Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 12.10.1993, Az.: 2 Ss 147/93
Strafbarkeit der Verwendung einer lebenden Ente zur Jagdhundeprüfung; Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Unvernünftigkeit" einer Wirbeltiertötung ; Grundkonzeption des Tierschutzgesetzes; Prüfung der Jagdhunde auf ihre Brauchbarkeit als Voraussetzung für eine weidgerechte Jagdausübung; Zufügung von Leiden und Schmerzen durch das Ausziehen der Schwingfedern von Enten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.10.1993
- Aktenzeichen
- 2 Ss 147/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 10346
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1993:1012.2SS147.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 17 Nr. 1 TierSchG
- § 22a Abs. 1 BJagdG
- Art. 3 Abs. 3 S. 1 LJagdG
- § 3 Nr. 1 TierSchG
Fundstelle
- NuR 1994, 515-517 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Verstoß gegen das Tierschutzgesetz
Prozessgegner
... geboren am ... 19 ... in ... wohnhaft ...
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Prüfung der Jagdhunde auf ihre Brauchbarkeit ist Voraussetzung für eine weidgerechte Jagdausübung. Dementsprechend ist die Brauchbarkeitsprüfung nicht anlässlich einer Jagd abzuhalten, sondern an einem rechtzeitig vorher festgesetzten Termin vorzunehmen.
- 2.
Da für die (erlaubte) Jagd auf Wasserwild der Einsatz geschulter und geprüfter Jagdhunde vorgeschrieben ist und sich die Brauchbarkeitsprüfung "hinter der lebenden Ente" als ein zuverlässiges Verfahren ohne Alternativen von gleicher Wirksamkeit und Effektivität darstellt, ist der Abschuss der auf die Wasserfläche gedrückten Ente kein unvernünftiger Grund im Sinne des § 17 Tierschutzgesetz.
In der Strafsache
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Schöffengerichts ... vom 14. Januar 1993
in der Sitzung vom 12. Oktober 1993,
an der teilgenommen haben:
Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht ...
Richter am Landgericht ... als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt ... als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt ... als Verteidiger,
Justizamtsinspektorin ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision wird verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Landeskasse zur Last.
Tatbestand
I.
Das Schöffengericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz freigesprochen.
Nach den Feststellungen war der Angeklagte als Vorsitzender eines Jagdhundevereins für die Durchführung von zwei Zuchtprüfungen von Jagdhunden im Herbst 1991 verantwortlich. Die zu der Zeit geltende Prüfungsordnung des Jagdgebrauchshundeverbandes sah u.a. die Wasserarbeit des Jagdhundes an der lebenden Ente vor. Trotz des ihm erteilten Hinweises, daß nach Auffassung des Niedersächsischen Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Wasserarbeit unter Verwendung der lebenden Ente mit dem Tierschutzgesetz nicht im Einklang stehe, entschloß sich der Angeklagte, nach der Prüfungsordnung zu verfahren.
An der Verbandsgebrauchshundeprüfung vom 28.09.1991, die der Auslese besonders geeigneter Jagdhunde diente, nahmen fünf Hunde teil. In dem Prüfungsabschnitt "Wasserarbeit" wurden zuvor gefangene Wildenten, denen 1 bis 3 Schwingfedern herausgezogen waren, um sie am Wegfliegen zu hindern, im Schilf ausgesetzt. Die Aufgabe des Hundes bestand darin, binnen maximal einer Viertelstunde die Ente ohne vorherigen Sichtkontakt im Schilf aufzuspüren, auf die freie Wasserfläche zu drücken und auf ihrer Spur zu bleiben. Drei Hunden gelang dies. Die vom Angeklagten sodann abgeschossenen Enten wurden von diesen Hunden apportiert.
