 70 des Nds. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 des Nds. Gesetzes für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG). Danach kann die Verwaltungsbehörde, wenn die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist, nicht erfüllt wird, diese Handlung auf Kosten der betreffenden Person selbst ausführen oder eine andere Person mit der Ausführung beauftragen (Ersatzvornahme). Eine auf § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG gestützte Kostenerhebung ist rechtmäßig, wenn eine rechtmäßige Ersatzvornahme stattgefunden hat (a), der Betreffende rechtmäßig als Kostenschuldner in Anspruch genommen ist (b) und die Kosten auch hinsichtlich ihrer Höhe nicht zu beanstanden sind (c). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a) Vorliegend hat eine rechtmäßige Ersatzvornahme stattgefunden. Rechtsgrundlage für die Ersatzvornahme sind die §§ 64 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nds. SOG. Danach kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (aa). Zudem müssen die im Nds. SOG, insbesondere in § 70 Nds. SOG enthaltenen weiteren Voraussetzungen für die Durchführung einer Ersatzvornahme vorliegen (bb). Beides ist hier der Fall.

aa) Die Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 ist auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung – nämlich die Beseitigung von gefährlichen Gegenständen von den Grundstücken, der Schließung von Gebäudeöffnungen und der Absicherung der Gebäude gegen Einsturzgefahren – gerichtet. Zum Zeitpunkt der Vornahme der Ersatzvornahme durch die Firma J. K. war die Verfügung zwar noch nicht bestandskräftig, jedoch hatte ein Rechtsbehelf aufgrund der im Bescheid vom 18. Dezember 2012 angeordneten sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung.

Soweit der Kläger einwendet, dass die in der Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 enthaltenen Anordnungen fehlerhaft seien und nicht hätten ergehen dürfen, kann er damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein der Kostenbescheid vom 8. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2013. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung ist für die - hier allein streitgegenständliche - Frage der Rechtmäßigkeit der Vollstreckung ohne Bedeutung. Tragender Grundsatz des Verwaltungvollstreckungsrechts ist, dass die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Verwaltungsakte Bedingung für die Rechtmäßigkeit der folgenden Akte und letztlich der Anwendung des Zwangsmittels ist (BVerwG, Urt. v. 13.04.1984 – 4 C 31/81 –, zit. n. Juris; Nds. OVG, Beschl. v. 02.02.2015 - 4 LA 248/13 -, Veröffentlichung n. b.). Folglich sind auch materielle Einwendungen eines Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung für die Verwaltungsvollstreckung grundsätzlich unbeachtlich (Nds. OVG, Beschl. v. 02.02.2015, a. a. O.). Für die hier vorliegende, gegen den Kostenfestsetzungsbescheid gerichtete Klage folgt daraus, dass Voraussetzung nur ist, dass eine wirksame Grundverfügung zum Zeitpunkt der Ersatzvornahme vorliegt und dass die Ersatzvornahme rechtmäßig durchgeführt worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5/08 -, NVwZ 2009, 122 unter Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 291; Nds. OVG, Beschl. v. 23.04.2009 – 11 ME 478/08 -, NdsVBl 2009, 345; OVG Schleswig, Urt. v. 27.04.2006 - 4 LB 23/04 -, NordÖR 2006, 204; OVG Koblenz, Urt. v. 20.11.1996 - 8 A 13546/95 -, NVwZ 1997, 1009). Anhaltspunkte dafür, dass die Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 nichtig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat daher weder eine inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung stattzufinden, noch kommt es darauf an, ob die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung bereits überprüft wurde. Soweit das Nds. Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. April 2009 offen gelassen hat, ob in der besonderen Konstellation einer vor Eintritt der Bestandskraft erledigten Grundverfügung möglicherweise eine andere Betrachtungsweise geboten sein könnte, folgt daraus für den vorliegenden Fall nichts anderes. Denn entgegen der Ansicht der Beteiligten hat sich weder die Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 noch das hierzu von dem Kläger eingeleitete Widerspruchsverfahren durch die Durchführung der Ersatzvornahme erledigt. Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt erst ein, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5/08 -, a.a.O.). Da die Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 zugleich die Grundlage für die Vollstreckung und den streitgegenständlichen Kostenbescheid bildet, gehen von ihr weiterhin Rechtswirkungen für das Vollstreckungsverfahren aus, was einer Erledigung entgegensteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5/08 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 08.01.2008 – 10 S 2350/07 –, zit. n. Juris; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 102 und 104, jeweils m. w. N.). Da somit vorliegend keine Erledigung der Grundverfügung eingetreten ist, sind auch die weiteren, vom Kläger zitierten gerichtlichen Entscheidungen (VGH München, Beschl. v. 18.10.1993 - 24 B 93.92 - NVwZ-RR 1004, 548; VG Berlin, Urt. v. 17.05.2010 – 35 A 529.07 –; VG Würzburg, Urt. v. 18. Mai 2009 – W 5 K 07.920 –, letztere jeweils zit. n. Juris), wonach im Falle der Erledigung der Grundverfügung eine „bloß summarische Überprüfung“ derselben im Vollstreckungsverfahren zu erfolgen habe, nicht auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragbar.

