Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 06.01.2012, Az.: 1 U 89/09

Notarhaftung; Beurkundung europarechtswidriger Vertragsregelung; fehlende Beurkundung einer salvatorischen Klausel; Verschulden

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
06.01.2012
Aktenzeichen
1 U 89/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44388
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - AZ: 3 O 1700/08
nachfolgend
BGH - 15.12.2011 - AZ: III ZR 29/11

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Verstoßen Teile eines notariell beurkundeten Kaufvertrags gegen europäisches Recht wird grundsätzlich eine Haftung des Notars wegen Amtspflichtverletzung in Betracht kommen. Eine Haftung des Notars aus § 19 BNotO kann allerdings wegen fehlenden Verschuldens ausgeschlossen sein, wenn die Europarechtswidrigkeit der vertraglichen Regelung sich erst nach einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EGV (nunmehr Art. 267 AEUG) herausgestellt hat und im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung eine eindeutige Rechtslage und/oder Rechtsprechung oder Literatur, aus der auf eine Europarechtswidrigkeit der betreffenden Regelung geschlossen werden musste, nicht vorhanden war.

Gründe

I.

Die Kläger nehmen den Beklagten als früheren Notar wegen Verletzung seiner Pflichten im Zusammenhang mit der Beurkundung eines Kaufvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.

Durch notariellen Vertrag vom 8.11.2005 verkauften und übereigneten die Kläger einen Hof in A…an Herrn F… H… zu einem Gesamtkaufpreis von 690.000 €. § 9 des Kaufvertrags enthielt eine Regelung über die Übertragung von Zahlungsansprüchen (nach der GAP-Reform) an den Käufer und eine teilweise Auskehrung der nach Aktivierung der Zahlungsansprüche vom Käufer erlangten jährlichen Prämien an die Verkäufer. Die aus § 9 des Kaufvertrags folgenden Ansprüche auf teilweise Auszahlung der Agrarprämien traten die Kläger an die A… und J… H… GbR ab. Diese hat Ansprüche auf Auskehrung der Prämien für die Jahre 2006 und 2007 gegen Herrn F… J… H… gerichtlich geltend gemacht. In einem dieser zwei Verfahren hat der Senat eine Entscheidung des EuGH über die Vereinbarkeit einer Regelung der in § 9 getroffenen Art mit europäischem Recht eingeholt. Auf der Grundlage der am 20.5.2010 ergangenen Entscheidung des EuGH (Az.: C-434/08) hat der Senat die Berufung gegen die Abweisung der Klage der A…und J… H… GbR auf Auszahlung eines Teils der Prämienzahlungen für 2006 zurückgewiesen; er ist davon ausgegangen, dass die Regelung in § 9 des Kaufvertrags über die Abführung von Prämienzahlungen europarechtswidrig und damit unwirksam ist (Senatsurteil vom 21.10.2010, AZ: 1 U 109/07; 5 O 1279/06 LG Aurich- RdL 2011,51).

Die Kläger, die sich vorsorglich auch entsprechende Ansprüche der A… und J… H…GbR haben abtreten lassen, haben noch während des zuvor genannten, wegen der Prämienzahlungen geführten Berufungsverfahrens vor dem Senat im Hinblick auf die angebliche Gefahr drohender Verjährung Feststellungsklage gegen den beklagten früheren Notar erhoben, mit der die Feststellung der Verletzung von Pflichten des Notars im Zusammenhang mit der Beurkundung des Kaufvertrags und des darin enthaltenen § 9 sowie die Feststellung eines aus diesen Pflichtverletzungen sich ergebenden Schadensersatzanspruchs begehrt worden ist.