Die anderen zwei Hunde apportierten die Ente allerdings jeweils lebend, was den Zuchtrichtlinien widerspricht. Danach soll der Hund nicht auf die Ente zugreifen und sie erst nach dem Erlegen völlig unversehrt zutragen. Die eine Ente war nach dem Abtauchen unmittelbar vor dem Hund wieder aufgetaucht, die andere von dem Hund noch im Schilf gefaßt worden. Der Angeklagte tötete diese Enten, bei denen vor Ort nicht festgestellt werden konnte, ob sie innere Verletzungen erlitten hatten, jeweils durch einen Stich in den Hinterkopf.
Anläßlich der Herbstzuchtprüfung vom 25.10.1991 wurden zwölf junge Hunde erstmals zu einer Zuchtprüfung vorgestellt. Vier Hunden gelang es nicht, die Ente binnen einer Viertelstunde aus der Deckung zu bringen, so daß das Stöbern abgebrochen wurde; sie wurden auf ihre Schußfestigkeit hin überprüft und hatten eine frischtote Ente zu apportieren. Die übrigen Enten wurden nach erfolgreicher Wasserarbeit von dem jeweiligen Hundeführer abgeschossen und von den Hunden zugetragen.
Das Schöffengericht hat zu den Auswirkungen dieses Prüfungsverfahrens auf die Ente - beraten durch zwei Sachverständige - folgende Feststellungen getroffen:
Härte und Durchhaltewille eines Jagdhundes könnten zuverlässig nur an einer lebenden Ente im vegetationsreichen Wasser beurteilt werden. Alternativen für die Zuchtprüfung, etwa die Arbeit mit einer Entenattrappe, seien derzeit nicht genügend erprobt bzw. genügend praktikabel. Durch das Abschießen der Ente auf der freien Wasserfläche lerne der Hund, daß seine Arbeit Erfolg habe. Zudem könne nur so überprüft werden, ob der Hund die vor seinen Augen geschossene Ente auch apportiere. Manche Hunde würden zwar eine ins Wasser geworfene, nicht aber eine vor ihren Augen geschossene Ente apportieren. Vornehmlich im Hinblick auf die Fähigkeit der Ente, bei der Schreckmauser einzelne Federpartien ohne Krafteinwirkung abzustoßen, hat das Amtsgericht nicht auszuschließen vermocht, daß für die Ente durch das Ausziehen von 1 bis 3 Schwingfedern allenfalls ein kurzer Schmerzzustand eintritt. Weiterhin hat das Amtsgericht gewürdigt, daß die Ente während der Mauser im Sommer einige Wochen ohnehin flugunfähig sei. Die äußeren Bedingungen (Größe der Seen und der vorhandenen Deckung) hätten es der Ente ermöglicht, ihre dem Hund gegenüber überlegenen Schwimm- und Tauchfähigkeiten einzusetzen.
Hinsichtlich der lebend ergriffenen Enten hat das Amtsgericht - insoweit auch mit sachverständiger Beratung - zwei unglückliche Zufälle angenommen.
Bei der rechtlichen Würdigung kommt das Schöffengericht zu dem Ergebnis, daß die Tötung der Enten nicht "ohne vernünftigen Grund" im Sinne des § 17 Nr. 1 TierSchG erfolgt sei und den auf die Wasserfläche gedrückten Enten nicht zuvor erhebliche Leiden im Sinne des § 17 Nr. 2 b TierSchG zugefügt worden seien. Die erheblichen Schmerzen bzw. Leiden, die die beiden lebend apportierten Enten erlitten hätten, seien noch gerechtfertigt gewesen. Des weiteren hat das Amtsgericht Verstöße gegen § 3 Nrn. 1 (Überforderung), 7 (Schärfeprüfung) und 8 (Hetzen) TierSchG schon dem äußeren Tatbestand nach verneint.
Dagegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie trägt vor, die Verwendung lebender Enten sei für die Zuchtauslese und die Erprobung der Praxistauglichkeit von Jagdhunden verzichtbar. Zudem sei die Ente dem Hund während der Prüfung deutlich unterlegen. Ein vernünftiger Grund für die Tötung der Ente im Rahmen der Prüfung liege daher nicht vor.
Gründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die getroffenen Feststellungen tragen den Freispruch.
