Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.01.2005, Az.: L 8 AL 537/03
Abgrenzung; Arbeitgeber; Arbeitslosengeld; Arbeitsverhältnis; Auslauffrist; außerordentliche Kündigung; Beendigung; Befreiung; Befreiungstatbestand; Berechtigung; Beschäftigungsverhältnis; Eingliederungszuschuss; Einhaltung; Erstattung; Erstattungspflicht; fristlose Kündigung; Krankheit; krankheitsbedingte Kündigung; krankheitsbedingter Kündigungsgrund; Kündigung; Kündigungsfrist; Kündigungsfrist; Kündigungsgrund; Langzeiterkrankung; LSG-Dokumentation; Nachbeschäftigungszeit; Nichteinhaltung; ordentliche Kündigungsfrist; Pflicht; Rückforderung; Rückzahlung; Rückzahlungspflicht; soziale Auslauffrist; Unterscheidung; Verpflichtung; wichtiger Grund; Ziel; Zielsetzung; Zulässigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.01.2005
- Aktenzeichen
- L 8 AL 537/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 51078
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 17.11.2003 - AZ: S 7 AL 272/00
- nachfolgend
- BSG - 25.07.2005 - AZ: B 7a AL 64/05 B
Rechtsgrundlagen
- § 223 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB 3
- § 626 Abs 1 BGB
- § 128 AFG
- § 147a SGB 3
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. November 2003 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine Erstattungsforderung der Beklagten, mit der ein ihr für die Zeit vom 21. Juni 1999 bis 20. März 2000 gezahlter Eingliederungszuschuss in Höhe von 20.611,74 DM (= 10.538,62 €) zurückverlangt wird.
Die Klägerin begehrte mit Antrag vom 10. Juni 1999 einen Eingliederungszuschuss für den ab 21. Juni 1999 eingestellten Arbeitnehmer T K, der als Maschinenführer beschäftigt wurde. Nach dem Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer vom 11. Juni 1999 erfolgte die Einstellung unbefristet, die Arbeitszeit betrug 39 Stunden wöchentlich und die Vergütung 20,00 DM brutto pro Stunde. Der im Juli 1963 geborene Arbeitnehmer gehörte als Langzeitarbeitsloser zum Personenkreis der schwer Vermittelbaren.
Mit Bewilligungsbescheid vom 1. Juli 1999 gewährte die Beklagte für die Zeit vom 21. Juni 1999 bis 20. Juni 2000 einen Eingliederungszuschuss von 2.829,06 DM monatlich, ab 21. Dezember 1999 verringerte sich der Eingliederungszuschuss auf 1.212,46 DM monatlich. Dem Bewilligungsbescheid waren Hinweise über Rückzahlungsverpflichtungen beigefügt auch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis innerhalb des Förderungszeitraumes oder danach beendet wird.
Das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer wurde zum 31. Juli 2000 durch eine arbeitgeberseitige krankheitsbedingte Kündigung beendet (Kündigungsschreiben vom 19. Juni 2000, Vergleich vor dem Arbeitsgericht Celle vom 19. Juli 2000 – 2 Ca 306/00 –. Nach Kenntniserlangung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 2000 die für den Zeitraum vom 21. Juni 1999 bis 20. März 2000 gezahlten Leistungen in Höhe von 20.611,74 DM zurück. In dem Bewilligungsbescheid sei darauf hingewiesen worden, dass der Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen sei, wenn das Arbeitsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder im Anschluss daran durch den Arbeitgeber beendet werde. Eine Ausnahme sei zu machen, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Diese Voraussetzung läge nicht vor. Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, sie sei berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Sie berufe sich hierzu auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 1990 (1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87) zur Erstattungspflicht des Arbeitgebers gemäß § 128 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Darin sei klargestellt worden, dass eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers nach § 128 AFG ausscheide, wenn der Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung zur Arbeitsleistung dauerhaft nicht mehr in der Lage gewesen sei. Dieser Sachverhalt liege hier vor. Der Arbeitnehmer sei im Bereich der Papierveredelung als Maschinenführer beschäftigt worden. Nachdem der Arbeitnehmer im Jahre 1999 an neun Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, sei er ab dem 10. Januar 2000 erneut dauerhaft erkrankt und zwar durchgehend bis zur Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer habe dem Personalleiter in einem Gespräch am 29. Mai 2000 mitgeteilt, dass er von einer Leiter die Kellertreppe hinuntergestürzt sei und sich dabei schwere Rückenverletzungen zugezogen habe (starke Rücken- bzw Bandscheibenbeschwerden). Der Arbeitnehmer habe weiter erklärt, er könne wegen dieser Verletzung seine Tätigkeit als Maschinenführer nicht mehr ausüben. Es sei nicht absehbar, ob er überhaupt seine Tätigkeit wieder aufnehmen könne. Er sei mindestens noch ein halbes Jahr arbeitsunfähig. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei sie – die Klägerin – berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer außerordentlich aus wichtigem Grunde zu kündigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2000 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Es lägen keine Umstände vor, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigt hätten.