Schließlich lässt sich auch von der vom Kläger zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württembergs vom 8. Januar 2008 nicht entnehmen, dass vorliegend noch eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung zu erfolgen hätte. Vielmehr führt auch der VGH aus, „dass es regelmäßig für die Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme und infolge dessen für die Rechtmäßigkeit des hieran anknüpfenden Kostenerstattungsanspruches unerheblich ist, ob der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, wenn er nur wirksam und vollziehbar ist“ (– 10 S 2350/07 –, a. a. O., Rn. 32 bei Juris). Aber selbst soweit die Ansicht vertreten wird, die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Grundverwaltungsaktes sei zumindest dann in Vollstreckungsverfahren zu überprüfen, wenn der Grundverwaltungsakt - wie hier - noch nicht bestandskräftig oder rechtskräftig geworden sei, andernfalls potentielles Unrecht durch die Vollstreckung vertieft werden könnte, folgt die Einzelrichterin dem nicht. Eine solche Sichtweise widerspricht dem Interesse der Effektivität der Verwaltungsvollstreckung und vernachlässigt, dass § 64 Abs. 1 Nds. SOG lediglich die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit der Grundverfügung voraussetzt (so auch Nds. OVG, v. 23.04.2009 – 11 ME 478/08 -, a. a. O.).

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen würde auch eine Überprüfung der Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da der Kläger abgesehen von den auch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vorgebrachten Einwände (Pflicht zur Gefahrenbeseitigung sei Nachlassverbindlichkeit, so dass seiner Inanspruchnahme die Dürftigkeitseinrede und Art. 14 GG entgegenstehe - dazu jeweils unten unter 1.b)) keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen hat, die sich „nur“ gegen die Rechtswidrigkeit der Grundverfügung richten. Derartige Anhaltspunkte sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr ist der Kläger selbst der Ansicht, dass die gefahrenrechtlichen und baurechtlichen Bewertungen der Beklagten zutreffend sind und ein entsprechender Handlungsbedarf bestand, um die im Bescheid vom 18. Dezember 2012 beschriebenen Gefahren abzuwehren.

bb) Die weiteren Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme liegen vor. Die Ersatzvornahme wurde insbesondere nach § 70 Nds. SOG ordnungsgemäß in der Grundverfügung vom 18. Dezember 2012 angedroht. Dem Kläger wurde auch entsprechend § 70 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG eine angemessene Frist zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtungen gesetzt, die zum Zeitpunkt der Durchführung der Ersatzvornahme abgelaufen war. Zudem wurden - wie von § 70 Abs. 4 Nds. SOG gefordert - die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme angegeben. Dass die später tatsächlich angefallenen Kosten der Ersatzvornahme höher waren, ist insoweit unschädlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.1984 - 4 C 31/81 -, Juris).

b) Der Kläger wird auch zu Recht als Kostenschuldner in Anspruch genommen. Er ist nach § 56 Satz 1 NBauO als Eigentümer für den Zustand der Grundstücke sowie der darauf befindlichen baulichen Anlagen verantwortlich und damit Kostenschuldner nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG, § 73 Abs. 2 Satz 1 Nds. VwVG.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, dass der baurechtswidrige Zustand der Grundstücke bereits seit langem bestanden habe und der Beklagten bekannt gewesen sei, ändert dies an der Verantwortlichkeit des Klägers nach § 56 S. 1 Nds. BauO und der damit einhergehenden Kostentragungspflicht nichts. Selbst wenn der Beklagten ein zögerliches Handeln oder eine anfängliche Untätigkeit vorzuwerfen sein sollte, stünde dies der Inanspruchnahme des Klägers nicht entgegen, da fehlerhaftes behördliches Handeln oder Überwachungsdefizite die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Zustands- oder Verhaltensstörers nicht beseitigen. Die Störerhaftung steht nicht unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Überwachung durch die Behörde; vielmehr sind der Verursacher eines rechtswidrigen Zustandes und der Eigentümer einer störenden Sache völlig unabhängig von der Frage einer möglichen oder sogar gebotenen Kontrolle durch die zuständigen Behörden verpflichtet, den rechtswidrigen Zustand auf ihre Kosten zu beseitigen (OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.06.2013 - 2 M 28/13 -; VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 - 10 S 744/12 -, jeweils zit. n. Juris).

Da die Zustandshaftung nach § 56 Satz 1 NBauO verhaltens- und verschuldensunabhängig ist, was wiederum keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 -, BVerfGE 102, 1), kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass seine Inanspruchnahme unverhältnismäßig sei, da er an der Entstehung der Gefahren nicht beteiligt gewesen sei.