1.
a)
Nach § 17 Nr. 1 TierSchG macht sich strafbar, "wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet." Ein "vernünftiger Grund" braucht nicht zwingend, nicht notwendig im Sinne einer ultima ratio zu sein. Die Wendung "ohne vernünftigen Grund" bezeichnet vielmehr eine Art Generalklausel, die vom Tatrichter aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall auszufüllen ist. Die herrschende Lehre spricht von einem gesamttatbewertenden Merkmal, dessen Voraussetzungen zum Tatbestand gehören sollen, während das darin liegende Werturteil mit dem Merkmal "rechtswidrig" identisch sei (vgl. Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, 1992, § 10 Rn. 45 ff.; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT, Teilbd. 2, 7. Aufl., § 59 Rn. 13; Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, 24. Aufl., Vorbem § 13 ff. Rn. 66). Diese Abwägung ist nach der Grundkonzeption des Tierschutzgesetzes vorzunehmen. Die Grundkonzeption folgt einem ethisch ausgerichteten Tierschutz im Sinne einer Mitverantwortung des Menschen für das seiner Obhut - auch im weiteren Sinne - anheimgegebene Lebewesen. In ihr spiegeln sich aber auch ethische Forderungen einerseits und wirtschaftliche und wissenschaftliche Erfordernisse andererseits wider (BVerfGE 36, 47 [56 f.]; 48, 376 [389]) Sie sind miteinander in Einklang zu bringen, wobei mehr gefühlsbetonte Beurteilungsmaßstäbe zunehmend durch exakte, wissenschaftliche Feststellungen über tierartgerechte und verhaltensgerechte Normen ersetzt werden (so BVerfGE 36, 47 [57] unter Berufung auf die Gesetzesbegründung - BT Drucks. VI/2559, Vorblatt und Seite 9). Das Tierschutzgesetz strebt nicht an, "Tieren jegliche Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens zu ersparen, sondern wird beherrscht von der dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechenden Forderung, Tieren nicht 'ohne vernünftigen Grund', 'vermeidbare', das 'unerläßliche Maß' übersteigende 'Schmerzen, Leiden oder Schäden' zuzufügen" (BVerfGE 36, 47 [57], 48, 376 [389]). Zulässig sind danach gesetzliche Eingriffe im Rahmen landwirtschaftlicher Nutztierhaltung, für wissenschaftliche Zwecke oder etwa auch aus Gründen weidgerechter Jagdausübung (BVerfGE 36, 47 [57]).
Bei sämtlichen Umständen, die die "Unvernünftigkeit" einer Wirbeltiertötung begründen, handelt es sich verfahrensrechtlich um Tatfragen, die der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur auf Lücken, Widersprüche, Verstöße gegen die allgemeine Lebenserfahrung, Denkgesetze und wissenschaftliche Erfahrungssätze unterliegen. Die Überlegungen und Schlußfolgerungen des Tatrichters brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, wenn sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung möglich sind (BGHSt 26, 56 [BGH 29.01.1975 - KRB 4/74] [63]; 29, 18 [20]). Das Unvernünftigkeitsurteil selbst, also die Bewertung als materiell rechtswidrig, ist verfahrensrechtlich als Rechtsfrage vom Revisionsgericht ohne Bindung an die Ansicht des Tatrichters auf Gesetzesübereinstimmung zu prüfen.
b)
Die Beurteilung des Schöffengerichts, die Enten seien nicht ohne vernünftigen Grund getötet worden, hält der auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung stand.