Die Kläger haben zur angeblich drohenden Verjährung vorgetragen und weiterhin ausgeführt, dass eine Pflichtwidrigkeit des Notars darin zu sehen sei, dass dieser bei der Beurkundung von § 9 des Kaufvertrags nicht auf fehlende Sicherheiten der Kläger hinsichtlich der vereinbarten Teilabführung der laufenden Prämienzahlungen und auf etwaige Sicherungsmöglichkeiten für die zukünftigen Zahlungen hingewiesen habe. Eine weitere Pflichtverletzung des beklagten Notars haben die Kläger in einem fehlenden Hinweis auf eine aus europarechtlichen Gründen eventuell folgende Unwirksamkeit der Regelung des § 9 und eine daraus folgende Gesamtnichtigkeit des notariellen Kaufvertrags gesehen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil das erforderliche Feststellungsinteresse für die begehrten Feststellungen fehle.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit der Berufung.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber nicht begründet.

2. Die danach zulässige Feststellungsklage ist nicht begründet.

Den Klägern steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen der unter Ziffer 1 des Antrags genannten Pflichtverletzung nicht zu. Es ist insoweit nicht festzustellen, dass der Beklagte seine Pflichten als damaliger Notar bei oder im Zusammenhang mit der Beurkundung des § 9 des Kaufvertrags verletzt hat und er deshalb nach § 19 BNotO auf Schadensersatz haftet.

a) Eine Amtspflichtverletzung des Beklagten liegt hier nicht darin, dass der Beklagte die Beurkundung des Kaufvertrags oder hier zumindest des § 9 des Kaufvertrages nicht verweigert hat.

Im Hinblick auf § 4 BeurkG ist allerdings mit der h.M. davon auszugehen, dass der Notar verpflichtet ist, die Beurkundung eines Geschäfts abzulehnen, wenn dieses nach Überzeugung des Notars nichtig wäre bzw. hier gegen europäisches Recht verstoßen würde (vgl. Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 525). Diese Verpflichtung knüpft jedoch daran an, dass der Notar die persönliche Überzeugung von der Nichtigkeit der Regelung gewonnen hat. Wenn der Notar lediglich Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit der Regelung hat, ist er zur Ablehnung der Beurkundung nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt (Ganter/Hertel/Wöstmann, a.a.O.). In diesem Fall ergeben sich dann - wie nachfolgend noch zu erörtern sein wird - allein entsprechende Hinweispflichten gegenüber den Vertragsbeteiligten. Von einer positiven Kenntnis des beklagten Notars kann hier jedoch selbst nach dem von den Klägern vorgetragenen Sachverhalt nicht ausgegangen werden. Dass die hier relevante Regelung in § 9 des Kaufvertrags unwirksam sein könnte, hat sich erst im vorausgegangenen Prozess nach Hinweis des Senats ergeben. Weder dem Notar noch den Vertragsbeteiligten war dies bei Abschluss des notariellen Vertrags bewusst.

b) Auch ein schuldhafter Verstoß gegen die aus § 17 BeurkG folgenden Prüfungs- und Belehrungspflichten des Notars scheidet hier aus.

Nach § 17 Abs. 1 BeurkG hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben. Wenn Zweifel bestehen, ob das Geschäft dem Gesetz (was europäisches Recht einschließen dürfte) oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht, so hat nach § 17 Abs. 2 BeurkG der Notar die Bedenken mit den Beteiligten zu erörtert; bei Zweifeln des Notars an der Wirksamkeit des Geschäfts und Beharren der Beteiligten auf der Beurkundung sollen dann die Belehrung und die dazu abgegebenen Erklärungen der Beteiligten in der Niederschrift vermerkt werden. Eine solche Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars ist insbesondere im Hinblick auf Mängel des Rechtsgeschäfts oder einzelner Regelungen des Geschäfts anzunehmen, die zu einer Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des gesamten Rechtsgeschäfts oder einzelner Regelungen führen könnten (vgl. BGH NJW 1993, 2617 [BGH 08.07.1993 - IX ZR 222/92]; NJW 2005, 2595 [BGH 18.02.2005 - AnwZ (B) 1/03]; Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 1003). Danach hätten sich zwar bei objektiver, theoretischer Betrachtung nach der gebotenen Prüfung der Vertragsregelung in § 9 des Kaufvertrags Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der gewollten Vertragsregelung mit europäischem Recht ergeben können und der Notar hätte dann auf solche Zweifel hinweisen müssen.

