Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 09.03.2015, Az.: AGH 17/14

Bibliographie

Gericht
AGH Niedersachsen
Datum
09.03.2015
Aktenzeichen
AGH 17/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45362
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Auf die Berufung der Generalstaatsanwaltschaft vom 27. Mai 2014 wird das Urteil des Anwaltsgerichts C. vom 22. Mai 2014 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben; der Rechtsanwalt wird aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen.

Die Berufung des Rechtsanwalts wird verworfen.

Der Rechtsanwalt trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften:

§§ 113 Abs. 1, 43, 114 Abs. 1 Nr. 4, 114a Abs. 1, 197 Abs. 2 S. 1 BRAO.

Gründe

I.

Das Anwaltsgericht C. hat mit seinem Urteil vom 22.05.2014 für Recht erkannt, dass der Rechtsanwalt schuldig ist, in zwei Fällen gegen die Verpflichtung, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und sich innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen, zuwider gehandelt und dadurch seine Pflichten als Rechtsanwalt verletzt zu haben, indem er einem gegen ihn ergangenen Vertretungsverbot zuwider gehandelt hat.

Das Gericht hat gegen den Rechtsanwalt eine Geldbuße in Höhe von 10.000 € verhängt und eine Ratenzahlung angeordnet sowie dem Rechtsanwalt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen auferlegt.

Hiergegen richten sich die Berufungen der Generalstaatsanwaltschaft und des Rechtsanwalts. Die Generalstaatsanwaltschaft verfolgt das Ziel, mit ihrer Berufung einen Ausschluss des Rechtsanwalts aus der Rechtsanwaltschaft zu erwirken. Der Rechtsanwalt begehrt eine Herabsetzung der Geldbuße. Er hat seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.

Während die Berufung der Generalstaatsanwaltschaft Erfolg hat, bleibt der Berufung des Rechtsanwalts der Erfolg versagt.

II.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Rechtsanwalts hat die Hauptverhandlung folgendes ergeben:

Der Rechtsanwalt hat seine erste juristische Staatsprüfung am 18.05.19.. und die zweite juristische Staatsprüfung am 09.04.19.. abgelegt.

Sein Kanzleisitz befindet sich nach mehreren Umzügen inzwischen in der N. Str.  in  K.. Zurzeit ist der Rechtsanwalt Mitglied der Rechtsanwaltskammer K.

Seit 19.. ist er mit seiner Ehefrau K. A. verheiratet, die in seiner Einzelkanzlei unentgeltlich mitarbeitet. Die Ehe ist kinderlos.

Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gibt der Rechtsanwalt an, im Jahre 2011 einen Umsatz von 59.000 €, im Jahre 2012 von 49.000 € und im Jahre 2013 einen Gewinn von 34.000 € erzielt zu haben. Für das Jahr 2014 schätzt er seinen Umsatz auf 58.000 €. Er zahlt monatlich 326 € an die Rechtsanwaltsversorgung und 309 € an die Krankenversicherung sowie für seine Ehefrau 126 € für die Krankenversicherung bei der A.

Sein weiteres Vermögen besteht aus einem belasteten Haus in K..

III.

Der Rechtsanwalt ist ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 28.01.2014 zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1. Durch Urteil des Landgerichts K. vom 24.04.2006, rechtskräftig seit demselben Tag wurde der Rechtsanwalt in dem Verfahren 2050 Js 71616/04 - 10 KLS - wegen

1. falscher Angaben nach § 399 Aktiengesetz,

2. der unrichtigen Darstellung nach § 331 HGB in zwei Fällen,

3. der Beihilfe

zu falschen Angaben nach § 82 GmbH-Gesetz, zur fünffachen vorsätzlichen Verletzung der Insolvenzantragspflicht, zur vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides statt, zum 22fachen Betrug und zum 15fachen Vorenthalten von Arbeitsentgelten,

4. der Beihilfe zur Unterschlagung in Tateinheit mit Anstiftung zum Vereiteln der Zwangsvollstreckung,

5. der Anstiftung zur mittelbaren Falschbeurkundung,

6. des Betruges sowie des versuchten Betruges in zwei Fällen,

7. der Steuerverkürzung in fünf Fällen, der Anstiftung zur Steuerverkürzung sowie der Anstiftung zur Steuerverkürzung in Tateinheit mit Urkundenfälschung,

8. der Untreue,

9. der Urkundenfälschung sowie

10. der Anstiftung zur Falschaussage

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. dem Rechtsanwalt wurde die Ausübung seines Berufs für die Dauer von einem Jahr und neun Monaten verboten. Das Berufsverbot endete am 23.1.2008, die Bewährungszeit am 23.4.2011. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 6.5.2011 erlassen.

Zur Verhängung des Berufsverbotes führte die Strafkammer auf Blatt 20 Ziffer 3 des Urteils folgendes aus:

„Neben der Gesamtfreiheitsstrafe war nach der Bestimmung des § 79 StGB ein Berufsverbot auszusprechen. Insbesondere die Taten in den Fällen 5, 7, 18 und 19 beging der Angeklagte unter bewusstem Missbrauch seines Berufs und seiner Stellung als Rechtsanwalt und unter grober Verletzung seiner Pflichten als Organ der Rechtspflege. Diese Taten stehen in einer Linie mit der Tat die zu dem Schuldspruch in dem Verfahren 2010 Js 13046/00 geführt hat.

Von daher ist die Gefahr gegeben, dass der Angeklagte ohne diese Maßregel gleichartige und gravierende Taten bedienen wird.

Die Kammer erschien es für ausreichend, die Dauer des Berufsverbots auf

1  J a h r  u n d  9  M o n a t e

zu beschränken und damit eine Frist im unteren Bereich festzusetzen.

Im Hinblick darauf das der Angeklagte nunmehr nicht nur Einsicht in sein Fehlverhalten zeigt, sondern auch die Konsequenzen seines Verstoßes gegen die Berufspflichten eines Rechtsanwalts mit dem verhängten Berufsverbot deutlich zu spüren bekommt, kann erwartet werden, dass nach Ablauf dieser Frist die Gefahr weiterer vergleichbarer Taten nicht mehr besteht und sich der Angeklagte dann an die Anforderungen des Rechts hält.“

2. Durch Urteil des Amtsgerichts U. vom 16.07.2009, rechtskräftig seit dem 24.07.2009 wurde der Rechtsanwalt wegen eines Verstoßes gegen ein Berufsverbot in 167 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit endete am 23.7.2011. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 16.9.2011 erlassen.

Der Strafrichter traf auszugsweise auf Seite 3 seines Urteils Ziffer I 2. Absatz bis II 1. Absatz folgende Feststellungen:

„Der Angeklagte wurde mit Urteil des Landgerichts K. vom 24.04.2006 - Az.: 2050 Js 71616/04 - 10 KLs - rechtskräftig seit dem 24.04.2006 - wegen falscher Angaben nach § 399 Aktiengesetz vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides statt, 22fachen Betruges, Urkundenfälschung u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem wurde ihm die Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt für die Dauer von einem Jahr und neun Monaten verboten. Dieses Berufsverbot galt mithin bis zum 24.01.2008.