Bei der Jagd auf Wassergeflügel hat der Jäger einen Hund einzusetzen, der krankgeschossenes oder erlegtes Wassergeflügel aufzuspüren und zu apportieren vermag. § 22 a Abs. 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) bestimmt, daß krankgeschossenes Wild unverzüglich zu erlegen ist, um es vor vermeidbaren Schmerzen und Leiden zu bewahren; gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Landesjagdgesetz (LJagdG) hat der Jäger, entsprechend den Geboten der Weidgerechtigkeit, mit brauchbaren Hunden zu jagen und gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Ziffern 2 und 3 LJagdG jeweils mindestens einen brauchbaren Jagdhund auf der Jagd nach Wassergeflügel mitzuführen und bei jeder Nachsuche einzusetzen. Die Prüfung der Jagdhunde auf ihre Brauchbarkeit ist Voraussetzung für eine weidgerechte Jagdausübung. Dementsprechend ist nach Ziffer 12 Abs. 2 Satz 4 der Ausführungsbestimmungen zum Landesjagdgesetz (AB-LJagdG) gemäß Erlaß des ML vom 4. Juli 1989 (Nds.MBl. 1989, 727), zuletzt geändert durch Erlaß vom 11. Juli 1991 (Nds. MB. 1991, 959), die Brauchbarkeitsprüfung nicht anläßlich einer Jagd abzuhalten, sondern an einem rechtzeitig vorher festgesetzten Termin vorzunehmen. Allerdings sehen die Richtlinien über die Abnahme der Brauchbarkeitsprüfung und die Bestätigung der jagdlichen Brauchbarkeit gemäß Nr. 12 AB-LJagdG (abgedruckt bei Meyer-Ravenstein, Jagdrecht in Niedersachsen, 1989, Anh. 21) zur Wasserarbeit unter Ziffer 4.3.4. nur eine Prüfung an der (toten) Ente vor, die in oder hinter eine Schilfpartie oder entsprechende Deckung mindestens 10 m weit vom Ufer entfernt ins Wasser geworfen wird und vom Hund aufzuspüren und seinem Führer zuzutragen ist. Indes folgt hieraus nicht, daß die Prüfung unter Verwendung der lebenden Ente gegen materielle Vorschriften des Tierschutzgesetzes verstößt. Der Geltungsanspruch der materiellen Vorschriften des Tierschutzgesetzes hängt nicht davon ab, ob und inwieweit der zuständige Landesminister Richtlinien im Sinne der Nr. 12 AB-LJagdG zugestimmt hat. Verordnungen oder Richtlinien könnten die Strafbestimmung des § 17 TierSchG weder ergänzen noch ausfüllen (siehe auch BGH NJW 1987, 1833 f.; OLG Celle NdsRpfl. 1993, 133 f.).
Unbeschadet der Richtlinien war das Schöffengericht daher für die Beantwortung der Frage, ob die Prüfung an der lebenden Ente und insbesondere die Tötung der auf die freie Wasserfläche gedrückten Ente für die Feststellung der Brauchbarkeit des Jagdhundes erforderlich war, auf sachverständige Hilfe anwiesen und hat sich dieser bedient. Die Ausführungen der Sachverständigen hat das Schöffengericht hinlänglich wiedergegeben und dargelegt, daß zuverlässige Alternativen für die Prüfung an der lebenden Ente derzeit nicht vorhanden seien. Der Senat kann deshalb die auf Rechtsfehler beschränkte Nachprüfung vornehmen; sie deckt keinen Rechtsfehler auf. Das Schöffengericht ist zu dem Ergebnis gekommen, daß ohne die Prüfung an der lebenden Ente die Brauchbarkeit des Hundes für die Jagd auf Wasserwild nicht zuverlässig beurteilt werden kann. Auch der Abschuß der Ente ist für die Beurteilung der Brauchbarkeit des Hundes nicht entbehrlich, weil ansonsten kein Aufschluß darüber gewonnen werden könne, ob der Hund die vor seinen Augen geschossene Ente auch zuträgt. Diese vom Schöffengericht gewonnene Überzeugung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Soweit die Revision dagegen meint, die Prüfung "hinter der lebenden Ente" sei insgesamt verzichtbar, wendet sie sich unzulässigerweise gegen die Urteilsfeststellungen und die tatrichterliche Beweiswürdigung. Ob sich möglicherweise bei der Auswahl eines anderen Sachverständigen ergeben hätte, daß die Verwendung lebender Enten und deren Tötung für die Beurteilung der Brauchbarkeit nicht erforderlich ist, hat der Senat nicht zu beurteilen. Solche Feststellungen hätten nur im tatrichterlichen Verfahren getroffen werden können. Ein Fall, in welchem das Revisionsgericht gehalten ist, im Wege des Freibeweises gesicherte Erkenntnisse der Wissenschaft festzustellen (vgl. hierzu Hanack in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., §§ 351 Rn. 5, 337 Rn. 173), liegt nicht vor.
