Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 27.07.2007, Az.: 1 A 1995/06
Verletzung der Mitwirkungsrechte eines Ratsherrn durch fehlende Erteilung einer Protokollberechtigung; Stellung eines Antrags auf Aufnahme von Wortbeiträgen in eine Niederschrift in der darauffolgenden Ratssitzung; Voraussetzungen an den Ausschluss der Öffentlichkeit von einer Ratssitzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 27.07.2007
- Aktenzeichen
- 1 A 1995/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 36199
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2007:0727.1A1995.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 45 NGO
- § 49 Abs. 1 NGO
- § 50 NGO
- § 160 Abs. 4 S. 1 ZPO
- § 3 NGO
Verfahrensgegenstand
Kommunalrecht
Redaktioneller Leitsatz
Ein Antrag auf Aufnahme von Wortbeiträgen in die Niederschrift einer Gemeinderatssitzung kann nicht mehr im Rahmen der Genehmigung der Niederschrift in der darauffolgenden Sitzung des Rates gestellt werden, dieser ist vielmehr unmittelbar in der Sitzung zu stellen, die protokolliert werden soll.
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 2007
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt,
den Richter am Verwaltungsgericht Steffen,
den Richter Plog sowie
die ehrenamtlichen Richter E. und F.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, soweit nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich als Ratsherr gegen die Beklagten, weil er seine Mitwirkungsrechte als Ratsherr verletzt sieht.
Der Kläger war bereits in der bis zum Jahre 2006 dauernden Wahlperiode Mitglied des Samtgemeinderates. Er gehörte der aus der Freien Wählergemeinschaft und den Grünen gebildeten Gruppe des Rates als gewähltes Mitglied der Grünen an. Er fühlt sich in seinen Mitgliedschaftsrechten im Wesentlichen dadurch verletzt, dass eine von ihm beantragte Protokollberichtigung nicht erfolgt ist und dass die von ihm zulässigerweise gestellten Fragen zur Kanalabrechnung nicht angemessen beantwortet und nicht öffentlich erörtert wurden.
In der Sitzung des Rates der Samtgemeinde vom 13. Juli 2006 hatte der Samtgemeinderat die Niederschrift über den öffentlichen Teil der Samtgemeinderatssitzung vom 23. März genehmigt. Der Kläger hatte zuvor eine Nachbesserung des Protokolls in zwei Punkten beantragt. Dabei ging es zum einen um den Tagesordnungspunkt Nr. 13. Seinerzeit war über den Erlass der Haushaltssatzung 2006 und die Verabschiedung des Haushaltsplanentwurfes 2006 sowie des Stellenplanes 2006 und die Haushaltskonsolidierung sowie das Investitionsprogramm für den Zeitraum von 2005 bis 2009 beraten worden. Der Kläger hatte während der Beratung ausführliche Stellungnahmen zur schlechten Haushaltslage abgegeben und damit die Ablehnung des Haushaltes durch die Gruppe WG/Grüne begründet. In dem Protokollentwurf waren keine Hinweise auf die Begründung enthalten. Der Kläger macht insoweit geltend, dass das Festhalten der Oppositionsmeinung wenigstens in knappster Form im Protokoll wichtig sei.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2006, das sowohl an den früheren Ratsvorsitzenden als auch den Samtgemeindebürgermeister gerichtet war, beantragte der Kläger daher dem Protokoll den Satz hinzuzufügen: "Herr G. begründet ausführlich, warum die Gruppe WG/Grüne dem Haushalt 2006 nicht zustimmt". Diesen Antrag wiederholte der Kläger während der Sitzung des Rates vom 13. Juli 2006 zu Punkt 2 der Tagesordnung. Der Antrag wurde mit zwei Stimmen, acht Enthaltungen und sechs Gegenstimmen abgelehnt. Sodann wurde die Niederschrift über den öffentlichen Teil der Samtgemeinderatssitzung vom 23. März 2006 mit 14 Stimmen und zwei Enthaltungen genehmigt.