Etwas anders folgt auch nicht aus dem von dem Kläger in diesem Zusammenhang zitierten Urteil des VG Köln vom 4. Mai 2006 (Az. 20 K 391/05), da kein vergleichbarer Sachverhalt gegeben ist. Im dortigen Verfahren hat das VG Köln entschieden, dass eine Grundsteuerfestsetzung gegenüber dem Fiskus, der Gesamtrechtsnachfolger eines im Insolvenzverfahren befangenen Grundstücks geworden ist, nur dann der Billigkeit im Sinne von § 163 AO entspreche, wenn die Steuerschuld aus dem Nachlass beglichen werden kann. Zur Begründung hat das VG dabei maßgeblich auf den Charakter der Grundsteuer als Objektsteuer sowie darauf abgestellt, dass der Fiskus als eines im Insolvenzverfahren befangenen Grundstücks nicht mehr berechtigt sei, Nutzungen aus dem Eigentum zu ziehen. Diese vom VG Köln angestellten Erwägungen lassen sich auf die hier betroffene verhaltensunabhängige Zustandshaftung des Eigentümers nicht übertragen. Im Übrigen fehlt es vorliegend sowohl im Tatsächlichen an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der damit für den Eigentümer verbundenen Einschränkungen, als auch im Rechtlichen an einer § 163 AO entsprechenden Vorschrift, die Raum für eine Billigkeitsentscheidung ließe.

Der Kläger kann seiner Inanspruchnahme als Kostenschuldner auch nicht mit Erfolg die von ihm erhobene Dürftigkeitseinrede nach § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenhalten. Gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht, wenn die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich ist oder aus diesem Grunde die Nachlassverwaltung aufgehoben oder das Insolvenzverfahren eingestellt wird. Dabei kann vorliegend die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Grundstücke tatsächlich wertlos sind und somit überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erhebung der Einrede erfüllt sind, offen bleiben. Denn entgegen der Ansicht des Klägers ist seine (erstmalige) Inanspruchnahme für die Beseitigung baurechtswidriger Zustände keine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 BGB. Geht es - wie hier - um die erstmalige Inanspruchnahme gegenüber dem Erben als Zustandsstörer, wird dieser originär in Anspruch genommen, so dass eine erbrechtliche Haftungsbeschränkung ausscheidet (Weidlich in: Palandt, BGB, Kommentar, 74. Aufl., 2015, § 1967 Rn. 3). In den Fällen der Zustandshaftung entsteht die noch nicht durch Verwaltungsakt konkretisierte Pflicht originär und neu beim Rechtsnachfolger (Leipold, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, Einleitung zu Band 9, Erbrecht, Rn. 211, m. w. N.). Der Charakter der Eigenverbindlichkeit des Erben erschließt sich dabei daraus, dass es nicht um Verpflichtungen aus rechtsgeschäftlichem Handeln der Erben zwecks Verwaltung des Nachlasses geht, bei dem möglicherweise durch ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung der Erben gegenüber dem Vertragspartner die Haftung auf die Erbmasse beschränkt werden kann, sondern die Zustandshaftung ein durch Rechtsnormen definiertes öffentlich-rechtliches Verhältnis ist (vgl. zu Grundbesitzabgaben: OVG Münster, Beschl. v. 27. 02.2001 - 9 B 157/01 - NVwZ-RR 2001, 596). Die Verpflichtung zur Beseitigung eines ordnungswidrigen Zustandes besteht jedoch unabhängig von einem diese Pflicht konkretisierenden Verwaltungsakt (Nds. OVG, Beschl. v. 07.03.1997 - 7 M 3628/96 - NJW 1998, 97; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 – 7 C 3/05 –, BVerwGE 125, 325-336). Dementsprechend hat auch das VG Köln in der von dem Kläger zitierten Entscheidung vom 4. Mai 2006 (20 K 391/05, a. a. O.) ausgeführt, dass sehr viel dafür spreche, dass der Fiskus nicht in der Lage sei, sich durch Beschränkung der Erbenhaftung vor der Inanspruchnahme des Eigenvermögens zu schützen, da Grundsteuerschulden nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 BGB gehörten. Dass Entsprechendes auch für die Handlungspflicht aus Zustandshaftung gilt, hat das Nds. Oberverwaltungsgericht in einem aktuellen Urteil vom 26. Februar 2014 (1 LB 100/09 –, Juris Rn. 55) erneut bestätigt:

