Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 06.03.2019, Az.: 7 A 487/19
Allgemeine Gesundheitsversorgung; Familienverbund; Inländische Fluchtalternative; Lage von Roma in Serbien; Romanes; Rückkehrprognose; Schutzfähig- und -willigkeit des Staates; Serbien; Sicherer Herkunftsstaat; Sozialhilfe; Übergriffe privater Dritter
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 06.03.2019
- Aktenzeichen
- 7 A 487/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 69480
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die am ... 2018 in Oldenburg (Deutschland) geborene Klägerin ist Tochter von Frau ..., geb. ... 1998, deren letzte Asylklage das Gericht mit rechtskräftigem Urteil vom 29. Mai 2018 – 7 A 1516/18 – abgewiesen hat.
Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Oldenburg, vom 31. Januar 2019 (zugestellt am 5. Februar 2019), mit dem die Beklagte ihren Asylantrag (Asyl, Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz) als offensichtlich unbegründet abgelehnt, das Vorliegen von Abschiebungshindernissen verneint, die Klägerin unter Abschiebungsandrohung nach Serbien zur Ausreise binnen Wochenfrist aufgefordert und die Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbote befristet hat.
Die Klägerin hat am 12. Februar 2019 Klage erhoben, zu deren Begründung sie sich auf die Lebensbedingungen der Roma in Serbien bezieht.
Die Klägerin beantragt mit Klageschrift, S. 2 oben,
„1. Den Bundesamtsbescheid vom 31.01.2019, zugestellt am 05.02.2019, Az.: 7633321-170, aufzuheben,
2. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft,
hilfsweise,
3. den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
hilfsweise,
4. festzustellen, dass Abschiebungsverbote eingreifen.“
Die Beklagte tritt dem bezugnehmend auf die angegriffene Entscheidung entgegen und beantragt mit Schriftsatz vom 15. Februar 2019,
die Klage abzuweisen.
Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der Klägerin hat das Gericht mit Beschluss vom 13. Februar 2019 – 7 B 488/19 – abgelehnt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts verweist das Gericht auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten 1 bis 5) sowie der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 7 B 488/19, 7 A 6107/17, 7 A 6221/17, 7 A 1516/18 und 7 B 1537/18; er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die das Gericht nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 15. Februar 2019 durch den Einzelrichter und im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (Schriftsatz der Klägerin vom 5. März 2019 sowie Generalerklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg, vom 27. Juni 2017 – Geschäftszeichen 234-7604/1.17) entscheidet, ist unbegründet.
Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Oldenburg, vom 31. Januar 2019 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten - die von ihr geltend gemachten Ansprüche sind unbegründet, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.
Es ist insbesondere nicht ansatzweise ersichtlich,
· dass Leben oder Freiheit der Klägerin wegen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen politischen Überzeugung in Serbien bedroht sind (§ 3 Abs. 1 AsylG),
· in Serbien ein ernsthafter Schaden gemäß § 4 Abs. 1 AsylG droht (Satz 2 Nr. 1: Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Satz 2 Nr. 2: Folter oder menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder Satz 2 Nr. 3: eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts),
· dass die Abschiebung unzulässig ist, weil sich dies aus der Anwendung der MRK ergibt (§ 60 Abs. 5 AufenthG),
· Ansprüche auf Abschiebungsschutz ansonsten gemäß § 60 Abs. 5, 7 AufenthG zustehen könnten.
Zur Begründung bezieht sich das Gericht auf die Gründe des angegriffenen Bescheides. Diese sind zutreffend, ausführlich und detailliert. Insgesamt erweist sich der Bescheid als rechtmäßig. Die geltend gemachten Begehren der Klägerin sind zudem hinsichtlich des Asylantrages offensichtlich unbegründet. Daher verweist das Gericht auf den Bescheid, §§ 77 Abs. 1, Abs. 2 AsylG, 117 Abs. 5 VwGO.