Die Klägerin hat am 3. November 2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben und ihr Widerspruchsvorbringen vertiefend vorgetragen.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 17. November 2003 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei zur Lösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt gewesen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 1. Dezember 2003 zugestellt.
Die Beklagte hat am 29. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass unter Berücksichtigung der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bei der vorliegenden Fallgestaltung eine fristlose Kündigung ausgeschlossen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt nochmals vor, dass unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu § 128 AFG im vorliegenden Fall eine Erstattungspflicht ausscheide. Der Arbeitnehmer sei krankheitsbedingt zur Arbeitsleistung nicht mehr in der Lage gewesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (auch die Leistungsakte des Arbeitnehmers) sowie die Akten des Arbeitsgerichts Celle – 2 Ca 306/00 – verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Die Klägerin ist verpflichtet, den geforderten Eingliederungszuschuss in Höhe von 20.611,74 DM zurückzuzahlen, weil sie das Arbeitsverhältnis mit dem gemäß § 218 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) geförderten Arbeitnehmer innerhalb der Nachbeschäftigungszeit zum 31. Juli 2000 beendet hat, ohne dass die Klägerin berechtigt gewesen war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch der Beklagten ist § 223 Abs 2 SGB III in der bis zum 31. Juli 1999 gültigen Fassung. Die Regelung über die Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen zählt zu den Vorschriften über "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung" im Sinne des § 422 Abs 1 SGB III und findet Anwendung, soweit vor dem Inkrafttreten der Neuregelung der Anspruch entstanden, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat. Diese Voraussetzungen treffen hier zu. Die Fördermaßnahme hat noch vor Inkrafttreten der neuen Rechtslage am 1. August 1999 begonnen, nämlich – wie von der Klägerin beantragt – mit der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer am 21. Juni 1999. Über die Rückzahlungsmodalitäten nach § 223 Abs 2 SGB III alter Fassung (aF) war die Klägerin durch die Nebenbestimmung im Bewilligungsbescheid vom 1. Juli 1999 informiert. Diese Vorschrift findet weiterhin Anwendung, auch wenn die Rückforderung von der Beklagten erst nach Rechtsänderung am 1. August 1999 geltend gemacht wird (vgl Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 21. März 2002 – B 7 AL 48/01 R – BSGE 89, Seite 192 = SozR 3-4300 § 422 SGB III Nr 2; Urteil vom 15. August 2002 – B 7 AL 132/01 R –; Urteil vom 19. September 2002 – B 11 AL 73/01 R – SGb 2002, Seite 731 <Kurzwiedergabe>; Urteil vom 6. Februar 2003 – B 7 AL 38/02 R – Breithaupt 2003, Seite 524).
Die Vorschrift des § 223 Abs 2 SGB III aF stellt eine eigenständige Erstattungsgrundlage dar, ohne dass es einer Aufhebung der Bewilligung bedarf. Die Berücksichtigung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes ist deshalb entbehrlich.