„Die Handlungspflicht aus Zustandshaftung entsteht, ähnlich wie die an das Grundeigentum anknüpfenden Abgabenschulden, erst nach dem Erbfall und ist daher weniger einer Nachlassverbindlichkeit, also einer Schuld des Erblassers oder einer Schuld anlässlich des Erbfalls, z.B. einem Pflichtteilsanspruch oder Vermächtnis, als einer Nachlasserbenschuld vergleichbar (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 6.3.2008 - 9 ME 149/08 -, juris-Rn. 7 und zuletzt überzeugend OVG Bautzen, Urt. v. 23.5.2012 - 4 A 499/09 -, juris-Rn. 19 ff. m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 31.1.2013 - 9 B 32.12 -, juris).“

Eine sog. „Nachlasserbenschuld“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung ist jedoch eine Eigenverbindlichkeit des Erben, der die im Erbrecht vorgesehen Haftungsbeschränkungen, wie ausgeführt, nicht entgegen gehalten werden können.

c) Die in dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Februar 2013 angeforderte Kosten sind auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden; die Inanspruchnahme des Klägers ist insbesondere nicht unverhältnismäßig.

Der Ansicht des Klägers, dass die Kostenforderung unverhältnismäßig sei, da die angeforderten Kosten den Wert der Grundstücke überstiegen, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass das Ausmaß dessen, was dem Eigentümer eines Grundstückes als Zustandsstörer zur Gefahrenabwehr abverlangt werden darf, durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist. Die Belastung des Eigentümers bzw. Besitzers mit Kosten einer Sanierungsmaßnahme ist nicht gerechtfertigt, soweit sie dem Eigentümer bzw. Besitzer nicht zumutbar ist; zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer bzw. Besitzer als Belastung zugemutet werden kann, kann als Anhaltspunkt der Verkehrswert des Grundstückes nach Durchführung der Sanierung dienen (st. Rspr, vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 03.11.2005 - 11 ME 146/05 -, zit. n. Juris; BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 - 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 -, BVerfGE 102, 1; OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.06.2013 - 2 M 28/13 -, a.a.O.).

Entgegen der Ansicht des Klägers finden diese Grundsätze vorliegend aber keine Anwendung. Hintergrund der vorgenannten Rechtsprechung zur Begrenzung der Zustandshaftung des Grundstückseigentümers ist der sich aus Art. 14 GG ergebende Eigentumsschutz. Auf den Eigentumsschutz aus Art. 14 GG kann sich der Kläger allerdings nicht berufen, da Art. 14 GG nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater schützt; der Kläger ist dabei als Teil des Staates nicht Grundrechtsträger (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 23.07.2002 – 2 BvR 403/02 -, NVwZ 2002, 1366 m.w.N.; Beschl. v. 20.12.1979 – 1 BvR 834/79 -, NJW 1980, 1083; Beschl. v. 07.06.1977 – 1 BvR 108/73 -, BVerfGE 45, 63). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, dass die Rechtsprechung zur Begrenzung der Zustandshaftung vorliegend anwendbar sei, da er die Funktion eines Eigentümers „treuhänderisch“ wahrnehme, kann dem nicht gefolgt werden. Eine solche „Treuhänderstellung“ besteht nicht, da der Kläger nicht fremdes Vermögen verwaltet, sondern nach Ausschlagung der Erbschaft durch die übrigen Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollumfänglich und ohne Beschränkungen Eigentümer geworden ist.

Vor diesem Hintergrund kann auch die zwischen den Beteiligten streitig erörterte Frage, welchen Wert die beiden Grundstücke haben und ob die Grundstücke durch Abriss der Gebäude und durch Aufwertung zu einer Waldfläche oder ähnliches einen Wertzuwachs erfahren würden, offen bleiben.

Weitere Bedenken gegen die durch Rechnung der Firma J. K. nachgewiesene Höhe der Kosten der Ersatzvornahme von 3.694,45 EUR sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Gleiches gilt im Ergebnis für die Festsetzung der Verwaltungsgebühren in Höhe von 60,00 EUR. Sie basiert auf § 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG i. V. m. § 1, 3 NVwKostG i. V. m. §§ 1, 6 BauGO i. V. m. Ziffern 11.8.2 und Ziff. 26.1 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO. Die festgesetzten Verwaltungsgebühren bewegen sich im unteren Bereich des in Ziff. 26.1 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO enthaltenen Gebührenrahmens (35,00 bis 1410,00 EUR). Zudem überschreitet die festgesetzte Gebühr entsprechend dem in Ziff. 26.1 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO enthaltenen Hinweis nicht 10% der Kosten der Ersatzvornahme, sondern liegt deutlich darunter.

II. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Feststellungsantrag neben einem Anfechtungsantrag zulässig wäre, ist der Antrag jedenfalls unbegründet. Denn die Zustandshaftung des Klägers ist eine Eigenverbindlichkeit, so dass seine diesbezügliche Haftung nicht auf den Nachlass beschränkt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf obige Ausführungen unter I. Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m.   § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht bestehen nicht.