Nach Einschätzung des Senats fehlt es jedoch an dem für eine Haftung nach § 19 BNotO erforderlichen Verschulden des Beklagten. Auch ein Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit, das hier allein in Betracht zu ziehen ist, scheidet aus.

Von einem fahrlässigen Verhalten kann nur ausgegangen werden, wenn vom Beklagten damals eine entsprechende Kenntnis des europäischen Rechts und der daraus sich ergebenden Problematik hinsichtlich der hier relevanten Vertragsregelung erwartet werden durfte und musste.

Nach der Rspr. muss ein Notar - wie auch ein Rechtsanwalt - die gesetzlichen Regelungen kennen, was auch eine Kenntnis des europäischen Rechts einschließt, und sich ggf. im Hinblick auf die an ihn herangetragene Vertragsgestaltung und von den beteiligten Vertragsparteien gewollten Regelungen die notwendigen Kenntnisse verschaffen. Auch eine Kenntnis der höchstrichterlichen Rspr. muss von ihm - jedenfalls nach Veröffentlichung dieser Rspr. in einschlägigen Fachzeitschriften - erwartet werden. Eine erhöhte Unterrichtungspflicht und Sorgfalt ist vom Notar zu erwarten, wenn es bei seiner Tätigkeit um Fragen aus einem Rechtsgebiet geht, das relativ neu ist und sich erkennbar in der Entwicklung befindet. Es entspricht der von einem Notar zu erwartenden Sorgfalt, dass er die ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisquellen ausschöpft, auch mögliche Entwicklungen in der Rspr. beobachtet und hierzu ggf. auch vorhandene Literatur auswertet (vgl. zusammenfassend Arndt/Lerch/Sandkühler, § 19 BNotO Rn. 110; Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 2110, jeweils m.w.N.). In diesem Zusammenhang hat der Notar dann auch Anzeichen für eine mögliche Rechtssprechungsänderung und/oder eine mögliche Fortentwicklung der Rechtsprechung, wie sie sich etwa aus obiter dicta in höchstrichterlichen Urteilen oder aus Diskussionen in der Literatur ergeben können, zur Kenntnis zu nehmen und daraus sich ergebende Unsicherheiten gegenüber den Vertragsbeteiligten aufzuzeigen (vgl. dazu BGH NJW 1993, 648, 649 [BGH 15.10.1992 - IX ZR 43/92]; Arndt/Lerch/Sandkühler, a.a.O. Rn. 112 ff.; Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 2123 f.). Auch eine mögliche Interpretation des europäischen Rechts, insbesondere durch die dazu maßgebende Rspr. des EuGH, hat der Notar zu berücksichtigen, soweit es auf dem für den zu beurkundenden Geschäft relevanten Rechtsgebiet dafür konkrete Anhaltspunkte gibt (vgl. hierzu auch BGH, IX ZR 26/08, Urt. vom 23.9.2010 - mit eher restriktiven Anforderungen für die Annahme eines Verschuldens und einer Haftung eines Steuerberaters bei einer später vom EuGH für europarechtswidrig erklärten Gesetzesregelung).