Nach § 223 Abs 2 SGB III aF ist der Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von zwölf Monaten nach Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Dies gilt nicht, wenn
1. | der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, |
2. | die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat, oder |
3. | der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat. |
In Betracht kommt allenfalls zugunsten der Klägerin die Regelung des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III aF. Dann müsste die Klägerin berechtigt gewesen sein, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen. Ein solcher Sachverhalt lässt sich nicht feststellen.
Die von der Klägerin vorgetragene Erkrankung des Arbeitnehmers rechtfertigte keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (fristlose Kündigung).
Der Arbeitnehmer war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Nach einer sechswöchigen Lohnfortzahlung erhielt er vom 12. März 2000 bis zum 1. August 2000 Krankengeld von seiner Krankenkasse. Auch zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 24. Juli 2000 war der Arbeitnehmer noch arbeitsunfähig krank geschrieben. Diese Erkrankung berechtigte die Klägerin nicht zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer. Ob ein Recht zur fristlosen Kündigung gegeben ist, muss § 626 BGB und der zu dieser Vorschrift ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entnommen werden. Denn bei einer mit Eingliederungszuschuss geförderten Beschäftigung handelt es sich arbeitsrechtlich um ein vollwertiges Arbeitsverhältnis. Auch wenn dies in den §§ 217ff SGB III nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, ist der Abschluss eines Arbeitsvertrages (der hier abgeschlossen wurde) Förderungsvoraussetzung. Nur so kann der Zweck der Leistung, eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt, erreicht werden. Auch die zum 1. August 1999 erfolgte Änderung des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III belegt, dass der Gesetzgeber bewusst die üblichen arbeitsrechtlichen Begriffe verwendet. Die Neufassung entspricht nunmehr § 1 Abs 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (vgl zum vorstehenden Senatsurteil vom 24. Juni 2003 – L 8 AL 116/03 –).
Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen kann eine Langzeiterkrankung – wie sie hier von der Klägerin behauptet wird –, die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 1 Abs 2 Kündigungsschutzgesetz sozial rechtfertigen (vgl BAG, Urteil vom 29. April 1999 – 2 AZR 431/98 – BAGE 91, Seite 271 = Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht <NZA> 1999, Seite 978; Urteil vom 12. April 2002 – 2 AZR 148/01 – BAGE 101, Seite 39 = NZA 2002, Seite 1081 [BAG 12.04.2002 - 2 AZR 148/01]). Mithin rechtfertigt eine Langzeiterkrankung eine fristgemäße Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAG, Urteil vom 18. Oktober 2000 – 2 AZR 627/99 – BAGE 96, Seite 65 = NZA 2001, Seite 219), nicht jedoch eine fristlose Kündigung, wie dies von der Klägerin behauptet wird.
Abgesehen davon erscheint es fraglich, ob die fristgemäße Kündigung sozial gerechtfertigt gewesen war. Nach der Rechtsprechung des BAG (vgl aaO) ist bei einer lang anhaltenden Krankheit die Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung in drei Stufen vorzunehmen. Danach ist zunächst eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes erforderlich (1. Stufe), sodann müssen die zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen (2. Stufe). Schließlich ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der zu prüfen ist, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer in billiger Weise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen (3. Stufe).
In der 1. Stufe ist eine Prognose darüber anzustellen, ob die Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten 24 Monate gerechnet ab Kündigungszugang wiederhergestellt werden kann. Selbst der Arbeitnehmer hat nicht behauptet, für einen derart langen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt zu sein. Will der Arbeitgeber seine negative Prognose rechtfertigen, kann er dies in der Regel nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten tun, welches hier nicht vorliegt. Es erscheint daher bereits fraglich, ob die Klägerin eine sozial gerechtfertigte fristgemäße Kündigung ausgesprochen hat. Jedenfalls liegen Gründe für die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer aufgrund seiner behaupteten Langzeiterkrankung nicht vor.