Das Gericht verweist zudem entsprechend §§ 77 Abs. 2, Abs. 1 AsylG, 117 Abs. 5 VwGO auf die weiterhin zutreffenden Gründe seines Beschlusses im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 13. Februar 2019 - 7 B 488/19 -, wo es wörtlich heißt:
„Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer im Hauptsacheverfahren (7 A 487/19) erhobenen Klage begehrt, wird aus den Gründen des mit der Klage und dem Eilantrag angegriffenen, aber rechtmäßigen Bescheids der Antragsgegnerin (Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Oldenburg, vom 31. Januar 2019), auf die sich das Gericht entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG zur Begründung des vorliegenden Beschlusses bezieht, abgelehnt, zumal dieser Bescheid zutreffend, gründlich und ausführlich die Situation in Serbien und auch die Einstufung Serbiens als Sicherer Herkunftsstaat gemäß § 29a AsylG, siehe dazu:
- „Erster Bericht der Bundesregierung zu der Überprüfung der Voraussetzungen zur Einstufung der in Anlage II zum Asylgesetz bezeichneten sicheren Herkunftsstaaten“ vom 15. Dezember 2017, Deutscher Bundestag - Drucksache 19/299 - und
- „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne von § 29 a AsylG“ des Auswärtigen Amtes vom 3. November 2018, Stand: September 2018,
feststellt, einbezieht und würdigt sowie im gerichtlichen Verfahren kein demgegenüber durchgreifender Sachvortrag vorliegt noch ansonsten Umstände ersichtlich wären, die für eine für die Antragstellerin etwa günstigere Entscheidung sprechen könnten, zumal schließlich die angegriffene Entscheidung der Antragsgegnerin insgesamt in Einklang mit der maßgeblichen Rechtsprechung des angerufenen Gerichts steht, wie sie sich insbesondere aus den Entscheidungen ergibt, die in juris dokumentiert sind, vgl. zuletzt mit weiteren Nachweisen:
- Beschluss vom 19. März 2018 – 7 B 1315/18 –, und
- Urteil vom 4. Mai 2018 – 7 A 1313/18 –,
wogegen Klage und Eilantrag der Antragstellerin nicht durchzudringen vermögen, die fiktiv auf Rückreise nach bzw. Aufenthalt in Serbien im Familienverbund – insbesondere mit ihrer Mutter – zu verweisen ist, ...“
So liegt der Fall. Diese Gründe macht sich das Gericht erneut und für die Gründe des vorliegenden Urteils zu eigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Inbezugnahme der weiterhin aktuellen Erkenntnismittel (insbesondere Lageberichte des Auswärtigen Amtes, aaO) und maßgeblichen Rechtsprechung (aaO). Das Gericht verweist auch auf diese.
Insoweit setzt sich das Vorbringen der Klage, das sich im Kern auf allgemein schwierigere Lebensverhältnisse von Roma in Serbien stützt, nicht hinreichend mit den dazu schon im angegriffenen Bescheid ausführlich niedergelegten Gründen auseinander und lässt insbesondere eine Befassung mit der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und mit der aktuellen Erkenntnislage (siehe zuvor) vermissen.
Mithin muss es mit den Gründen des angeführten Beschlusses sein Bewenden haben.
Ergänzend hält das Gericht Folgendes fest:
Serbien ist sicher. Dies gilt auch für Roma und insgesamt erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a -Serbien-). Seit geraumer Zeit schon ist in Serbien sogar eine offen lesbische Frau Regierungschefin (Ana Brnabic).
Die hier bekundeten allgemeinen Lebensschwierigkeiten und speziellen Probleme als Roma können die gesetzliche Vermutung nicht widerlegen und erfüllen auch gerade eben nicht etwa die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft, subsidiären Schutzes oder eines Abschiebungshindernisses.
Der Klägerin droht bei einer Rückkehr nach Serbien keine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma. Es gibt keine Gruppenverfolgung von Roma in Serbien, weder durch staatliche noch durch nichtstaatliche Akteure [vgl. Auswärtiges Amt, „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne von § 29a AsylVfG“ vom 1. November 2016 - Lagebericht - und die danach erstatteten Berichte des AA; Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom schon 22. Oktober 2014 - 8 LA 129/14 -, mwN., juris; std. Rspr. des erkennenden Gerichts, vgl. juris, siehe oben mwN.]. Anhaltspunkte dafür, dass sie im Falle einer Rückkehr mit asyl- oder flüchtlingsrelevanten staatlichen oder nichtstaatlichen Maßnahmen zu rechnen hätte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung ihres individuellen Vorbringens, erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a -Serbien-, s.o.). Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser gesetzgeberischen Entscheidung hat das Gericht nicht.