Auch unter Berücksichtigung der danach sich ergebenden strengen Anforderungen konnte hier jedoch nicht erwartet werden, dass ein Notar in der Situation des Beklagten bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Europarechtswidrigkeit der Regelung in § 9 des Kaufvertrages erkannte. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren die hier relevanten Vorschriften des europäischen Rechts (VO EG Nr. 1782/2003) noch recht neu, in der nationalen Umsetzung mit den entsprechenden Prämienzahlungen waren keine Erfahrungen vorhanden, eine entsprechende Verwaltungspraxis in der Umsetzung der Agrarförderung gab es nicht. Aus der damals geltenden VO EG Nr. 1782/2003 und auch im ergänzend dazu erlassenen deutschen Recht gab es keine Regelung, aus der entsprechend ihrem Wortlaut sich unmittelbar die Unwirksamkeit der hier in § 9 vorgesehenen Vereinbarung ergab. Wie aus dem späteren Vorlagebeschluss des Senats vom 11.9.2008 und der späteren Entscheidung des EuGH vom 20.5.2010 zu entnehmen ist, war erst bei einem bestimmten Verständnis des Art. 46 der oben genannten VO und insbesondere aus der Zielsetzung der Betriebsprämienregelung bzw. des Subventionierungszwecks, die hier durch § 9 des Kaufvertrags verfehlt wurden, auf die Europarechtswidrigkeit der hier vereinbarten Regelung zu schließen. Irgendeine Entscheidung des EuGH, des BVerwG, des BGH, eines Oberlandesgerichts oder eine veröffentlichte Entscheidung eines anderen Gerichts, die auf eine Europarechtswidrigkeit von Regelungen der hier in § 9 verwendeten Art hätte hindeuten können, gab es - soweit ersichtlich ist - zum damaligen Zeitpunkt nicht. Bis zum Vorlagebeschluss des Senats vom 11.9.2008 ist - soweit ersichtlich ist - nirgendwo in der Bundesrepublik die (veröffentlichte) Auffassung vertreten worden, dass Vertragsgestaltungen wie die hier vorhandene Regelung in § 9 wegen Verstoßes gegen europäisches Recht unwirksam sein könnten. In der Beratungspraxis der (auch) mit Flächenprämien und der Umsetzung des entsprechenden europäischen Rechts befassten Berufsverbände der Landwirtschaft sind teilweise entsprechende oder ähnliche Regelungen der hier vorliegenden Art empfohlen worden, worauf die Kläger durch ihre Rechtsanwälte in dem vom Senat entschiedenen Verfahren 5 O 1279/06 LG Aurich/1U 109/07 OLG Oldenburg mit Schriftsatz vom 25.6.2008 selbst hingewiesen hatten. In dem Verfahren vor dem EuGH hat die Bundesregierung, vertreten und beraten durch fachkundige Ministerialbeamte, Rechtsgestaltungen der hier vorliegenden Art als zweifelsfrei europarechtskonform verteidigt und überhaupt keinerlei europarechtliche Bedenken gesehen. Unter solchen Umständen konnte dann aber auch von einem pflichtbewussten und gewissenhaften Durchschnittsnotar (vgl. zu diesem Maßstab BGHZ 145, 260, 275) nicht erwartet werden, dass er bei der üblichen Prüfung des von den Parteien gewollten Vertragsinhalts die Europarechtswidrigkeit der hier relevanten Vertragsgestaltung hätte erkennen müssen und den Vertragsbeteiligten entsprechende Hinweise hätte erteilen müssen. Hierfür gab es in der im Zeitpunkt der Beurkundung vorhandenen Rechtsprechung, Literatur und Beratungspraxis keine hinreichenden Anhaltspunkte.

c) Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Beklagte damals als Notar im Hinblick auf die Wahl des sichersten Weges gehalten war, zur Verwirklichung des von den Parteien gewollten wirtschaftlichen Ziels eine andere Vertragsgestaltung anzuraten.