Der Hinweis der Klägerin auf das Urteil des BVerfG vom 23. Januar 1990 (– 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87 – BVerfGE 81, Seite 156 = SozR 3-4100 § 128 AFG Nr 1) vermag ihrem Anliegen nicht zum Erfolg zu verhelfen. Diese Entscheidung des BVerfG betraf die Verfassungsmäßigkeit des § 128 AFG aF, in welcher die Erstattungspflicht von Arbeitgebern hinsichtlich Entgeltersatzleistungen geregelt war, sofern sie die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer veranlasst hatten. Diese Erstattungspflicht ist nunmehr geregelt in § 147a SGB III. Die Erstattungspflicht der Arbeitgeber hat das BVerfG grundsätzlich gebilligt. Allerdings hat es dargelegt, dass eine Erstattungspflicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen würde, wenn ein Arbeitnehmer wegen gesundheitlicher Einschränkungen die von ihm vertraglich übernommene Arbeit auf Dauer nicht mehr verrichten kann (vgl SozR aaO Seite 16). Diesem Anliegen wird § 147a Abs 1 Satz 2 Nrn 4 und 5 SGB III gerecht, ebenso wie vorher § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 4 bzw 5 AFG (eingeführt durch Gesetz vom 18. Dezember 1992, BGBl I Seite 2044 mit Wirkung ab 1. Januar 1993, und zwar veranlasst durch das oben zitierte Urteil des BVerfG vom 23. Januar 1990). Danach tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat (Nr 4) oder er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auswahlfrist zu kündigen (Nr 5).
Der Senat hält es im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin für erforderlich darauf hinzuweisen, dass zu differenzieren ist zwischen fristloser Kündigung und fristgemäßer Kündigung aus wichtigem Grund.
Ob der Arbeitgeber zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt war, richtet sich – wie bereits oben dargelegt – nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Solche Tatsachen liegen hier nicht vor, wie ebenfalls bereits oben dargelegt wurde. Denn die hier vorliegende Erkrankung des Arbeitnehmers rechtfertigt keine fristlose Kündigung.
Davon ist zu unterscheiden die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist. Hierunter fallen insbesondere die Fälle, in denen wegen Betriebsstilllegung oder langanhaltender Krankheit dem Arbeitgeber das Recht zugestanden wird, den ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmer außerordentlich zu kündigen, jedoch unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist als sozialer Auslauffrist (vgl dazu Senatsurteil vom 31. Januar 2002 – L 8 AL 377/00 –). Abgesehen davon, dass diese Fallgestaltung hier nicht vorlag, rechtfertigt ein entsprechender Sachverhalt – anders als die Klägerin meint – keine fristlose Kündigung, sondern nur eine Kündigung mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Frist.
Demgegenüber enthält § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III aF nur die Ausnahme von der Rückzahlungspflicht, wenn das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden konnte. Dieser Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Zunächst ist zu bedenken, dass die Entscheidung des BVerfG und die Vorschrift des § 147a SGB III bzw § 128 AFG einen anderen Sachverhalt regeln als § 223 Abs 2 SGB III. Die Erstattungspflicht nach § 147a SGB III erfasst Entgeltersatzleistungen für ältere Arbeitslose, für deren Arbeitslosigkeit der Arbeitgeber verantwortlich ist. Diese Erstattungspflicht soll nach der Rechtsprechung des BVerfG (und der maßgeblichen gesetzlichen Regelung) ua dann nicht greifen, wenn der Arbeitnehmer wegen gesundheitlicher Einschränkungen die von ihm vertraglich übernommene Arbeit auf Dauer nicht mehr verrichten kann, weil der Arbeitnehmer durch seine gesundheitlichen Einschränkungen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit verursacht hat.