Mit dem Schreiben vom 3. Mai 2006 hatte der Kläger darüber hinaus den Protokollentwurf über die Sitzung des Rates vom 23. März 2006 hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 16 beanstandet. Anlässlich dieses Tagesordnungspunktes, der mit "Mitteilungen, Anfragen und Anregungen" bezeichnet war, hatte der Vorsitzende der CDU-Fraktion H. das Protokoll über die Finanzausschusssitzung vom 2. März 2006 angesprochen. Im Hinblick darauf, dass dieses aus zeitlichen Gründen nicht mehr genehmigt werden würde, beantragte er, in das Protokoll der Samtgemeinderatssitzung aufzunehmen, dass er Wert darauf lege, dass er nach den Ausführungen von Herrn I. gesagt habe, dass er befremdet sei, dass Herr I. als ehemaliger Samtgemeindedirektor und langjähriges Ratsmitglied derartige Ausführungen mache und ob er Vorschläge hätte, wie die Samtgemeinde entlastet werden könnte, woraufhin dieser sagte, er hätte keine Vorschläge. Den Ablauf in der Finanzausschusssitzung hat der Kläger nach dem Protokoll über die Sitzung vom 23. März 2006 so bestätigt. Ferner wurde in dem Protokoll des Samtgemeinderates über die Sitzung vom 23. März 2006 sodann aufgenommen, dass dieser Ablauf im ersten Entwurf des Finanzausschussprotokolls so gestanden habe und dass der Finanzausschussvorsitzende I. dies vor seiner Unterschrift herausgenommen hätte. Der Antrag des Herrn H. wurde sodann mit 17 Ja-Stimmen und einer Stimmenthaltung angenommen. Der Kläger hatte in seinem Schreiben vom 3. Mai 2006 auch diesen Punkt angesprochen und deutlich gemacht, dass er gegenüber dem Antrag des Herrn H. rechtliche Bedenken habe, weil unter "Mitteilung usw." ein derartiger Antrag bzw. eine solche Abstimmung nicht stattfinden dürfe. Darüber hinaus widerspreche eine Abstimmung über einen Ratskollegen in dessen Abwesenheit seinem Rechtsempfinden. Der Einwand sei in dem Protokoll nicht enthalten, so dass nachzutragen sei: "Herr G. äußert die Ansicht, dass ein Antrag bzw. eine Abstimmung unter "Mitteilungen" gar nicht möglich sei".
Anlässlich der Sitzung des Samtgemeinderates vom 13. Juli 2006 sprach Herr I. dieses Thema ausweislich des Protokolls zu Punkt 2 der Tagesordnung nach Genehmigung des Protokolls an und übergab Beweismittel über die seiner Meinung nach falsche Protokollierung zu Protokoll. Der Samtgemeinderat beschloss daraufhin mit 14 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen, dass die Sache in einem gemeinsamen Gespräch mit der Protokollführerin, dem Samtgemeindebürgermeister, dem Ratsvorsitzenden und dem Fraktionsvorsitzenden besprochen und einer Lösung zugeführt werden sollte.
Zu dieser Frage hatte das Mitglied des Samtgemeinderates I. zudem unter dem 1. September 2006 eine Anfrage an die Kommunalaufsicht des Landkreises Stade gerichtet, in der er danach fragte, ob ein Beschluss über das Protokoll des Finanzausschusses in der Samtgemeinderatssitzung ohne Ankündigung in der Tagesordnung überhaupt möglich und zulässig ist. Der Landrat des Landkreises Stade hatte daraufhin mit Schreiben vom 28. September 2006 mitgeteilt, dass es im vorliegenden Fall unter dem Tagesordnungspunkt "Mitteilungen, Anfragen und Anregungen" abgehandelt werden konnte, weil es tatsächlich eines Antrages und einer Beschlussfassung nicht bedurft hätte, weil Herr H. berechtigt war, zu beantragen, dass seine Ausführungen in das Protokoll aufzunehmen waren. Letztlich handelte es sich dabei auch nicht um eine Änderung des Protokolls des Finanzausschusses, sondern um das Festhalten von Ausführungen, die in der Samtgemeinderatssitzung zur Finanzausschusssitzung gemacht wurden. Diese konnten bedenkenlos und im Einklang mit der Geschäftsordnung des Samtgemeinderates in das Protokoll der Samtgemeinderatssitzung übernommen werden. Es bestünden daher keine kommunalaufsichtlichen Bedenken.