Nach Rspr. des BGH gehört allerdings zu den Pflichtaufgaben des Notars bei der Beurkundung eines Vertrages auch die gestaltende Beratung (unselbständige Beratung), d.h. der Notar hat die Vertragsbeteiligten auf der Grundlage der ihm erkennbaren wirtschaftlichen Vorstellungen sowie des wirtschaftlichen Ergebnisses, über das die vertragsbeteiligten Parteien Einigung erzielt haben, über die in Betracht kommenden rechtlichen Lösungen, eventuelle Vor- und Nachteile sowie über die rechtliche Zuverlässigkeit der in Betracht gezogenen Lösung zu beraten (vgl. Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 934 ff., m.w.N.). Der BGH hält dabei den Notar - wie den Rechtsanwalt - für verpflichtet, den (nach den Umständen) sichersten Weg zu wählen, um das von den Beteiligten erstrebte wirtschaftliche Ziel zu erreichen (BGHZ 27, 274, 276; 56, 26, 28; BGH NJW 1992, 3237, 3239; Ganter/Hertel/Wöstmann, a.a.O. Rn. 2127). Der Notar, der bei der Vertragsgestaltung einen Vertragsbeteiligten einem vermeidbaren Risiko aussetzt, handelt dann grundsätzlich pflichtwidrig und schuldhaft.

Im vorliegenden Fall ging es ersichtlich in wirtschaftlicher Hinsicht darum, dass die Kläger - wie von ihnen geltend gemacht - die gesamten für den Hof zu erwartenden Zahlungsansprüche nicht für den vereinbarten Gesamtkaufpreis von 690.000 € übertragen wollten, sondern aus den ihnen bzw. der A… und J… H… GbR nach der Reform der Agrarförderung zukommenden Zahlungsansprüchen noch weitere Zahlungen erwarteten. Dieses wirtschaftliche Ziel hätte - wie aus der Entscheidung der EuGH vom 20.5.2010 zu schließen ist - durchaus europarechtskonform erreicht werden können, etwa dadurch, dass für die (vollständig und uneingeschränkt übertragenen) Zahlungsansprüche ein bestimmter weiterer zusätzlicher Kaufpreis vereinbart worden wäre oder der Gesamtkaufpreis erhöht und in einen Barzahlungsanteil sowie einen Ratenzahlungsanteil aufgeteilt worden wäre, wobei im Kaufvertrag die Fälligkeit der festgelegten, der Zahl nach begrenzten Kaufpreisraten jeweils für den Zeitpunkt der üblichen jährlichen Prämienauszahlungen hätte vereinbart werden können.

Es ist jedoch nicht festzustellen und nicht anzunehmen, dass der Beklagte damals als Notar, nachdem die Vertragsparteien unter Beteiligung des eingeschalteten Agrarmaklers sich auf eine Regelung der dann in § 9 beurkundeten Art geeinigt hatten, Veranlassung hatte, nach alternativen Lösungen zu suchen, mit denen der in den Verhandlungen gefundene wirtschaftliche Interessenausgleich der Vertragsparteien auf anderem Wege in vergleichbarer Weise hätte verwirklicht werden können. Dass der Beklagte damals als Notar danach nicht gesucht hat und den Vertragsparteien eine entsprechende alternative Vertragsgestaltung im Hinblick auf vorhandene europarechtliche Zweifel nicht nahe gelegt hat, kann als fahrlässig begangene Pflichtverletzung nur gewertet werden, wenn der Beklagte jedenfalls die Möglichkeit einer Europarechtswidrigkeit der primär von den Beteiligten angedachten Regelung nicht nur hätte erkennen können, sondern bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt eines pflichtbewussten und gewissenhaften Durchschnittsnotars auch hätte erkennen müssen.

Ein entsprechendes Problembewusstsein und die Erkenntnis, dass zur Gewährleistung einer rechtlich sicheren, einwandfreien Lösung eine andere Vertragsgestaltung gewählt werden musste, lag jedoch nach den oben dargestellten Umständen und dem damaligen Diskussionsstand in Rechtsprechung und Literatur fern. Dann muss aber auch insoweit eine Pflichtverletzung des Beklagten verneint werden. Vom Beklagten als Notar konnte damals nicht die Entwicklung eines Problembewusstseins hinsichtlich einer evtl. Europarechtswidrigkeit des von den Parteien (jedenfalls primär) Gewollten erwartet werden, die in der Rechtsprechung und Literatur nicht diskutiert worden war und für die es in der damaligen Rechtsprechung und damals veröffentlichten Literatur keinerlei konkrete Anhaltspunkte gab. Die Sorgfaltsanforderungen würden überspannt, wenn man dies vom Beklagten als vom Durchschnittsnotar geschuldeten Sorgfaltsstandard erwartet hätte.