Die Erstattungspflicht nach § 223 Abs 2 SGB III aF betrifft einen vollständig anderen Sachverhalt. Denn hierbei geht es um die Zurückzahlung einer Lohnsubvention bei Zweckverfehlung. Das BSG (Urteil vom 2. Juni 2004 – B 7 AL 56/03 R –) hat zur Verfassungsmäßigkeit dieser Rückzahlungspflicht ua Folgendes ausgeführt:
"Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben verstößt § 223 Abs 2 SGB III nicht gegen Art 12 GG. Die Regelung ist geeignet, die vorzeitige Entlassung eines Arbeitnehmers zu verhindern, dessen Beschäftigung durch Zuschüsse an den Arbeitgeber gefördert worden ist. Im Rahmen des dem Gesetzgeber zuzugestehenden Gestaltungsfreiraums ist die volle Rückzahlungspflicht ohne Rücksicht auf betriebliche Gründe auch erforderlich. Es muss dem Gesetzgeber überlassen bleiben, wie stark der Druck auf den Arbeitgeber ausgestaltet sein soll, einen geförderten Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen oder von einer Förderung von vornherein Abstand zu nehmen. Der Arbeitgeber wird auch nicht unzumutbar belastet; denn er hat vor bzw zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses die Wahl, auf eine Förderung zu verzichten oder einen nicht zu fördernden Arbeitnehmer einzustellen. Gerade beim Vergleich zur Situation der Einstellung eines nicht zu fördernden Arbeitnehmers wird auch deutlich, dass die Ausführungen des LSG zum wirtschaftlichen Nutzen des Arbeitgebers durch die Beschäftigung des geförderten Arbeitnehmers – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht zu beanstanden sind. Denn hätte der Kläger einen nicht geförderten Arbeitnehmer eingestellt, hätte er in dieser Zeit die vollen Entgeltkosten ohnedies tragen müssen. Zwischenzeitlich hat er die Arbeitskraft des Arbeitnehmers zu geringeren Eigenkosten genutzt. Eine Saldierung iS eines konkreten finanziellen, am Gewinn orientierten Nutzens ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht erforderlich. Er wird durch die Rückzahlungspflicht nur so gestellt, wie er stehen würde, wenn eine Förderung nicht stattgefunden hätte, allerdings mit der Besonderheit, dass die zwischenzeitlich gezahlten Zuschüsse im Ergebnis wie ein zinsloses Darlehen wirken.
Die Rückzahlungspflicht des § 223 Abs 2 SGB III verstößt auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 GG. Insoweit stellt die Bewilligung des Zuschusses als Leistung an den Arbeitgeber mangels Privatnützigkeit (Ermessensleistung, Rückzahlungsrisiko), Äquivalenz (fehlende Eigenleistung) und fehlenden Existenzsicherungscharakters (vgl dazu insgesamt nur Spellbrink im Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 39 RdNr 9 ff mwN) keine eigentumsgeschützte Rechtsposition dar. Im Übrigen würde ein Eingriff in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition die Verschlechterung einer früheren Rechtsposition voraussetzen (BVerfGE 72, 9 ff [BVerfG 12.02.1986 - 1 BvL 39/83] = SozR 4100 § 104 Nr 13 S 14 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 1 S 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2004 – B 7 AL 31/03 R). Gerade dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Leistung von vornherein unter der Voraussetzung der Rückzahlungspflicht in bestimmten Fällen gewährt wird und einer dieser Fälle eingetreten ist. Schon aus diesem Grund scheidet auch ein Eingriff unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (vgl dazu Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl 2000, Art 14 RdNr 10 mwN) aus, wenn man wie der Kläger davon ausgeht, dass durch die Belastung mit der Rückzahlungspflicht der Grundrechtsbereich tangiert ist. Die reine Belastung mit Geldzahlungspflichten fällt nämlich ohnedies nicht unter den Schutzbereich des Art 14, wenn sie nicht ausnahmsweise erdrosselnde Wirkung besitzt (BVerfGE 95, 267, 301 [BVerfG 08.04.1997 - 1 BvR 48/94] mwN)."
Dieser Rechtsansicht schließt sich der Senat an. Die Klägerin ist daher verpflichtet, den geforderten Betrag zurückzuzahlen, der auch der Höhe nach zutreffend berechnet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da die Klägerin unterliegt, trägt sie ihre außergerichtlichen Kosten selber.
Die Revision bedarf der Zulassung (§ 160 SGG). Diese ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von höchstrichterlichen Entscheidungen abweicht.