Ungeachtet dieses Verbots betätigte er sich in dieser Zeit in einer Vielzahl von Einzelfällen weiterhin als Rechtsanwalt.“

Weiter führt das Gericht auszugsweise unter Ziffer V auf Seiten 10, 11 des Urteils wie folgt aus:

„Im Rahmen der Strafzumessung sprach zu Gunsten des Angeklagten sein umfassendes Geständnis. Es war dem Angeklagten anzumerken, dass er unter diesem Verfahren bereits sehr gelitten hat, dass es ihm nervlich auf das äußerste belastet. Er hat ganz offensichtlich dieses Verhalten bereut und auch eingesehen. Hinzu kommt, dass der Angeklagte in zurückliegender Zeit von mehreren Schicksalsschlägen (Krankheit der Ehefrau, Erkrankung der Mutter und auch der Schwiegereltern) hart getroffen wurde. Schließlich ist strafmildern zu berücksichtigen, dass die Qualität seiner Verstöße nicht „am oberen Ende der Messlatte“ anzusiedeln sind. Lediglich in den Fällen 52. und 53. kann von klassischer Rechtsanwaltstätigkeit gesprochen werden. Die übrigen Vorgehensweisen sind eher summarischer und fast schon automatisierter Natur.

Straferschwerend muss allerdings in die Waagschale fallen, dass sich der Angeklagte über einen langen Zeitraum hinweg über das Verbot hinweggesetzt hat. Nach der Gesamtwürdigung dieser und aller weiteren die Strafzumessung bestimmenden Umstände hat das Gericht für die Tatziffer 1. bis 51. Geldstrafen von jeweils 40 Tagessätzen als Einzelstrafen in Ansatz gebracht, wobei die Höhe des einzelnen Tagessatzes mit 30 € zugemessen war.

Für die zwei Fälle klassischer Rechtsanwaltstätigkeiten in den Tatziffern 52. und 53. waren unter Bejahung der Voraussetzungen des § 47 StGB kurzfristige Freiheitsstrafen von jeweils zwei Monaten angezeigt.

Für die Tatziffern 54. bis 167. konnte es mit Geldstrafen von jeweils 30 Tagessätzen sein Bewenden haben.

Aus diesen Einzelstrafen war unter nochmaliger Abwägung alle Für und Wieder und unter straffer Zusammenziehung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr zu bilden. Das Gericht hat hierauf erkannt.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Angeklagte sich inzwischen gefangen hat, sein Fehlverhalten eingesehen und bereut hat, in einer festen Beziehung lebt und seine Berufstätigkeit wieder verantwortungsbewusst ausübt, konnte ihm gem. § 56 StGB die Bewährungschance zugebilligt werden.

D. A. wird sich aber als Volljurist darüber im Klaren sein, dass er bei weiteren Entgleisungen unweigerlich den Weg ins Gefängnis wird antreten müssen. Damit würde er seine berufliche Zukunft nachhaltig zerstören.

Von der Verhängung eines neuerlichen Berufsverbots hat das Gericht aus den o.a. Gründen abgesehen.“

Die Verurteilung durch das Amtsgericht U. hat ein anwaltsgerichtliches Verfahren nach sich gezogen, an dessen Abschluss das Anwaltsgericht C. am 05.07.2010, rechtskräftig seit dem 21.09.2011 wie folgt für Recht erkannt hat:

„D. H. A. A. ist schuldig, in 167 Fällen den gegen ihn verhängten strafrechtlichen Berufsverbot schuldhaft zuwider gehandelt zu haben und damit seine Verpflichtung, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und sich innerhalb und außerhalb des Berufs der Achtung und des Vertrauens welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert würdig zu erweisen, verletzt zu haben.

Gegen ihn wird die anwaltsgerichtliche Maßnahme des Verbots, auf dem Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Handels- und Gesellschaftsrechts, jedoch mit Ausnahme des Familienrechts, als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem Jahr tätig zu werden, verhängt.“

Der Rechtsanwalt wurde außerdem in die Kosten des Verfahrens verurteilt.

Auszugweise stellt das Anwaltsgericht auf den Seiten 9 bis 14 ab Ziffer IV folgendes fest:

„Die getroffenen tatsächlichen Feststellungen beruhen auf den der Hauptverhandlung verlesenen Urteilen des Landgerichts K. vom 24.04.2006 und des Amtsgericht U. vom 16.07.2009 sowie auf der Einlassung von Rechtsanwalt A.

Rechtsanwalt A. hat die einzelnen Verstöße gegen das Berufsverbot uneingeschränkt eingeräumt. Er hat hierzu erklärt, er habe nach Verhängung des Berufsverbots zunächst einen anwaltlichen Vertreter angestellt. Dieser Kollege sei für die Dauer von einem Jahr seit Rechtskraft des Berufsverbots beschäftigt worden. Dabei sei er, Rechtsanwalt A., davon ausgegangen, dass sein Antrag auf Verkürzung der 21-monatigen Verbotsfrist auf 12 Monate vom Landgericht K. positiv beschieden werden würde. Entsprechendes habe ihm sein damaliger Verteidiger in Aussicht gestellt. Tatsächlich sei ein dahingehender Antrag dann jedoch abgelehnt worden. Den angestellten Anwalt habe er sich nicht länger leisten können, weil die Praxiseinnahmen in den Jahren 2006 und 2007 zurückgegangen seien.

Er habe die Verstöße gegen das Berufsverbot aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch deswegen begangen, weil er sich gegenüber dem Mandanten geschämt habe, das gegen ihn ergangene Berufsverbot zu offenbaren. Dies gelte sowohl für seinen Schwiegervater, für den er als Anwalt Abmahnschreiben gefertigt habe, als auch für das Institut 2F Informatik GmbH, für das er im Rahmen des Eintreibens von Forderungen, wie festgestellt, als auch im Rahmen eines Beratungsvertrages tätig geworden sei.

Tatsächlich habe er Schwierigkeiten gehabt, das gegen ihn verhängte Berufsverbot zu akzeptieren, weil die Verurteilung durch das Landgericht K. im April 2006 seiner Auffassung nach auf einem Beratungsfehler seines damaligen Verteidigers Rechtsanwalt B. zurückzuführen sei. Dieser habe ihm geraten, die Vorwürfe aus der damaligen Anklageschrift in vollem Umfange einzuräumen. Dann könne er mit einer Bewährungsstrafe rechnen, anderenfalls habe er sich auf einen lange andauernden Strafprozess mit ungewissem Ausgang einzustellen. Obgleich er tatsächlich nur die Untreuehandlung zu Lasten der V. AG begangen habe, habe er entsprechend dem ihn gegebenen Rat alle Anklagevorwürfe eingeräumt.

Soweit Rechtsanwalt A. die Verstöße gegen das Berufsverbot eingeräumt hat, bestand an der Richtigkeit seines abgelegten Geständnisses kein Zweifel. Die Frage, ob Rechtsanwalt A. durch das Landgericht K. in jedem einzelnen Fall zu Recht verurteilt worden ist, bedurfte keiner Entscheidung, weil Rechtsanwalt A. die Bestandskraft des gegen ihn verhängten Berufsverbots und die von ihm hiergegen begangenen Verstöße nicht in Zweifel gezogen hat. Allerdings bestanden nach Auffassung der Kammer nach Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft K. - 2050 Js 71616/04 - auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, die Bindungswirkung der Feststellungen des Urteils des Landgerichts K. i.S. des § 118 Abs. 3 Satz 2 BRAGO in Frage zu stellen.