Der Kläger beanstandet darüber hinaus das Protokoll über die Sitzung des Gemeinderates vom 23. März 2006 hinsichtlich des nicht öffentlich beratenden Punktes Nummer 19. Dieser Tagesordnungspunkt war auf Antrag der Gruppe WG/Grüne vom 9. März 2006 auf die Tagesordnung gesetzt worden. Dabei ging es um die Untersuchung der Kanalabrechnung der Stadtentwässerung Buxtehude (SEB). Inhaltlich ging es dabei um die seit dem 1. Januar 2004 geänderte Form der Abwasserbeseitigung, die seitdem durch eine Zweckvereinbarung zwischen der Samtgemeinde C. und der Stadt Buxtehude auf die Stadtentwässerung Buxtehude (SEB) übergegangen ist. Die SEB ist nach § 6 der Zweckvereinbarung verpflichtet, jährlich Rechnung vorzulegen. Wegen der Abrechnung 2005 hatte der Kläger verschiedene Fragen wegen ungewöhnlicher Personalkostenerhöhung und weiterer Unklarheiten im Kanalausschuss gestellt. Die Mehrheit habe sich nach seiner Auffassung jedoch mit diesen negativen Dingen nicht beschäftigen wollen, während der Samtgemeindebürgermeister die Auffassung vertreten hatte, dass die Samtgemeinde mit der Abwasserbeseitigung nichts mehr zu tun habe. Gegebenenfalls könnten die Gebührenzahler die Rechtmäßigkeit der Gebühren überprüfen lassen. Zur Abrechnung 2004 sei im Übrigen die Kommunalaufsicht des Landkreises Stade eingeschaltet worden, während nach einem Beschluss des Samtgemeinderates, der mit den Stimmen der CDU und der Gruppe WG/Grüne zustande gekommen ist, durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüft werden soll. Dies hat die Kommunalaufsicht allerdings wegen der damit verbundenen Kosten in Höhe von 20.000,00 EUR widersprochen.
In das Protokoll über die Sitzung vom 23. März 2006 wurde hinsichtlich dieser Angelegenheit im Wesentlichen Folgendes aufgenommen:
"...
Herr G. erläutert die im Einzelnen aufgeführten Anregungen der Gruppe gemäß Antrag vom 9.3.2006.
Herr J. entgegnet, dass die Gruppe mit ihren Anträgen großes Misstrauen gegen die SEB schürt und sehr viel Verwaltungstätigkeiten im Hause sowie bei der SEB verursacht. Die Unterlagen wurden von einer Prüfungsgesellschaft und vom Rechnungsprüfungsamt der Stadt Buxtehude geprüft. Er bezeichnet die Anträge als eine absolut populistische Maßnahme. Die Gruppe sollte fundiert sagen, was sie wissen will oder es selbst untersuchen lassen, nicht jedoch auf Kosten der Bürger.
Herr K. fragt, wie der Antrag abgearbeitet werden soll. Das Schreiben der Gruppe strotzt vor Misstrauen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WIBERA hat die Kanalabrechnung SEB für 2004 geprüft und für in Ordnung befunden, ebenso das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Buxtehude. Die Prüfung wurde gesetzmäßig abgenommen.
