Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 31.01.2002, Az.: 8 U 189/01

Asthmatrainer; Heilpraktiker; Diskriminierung; Sittenwidrige Schädigung; Schadensersatz; Sittenwidrigkeit; Zertifikat; Urkunde

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
31.01.2002
Aktenzeichen
8 U 189/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 21282
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2002:0131.8U189.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 11 O 570/01

Fundstellen

  • ArztR 2002, 279
  • GRUR 2002, 648 (amtl. Leitsatz) "Verweigerung eines Therapie-Schulungszertifikats gegenüber Heilpraktiker"
  • GRUR-RR 2002, 182-183
  • KGReport Berlin 2002, 38
  • OLGR Düsseldorf 2002, 38
  • OLGR Frankfurt 2002, 38
  • OLGR Hamm 2002, 38
  • OLGR Köln 2002, 38
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 69-71
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 38

Amtlicher Leitsatz

Es stellt keine unzulässige Diskriminierung eines Heilpraktikers dar, wenn ein Verein, der Zertifikate für sog. "Asthmatrainer" erteilt, aus grundsätzlichen Erwägungen Heilpraktikern das Zertifikat nicht erteilt, sondern dieses Heilberufen mit einem staatlichen Abschluss im Sinne der Schulmedizin vorbehält.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Juli 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 20. 000, 00 EUR.

Gründe

1

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete, mithin zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

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Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Anerkennung als Asthmatrainer und auf Aushändigung eines entsprechenden Trainerzertifikates.

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1. Zunächst begründet allein die erfolgreiche Teilnahme an dem Kurs "Qualifikation zum Asthmatrainer" keinen Anspruch auf die Erteilung eines Trainerzertifikates, und das unabhängig davon, welche vertraglichen oder sonstigen Beziehungen zwischen den Teilnehmern, den Veranstaltern der Kurse und dem Beklagten bestehen. Zwar dient die Teilnahme an einem solchen Kurs ausweislich des Anmeldeformulars grundsätzlich der Erlangung der Qualifikation zum Asthmatrainer; nicht der Veranstalter des Kurses, mag dieser auch personell mit dem Beklagten verflochten sein, sondern dieser selbst entscheidet dann aber eigenständig aufgrund seiner Satzungsbestimmungen über die Anerkennung als Asthmatrainer und die Erteilung eines Trainerzertifikats. Die in dem Anmeldeformular wiedergegebenen Inhalte der Trainerausbildung orientieren sich zwar an dem Curriculum der Beklagten und erwähnen auch das von dieser vergebene Zertifikat; dem Formular läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß die erfolgreiche Teilnahme an einem Kurs automatisch die Anerkennung und Zertifizierung als Asthmatrainer zur Folge hat. Zu berücksichtigen ist weiter, daß sich das Kursangebot jedenfalls nicht ausdrücklich an Heilpraktiker wie den Kläger richtet; als "nichtmedizinische AsthmatrainerInnen" werden z. B. "ArzthelferInnen, Kinderkrankenschwestern, KrankengymnastInnen und PsychologInnen" genannt.

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Dem Kläger war bekannt, daß er als Heilpraktiker trotz einer erfolgreichen Teilnahme an dem Kurs nicht ohne weiteres das erstrebte Trainerzertifikat erhalten würde. Das folgt aus der erstinstanzlichen Anhörung der Parteien durch die Einzelrichterin. Unstreitig ist er zu Beginn des Kurses darauf hingewiesen worden, daß es für ihn als Heilpraktiker schwierig sein könnte, das Trainerzertifikat zu erhalten. Daß ihm sodann die weitere Teilnahme an dem Kurs gestattet wurde und er aufgrund seiner Fachkenntnisse die Trainerausbildung zusammen mit den daran teilnehmenden Ärzten absolvierte, ändert daran nichts. Denn es war zu diesem Zeitpunkt klar, daß erst später über die Erteilung des Trainerzertifikats entschieden werden würde, und zwar durch den Beklagten. Das folgt auch aus dem von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Beklagten bei seiner Parteianhörung geschilderten Umstand, daß die damalige Fortbildung die erste war, an der neben dem Kläger mehrere Heilpraktiker teilnehmen wollten. Regeln über die Vergabe von Trainerzertifikaten an Heilpraktiker gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht; die Möglichkeit, "anderen Berufsgruppen" unter bestimmten Voraussetzungen und nach einer Einzelfallprüfung das Trainerzertifikat zu verleihen (so Ziff. 8 der Bestimmungen betr. Asthmatrainer und Zertifikat) ist erst später in den Richtlinien des Beklagten verankert worden. Jedenfalls bestand auch aus der Sicht des Klägers Klarheit darüber, daß der Beklagte sich die Entscheidung über die Erteilung eines Trainerzertifikats vorbehalten wollte. Ähnliches ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 21. Februar 20000.

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2. Auch ein gesetzlicher Anspruch aus den §§ 826, 138, 249 BGB, 20 Abs. 6 GWB auf Erteilung eines Trainerzertifikates besteht nicht.