Auch müsste sich die Klägerin z.B. gegenüber Übergriffen seitens privater Dritter auf den Schutz der Polizei verweisen lassen, die nicht erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 - 1 K 234/14 -, juris; Lageberichte vom 18. Oktober 2013 und 15. Dezember 2014 und die danach folgenden Berichte des AA; std. Rspr. mwN., siehe oben). Nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes könnten zwar die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen (Vgl. VG Sigmaringen a.a.O. Rn. 35; Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 7 UE 1365/05.A -, juris). Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei, wie bereits ausgeführt, nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (wohl vor allem Roma und Homosexuelle) vorzugehen scheint. Jedoch führen Anzeigen von Minderheitsangehörigen auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen (vgl. VG Sigmaringen a.a.O.). Zudem könnte sie sich (im Familienverbund) unbehelligt an anderer Stelle in Serbien aufhalten, hatte und hätte mithin eine zumutbare inländische Fluchtalternative. Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) liegen schon danach ebenso nicht vor. Ihr droht auch kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG. Ebenso wenig liegen insoweit Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor.
Das Gericht vermag insgesamt keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG) der Klägerin bei gedachtem Aufenthalt (im Familienverbund) in Serbien zu erkennen. Die allgemein schwierigen Lebensbedingungen der Roma in Serbien begründen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG. Das Vorliegen einer extremen Gefahrenlage, d.h. der Ausländer müsste im Falle der Aufenthaltsbeendigung gleichsam sehenden Auges den sicheren Tod oder schwerste Verletzungen gewärtigen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 ff., juris), ist hier von Vorneherein auszuschließen. Einer Gefährdung in diesem Sinne wäre die Klägerin (im Familienverbund) in Serbien nicht wegen der allgemeinen Gefahren ausgesetzt. Das Gericht verkennt dabei nicht die noch immer prekäre wirtschaftliche Situation von Roma und deren schwierige soziale Verhältnisse in Serbien. Die Bevölkerungsgruppe der Roma ist in Serbien von einem höheren Armuts- und Arbeitslosigkeitsrisiko betroffen als der übrige Teil der serbischen Bevölkerung. Der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt ist oft aufgrund von sozialen Vorurteilen versperrt, so dass sich viele in der Schwarzarbeit oder aufgrund mangelnder Qualifikation als ungelernte Arbeitskräfte in Fabriken oder als Wertstoffsammler verdingen (vgl. Lagebericht). Auch wenn dies vielfach ein Leben unter schwierigen Umständen bedeutet, so lässt sich hieraus noch keine extreme Gefahrenlage ableiten. Ferner müsste der Eintritt der Gefahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland zu erwarten sein und zudem landesweit (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>), wovon aber hier gerade eben nicht auszugehen ist. Gründe für die Annahme eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind danach ebenfalls nicht einmal ansatzweise erkennbar.
Die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention gehen davon aus, dass die Staaten grundsätzlich das Recht haben, die Einreise und den Aufenthalt fremder Staatsangehöriger zu regeln. Deren Verbürgungen können daher nur in besonderen Situationen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen. So ist im Rahmen des Art. 3 EMRK geklärt, dass ein Ausländer hieraus kein Recht auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen kann, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Etwas anderes gilt nur in Ausnahmefällen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - juris, Rn. 23 und 36). Die anderen Grundrechte der EMRK verbieten daran anknüpfend deshalb die Abschiebung in Nichtvertragsstaaten nur dann, wenn in ihnen Maßnahmen drohen, die einen äußersten menschenrechtlichen Mindeststandard unterschreiten. Auch bei Eingriffen in den Kernbereich solcher speziellen Konventionsgarantien ist eine Abschiebung nur in krassen Fällen unzulässig, wenn nämlich die drohenden Beeinträchtigungen von ihrer Schwere her mit dem vergleichbar sind, was als menschenunwürdige Behandlung zu einem Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2000 - 9 C 34.99 - juris, Rn. 11 f.). In Bezug auf Mitgliedstaaten der Konvention, wie Serbien, steht darüber hinaus die Verantwortung des Abschiebezielstaates für die Einhaltung der Konventionsrechte im Vordergrund. Eine Mitverantwortung des abschiebenden Staates besteht nur dann, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Dabei sind insbesondere Verstöße gegen Verfahrensgarantien in aller Regel korrigierbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 1 C 14.04 - juris, Rn. 18, 25).