Dem Urteil des Landgerichts K. vom 24.04.2006 lässt sich entnehmen, dass das Landgericht K. festgestellt hat, Rechtsanwalt A. habe als damaliger Berufsanfänger in den Jahren ab 1998 mit dem gesondert verfolgten Unternehmer B. zusammengearbeitet, der mit Hilfe mehrerer von ihm beherrschter Kapitalgesellschaften Betrugstaten und Steuerhinterziehungen in größerem Umfange begangen habe und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden sei. Nach Meinung von Rechtsanwalt A. soll B., um ein Strafrabatt zu erlangen, in Bezug auf die Beteiligung von Rechtsanwalt A. an den von ihm, B., begangenen Straftaten unzutreffende, Rechtsanwalt A. belastende Angaben gemacht haben.

Rechtsanwalt A., der auf ausdrückliches Befragen die Verbindlichkeit des gegen ihn verhängten Berufsverbots trotz der von ihm vorgetragenen Bedenken gegen die Richtigkeit im Urteil vom 24.04.2006 getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht in Zweifel gezogen hat, bedauert sein Fehlverhalten und führt es auf seine angespannte wirtschaftliche Situation sowie seine Unfähigkeit, das bestehende Berufsverbot gegenüber seinen Mandanten zu offenbaren zurück.

V.

(1) Obgleich das Amtsgericht U. Rechtsanwalt A. durch Urteil vom 16.07.2009, rechtskräftig seit dem 24.07.2009 wegen der Gesetzesverstöße, die Gegenstand des vorliegenden anwaltsgerichtlichen Verfahrens sind, bereits zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt hat, ist vorliegend ausnahmsweise zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Rechtspfleger eine anwaltsgerichtlichen Maßnahme gem. § 115b BRAGO zusätzlich erforderlich. Dies ergibt sich aus Art und Umfang der festgestellten Gesetzesverstöße.

Gegenstand der anderweitigen strafrechtlichen Ahndung ist kein außergerichtliches Fehlverhalten, sondern ein berufliches Fehlverhalten, nämlich die Missachtung des strafrechtlich verhängten Berufsverbots. Ein Verstoß gegen ein strafrechtlich verhängtes Berufsverbot stellt, wie sich aus § 145c StGB ergibt, seinerseits ein Strafstandbestand, nämlich ein Vergehen dar. Sinn und Zweck des strafrechtlichen Berufsverbots ist es, zu verhindern, dass ein Verurteilter bei weiterer Ausübung seines Berufs erhebliche rechtswidrige Taten unter Missachtung seines Berufs oder unter grober Verletzung seiner Berufspflichten begeht. Diese Voraussetzungen hat das Landgericht K. in seinem Urteil vom 24.04.2006 in der Person von Rechtsanwalt A. als gegeben erachtet und deshalb gegen ihn das Berufsverbot gem. § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB verhängt. Rechtsanwalt A. hat die Verbindlichkeit dieses gegen ihn verhängten Berufsverbots nicht in Zweifel gezogen. Es konnte und musste von ihm als Rechtsanwalt daher erwartet werden, dass er dieses Berufsverbot solange es besteht, respektiert und nicht dagegen verstößt. Zur allgemeinen, in § 43 BRAGO normierten Berufspflicht des Rechtsanwalts gehört es, dass der Rechtsanwalt bei seiner Berufsausübung nicht gegen sonstiges geltendes Recht verstößt, insbesondere aber müssen sich die Rechtssuchenden darauf verlassen können, dass derjenige, der am Markt als Rechtsanwalt auftritt, diesen Beruf auch ausüben darf. Wäre dieser Vertrauenstatbestand nicht mehr gegeben, würde dies nachhaltig die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, deren Teil der Rechtsanwalt als berufener Berater und Vertreter der Rechtssuchenden ist, beeinträchtigen.

Die Bedeutung, die der Gesetzgeber berufsrechtlich einem Verstoß gegen ein verhängtes Berufsverbot zugemessen hat, lässt sich aus § 156 BRAGO entnehmen. Danach wird der Rechtsanwalt der einem gegen ihn ergangenen (berufsrechtlichen) Berufs- oder Vertretungsverbot wissentlich zu Wider handelt, aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen, wenn nicht wegen besonderer Umstände eine mildere anwaltsgerichtliche Maßnahme ausreichend erscheint. Auch wenn § 156 BRAGO nicht für Verstöße gegen § 70 StGB gilt, ist die Regelung gleichwohl der Gedanke zu entnehmen, dass ein wissentlicher Verstoß gegen ein Berufsverbot in der Regel eine so grobe Pflichtverletzung der Berufspflichten darstellt, dass diese eine Ungeeignetheit zur Ausübung des Anwaltsberufs begründen kann.

Vorliegend war in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Taten die dem Urteil des Landgerichts K. vom 24.04.2006 zu Grunde lagen, nicht zu einer anwaltsgerichtlichen Maßnahme gem. § 114 Abs. 1 BRAGO geführt haben, weil wegen der Verhängung des strafrechtlichen Berufsverbots für die Dauer von einem Jahr und neun Monaten ein disziplinarer Überhang i.S. des § 115b BRAGO entfallen war. Dies bedeutet aber umgekehrt, dass im Vertrauen auf die Einhaltung des verhängten strafrechtlichen Berufsverbots eine berufsrechtliche Sanktion, die Rechtsanwalt A. die Notwendigkeit der Einhaltung seiner berufsrechtlichen Pflichten deutlich vor Augen zu führen geeignet gewesen wäre, nicht mehr für erforderlich erachtet wurde.

Der vierfache Verstoß gegen § 145c, der auch wirtschaftliche Gründe hatte, dokumentiert auch nachhaltig die zumindest in der Vergangenheit augenscheinlich gegebene fehlende Bereitschaft von Rechtsanwalt A., geltendes Recht zu achten. Eine Verletzung geltenden Rechts mit der Folge einer strafrechtlichen Sanktion lag auch schon dem Urteil des Amtsgerichts D. vom 02.04.2001 zugrunde, so dass ich unabhängig davon, ob die tatsächlichen Feststellungen die dem Urteil des Landgericht K. vom 24.04.2006 zugrunde lagen, in jedem einzelnen Fall richtig sind oder nicht, in der Person von Rechtsanwalt A. eine gewisse Tendenz zeigt, im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit allgemein gültige Strafgesetze zu missachten. Hierfür ist die Untreuehandlung ein signifikantes Beispiel.