Mit der Tötung im Rahmen der Prüfung wurde demnach ein vernünftiger Grund verfolgt. Unvernünftig wäre sie etwa ohne einsichtigen Gewinn oder bei leichter Ersetzbarkeit des Tieres durch ein anderes Objekt gewesen (so Maurach/Schroeder/Maiwald, a.a.O., Rn. 13). Da aber für die (erlaubte) Jagd auf Wasserwild der Einsatz geschulter und geprüfter Jagdhunde vorgeschrieben ist und sich die Brauchbarkeitsprüfung "hinter der lebenden Ente" als ein zuverlässiges Verfahren ohne Alternativen von gleicher Wirksamkeit und Effektivität darstellt, ergibt sich für den Abschuß der auf die Wasserfläche gedrückten Ente daraus ein vertretbarer Grund.
Die beiden lebend apportierten Enten wurden im Hinblick auf möglicherweise erlittene erhebliche (innere) Verletzungen gleichfalls nicht ohne vernünftigen Grund getötet.
2.
Nach § 17 Nr. 2 b TierSchG macht sich strafbar, wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Während "Schmerzen" durch körperliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden, sind "Leiden" alle vom Begriff des Schmerzes nicht erfaßte Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (zum Merkmal "Leiden" vgl. auch BGH NJW 1987, 1833 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Deren Erheblichkeit und Dauer stellen im wesentlichen eine Tatfrage dar.
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet die Annahme zugunsten des Angeklagten, das Ausziehen der Schwingfedern könne allenfalls einen kurzen Schmerz für die Ente zur Folge haben.
Entgegen der Ansicht der Revision kann ein Rechtsfehler auch nicht darin erblickt werden, daß das Schöffengericht das Stöbernlassen des Hundes hinter der im Flug behinderten Ente deshalb nicht als Zufügung erheblicher sich wiederholender oder länger dauernder Leiden beurteilt hat, weil die Ente im jeden Sommer ohnehin einige Wochen flugunfähig sei und aufgrund der Beschaffenheit der Gewässer ihre überlegenen Schwimm- und Taucheigenschaften habe einsetzen können. Die weiteren Feststellungen zu dem Ausgang der Prüfungsdurchgänge im Abschnitt Wasserarbeit stehen dazu nicht im Widerspruch. Eine Unterlegenheit der Ente folgt nicht unausweichlich daraus, daß sich die Mehrzahl der Hunde vor dem Abschuß der Ente auf ihrer Spur befanden und zwei Enten aufgrund unglücklicher Zufälle lebend gefaßt wurden. Die tatrichterlichen Überlegungen und Schlußfolgerungen sind auch insoweit denkgesetzlich möglich und damit wiederum vom Revisionsgericht hinzunehmen.
Im übrigen wäre die rechtfertigende Wirkung des "vernünftigen Grundes" zu prüfen. Zwar nennt § 17 Nr. 2 b TierSchG den "vernünftigen Grund" als Rechtfertigungsgrund nicht ausdrücklich, doch findet er sich als allgemeiner Grundsatz des Tierschutzes in § 1 Satz 2 TierSchG (vgl. BVerfGE 48, 376 [389]; OLG Frankfurt NStZ 1985, 130; Maurach/Schroeder/Maiwald, a.a.O., Rn. 14; Lorz, TierSchG, 4. Aufl., Anh. §§ 17, 18 Rn. 32; Meyer-Ravenstein, MDR 1990, 864 [867]; siehe aber auch OLG Celle Nds.Rpfl. 1993, 133).