Eine derartig krasse irreparable Diskriminierung der Roma in Serbien lässt sich nicht feststellen. Das Gericht verkennt dabei nicht die noch immer prekäre wirtschaftliche Situation und die schwierigen sozialen Verhältnisse in Serbien (s.o.), ebenso wie das Gericht nicht die Augen davor verschließt, dass in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten – so auch Roma – verbreitet sind. Auch sind Roma-Kinder in Serbiens Schulen nach wie vor unterrepräsentiert. Allerdings sind in bestimmten Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen (zum Beispiel höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern, Einsatz pädagogischer Assistenten und von Roma-Mediatoren oder Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen). Auch hat der serbische Staat etliche Maßnahmen zum Minderheitenschutz getroffen. So sind ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten in der serbischen Verfassung enthalten. Serbien hat zudem das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats ratifiziert und im Jahr 2009 ein allgemeines Antidiskriminierungsgesetz sowie im März 2016 einen Aktionsplan für Minderheiten als Teil des Aktionsplans zum EU-Verhandlungskapitel verabschiedet. Seit dem Jahr 2003 vertreten nationale Minderheitenräte und seit 2007 Ombudsleute die Interessen von Minderheiten (vgl. zu alldem insb. die Lageberichte des AA). Auch vor Übergriffen privater Dritter bietet der serbische Staat Minderheiten ausreichend Schutz. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (siehe Lageberichte) geht die Polizei zwar nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vor; Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung führen jedoch zu Gerichtsprozessen, wenn auch die Polizei Übergriffe in manchen Fällen nur zögerlich verfolgt. Auch im Gesundheitssystem herrscht keine krasse irreparable Diskriminierung von Roma. Personen, die erkrankt sind, werden im serbischen Gesundheitssystem kostenfrei behandelt. Dies gilt auch für Roma (oder Ashkali). Diese haben in Serbien grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen einschließlich der Sozialhilfe und der medizinischen Grundversorgung. Ärztliche Notfallversorgung ist grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Kinder unter 18 Jahren werden grundsätzlich kostenfrei behandelt, wenn sie registriert sind. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln ist für bisher nicht registrierte Personen mit Gesetz vom 31. August 2012 die Grundlage für eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister unter vereinfachten Bedingungen geschaffen worden. Damit soll ihr rechtlicher Status verbessert werden. In dem Ende 2011 in Kraft getretenen neuen Meldegesetz ist darüber hinaus eine Regelung aufgenommen worden, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Auch diese Regelung zielt darauf, bisher nicht Registrierten die Anmeldung zu ermöglichen. Sie werden auch dann grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung in Serbien behandelt, wenn sie dort wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben (vgl. dazu die Lageberichte). Mit der "Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialversicherung" ist geregelt, dass sie im System der Sozialversicherung angemeldet sein können, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie Roma (bzw. Ashkali) sind, und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthalts abgeben (Auswärtiges Amt vom 1. Juli 2014 - 508-516.80/48127). Zwar könnten sie in staatlichen Einrichtungen u.U. im Einzelfall Opfer von diskriminierender Behandlung werden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auch für sie eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten in Serbien – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der dafür zuständigen Stellen und beispielsweise der Roma-Gesundheitsmediatoren – keinen ausreichenden Schutz gegen die willkürliche Versagung des Zugangs zu Sozial- und Gesundheitsleistungen bieten (vgl. VG Münster, Urteil vom 11. Mai 2015, juris; VG Berlin, Urteil vom 29. Januar 2015 - 7 K 476.14 A -, juris; std. Rspr.). Auch der Umstand, dass in Serbien nur neun Monate im Jahr Sozialhilfe bewilligt wird, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts, da in der übrigen Zeit zumindest ein Anspruch auf Nothilfe der Gemeinde besteht (SFH, Serbien: Zugang zu Sozialleistungen für Roma und Ashkali, 15. März 2015, S. 6).
Unter Berücksichtigung dieser den Diskriminierungen gegenläufigen Entwicklungen und institutionellen Schutzvorkehrungen weisen die zu befürchtenden Nachteile nicht die erforderliche Häufigkeit und Intensität auf, um annehmen zu können, dass jedem Angehörigen der Volksgruppe der Roma mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit Rechtsgutverletzungen drohen, die einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK gleichkommen und gleichzeitig irreparable Folgen haben.