Herr K. verliest den Antrag der Gruppe im Schreiben vom 9.3.2006 wie folgt:
"Der Samtgemeinderat gibt der Verwaltung auf, im Einvernehmen mit dem Vertragspartner Buxtehude, die vorläufige Abrechnung 2004, in Verbindung mit dem Jahresabschluss 2004 der SEB, zu untersuchen und in transparenter Form darzustellen".
Über diesen Antrag stimmt der Rat mit einer Ja-Stimme, einer Stimmenthaltung und 15 Nein-Stimmen ab. Damit ist der Antrag der Gruppe WG/Grüne abgelehnt."
Der Kläger hat während der Sitzung des Gemeinderates vom 13. Juli 2006 die Nachbesserung des Protokolls beantragt. Er beanstandet zunächst, dass es sich bei dem Antrag der Gruppe nicht um Anregungen gehandelt habe und hat darüber hinaus bereits mit Schreiben vom 3. Mai 2006 beantragt, in das Protokoll folgende Passage aufzunehmen:
"Herr G. greift Einzelbeispiele aus der Begründung des Antrages auf und erläutert, dass widersprüchliche Einzelzahlen, völlig fehlende Schlüsselungen und insbesondere die Aufmachung der "vorläufigen Abrechnung" dem Wortlaut der Zweckvereinbarung widersprechen. Er stellt fest, dass WIBERA keinen Prüfauftrag erhalten hat, die vorläufige Abrechnung 2004 zu untersuchen oder gar Kostenschlüssel aus der Betriebsbuchhaltung".
Im Übrigen sei in dem Protokoll zwar ausdrücklich geschildert, was gegen den Antrag spreche, die Entgegnungen des Klägers mit Begründungen seien jedoch nicht enthalten. Daher sei darüber hinaus Folgendes zu ergänzen:
"Herr G. weist die Vorwürfe, mit dem Antrag würde Misstrauen gegen SEB geschürt, nachdrücklich zurück. Er erklärt ausdrücklich, dass der SEB nicht etwa unterstellt werde, rechtswidrig gehandelt zu haben. SEB habe es aber an Transparenz fehlen lassen, die Abrechnungen könnten und müssten bei SEB mit einmaligem vertretbaren Aufwand verbesserbar sein".
Ferner verwahrt sich der Kläger gegen die Beschuldigung des Populismus und wehrt sich dagegen, dass diese Aussage im Protokoll enthalten ist, ohne dass seine dagegen gerichteten Äußerungen aufgenommen worden seien.
Hinsichtlich der Abrechnung der Abwasserbeseitigung begehrt der Kläger darüber hinaus die Feststellung, dass sein Nachfragen bezüglich der Kalkulation der Kosten zulässig war und dass diese in öffentlicher Sitzung hätte beraten werden müssen, weil insoweit keinerlei Geheimhaltungsbedürftigkeit gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
- 1.
festzustellen, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, das Protokoll über die Sitzung des Samtgemeinderates vom 23. März 2006 so zu ändern, dass die Mitwirkungsrechte des Klägers nicht mehr beeinträchtigt werden,
- 2.
festzustellen, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet war, über den Antrag der Gruppe WG/Grüne vom 9. März 2006 im öffentlichen Teil der Sitzung zu beraten
- 3.
sowie festzustellen, dass der Beklagte zu 2. verpflichtet war, dem Kläger seine Fragen zur Kanalabrechnung 2005 in angemessener Frist nachvollziehbar zu beantworten.
Der Beklagte zu 1. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Änderungsanträge des Klägers seien als zulässig behandelt worden, von der Mehrheit des Rates jedoch abgelehnt worden. Die Mitwirkungsrechte des Klägers seien durch die Genehmigung des Protokolls und durch die Nichtaufnahme in seinen Ausführungen nicht beeinträchtigt. Die Ratsmitglieder hätten das Ergebnisprotokoll so für ausreichend angesehen. Im Übrigen macht der Beklagte zu 1. umfangreiche Ausführungen zu den umfangreichen Möglichkeiten des Klägers, sich im Rat Gehör zu verschaffen.