Mit der Verhängung der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, hat das Strafgericht zwar auf den Gesetzesverstoß reagiert, jedoch nicht die besondere berufsrechtliche Seite, die mit diesem Gesetzesverstoß ebenfalls verbunden ist, geahndet. Zwar wird nicht verkannt, dass das Amtsgericht U. die Frage der erneuten Verhängung eines Berufsverbots gem. § 70 StGB geprüft und mit Rücksicht auf eine im Ergebnis günstige Prognose abgelehnt hat. Hieraus folgt aber keineswegs, dass es aus berufsrechtlicher Sicht nicht erforderlich wäre, zusätzlich eine anwaltsgerichtliche Maßnahme zu verhängen, um Rechtsanwalt A. zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. Gerade dann, wenn ein Vertretungsverbot i.S. des § 114 Abs. 1 Nr. 4 oder eine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft gem. § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAGO in Betracht kommt, spricht dies auch für eine zusätzliche anwaltsgerichtliche Maßnahme, um zu gewährleisten, dass der Rechtsanwalt sich zukünftig eines Pflichtverstoßes nicht mehr schuldig macht.

(2) Wegen der festgestellten 167 Verstöße gegen seine allgemeine Berufspflicht aus § 43 BRAGO i.V.m. § 145c StGB war gegen Rechtsanwalt A. ein Verbot, auf dem Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Handels- und Gesellschaftsrechts mit Ausnahme des Familienrechts als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem Jahr tätig zu werden, zu verhängen.

Die Verhängung eines Vertretungsverbots setzt regelmäßig eine vorsätzliche Pflichtverletzung schwerer Art voraus. Ein Vertretungsverbot ist für Fälle gedacht, in denen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Ausschließung aus dem Beruf als eine zu harte Reaktion erscheint, Verweis und Geldbuße sich aber nicht als ausreichend erweisen, um den Rechtsanwalt nachdrücklich an die Einhaltung seiner Berufspflicht zu mahnen (vgl. Kleine-Kosac, BRAGO, 5. Auflage, § 114 Rdz. 13).

Dass, es sich bei den festgestellten Berufsrechtsverstößen, die sich gleichzeitig als strafrechtliche Vergehenstatbestände darstellen, um Pflichtverletzungen schwerer Art handelt, steht außer Frage. Dies gilt unabhängig davon, ob Rechtsanwalt A. nun in erster Linie aus finanziellen Gründen oder in erster Linie aus Gründen persönlicher Inkompetenz gegen das gegen ihn verhängte Berufsverbot verstoßen hat. Zweifelsfrei hat er nicht unerhebliche wirtschaftliche Vorteile aus den zahlreichen Verstößen gezogen. Auch ist erschwerend zu berücksichtigen, dass er bereits wenige Tage nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 24.04.2006, nämlich am 27.04.2006, bereits mit den Verstößen begonnen hat und diese nahezu über den gesamten Zeitraum der Dauer des Berufsverbots fortgesetzt hat, und zwar auch in der Zeit, als nach eigenem Bekunden ein Berufskollege als Vertreter eingestellt war. Die Impertinenz, mit der Rechtsanwalt A. gegen das Berufsverbot verstoßen hat, wird lediglich durch den Umstand abgemildert, dass eine große Zahl der Verstöße sich in Forderungseintreibungen und Abwicklungen des Zahlungsverkehrs erschöpfte.

Zu berücksichtigen war allerdings, dass Rechtsanwalt A. sich sowohl in den gegen ihn gerichteten Strafverfahren beim Amtsgericht U. als auch im vorliegenden anwaltsgerichtlichen Verfahren dazu entschlossen hat, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Verstöße gegen das Berufsverbot in vollem Umfange geständig einzuräumen. Dieses, sich auf die Verstöße gegen das Berufsverbot beziehende Geständnis schien auch von einem echten Bedauern über das eigene Fehlverhalten getragen zu sein. Immerhin hat Rechtsanwalt A. in der Hauptverhandlung zusätzlich zu den angeschuldigten Berufspflichtverstößen eingeräumt, während der Dauer des Berufsverbots sein Praxisschild unverändert benutzt zu haben und zudem als anwaltlicher Berater für Firma I. GmbH gegen ein Pauschalhonorar von € 500 monatlich bzw. ab Juli 2007 in Höhe von € 200 monatlich tätig gewesen zu sein. Selbstverständlich hat dieses über die Anschuldigungsschrift hinausgehende Geständnis in die von der Kammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen bezüglich der Verstöße gegen das Berufsverbot keinen Eingang gefunden, ist aber im Rahmen der Abwägung aller Umstände, ob Rechtsanwalt A. als Rechtsanwalt noch tragbar ist, zu seinen Gunsten berücksichtigt worden.

Zu Gunsten von Rechtsanwalt A. war zudem zu berücksichtigen, dass die festgestellten Verstöße gegen das Berufsverbot jetzt mehr als zwei Jahre zurückliegen und soweit ersichtlich seither der Beruf von Rechtsanwalt A. unbeanstandet ausgeübt wird. Insbesondere dieser Gesichtspunkt steht der durchaus auch von der Kammer erwogenen Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft entgegen. Die unbeanstandete Berufsausübung in den letzten zwei Jahren sowie das rückhaltlose Geständnis ließen es nicht zu, positiv festzustellen, dass von Rechtsanwalt A. auch jetzt noch eine Gefahr für die Rechtspflege ausgeht. Vielmehr erschien unter Berücksichtigung der Schwere der Verstöße einerseits, dem Verteidigungsverhalten und dem eingetretenen Zeitablauf andererseits die Verhängung eines Vertretungsverbots gerade noch ausreichend, auf jeden Fall aber notwendig, um Rechtsanwalt A. vor Augen zu führen, dass er seine Berufspflichten penibles einzuhalten hat. Die Verhängung der anwaltlichen Maßnahmen nach § 114 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 BRAGO kam vorliegend schon wegen der Schwere der Pflichtverletzungen nicht in Betracht.

Im Rahmen der von Rechtsanwalt A. begangenen Verstöße gegen das Berufsverbot hat er sich ausschließlich auf dem Gebiet des Zivilrechts betätigt. Auf die Aktivität, die Rechtsanwalt A. im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit dem zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilten Unternehmer entfaltet hat und die aus Sicht des Landgerichts K. die Verhängung einer zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, gegen Rechtsanwalt A. erforderlich machten, waren ausschließlich dem Zivilrecht unter Einschluss des Handels- und Gesellschaftsrechts zuzurechnen. Angesichts dessen lag es auf der Hand, dass das Vertretungsverbot für den Bereich des Zivilrechts auszusprechen war. Um zu vermeiden, dass das verhängte Vertretungsverbot nicht einem unzulässigen Berufsverbot gleich kommt, Rechtsanwalt A. also die Chance zur weiteren Ausübung seines Berufes hat, hat die Kammer das Rechtsgebiet des Familienrechts aus dem Gebiet, für welches das Vertretungsverbot verhängt werden musste, ausgenommen.

Das Vertretungsverbot konnte nach Überzeugung der Kammer auf ein Jahr befristet werden. Das Gesetz lässt gem. § 114 Abs. 1 Ziffer 4 BRAGO ein Vertretungsverbot für die Dauer von ein bis zu fünf Jahren zu. Die Kammer ist mit ihrer Entscheidung im untersten Zeitrahmen geblieben. Dies erscheint aus Folgen der Überlegung sachgerecht:

Rechtsanwalt A. wird zukünftig, sollte das verhängte Vertretungsverbot rechtskräftig werden, beweisen müssen, dass er seine Berufspflichten einhält. Verstößt Rechtsanwalt A. während der Geltung des Vertretungsverbots gegen dieses Verbot, erscheint nicht sehr wahrscheinlich, dass dann noch eine mildere anwaltsgerichtliche Maßnahme als die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft in Betracht kommt. Rechtsanwalt A. kann den Zeitraum der Geltung des Vertretungsverbots als Chance begreifen, nachzuweisen, dass von ihm tatsächlich keine Gefahr für die Rechtspflege mehr ausgeht.