Selbst die gedankliche Annahme, dass man auf eine (medizinische) Behandlung in Serbien länger warten müsste als in Deutschland und / oder deren Standard hinter demjenigen zurückbliebe, genügt nicht, um von einer konkreten, d.h. alsbald eintretenden und erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation auszugehen, vgl. § 60 Abs. 7 AufenthG. Zur Überbrückung der Zeit bis zum Beginn der Behandlung in Serbien ist es zudem möglich, die ggf. in Deutschland erhaltenen Medikamente zu gebrauchen. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Schließlich könnte man eventuell benötigte Medikamente auch in Serbien erhalten. Die gesetzliche Pflichtversicherung umfasst auch die Versorgung mit den notwendigen Medikamenten.
Im Rahmen der Rückkehrprognose ist (wie oben im angeführten Beschluss bereits dargetan) nicht etwa darauf abzustellen, dass sich die Klägerin alleinstehend - als Kleinstkind - in Serbien aufhalten würde. Vielmehr ist jedenfalls fiktiv davon auszugehen, dass sie gemeinsam mit dem familiären Verbund (im Familienverbund), insbesondere ihrer Mutter, mit der sie auch in Deutschland lebt, nach Serbien gelangt und dort lebt. Bei der Entscheidung, ob der Abschiebung eines (wie hier bei der Klägerin) erfolglosen Asylbewerbers zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegenstehen, ist der Gefahrenprognose eine möglichst realitätsnahe, wenngleich notwendig hypothetische Rückkehrsituation zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 1992 - 9 C 8.91 - BVerwGE 90, 364 <367> und vom 21. September 1999 - 9 C 12/99 -, BVerwGE 109, 305-314, Rn. 11, - juris -). Dem entspricht es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der Prognose, welche Gefahren dem Asylbewerber im Falle einer Abschiebung in den Zielstaat der Abschiebung drohen, regelmäßig von einer gemeinsamen Rückkehr mit den Familienangehörigen (im Familienverbund) auszugehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteile vom 21. September 1999 - 9 C 12/99 -, BVerwGE 109, 305-314, vom 16. August 1993 - 9 C 7.93 - und vom 8. September 1992 - 9 C 8.91 -, in Fortentwicklung des Urteils vom 6. März 1990 - 9 C 14.89 - BVerwGE 85, 12, - juris -). Soweit für die Fälle, dass Eltern von Asylsuchenden die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde oder in ihrer Person zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote festgestellt wurden, Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juli 2000 - 9 C 9/00 -, juris, und vom 21. September 1999 - 9 C 12/99 -, BVerwGE 109, 305-314, - juris -), liegt hier ein solcher Ausnahmefall auch nicht ansatzweise vor. Vielmehr sind nach Aktenlage (siehe oben am Ende des Tatbestandes hinsichtlich der beigezogenen Akten) alle Familienangehörigen der Klägerin und insbesondere ihre Mutter sofort vollziehbar ausreisepflichtig, ohne dass insoweit etwa Abschiebungsverbote bekannt wären. Insbesondere behauptet die Klägerin das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles nicht einmal selber.
Zudem ist auf die Sprachkenntnisse der Mutter der Klägerin hin zu weisen, die – neben Italienisch – muttersprachlich Romanes beherrscht und sich daher gut genug in Serbien (insbesondere in und zudem mit Hilfe ihrer Volksgruppe der Roma) verständigen kann (zu den Sprachkenntnissen siehe die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 4. und vom 29. Mai 2018 im Verfahren 7 A 1516/18).
Soweit das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – wohl offenbar bei Kleinkindern, die der Volksgruppe der Roma angehören – in der Vergangenheit (und soweit hier überhaupt bekannt geworden: im Bundesland Bremen) in Einzelfällen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG feststellt haben dürfte, vermag dies auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Es handelt sich bei der Prüfung eines Abschiebungsverbotes um eine rechtlich gebundene Beurteilung. Wegen der Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) kann nicht verlangt werden, dass erneut eine mit der Rechtsordnung nicht vereinbare Entscheidung getroffen wird (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. April 1995 - 4 B 55.95 - juris, Rn. 4, mwN.).
Schließlich verbleibt es zu Recht gemäß § 29a AsylG bei der qualifizierten Ablehnung des Asylantrags (Asyl und internationaler Schutz) der Klägerin im angegriffenen Bescheid als offensichtlich unbegründet und gemäß § 36 Abs. 1 AsylG bei der Abschiebungsandrohung mit kurzer Ausreisefrist.
Auch hinsichtlich der Befristungsentscheidungen der Beklagten erweist sich der angegriffene Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen als rechtmäßig (§ 77 AsylG).