Der Beklagte zu 2. beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger könne zwar nach der Gemeindeordnung über alle Angelegenheiten der Gemeinde Auskunft verlangen. Die Kanalabrechnung sei jedoch nach Abschluss der Zweckvereinbarung mit der Stadt Buxtehude nur noch insoweit eine Angelegenheit der Samtgemeinde als die jeweiligen Ergebnisse der Rechnungsprüfung zur Verfügung zu stellen sind. Das einzelne Ratsmitglied habe keinen Anspruch auf Informationen, die über diesen Rahmen hinaus gingen und könne weder den Samtgemeindebürgermeister noch die Stadt Buxtehude oder den eigenen Betrieb zu weiteren Informationen veranlassen. Die Stadtentwässerung Buxtehude habe das Ergebnis der Kostenrechnung für den Bereich C. zur Verfügung gestellt und dies darüber hinaus den Ratsmitgliedern erläutert und dargestellt. Die Fragen der Ausschussmitglieder seien entsprechend beantwortet worden. Die Fragen, die der Kläger während der Kanalisationsausschusssitzung gestellt habe, gingen über den Rahmen der Zweckvereinbarung weit hinaus, so dass sie nicht mehr beantwortet werden mussten. Der Samtgemeinderat hat im Rahmen seiner Kontrollfunktion die Informationen akzeptiert und sich mit dem Ergebnis und der Darstellung des Jahresergebnisses einverstanden erklärt. Der Kläger habe den gleichen Informationsstand wie der gesamte Rat. Mehr könne er nicht verlangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der von dem Kläger vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gegen den Beklagten zu 1. gerichteten Klagen sind als Kommunalverfassungsstreitigkeiten zulässig, weil der Kläger als Mitglied des Samtgemeinderates geltend macht, in seinen mitgliedschaftlichen Rechten durch das Verhalten der Beklagten verletzt worden zu sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Vorbemerkung 6 zu § 40 VwGO, vgl. auch Thiele, NGO 7. Aufl. § 49 Anm. 3, S. 189). Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2. ist dagegen unzulässig.
I.
Die gegen den Rat gerichtete Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Ergänzung bzw. Änderung des Protokolls der Sitzung des Samtgemeinderates vom 23. März 2006 ist als allgemeine Feststellungsklage zulässig, sie hat jedoch keinen Erfolg, weil der Kläger durch das Verhalten des Beklagten in seinen mitgliedschaftlichen Rechten nicht verletzt wurde.
Soweit der Kläger meint, seine Mitgliedschaftsrechte seien durch die Ablehnung der Änderung des Protokolls über die Sitzung vom 23. März 2007 in der Ratssitzung vom 13. Juli 2006 verletzt worden, trifft dies nicht zu.
Die Rechte der einzelnen Mitglieder des Samtgemeinderates werden hinsichtlich der Niederschriften in § 49 der Nds. Gemeindeordnung in der Fassung vom 28. Oktober 2006 (Nds. GVBl. Seite 472) - NGO - und der gemäß § 50 NGO erlassenen Geschäftsordnung des Samtgemeinderates vom 8. November 2001 - GO -, insbesondere in dessen § 12 geregelt. Nach § 49 Abs. 1 NGO ist in der Niederschrift der wesentliche Inhalt der Verhandlungen festzuhalten. Aus ihr muss ersichtlich sein, wann und wo die Sitzung stattgefunden hat, wer an ihr teilgenommen hat, welche Gegenstände behandelt, welche Beschlüsse gefasst und welche Wahlen vorgenommen worden sind. Die Abstimmungs- und Wahlergebnisse sind festzuhalten. Jedes Ratsmitglied kann nach Satz 4 verlangen, dass in der Niederschrift festgehalten wird, wie es gestimmt hat; dies gilt nicht bei geheimer Stimmabgabe. § 12 GO ergänzt diese Vorschrift dahingehend, dass nach Absatz 1 Satz 1 die Niederschriften in Form eines Ergebnisprotokolls geführt werden. Jedes Mitglied des Rates kann nach Satz 3 verlangen, dass seine Ausführungen und wie es gestimmt hat, in der Niederschrift festgehalten wird.