In jedem Fall erscheint ein Zeitraum von einem Jahr ausreichend, um festzustellen, ob Rechtsanwalt A. diese Chance nutzt. Übt er seine Berufstätigkeit zukünftig unbeanstandet aus, belastet ihn das einjährige Vertretungsverbot nicht unangemessen.“

III.

Hinsichtlich des Ablaufs der Verstöße gegen das Vertretungsverbot und der Hintergründe derselben ist der Senat aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu folgendem Ergebnis gelangt:

Gegen den Rechtsanwalt wurde mit Urteil des Anwaltsgerichts C. vom 05.07.2010, Az.: 2 AnwG 6/2010, rechtskräftig seit dem 21.09.2011 ein Verbot, auf dem Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Handels- und Gesellschaftsrechts, jedoch mit Ausnahme des Familienrechts für die Dauer von einem Jahr tätig zu werden, verhängt. Das Verbot endete am 20.09.2012.

Dem Rechtsanwalt wurde mit Bescheid vom 28.09.2011 von der Rechtsanwaltskammer C. auf seinen Antrag Rechtsanwalt K. in K. als Vertreter in den Anwaltsgeschäften auf dem Gebiete des Zivilrechts einschließlich des Handels- und Gesellschaftsrechts mit Ausnahme des Familienrechts bestellt. Diese Bestellung widerrief die Rechtsanwaltskammer C. mit Bescheid vom 22.05.2012. Von dem Widerruf hatte der Rechtsanwalt spätestens seit dem 25.05.2012 Kenntnis. Er selbst legte kein Rechtsmittel gegen den Widerruf der Bestellung ein. Rechtsanwalt K. erhob zunächst Klage gegen den Widerruf, nahm diese aber später zurück.

Im Zusammenhang mit dem Widerruf der Vertreterbestellung nahm der Rechtsanwalt telefonischen Kontakt mit der Rechtsanwaltskammer C., Vorstandsmitglied Dr. W. auf.

In Kenntnis des Widerrufs der Vertreterbestellung und des bestehenden Vertretungsverbotes trat der Rechtsanwalt in zwei Fällen als anwaltlicher Vertreter zweier Kläger bzw. eines Beklagten vor dem Landgericht H. auf.

Im Einzelnen:

1. Im Verfahren 4 O 261/11 vertrat der Rechtsanwalt die Kläger vor dem Landgericht H.. Er fertigte unter dem Briefkopf „Rechtsanwaltskanzlei A.“ die Schriftsätze vom 29.05.2012, 03.08.2012 und 03.09.2012 und nahm unter dem 30.08.2012 ein Empfangsbekenntnis in dem Verfahren entgegen und versah es mit dem Stempel „Rechtsanwalt D.H.A. A.“ und sandte es nach der Unterschriftsleistung durch Rechtsanwalt D. an das Landgericht zurück.

Gegenständlich war ein Streit zwischen Mitgliedern einer ungeteilten Erbengemeinschaft. Die zunächst von einem anderen Rechtsanwalt, ab dem 15.5.2012 von Rechtsanwalt A. vertretenen Kläger begehrten die Zahlung von Nutzungsentgelt und die Herausgabe einer in die Erbmasse fallenden, von der beklagten Miterbin bewohnten Wohnung.

Der Rechtsanwalt bearbeitete dieses Mandat selbständig. Obwohl er zuvor in einem Telefonat mit Dr. W. von der Rechtsanwaltskammer C. keine Auskunft zu der Frage erhalten hatte, ob die Verfahren die Familiensachen betreffen und deshalb nicht unter das Vertretungsverbot fielen, wollte der Rechtsanwalt seinen Spielraum, der ihm durch die Einschränkung des Vertretungsverbotes in dem Bereich des Familienrechts gegeben worden war, weitestgehend ausnutzen. Er legte das Verfahren, welches einen durch einen Erbschaftsstreit verbundenen Prozess miteinander verwandter Parteien beinhaltete, vordergründig als familienrechtliche Angelegenheit aus. Tatsächlich wusste er aber, dass es sich dabei nicht um eine familienrechtliche Angelegenheit handelte. Aus wirtschaftlichen Gründen, der Rechtsanwalt wollte auf die Einnahmen aus dem Mandatsverhältnis nicht verzichten, informierte er seinen Mandanten über das bestehende Vertretungsverbot nicht und gab das Mandat auch nicht ab. Die Schriftsätze und auch das Empfangsbekenntnis sind von dem in der Kanzlei Rechtsanwalt K. tätigen Rechtsanwalt D. mit dem Zusatz „i.V.“ unterschreiben. Dies geschah aber nur zufällig, weil die in der Kanzlei mitarbeitende Ehefrau des Rechtsanwalts auch nach dem Widerruf der Vertreterbestellung sämtliche Schriftsätze und Empfangsbekenntnisse zur Unterschrift an die Rechtsanwaltskanzlei K. weiterleitete und dort nicht Rechtsanwalt K. selbst, sondern Rechtsanwalt D. die Schriftsätze und das Empfangsbekenntnis unterzeichnete.

2. Darüber hinaus fertige der Rechtsanwalt in dem Verfahren 4 O 137/12 vor dem Landgericht H. als Vertreter des Beklagten H. insgesamt drei Schriftsätze, vom 09.07.2012, 08.08.2012 und 31.08.2012. Auch diese Schriftsätze wurden unter seinem Briefkopf gefertigt und vom Rechtsanwalt D. mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Ebenso wie bei den Schriftsätzen zum Verfahren 4 O 261/11 vor dem Landgericht H. hat der Rechtsanwalt das Mandat selbst betreut, es vordergründig als familienrechtliche Sache eingestuft.

Gegenständlich war ein Streit zwischen Mitgliedern einer ungeteilten Erbengemeinschaft. Eine Miterbin (die Beklagte des unter Ziffer 1 genannten Verfahrens) verlangte von dem von Rechtsanwalt A. vertretenen beklagten Miterben die Herausgabe von Versicherungsunterlagen betreffend eine Lebensversicherung des Erblassers und die Auszahlung der an den beklagten Miterben aus der Lebensversicherung geflossenen Ablaufleistung.

Der Rechtsanwalt wusste, dass es sich dabei nicht um eine Angelegenheit des Familienrechts handelte und deshalb ein Vertretungsverbot bestand. Er informierte seinen Mandanten darüber nicht. Wirtschaftliche Überlegungen waren der Grund, weshalb der Rechtsanwalt in Kenntnis und trotz des bestehenden Vertretungsverbots das Mandat beibehielt, nicht aufgab und am 07.08.2012 in Kenntnis des Vertretungsverbots als Prozessbevollmächtigter des Beklagten H. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht H. auftrat.

IV.

Diese Feststellungen beruhen in erster Linie auf dem Geständnis des Rechtsanwalts, dass sich angesichts des in der Hauptverhandlung gewonnenen Beweisergebnisses als glaubhaft erwiesen hat. Die in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden bestätigen die Einlassung des Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt hat die Tatbegehung so, wie sie in den obigen Feststellungen zugrunde gelegt worden ist, eingeräumt. Während er zunächst im Rahmen der Befragung zur Sache noch angegeben hat, dass er die beiden Rechtsstreitigkeiten als solche aus dem Familienrecht stammende angesehen habe, gab er in seinem letzten Wort zu, genau gewusst zu haben, dass bezüglich der beiden Prozesse ein Vertretungsverbot bestand. Er gab ergänzend dazu an, dass er aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten gehandelt habe. Die übrigen Verfahren, die er zulässigerweise als Rechtsanwalt außerhalb des Zivilrechts liegend betreut habe, hätten nicht nur Deckung der Kosten für den eigenen Lebensbedarf und für die Ausgaben zur Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebs ausgereicht.

Die Darstellung die der Rechtsanwalt insbesondere in seinem letzten Wort abgegeben hat, ist in sich schlüssig, nachvollziehbar und lässt sich mit den objektiv feststellbaren Umständen anhand der verlesenen Urkunden in Einklang bringen. So lässt sich aus der Klageschrift des Rechtsanwalts W. (Sonderhefte 1 mit Ablichtungen aus dem Verfahren 4 O 261/11, Landgericht H.) Blatt 1, 2 entnehmen, das streitgegenständlich ein Streit zwischen den Erben des am 18.06.2011 verstorbenen F. H. war. Aus Blatt 7 bis 13 des Sonderhefts 1 ergibt sich der Schriftsatz vom 14. Mai 2012. Aus dem Sonderheft 2 (Ablichtungen aus dem Verfahren 4 O 137/12, Landgericht H., Blatt 21) ergibt sich der Schriftsatz vom 31. August 2012. Beide Schriftsätze ergingen unter dem Briefkopf der Rechtsanwaltskanzlei A. und tragen jeweils die Unterschrift „i.V.“ mit einer nicht lesbaren Paraphe daneben.

V.

Der Rechtsanwalt hat sich damit eines Verstoßes gegen ein Vertretungsverbot in zwei Fällen gem. § 114a Abs. 3 Satz 1 BRAGO schuldig gemacht.

Das Anwaltsgericht C. hatte mit Urteil vom 05.07.2010, rechtskräftig seit dem 21.09.2011, ein Verbot gegen den Rechtsanwalt ausgesprochen auf dem Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Handels- und Gesellschaftsrechts, jedoch mit Ausnahme des Familienrechts als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem Jahr tätig zu werden. Das Verbot endete am 20.09.2012. Es umfasst nach § 114a Abs. 1 BRAGO, dass der Rechtsanwalt auf dem ihm untersagten Rechtsgebiet nicht als Vertreter oder Beistand in Person oder im schriftlichen Verfahren vor einem Gericht tätig werden oder Vollmachten oder Untervollmachten erteilen darf. Die Tathandlung liegt im Auftreten gegenüber Dritten, namentlich auch Gerichten. Geahndet wird damit ein Auftreten nach außen für einen Mandanten, nicht hingegen die Übernahme eines Beratungsmandats (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Auflage 1012, § 114 Rdn. 2, 3), sei es auch noch so intensiv.

1. Der Rechtsanwalt ist im Verfahren 4 O 261/11 vor dem Landgericht H. für die Kläger mit insgesamt drei Schriftsätzen, nämlich denen vom 29.05.2012, 03.08.2012 und 03.09.2012 aufgetreten. Die Vertretung durch Rechtsanwalt D. mit dem Zusatz „i.V.“ unter dem Briefkopf der Rechtsanwaltskanzlei A. steht dem nicht entgegen. Nach seiner Einlassung hat der Rechtsanwalt dem Rechtsanwalt D. insoweit gar keine Untervollmacht erteilt, sondern beabsichtigt, die Schriftsätze selbst zu unterschreiben. Nur das versehentliche Übersenden der Schriftsätze durch seine Frau führte dazu, das Rechtsanwalt D. in Vertretung unterschrieb. Damit trat der Rechtsanwalt unter seinem Namen A. gegenüber dem Gericht auf. Selbst wenn er Rechtsanwalt D. Untervollmacht erteilt hätte, so wäre die Erteilung dieser Untervollmacht bereits ein unzulässiges Auftreten nach außen.

Dass es sich bei der Erbschaftsangelegenheit in dem Verfahren 4 O 261/11 vor dem Landgericht H. nicht um eine familienrechtliche Angelegenheit gehandelt hatte, war dem Rechtsanwalt ebenso bewusst, wie das Bestehen des Vertretungsverbotes in diesem konkreten Fall. Er wollte das Mandat nicht verlieren und insbesondere die Einnahmen aus dem Mandat realisieren, weshalb er an dem Mandat festhielt, obwohl es unter das bestehende Vertretungsverbot fiel.

Entsprechendes gilt für die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses am 30.08.2012 durch Rechtsanwalt D. und die Rücksendung des Schriftstückes an das Gericht. Auch hier tritt nach außen Rechtsanwalt A. auf, vertreten durch Rechtsanwalt D.. Als Maßnahme innerhalb des laufenden Prozesses war die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses zur Aufrechterhaltung des Mandats erforderlich. Es enthält den Kanzleistempel „Rechtsanwalt D.A.H. A.“.

2. Der Rechtsanwalt ist mit Schriftsätzen vom 09.07.2012, 08.08.2012 und 31.08.2012 als Prozessbevollmächtigter des Beklagten im Prozess 4 O 137/12 vor dem Landgericht H. aufgetreten und damit im schriftlichen Verkehr gegenüber dem Gericht tätig geworden. Ebenso wie bei der Fertigung der Schriftsätze zu Ziffer 1 war dem Rechtsanwalt bekannt, das ein Vertretungsverbot in dieser Sache besteht und es sich nicht um eine familienrechtliche Angelegenheit handelt. Grund für die Übernahme und Aufrechterhaltung des Mandats waren vielmehr wirtschaftliche Überlegungen. Der Rechtsanwalt wollte die Einnahmen aus dem Mandat realisieren. Erkennbar trat Rechtsanwalt A. vertreten durch Rechtsanwalt D. unter dem Briefkopf der Rechtsanwaltskanzlei A. auf. Auch hier war nicht beabsichtigt, Rechtsanwalt D. Untervollmacht zu erteilen, es geschah vielmehr versehentlich, dass die Ehefrau des Rechtsanwalts A. die Schriftsätze an die Rechtsanwaltskanzlei K. weiterleitete, wo sie dort von Rechtsanwalt D. unterschrieben wurden.

Darüber hinaus trat der Rechtsanwalt am 07.08.2012 in der Sache 4 O 1377/12 vor dem Landgericht H. als Prozessbevollmächtigter des Beklagten im Termin und damit in Person i.S. des § 114a Abs. 1 Satz 1 BRAO auf. Er wusste auch dabei, dass ein Vertretungsverbot für dieses Verfahren bestand und dass es sich nicht um eine familienrechtliche Angelegenheit handelt.

Das mit Urteil vom 05.07.2010 ausgesprochene Vertretungsverbot bezog sich auf die ausgeübten Tätigkeiten des Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt durfte auf dem Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Handels- und Gesellschaftsrechts nicht tätig werden, ausgenommen war das Familienrecht. In beiden Prozessen handelt es sich um Streitigkeiten die zum Zivilrecht gehören und vor einer Zivilkammer des Landgerichts ausgetragen wurden. Sie sind als erbrechtliche Streitigkeiten auch nicht vom Vertretungsverbot ausgenommen und gelten insbesondere nicht als familienrechtliche Angelegenheit. Anders als der Begriff der Familiensachen, die in § 111 FamFG definiert sind, ist der Begriff des Familienrechts gesetzlich nicht legal definiert. Die Bewertung, ob eine Streitigkeit dem Familienrecht unterliegt, ist nach der jeweiligen Anspruchsgrundlage vorzunehmen im Kontext der Regelungen des 4. Buchs des BGB über das Familienrecht. Davon abzugrenzen sind insbesondere Rechtstreitigkeiten aus dem 5. Buch des BGB über das Erbrecht. Hier liegen in beiden Verfahren eindeutig Rechtstreitigkeiten aus dem 5. Buch des BGB und damit Streitigkeiten aus dem Erbrecht zugrunde. Allein die verwandtschaftliche Verbundenheit der Parteien führt nicht dazu, dass die Verfahren als dem Familienrecht zugehörig anzusehen sind.

Der Verstoß gegen das Vertretungsverbot erfolgte auch wissentlich. Wissentlich bedeutet vorsätzlich und setzt direkten Vorsatz, also Absicht oder sicheres Wissen voraus; nur bedingter Vorsatz genügt insoweit nicht (vgl. zum Strafrecht: Fischer, StGB, 61. Auflage 2014, § 15 Rdn. 7). Entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichts genügt ein Handeln im Dolus Directus zweiten Grades. Dafür muss der Handelnde wissen oder es als sicher voraussehen, dass er den Tatbestand verwirklicht. Der Rechtsanwalt hatte Kenntnis vom Vertretungsverbot. Er hatte keinen Anlass davon auszugehen, dass das Vertretungsverbot, das nach Ablauf des einen Jahres am 20.09.2012 endete, aus irgendeinem Grunde vorzeitig erlosch. Darüber hinaus wusste der Rechtsanwalt, dass das Verbot auf dem Gebiet des Zivilrechts galt und er sich auf diesem Gebiet betätigte.

Der Vorsatz entfällt auch nicht entsprechend § 16 Abs. 1 StGB, weil der Rechtsanwalt bei seinem Tätigwerden, einem Tatbestandsirrtum über das Handeln auf dem Rechtsgebiet des Familienrechts unterlag. Der Rechtsanwalt selbst hat seine Verteidigungsstrategie, davon ausgegangen zu sein, es handele sich um Streitigkeiten des Familienrechts, bei seiner Einlassung im letzten Wort aufgegeben. Er hat dort eingeräumt, dass er wusste, mit der Vertretung in diesen beiden Verfahren gegen das Vertretungsverbot zu verstoßen und es sich bei beiden Verfahren nicht um Prozesse auf dem Gebiet des Familienrechts handele.

VI.

Der Rechtsanwalt ist danach wegen eines wissentlichen Verstoßes gegen ein Vertretungsverbot in 2 Fällen aus der Rechtsanwaltschaft auszuschließen.

Gemäß § 114 a Abs. 3 Satz 1 BRAO wird ein Rechtsanwalt, der einem gegen ihn ergangenen Vertretungsverbot wissentlich zuwiderhandelt, aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen, sofern nicht wegen besonderer Umstände eine mildere Maßnahme ausreichend erscheint. Hiernach ziehen festgestellte wissentliche Zuwiderhandlungen gegen ein Vertretungsverbot zwar in der Regel, aber keineswegs automatisch den Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft nach sich. Liegen besondere Umstände vor, die eine mildere Maßnahme als ausreichend erscheinen lassen, so ist diese zu verhängen mit der Folge, dass ein Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft als schärfste Maßnahme ausscheidet. Es handelt sich um ein Regel-Ausnahmeverhältnis, wie es sich auch sonst bei der Regelung von Rechtsfolgen für inkriminiertes Verhalten findet (vgl. etwa § 47 Abs. 1 StGB, § 56 Abs. 2 StGB). Ob "besondere Umstände" vorliegen, ist wie auch sonst aufgrund einer Gesamtwürdigung aller für die Rechtsfolgenzumessung maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 114a Abs. 3 Satz 1 BRAO im Gegensatz etwa zu § 56 Abs. 2 StGB nicht näher festgelegt, worauf er die "besonderen Umstände" bezogen wissen will, die in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Doch lässt sich hierüber Klarheit aus Sinn und Zweck der Einfügung des Vertretungsverbotes in § 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO gewinnen. Das Vertretungsverbot ist danach für Fälle gedacht, in denen unter Berücksichtigung aller Umstände die Ausschließung aus dem Beruf als eine möglicherweise zu harte Reaktion auf anwaltliche Pflichtverletzungen erscheint, Verweis und Geldbuße nebeneinander sich aber nicht als ausreichend erweisen, um den Rechtsanwalt an die Einhaltung seiner Berufspflichten zu mahnen und dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer integren Anwaltschaft zu genügen (vgl. BGBl. I 1976, S. 2181; BGH, Urteil vom 12. Dezember 1988 - AnwSt (R) 5/88, BGHR-St BRAO § 114 Abs. 1 Ausschluss 1.). Infolgedessen kommt den Umständen, die zur Anordnung (nur) des Vertretungsverbotes gemäß § 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO zur Abwendung einer Ausschließung aus der Anwaltschaft nach § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO geführt haben, besondere Bedeutung auch im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 114 a Abs. 3 Satz 1 BRAO zu, ob "besondere Umstände" eine mildere ehrengerichtliche Maßnahme als den Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft als ausreichend erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 14.6.1993, AnwSt (R) 2/93, juris Rn. 4).

Besondere Gründe, die eine andere Maßnahme als die Regelfolge des Ausschlusses aus der Anwaltschaft tragen, liegen im Ergebnis nicht vor.

Zugunsten des Rechtsanwalts ist sein Geständnis zu würdigen. Er hat sich entschlossen, in seinem letzten Wort die zuvor vertretene Auffassung, bei den Streitigkeiten vor dem Landgericht habe es sich um solche auf dem Gebiet des Familienrechts gehandelt, aufzugeben. Damit hat er die Verstöße gegen das Vertretungsverbot umfassend eingeräumt und zugegeben, dass er aus wirtschaftlichen Gründen handelte, denn er war aus seiner Sicht auf die Einnahmen aus den Mandaten angewiesen.

Auch diese wirtschaftlich schwierige Lage wird zugunsten des Rechtsanwalts berücksichtigt. Er hat bei dem von ihm mitgeteilten Umsatz für das Jahr 2012 von 49.000 € das Vertretungsverbot deutlich gespürt. Schließlich brach sein Umsatz gegenüber 2011 um 10.000 € ein. Allerdings sind die wirtschaftlichen Auswirkungen einem Vertretungsverbot immanent. Dass der Rechtsanwalt dennoch in der Lage gewesen ist, seinen Kanzleibetrieb aufrecht zu erhalten spricht dafür, dass die damalige anwaltsgerichtliche Maßnahme seine Existenz nicht nachhaltig gefährdete. Insgesamt ist aber zu berücksichtigen, dass der Rechtsanwalt in einer für ihn schwierigen finanziellen Lage handelte.

