Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.02.1998, Az.: 21 U 49/97

Ermittlung von Erben als Geschäftsbesorgung; Vergütung für die Erbenermittlung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
11.02.1998
Aktenzeichen
21 U 49/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 19498
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1998:0211.21U49.97.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 16.07.1997 - AZ: 12 O 112/96

Fundstelle

  • ZEV 1999, 449-450

Verfahrensgegenstand

Forderung

In dem Rechtsstreit
hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Amtsgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 1998
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 16. Juli 1997 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Kostenentscheidung für die erste Instanz wie folgt neu gefaßt wird:

Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Landgericht tragen der Kläger zu 15 %, der Beklagte zu 1 zu 42,6 % und die Beklagten zu 2 bis 5 zu je 10,6 %. Von den außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens tragen von denen des Klägers der Beklagte zu 1 42,6 % und die Beklagten zu 2 bis 5 je 10,6 % und von denen der Beklagten zu 1 bis 5 der Kläger je 15 %; im übrigen trägt jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten dieser Instanz selbst.

Von den Gerichtskosten der Berufungsinstanz und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1 50 % und die Beklagten zu 2 bis 5 je 12,5 %. Die Beklagten zu 1 bis 5 tragen ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Beklagten und Streitwert für das Berufungsverfahren: 56.573,35 DM.

Entscheidungsgründe

1

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).

2

Die Berufung, mit der die Beklagten die Abweisung der Klage in vollem Umfange erreichen wollen, hat keinen Erfolg.

3

Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil liegen die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683, 670 BGB auf die ihm gegen die Beklagten zugesprochenen Beträge vor.

4

Bei der Tätigkeit des Klägers - der Ermittlung der Beklagten als Erben - handelt es sich um eine Geschäftsbesorgung nach § 677 BGB, die dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach; denn sie haben die Erbschaft über rund 285.000 DM angenommen und den Erbschein beantragt.

5

Der Umstand, daß der Kläger, der die Ermittlung von Erben gewerbsmäßig betreibt, durch seine Tätigkeit eine Vergütung verdienen wollte, steht einer Geschäftsbesorgung nach § 677 BGB für die Beklagten nicht entgegen. Für einen anderen wird tätig, wer ein Geschäft nicht nur als eigenes, sondern - wie hier - zumindest auch als fremdes besorgt (BGHZ 16, 12).

6

Die Tätigkeit des Klägers führte zur Ermittlung der Beklagten als Erben, wie sich aus seinem an die Beklagten zu 1 und 5 gerichteten Schreiben vom 25. Oktober 1994 (Bl. 10) ergibt. Durch die Ermittlungstätigkeit des Klägers erhielten die Beklagten ca. 4 Jahre nach dem am 7. Dezember 1990 eingetretenen Tod der Erblasserin Kenntnis von ihrer Erbschaft. Zwar behauptet der Beklagte zu 1, er habe das Schreiben des Klägers über die Erbenermittlung nicht erhalten, sondern sei von dem Beklagten zu 5 unterrichtet worden. Das ändert aber nichts daran, daß der Kläger ihn - wie der Beklagte zu 1 selbst nicht in Abrede nimmt - als Erben ermittelt hat.

7

Der Kläger ist für die Beklagten auch nicht unentgeltlich tätig geworden.

8

Zwar hat die Nachlaßpflegerin den Kläger mit Schreiben vom 23. März 1993 (Bl. 9 d. A.) beauftragt, "die Erbenermittlung ohne Kosten für den Nachlaß durchzuführen". Mit diesem Zusatz wollte sie erkennbar nur verhindern, daß sie für den Nachlaß in Anspruch genommen wird. Es kam ihr darauf an, nicht selbst mit Kosten belastet zu werden; denn die Aufgabe der Nachlaßpflegerin ist die unentgeltliche Sicherung des Nachlasses. Durch den Zusatz wurden die zu ermittelnden Erben nicht von ihrer Verpflichtung freigestellt, die Tätigkeit des Klägers zu vergüten, der die Erbenermittlung gewerbsmäßig betreibt. Es wäre wirtschaftlich widersinnig, wenn er die Erbenermittlung stets kostenlos betreibt. In sein Risiko fällt lediglich, daß er keine Erben auffindet und die entstandenen Kosten selbst zu tragen hat. Im Falle der Ermittlung von Erben erhält er üblicherweise ein Erfolgshonorar. Demzufolge ist es auch unerheblich, in welchem Ausmaß der Kläger zur Ermittlung der Beklagten als Erben tätig war.

9

Für die Höhe des Vergütungsanspruchs des Klägers ist es auch unerheblich, daß sich der Beklagte zu 5 im Januar 1995 wegen Personenstandsurkunden an den ... gewandt hat; denn die Erbenermittlung durch den Kläger war bereits abgeschlossen. Die Tätigkeit des Beklagten zu 5 erfolgte lediglich zur Beschaffung erforderlicher Urkunden für den Erbscheinsantrag.

10

Der Vergütungspflicht der Beklagten steht auch nicht entgegen, daß sie die ihnen vom Kläger übersandte Honorarvereinbarung nicht unterzeichnet haben. Ihr Verhalten ändert nichts daran, daß der Anspruch des Klägers gegen sie aus Geschäftsführung ohne Auftrag unverändert bestehen blieb.

11

Dem Kläger, der die Erbenermittlung gewerbsmäßig betreibt, steht nach §§ 677, 683, 670 BGB für seine Tätigkeit die übliche Vergütung zu (BGHZ 65, 384, 390) [BGH 15.12.1975 - II ZR 54/74], die das Landgericht zutreffend mit 20 % des Nachlaßwertes von 282.866,72 DM bemessen hat. Entsprechend der Berechnung des Landgerichts kann der Kläger die ihm zugesprochenen Beträge als Vergütung verlangen, mithin 28.286,67 DM von dem Beklagten zu 1 und jeweils 7.071,67 DM von den Beklagten zu 2 bis 5.

12

Der Zinsanspruch ist nach §§ 284 Abs. 1, 288 BGB gerechtfertigt.

13

Die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist von Amts wegen (vgl. § 308 Abs. 2 ZPO) unter Berücksichtigung von § 100 ZPO neu zu fassen.

14

Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 ZPO.

15

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwer der Beklagten und Streitwert für das Berufungsverfahren: 56.573,35 DM.