Dabei ist zunächst übereinstimmend nach den die Niederschrift regelnden Vorschriften davon auszugehen, dass lediglich Ergebnisprotokolle geschrieben werden. Für den Beklagten zu 1. sind darüber hinaus Wortbeiträge und Meinungen nur dann festzuhalten, wenn es von dem Mitglied des Rates ausdrücklich beantragt wird. Ein derartiger Antrag ist hier, jedenfalls nicht zulässigerweise, von dem Kläger gestellt worden.
Ein Antrag auf Aufnahme von Wortbeiträgen in die Niederschrift kann nicht mehr im Rahmen der Genehmigung der Niederschrift in der darauffolgenden Sitzung des Rates gestellt werden, dieser ist vielmehr unmittelbar in der Sitzung zu stellen, die protokolliert werden soll. Für den Bereich der gerichtlichen Protokolle entspricht diese Auffassung der ober- und oberstgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. Februar 1989 - 22 U 40/88 -, NJW-RR 1990, 123). Für den Bereich der Verwaltungsgerichtsordnung hat das Bundesverwaltungsgericht dies im Zusammenhang mit § 105 Abs. 2 VwGO bereits zuvor entschieden (BVerwG, NJW 1963, 730). Die Vorschriften der §§ 159 ff. ZPO über die gerichtlichen Protokolle enthalten insoweit auch allgemeine Rechtsgedanken, die auf andere Niederschriften anwendbar sind, soweit nicht ausdrücklich, z.B. in der Geschäftsordnung des Rates, anderes bestimmt ist. Nach § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO können die Beteiligten beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Eine Ablehnung durch das Gericht, etwa weil es auf die Äußerung nicht ankommt, ist wiederum im Protokoll aufzunehmen. Dies ist sinnvoll nur möglich, wenn es sich um Anträge handelt, die vor Schluss der Sitzung gestellt werden. Diese Auffassung wird auch durch die Zweckbestimmung der Sitzungsniederschrift bestätigt. Diese besteht nämlich darin, eine mit besonderer Beweiskraft (§ 165 ZPO) ausgestattete, verlässliche Urkunde über den Verlauf und die Vorgänge während der Sitzung zu erhalten. Es liegt auf der Hand, dass dies nur zu gewährleisten ist, wenn die Protokollierung in Anwesenheit und unter Kontrolle aller Beteiligten vorgenommen wird. Nur so können Auseinandersetzungen über einzelne Gesprächsinhalte und die Frage, was wesentlich im Verlauf der Sitzung war, vermieden werden. Diese für die gerichtlichen Niederschriften unmittelbar geltenden Vorschriften sind sinngemäß auf die Niederschriften des Rates anzuwenden. Einen derartigen Antrag hat weder der Kläger noch seine Gruppe am 26. März 2006 während der Sitzung gestellt, weshalb der Beklagte nicht verpflichtet war, die Äußerungen des Klägers aufgrund des nachträglichen, verspäteten Antrages in die Niederschrift aufzunehmen.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Aufnahme der Äußerungen des Mitglieds des Rates H. in die Niederschrift über die Sitzung des Samtgemeinderates vom 23. März 2006 beanstandet, ist zunächst festzustellen, dass dieser die Aufnahme seiner Äußerungen über das Protokoll des Finanzausschusses in das Protokoll des Samtgemeinderates beantragt hat. Der Rat hat sodann der Aufnahme dieser Äußerungen in das Protokoll bei einer Stimmenthaltung zugestimmt. Eine Änderung des Finanzausschussprotokolls war mit dieser Protokollerklärung entgegen der Auffassung des Klägers nicht verbunden, vielmehr handelt es sich lediglich um eine Protokollerklärung zu der Sitzung. Der Kläger, beziehungsweise Herr I. hätte seine dazu abgegebenen Erklärungen durch einen Antrag ebenfalls in das Protokoll aufnehmen lassen können. Ein solcher Antrag ist aber nicht gestellt worden.