Auch wegen der beiden lebend apportierten Enten kann dem Angeklagten kein strafrechtlicher Vorwurf aus § 17 Nr. 2 b TierSchG gemacht werden. Insofern bieten die festgestellten tatsächlichen Umstände keinen Anhalt auch nur für eine billigende Inkaufnahme durch den Angeklagten, so daß eine fahrlässige Begehungsweise in Betracht käme, die jedoch nicht strafbar ist.
3.
Ohne Rechtsfehler hat das Amtsgericht den Angeklagten auch nicht wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 TierSchG verurteilt.
a)
Nach § 3 Nr. 1 TierSchG ist es verboten, einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich nicht gewachsen ist oder die offensichtlich seine Kräfte übersteigen. Hiergegen hat der Angeklagte nicht verstoßen, weil nach den Feststellungen die Gewässer so beschaffen waren, daß die Ente trotz entnommener Schwingfedern ihre überlegenen Schwimm- und Tauchfähigkeiten einzusetzen vermochte.
b)
Der Angeklagte hat auch nicht das Verbot des § 3 Nr. 7 TierSchG verletzt, ein Tier an einem anderen lebenden Tier auf Schärfe abzurichten oder zu prüfen.
Die Abrichtung oder Prüfung auf Schärfe erstrebt, daß der Hund seinen Fang als Waffe einsetzt, um das andere Tier zu töten oder zu verletzen (so v. Pückler, AgrarR 1992, 7 [9], weitergehend Lorz, a.a.O., § 3 Rn. 51, der es für die Abrichtung auf Schärfe genügen lassen will, daß der Hund zumindest später auf andere Tiere zugreifen kann; zu eng Meyer-Ravenstein, MDR 1990, 864 [868], der als Zweck des Abrichtens ein Zupacken und Abwürgen verlangt). In beiden Prüfungen sollten die Hunde zeigen, daß sie die Ente im Schilf aufspüren und ihrer Schwimmspur folgen können. Auf eine Wildschärfe durch Zugreifen, Verletzen oder sogar Töten wurde hingegen keinerlei Wert gelegt. Erst nach dem Erlegen sollte der Hund "zugreifen" und die Ente unzerbissen zutragen. Dieser Apportiervorgang unterfällt nicht mehr dem Verbot der Schärfeprüfung an einem lebenden Tier.
c)
Die Verwendung lebender Enten verstieß schließlich nicht gegen § 3 Nr. 8 TierSchG. Nach dieser Vorschrift darf kein Tier auf ein anderes gehetzt werden, soweit dies nicht die Grundsätze weidgerechter Jagdausübung erfordern. Zwar stellt die Aufforderung an den Hund, die Ente ohne vorherigen Sichtkontakt im Schilf aufzuspüren und ihre Spur aufzunehmen, um sie auf die freie Wasserfläche zu drücken, ein "Hetzen" im Sinne des § 3 Nr. 8 TierSchG dar (ebenso VG Braunschweig, Urteil vom 01.07.1993 - 1 A 1007/93; v. Pückler, a.a.O.; a. A. Meyer-Ravenstein, a.a.O., der darunter ein Anstacheln zu aggressivem Handeln [hier: Totbeißen] versteht; zum sachlichen Verbot der Hetzjagd auf Wild gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 13 BJagdG siehe auch Mitzschke/Schäfer, BJG, 4. Aufl., § 19 Rn. 38). Das "Hetzen" geschah jedoch nicht "entgegen den Grundsätzen weidgerechter Jagdausübung". Zu den Grundsätzen weidgerechter Jagdausübung gehört der (vorgeschriebene) Einsatz ausgebildeter und erfolgreich geprüfter Jagdhunde. Die Prüfung "hinter der lebenden Ente" stellt derzeit - wie rechtsfehlerfrei festgestellt - das zuverlässigste Verfahren dar, um die Brauchbarkeit des Hundes für ein weidgerechtes Jagen auf Wasserwild nachzuweisen, und dient der Vermeidung künftiger Tierschutzwidrigkeiten. Das "Hetzen" im Rahmen der Prüfung ist deshalb den Grundsätzen weidgerechter Jagdausübung zuzuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO.