Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 29.03.1995, Az.: 1 UF 185/94

Voraussetzungen für eine Ehescheidung; Scheidung einer Ehe durch Gericht des ersten Rechtszuges bei dortigem Vorliegen von Folgesachen ; Kostenentscheidung bei Vermeidung eines Berufungsverfahrens

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
29.03.1995
Aktenzeichen
1 UF 185/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 17975
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1995:0329.1UF185.94.0A

In dem Rechtsstreit
hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
unter Mitwirkung
der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 15. März 1995
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - ... vom 23. November 1994 insoweit, als in ihm der Scheidungsantrag vom 18. Mai 1994 zurückgewiesen worden ist, aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - ... zurückverwiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 12.000,00 DM festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung des Antragstellers ist zulässig. Sie führt gem. § 629 b Abs. 1 ZPO zur Zurückverweisung der Scheidungssache an das Gericht des ersten Rechtszuges.

2

Die Voraussetzungen für eine Ehescheidung sind gem. § 1565 Abs. 1 BGB gegeben. Die Ehe der Parteien ist gescheitert. Dies ergibt sich aus ihrem Vortrag, insbesondere auch ihren Erklärungen aufgrund der Anhörung gem. § 613 Abs. 1 Satz 1 ZPO im ersten Rechtszuge. Die Lebensgemeinschaft der Parteien besteht nicht mehr und es kann nicht erwartet werden, daß die Ehegatten sie wieder herstellen. Denn beide Parteien wollen die Ehe nicht fortsetzen und haben sich schon seit langer Zeit an andere Partner gebunden.

3

Die Ehe kann indessen nicht durch ein Urteil des Senats geschieden werden. Gem. § 629 b ZPO ist die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen, weil dort Folgesachen, nämlich die elterliche Sorge für den am 25. Oktober 1982 geborenen gemeinsamen Sohn! der Versorgungsausgleich zur Entscheidung anstehen.

4

Die Kosten des Berufungsverfahren sind in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO dem Antragsteller aufzuerlegen, weil er das Berufungsverfahren hätte vermeiden können, wenn er den Scheidungsantrag nicht innerhalb des ersten Jahres nach der Trennung der Parteien, jedenfalls aber nicht so früh gestellt hätte, daß die mündliche Verhandlung im ersten Rechtszuge noch innerhalb des ersten Trennungsjahres stattfinden mußte; in diesem Falle wäre die gescheiterte Ehe der Parteien gem. § 1565 Abs. 1 BGB im ersten Rechtszuge geschieden worden (vgl. Erman/Dieckmann BGB 9. Aufl. 1993, § 1565 Rdnr. 23; MüKo zum BGB/Wolf, 3. Aufl. 1993 § 1565 Rdnr. 53; Staudinger/Rauscher, BGB 12. Aufl. 1994, § 1565 Rdnr. 72 jeweils m.w.N.). § 97 Abs. 2 ZPO ist jedenfalls dann entsprechend anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Antragsteller bei der Antragstellung erkannte oder erkennen mußte, daß das erste Trennungsjahr noch nicht abgelaufen war, auch nicht unmittelbar vor dem Ablauf stand und eine unzumutbare Härte im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB als Voraussetzung für eine Scheidung innerhalb des ersten Trennungsjahres nicht gegeben war.

5

Eine vorläufige Vollstreckbarkeit, und zwar auch wegen der Kosten, laßt § 704 Abs. 2 ZPO nicht zu (vgl. MüKo ZPO/Krüger 1992, § 704 Rn. 18, Zöller/Stöber, ZPO, 19. Aufl. 1995 § 704 Rn. 12).

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 12.000,00 DM festgesetzt.