Positiv wird auch der Umstand gewertet, dass der Rechtsanwalt nach dem Auslaufen des Vertretungsverbotes seit nunmehr mehr als zwei Jahren keine weiteren Verstöße gegen das Standesrecht begangen hat. Er hat dadurch, wie bereits in der Vergangenheit, gezeigt, dass zuletzt allein die Einschränkungen seiner Berufsausübung ihn zu Handlungen bewegten, die Pflichtverstöße nach sich ziehen. Dies gilt sowohl für die 167 Verstöße gegen das Berufsverbot als auch für die hier festgestellten Verstöße gegen das als Folge des Verstoßes gegen das Berufsverbot verhängte Vertretungsverbot.

Hingegen wird die durch die unzulässige Vertreterbestellung der Rechtsanwaltskammer C. herbeigeführte, durchaus als unklar zu bezeichnende Lage für den Rechtsanwalt nicht zu seinen Gunsten bewertet. Die Bestellung eines Vertreters auf dem Gebiet des Vertretungsverbotes hat dieses Verbot bereits grundsätzlich nicht tangiert. Dennoch mag die Vertreterbestellung den Eindruck erweckt haben, der Rechtsanwalt könne über den Vertreter auf dem Gebiet für das das Verbot ausgesprochen worden war, tätig werden. Allerdings war die Bestellung zu dem hier maßgeblichen Zeitraum bereits widerrufen worden und der Rechtsanwalt hatte hiervon Kenntnis. Er hat die Mandate dennoch fortgeführt, weil er die Vertretung ohnehin selbst und nicht durch seinen bestellten Vertreter hatte übernehmen wollen.

Auch der Zeitablauf, der durch das Verfahren entstanden ist, rechtfertigt sich nicht als Umstand, der zugunsten des Rechtsanwalts anzuführen wäre. Die Tathandlungen sind im Jahr 2012 begangen worden, die Anschuldigungsschrift datiert vom 20.8.2013, das anwaltsgerichtliche Urteil ist auf die mündliche Verhandlung vom 22.5.2014 ergangen und schließlich hat die Verhandlung vor dem Senat am 9.3.2015 stattgefunden. Eine maßgebliche Verzögerung des Verfahrens, die sich bei der Auswahl der Maßnahme niederschlagen müsste, ist danach nicht festzustellen.

Gegen das Vorliegen besonderer Gründe spricht das Verhalten des Rechtsanwalts aus der Vergangenheit. Es kann nicht erwartet werden, dass er sich zukünftig an ein erneut als mildere Maßnahme zu verhängendes Vertretungsverbot hält. Seine wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich gegenüber der Verhängung des Vertretungsverbotes im Jahr 2011 nicht verändert. Er ist weiterhin als Einzelanwalt tätig und muss auch den Lebensbedarf seiner Ehefrau, die in der Kanzlei mithilft, decken. Dass er nunmehr erneut seinen Kanzleisitz verlegt hat, spricht nicht dafür, dass der Rechtsanwalt wirtschaftlich auf sichereren Beinen steht. Auch der von ihm für 2014 genannte Umsatz zeigt dafür keine Anhaltspunkte. Ein erneutes Vertretungsverbot hätte damit zur Folge, dass der Rechtsanwalt erneut in eine wirtschaftlich schwierige Situation käme. Der Senat sieht sodann die konkrete Gefahr, dass der Rechtsanwalt in dieser Lage erneut gegen das Verbot verstoßen würde.

Der Rechtsanwalt hat nicht gezeigt, dass er sich die Verurteilungen in der Vergangenheit ausreichend als Warnungen hat dienen lassen. Bereits das Landgericht K. hat den Rechtsanwalt im Urteil vom 24.4.2006 mit der Verhängung des Berufsverbotes deutlich gemacht, welche Auswirkungen seine damals festgestellten strafrechtlich relevanten Taten im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung als Rechtsanwalt hatten. Dennoch hat der Rechtsanwalt gegen dieses Berufsverbot 167-mal verstoßen. Als Konsequenz hat das Anwaltsgericht C. das hier in Rede stehende Vertretungsverbot verhängt und dieses auf den geringstmöglichen Zeitraum, nämlich ein Jahr begrenzt. In dem Urteil hat das Anwaltsgericht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Rechtsanwalt in diesem Zeitraum zeigen sollte, dass von ihm keine tatsächliche Gefahr für die Rechtspflege mehr ausgeht. Es hat aber auch aufgezeigt, dass bei einem Verstoß eine mildere Maßnahme als der Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft nicht mehr in Betracht kommen dürfte. Dennoch hat der Rechtsanwalt gegen das ausgesprochene Verbot verstoßen. Seine erneute Einsicht und sein erneut erklärtes, umfassendes Geständnis wiegen die dadurch hervortretende Bereitschaft des Rechtsanwalts, sich an gerichtliche Rahmensetzungen nicht zu halten, nicht auf. Der Rechtsanwalt hat sowohl vor dem Landgericht K., als auch vor dem Anwaltsgericht C. am 5.7.2010 umfassend gestanden und Einsicht in sein Verhalten gezeigt. Beides hat ihn aber nicht davon abbringen können, erneut gegen die ausgesprochenen Verbote zu verstoßen. Auch insoweit hat sich in der Verhandlung vor dem Senat kein Umstand ergeben, der belastbar das Vertrauen auf ein künftiges Einhalten eines Vertretungsverbots stützt.

Die Verhängung lediglich einer Geldbuße, wie vom Anwaltsgericht geschehen, hält der Senat angesichts des hier vorliegenden zweifachen Verstoßes gegen ein Vertretungsverbot als nicht ausreichend. Durchaus würde damit dem Rechtsanwalt Gelegenheit gegeben werden, ohne Belastung mit einer Einschränkung in seiner Berufsausübung seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nachgehen zu können. Allerdings ist auch die Verhängung einer spürbaren Geldbuße nicht ausreichend. § 114a Abs. 3 BRAO sieht den Ausschluss des Rechtsanwalts als Regelmaßnahme vor. Ein Absehen hiervon ist dann möglich, wenn eine mildere anwaltsgerichtliche Maßnahme möglich erscheint. Als solche kommt dabei zunächst die Verhängung eines Vertretungsverbotes nach § 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO in Betracht. Erst wenn diese Maßnahme als unangemessen anzusehen wäre, könnte eine Geldbuße als ausreichend angenommen werden. Unter Würdigung aller Umstände, insbesondere des bisherigen Verhaltens des Rechtsanwalts scheidet aber lediglich die Verhängung einer Geldbuße als milderes Mittel aus.

Schließlich erfordert auch das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer integren Anwaltschaft den Ausschluss. Der Rechtsanwalt hat sich als unwürdig erwiesen, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben.

VII.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 197 Abs. 2 S. 1 BRAO.