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Zwar mag es, weil die Qualifikation zum Asthmatrainer ersichtlich neben beruflicher auch wirtschaftliche Bedeutung (im Hinblick auf die Möglichkeit zur Abrechnung von Leistungen der Asthmaschulung gegenüber den Krankenkassen) besitzt, noch möglich sein, den Beklagten als Berufsvereinigung oder Gütezeichengemeinschaft (vgl. dazu Bechthold, GWB, 2. Auflage, § 20 Rn. 68 ff. , 75 ff. ) zu qualifizieren. Für die Entscheidung kann weiter als möglich davon ausgegangen werden, daß der Beklagte ein im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich "sozialmächtiger" Verband (vgl. dazu Emmerich, Kartellrecht, 9. Auflage, § 21) ist, der im Bereich der Asthmaschulung eine überragende Machtstellung besitzt, und daß die Erteilung des Trainerzertifikats für die auf dem Gebiet der Asthmaschulung tätigen Personen von grundlegender Bedeutung ist. Es fehlt aber auf jeden Fall an einer Diskriminierung, d. h. , einer unterschiedlichen Behandlung gleichartiger Sachverhalte. Die Ablehnung der Erteilung eines Trainerzertifikats ist keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Verhältnis zu anderen auf dem Gebiet der Asthmaschulung tätigen Personen.

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Ein Anspruch des Klägers bestünde dann, wenn die Vergabepraxis des Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht diskriminierungsfrei wäre. Das kann auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien nicht festgestellt werden. Der Kläger nahm an einem Kurs in der zweiten Jahreshälfte 1998 teil. Heilpraktiker waren zu diesem Zeitpunkt nicht Adressaten des Fortbildungsangebotes. Offenbar hatten sich bis zum damaligen Zeitpunkt auch Heilpraktiker nicht für die Teilnahme an den Kursen angemeldet. Eine Vergabepraxis in Bezug auf Heilpraktiker kann damit nicht festgestellt werden. Auf die zeitlich nachfolgenden Vorstandsbeschlüsse vom 13. September 1999/20. Februar 2000 kann sich der Kläger deshalb ebenfalls nicht berufen, abgesehen davon, daß sich der Beklagte bei "anderen Berufsgruppen" nach Ziffer 8 vorbehalten hat, hinsichtlich der Trainerzertifikation eine Einzelfallentscheidung zu treffen, die ausweislich des Schreibens des Beklagten vom 21. Februar 2000 im Fall des Klägers ohne ersichtliche Diskriminierung negativ ausgefallen ist.

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Der Beklagte hat zudem sachliche Gründe dafür dargelegt, daß und warum sie Heilpraktiker - unabhängig von deren beruflicher Qualifikation im Einzelfall - als Asthmatrainer nicht anerkennt. Heilpraktiker, deren Ausbildung nicht einheitlich geregelt ist und die nicht über einen staatlichen Berufsabschluß verfügen, besitzen hinsichtlich der Tätigkeit als Asthmatrainer nicht die Voraussetzungen, wie sie Ärzte und die weiteren in den Vorstandsbeschlüssen vom 13. September 1999 / 20. Februar 2000 genannten Berufsgruppen, die sämtlich über einen staatlichen Berufsabschluß verfügen, mitbringen. Der Beklagte betreibt die Qualitätssicherung in der Asthmaschulung auf der Grundlage der Schulmedizin. Die berufliche Tätigkeit der Heilpraktiker beruht naturgemäß nicht auf dieser medizinischen Grundlage. Wenn der Beklagte aus diesem Grund Heilpraktiker nicht als Asthmatrainer anerkennt, so liegt darin keine berufsspezifische Diskriminierung; dem - privatrechtlich organisierten und tätigen - Beklagten bleibt es unbenommen, die Voraussetzungen für die Erteilung von Trainerzertifikaten auf der Grundlage der Schulmedizin zu definieren. Es kommt hinzu, daß die Zusammenarbeit von Ärzten und Heilpraktikern in einem Schulungsteam seitens der mitwirkenden Ärzte berufsrechtliche Probleme aufwirft. Das folgt aus § 30 der Musterberufsordnung der Deutschen Ärzte (MBO). Die Stellung des Arztes im Gesundheitswesen und seine Verantwortlichkeit gegenüber dem Patienten schließen aus berufsrechtlicher Sicht die Zusammenarbeit mit Heilpraktikern weitgehend aus. Heilpraktiker und Ärzte erfüllen unterschiedliche Anforderungsprofile; Heilpraktikereigenschaft und Approbation gelten deshalb als nicht vereinbar (vgl. Ratzel/Lippert, Kommentar zur MBO, 2. Aufl. , § 30 RdNr. 1, 3). Eine Zusammenarbeit ist Ärzten nur mit den in § 30 Abs. 1 S. 2 MBO genannten Dritten unproblematisch möglich. Nur an die dort genannten medizinischen Assistenzberufe richtet sich im übrigen auch das Kursangebot der Asthmaakademien. Aus der Zulassung von Heilpraktikern als Asthmatrainern und deren Mitwirkung in Schulungsteams können, worauf sich der Beklagte weiterhin beruft, Schwierigkeiten bei der Abrechnung von Leistungen der Asthmaschulung gegenüber den Krankenkassen resultieren.

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3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 2 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

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