Auch soweit der Kläger darüber hinaus beanstandet, dass seine Äußerungen zu dem in der Niederschrift über den nicht öffentlichen Teil der Sitzung vom 23. März 2006 enthaltenen Vorwurf des Populismus nicht in das Protokoll aufgenommen wurden, ist ausweislich der Niederschrift über diese Sitzung sowie über die in der Niederschrift über die Sitzung des Samtgemeinderates vom 13. Juli 2006 im Zusammenhang mit der Genehmigung keine Bemerkung enthalten, die auf einen möglicherweise gestellten Antrag des Klägers oder der Gruppe über die Aufnahme dieser Äußerungen in die Niederschrift hinweisen.
Bemerkenswert ist allerdings, dass in die Niederschrift über die Sitzung des Samtgemeinderates vom 23. März 2006 offenbar ebenfalls ohne Antrag des Mitglieds des Gemeinderates J. dessen Populismusvorwurf überhaupt in die Niederschrift aufgenommen wurde, obwohl nach § 12 GO grundsätzlich lediglich ein Ergebnisprotokoll zu führen ist. Dies hätte möglicherweise auch die Streichung in der Niederschrift auf einen entsprechenden Antrag des Klägers hin gerechtfertigt. Der Kläger und seine Gruppe hat jedoch im Zusammenhang mit der Genehmigung des Protokolls nicht um eine Streichung dieser Passage, sondern um eine Ergänzung des Protokolls um die eigenen Äußerungen nachgesucht. Ein derartiger Antrag war nach Beendigung der Sitzung - wie oben ausgeführt - jedoch nicht mehr möglich.
II.
Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet war, über den Antrag der Gruppe WG/Grüne vom 9. März 2006 im öffentlichen Teil der Sitzung zu beraten, kann die Klage ebenfalls keinen Erfolg haben.
Nach § 45 NGO sind die Sitzungen des Rates öffentlich, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner den Ausschluss der Öffentlichkeit erfordern. Über einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nicht öffentlicher Sitzung beraten und entschieden; wenn eine Beratung nicht erforderlich ist, kann in öffentlicher Sitzung entschieden werden. § 3 GO ergänzt diese gesetzliche Vorschrift dahingehend, dass die Öffentlichkeit ebenfalls ausgeschlossen ist, soweit im Einzelfall Geheimhaltung besonders vorgeschrieben ist oder soweit bei Personal- und Vertragsangelegenheiten das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner dies erfordern. Dieser letztgenannte Satz gilt nach Satz 4 des § 3 Abs. 1 insbesondere bei Grundstücksgeschäften, Rechtsgeschäften von Einzelpersonen, Vergaben, Darlehensverträgen, Bürgschaften sowie Gewährung von Zuwendungen an Dritte.
Mit Schreiben vom 9. März 2006 hatte die Gruppe WG/Grüne beantragt, dass der Rat beschließen möge:
"Der Samtgemeinderat gibt der Verwaltung auf, im Einvernehmen mit dem Vertragspartner Buxtehude die vorläufige Abrechnung 2004 in Verbindung mit dem Jahresabschluss 2004 der SEB zu untersuchen und in transparenter Form darzustellen."