Danach scheidet eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten, die an die Beurkundung des § 9 und damit verbundene Beratungs- und Hinweispflichten anknüpft, und ein daraus resultierender Schadensersatzanspruch aus. Der daran anknüpfende Feststellungsantrag ist danach insgesamt und vorbehaltlos zurückzuweisen.

d) Eine Amtspflichtverletzung des Beklagten und eine daraus resultierende Schadensersatzanspruch sind auch nicht im Hinblick darauf festzustellen, dass der Beklagte es angeblich versäumt hat, eine "salvatorische Klausel" im notariell beurkundeten Kaufvertrag vorzusehen.

Eine daran anknüpfenden Feststellung wird bereits von dem in der Berufungsinstanz weiterverfolgten Feststellungsantrag der Kläger nicht mehr erfasst, der sich allein auf eine Amtspflichtverletzung und einen daran anknüpfenden Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den beurkundeten § 9 des Kaufvertrags beschränkt. Die genannte weitere angebliche Amtspflichtverletzung und einen daraus resultierenden Schadensersatzanspruch schließt der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag nicht ein.

Überdies ist auch insoweit eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten nicht festzustellen. Für eine "salvatorische Klausel" - insoweit wäre denkbar und zu unterscheiden eine "Erhaltungsklausel", nach der der Vertrag ohne eine nichtige Teilregelung im übrigen wirksam sein sollte, oder eine "Ersetzungsklausel", wonach im Fall einer Teilnichtigkeit etwas anderes (ggf. eine konkrete Alternativvereinbarung) gelten sollte - hätte nur Veranlassung bestanden, wenn der beklagte Notar aufgrund der konkreten Umstände und des damaligen Standes der Rechtsprechung und der Diskussion in der Literatur die Möglichkeit einer aus europarechtlichen Gründen folgenden eventuellen Unwirksamkeit eines Teils des Kaufvertrags hätte in Betracht ziehen müssen. Im Hinblick auf eine sich dann aufdrängende, unterlassene Vorsorge wäre dann eine schuldhafte Amtspflichtverletzung anzunehmen. Davon kann jedoch - wie bereits aus den vorausgegangenen Ausführungen folgt - im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Ein entsprechendes Problembewusstsein war bei dem damaligen in Fachkreisen vorhandenen Diskussionsstand vom Notar nicht zu erwarten.

Zudem hätte eine Erhaltungs- oder Ersetzungsregelung vorausgesetzt, dass zumindest damals im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses ein entsprechender Vertragswille der Vertragsbeteiligten vorhanden bzw. zu erzielen war, dass der notarielle Kaufvertrag in jedem Fall in seinem wirksamen Teil (wie vereinbart) fortgelten sollte, wenn die zu § 9 erzielte Vereinbarung über eine Abführung der jährlichen Prämienzahlungen an die Kläger (bzw. die Zedentin) unwirksam sein würde. Da die Kläger die Zahlungsansprüche dem Erwerber H… nicht ohne Erhalt weiterer Zahlungen überlassen wollten, der Erwerber H… aber den Willen und die Vorstellung hatte, für den vereinbarten Kaufpreis von 690.000 € auch Zahlungsansprüche zu erwerben, ist nicht ersichtlich, dass eine salvatorische Klausel in der Form einer Erhaltungsregelung dem damals vorhandenen Willen der Vertragsbeteiligten hätte entsprechen können. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine vorsorgliche Ersetzungsregelung nach den damaligen widersprechenden Vorstellungen der Vertragsbeteiligten hätte in Betracht kommen können. Jedenfalls fehlt hierzu auch nachvollziehbarer, konkreter Vortrag der Kläger.

Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten, die zu einer Haftung nach § 19 BNotO führt, ist nach alledem zu verneinen.