In der umfangreichen Begründung zu diesem Antrag wird insbesondere auf die Zweckvereinbarung der Samtgemeinde mit der Stadt Buxtehude sowie die Jahresabschlüsse der SEB und der AEA sowie auf den Dienstleistungsvertrag der SEB mit den Stadtwerken Buxtehude Bezug genommen. Der Samtgemeindebürgermeister hat daraufhin zu einer Sitzung des Rates eingeladen, wobei der Tagesordnungspunkt Nr. 19, der den Antrag der Gruppe WG/Grüne vom 9. März 2006 zum Gegenstand hatte, für den nicht öffentlichen Teil der Sitzung geladen war. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung des Samtgemeinderates vom 23. März 2006, bei der auch der Kläger anwesend war, ist weder im öffentlichen Teil zum Tagesordnungspunkt 1, in dem die Ordnungsmäßigkeit der Ladung festgestellt wurde, ein Antrag auf öffentliche Beratung des Tagesordnungspunktes 19 gestellt worden, noch ist ein derartiger Antrag zum Tagesordnungspunkt 19 selbst von dem Kläger eingebracht worden. Sofern ein derartiger Antrag von dem Kläger gestellt worden wäre, hätte der Samtgemeinderat über die Herstellung bezw. den Ausschluss der Öffentlichkeit der Sitzung beraten und abstimmen müssen. Sofern insoweit eine Beratung erforderlich gewesen wäre, hätte diese gemäß § 45 NGO und § 3 GO gegebenenfalls in nicht öffentlicher Sitzung stattfinden müssen. Ein weitergehender Anspruch des Mitglieds des Gemeinderates auf allgemeine Feststellung, dass der Gegenstand stets in öffentlicher Sitzung zu beraten wäre, besteht nicht.
Inhaltlich muss zudem festgestellt werden, dass von dem Samtgemeindebürgermeister zunächst aus den eingereichten Unterlagen zu Recht gefolgert werden konnte, dass es sich um einen Beratungsgegenstand handelt, der gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GO nicht öffentlich zu beraten war. Tatsächlich ist darüber hinaus festzustellen, dass die Kanalabrechnung der SEB 2005 Gegenstand in öffentlicher Sitzung des Samtgemeinderates vom 13. Juli 2006 geworden ist, so dass insoweit eine Rechtsbeeinträchtigung des Klägers und ein gemäß § 43 VwGO erforderliches Feststellungsinteresse kaum noch ersichtlich ist.
III.
Soweit der Kläger mit seinem weiteren Feststellungsantrag die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet war, ihm seine Fragen zur Kanalabrechnung 2005 in angemessener Frist nachvollziehbar zu beantworten, ist dieser Antrag bereits unzulässig. Er scheitert nämlich an der Subsidiarität der Feststellungsklage, die in § 43 Abs. 2 VwGO festgeschrieben ist. Danach kann eine Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
Gemäß § 39a NGO hat jedes Ratsmitglied das Recht, im Rat oder in den Ausschüssen, denen es angehört, Anträge zu stellen, ohne der Unterstützung durch andere Ratsmitglieder zu bedürfen. Zum Zwecke der eigenen Unterrichtung kann jede Ratsfrau und jeder Ratsherr von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister Auskünfte in allen Angelegenheiten der Gemeinde verlangen; dies gilt nicht für Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterliegen (§ 5 Abs. 3 Satz 1). Die Durchsetzung dieses Rechts der Mitglieder des Rates kann im Streitfall bzw. im Falle einer ausdrücklichen Verweigerung von Auskünften gegebenenfalls durch Leistungsklage bzw. durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtlich durchgesetzt werden. Eine allgemeine Feststellung über die Verpflichtung, Auskünfte zu erteilen, können im Nachhinein durch das Gericht nicht getroffen werden. Wie weit sich das Recht auf Auskunftserteilung erstreckt, kann nur im konkreten Einzelfall zum Zeitpunkt des Antrages auf Auskunftserteilung konkret ermittelt werden. Die allgemeine Feststellungsklage darauf ist als unzulässig abzuweisen.
Danach hat die Klage insgesamt keinen Erfolg und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Steffen
Plog