Amtsgericht Goslar
Beschl. v. 03.02.2010, Az.: 11 L 31/05
Konkrete Darlegung und Plausibilitätsbeurteilung des Zeitaufwandes von Tätigkeiten eines Zwangsverwalters zur Festsetzung einer abgerechneten Stundenzahl; Angemessenheit eines Stundensatzes von 85 EUR für eine Zwangsverwaltung schwieriger Art bei Vorliegen mehrerer Erhöhungskriterien
Bibliographie
- Gericht
- AG Goslar
- Datum
- 03.02.2010
- Aktenzeichen
- 11 L 31/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 32288
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOSLR:2010:0203.11L31.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs. 2 ZwVwV
- § 19 ZwVwV
Fundstelle
- ZInsO 2010, 2201-2202
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Wenn der Zwangsverwalter dem Gericht seine Tätigkeit konkret darlegt und der Zeitaufwand bei überschlägiger Abschätzung plausibel erscheint, kann die abgerechnete Stundenzahl festgesetzt werden, wobei auch die veröffentlichte REFA Studie als Anhaltspunkt für die Plausibilitätsbeurteilung herangezogen werden kann.
- 2.
Liegen mehrere Erhöhungskriterien im Sinne des § 18 Abs. 2 ZwVwV vor, ist die Höhe eines Stundensatzes von 85 EUR für eine Zwangsverwaltung schwieriger Art (85 - 95 EUR je Stunde) angemessen.
Gründe
Mit Beschl. v. 15.8.2005 wurde die Zwangsverwaltung auf Antrag der Z-Bank angeordnet und der XY zum Zwangsverwalter bestellt. Mit Schreiben v. 25.9.2005 hat der Zwangsverwalter seinen Inbesitznahmebericht vorgelegt. Die Erinnerung der Schuldner gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung hat das Gericht mit Beschl. v. 4.11.2005 zurückgewiesen. Mit Beschl. v. 23.11.2005 hat das Gericht das Zwangsverwaltungsverfahren und das Zwangsversteigerungsverfahren einstweilen eingestellt, da das LG Braunschweig mit Beschl. v. 21.10.2005 - 4 O 2647/05, die Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet hat. Nach entsprechender Sachaufklärung zwischen AG und LG hat das AG mit Beschl. v. 6.12.2005 seinen Beschl. v. 23.11.2005 aufgehoben, soweit damit das Zwangsverwaltungsverfahren einstweilen eingestellt worden war. Mangels Einnahmen war ein Teilungsplan nicht aufzustellen und in der Folgezeit hat der Zwangsverwalter regelmäßig berichtet und Kostenvorschüsse von der Gläubigerin angefordert, die dann auch i.H.v. 5.000 EUR, 3.000 EUR und 2.000 EUR an den Zwangsverwalter gezahlt worden sind. Weitere 5.000 EUR Vorschuss, die der Zwangsverwalter mit Schreiben v. 6.7.2009 von der Gläubigerin anforderte, zahlte die Gläubigerin nicht, sodass das Gericht der Gläubigerin die Zahlung dieses Vorschusses mit Beschl. v. 21.9.2009 aufgab. Mit Beschl. v. 16.11.2009 wurde das Zwangsverwaltungsverfahren gem. § 161 Abs. 3 ZVG aufgehoben. Mit Schreiben v. 23.11.2009 beantragte der Zwangsverwalter die Festsetzung seiner Vergütung, wobei er 29 Std. á 85 EUR, 28 Std. á 75 EUR sowie Auslagen und MWSt geltend macht. Die Schuldner haben einer Festsetzung der Vergütung in der beantragten Höhe widersprochen. Auf die gegenseitigen Schriftsätze wird insoweit Bezug genommen.
Die vom Zwangsverwalter geltend gemachten Gebühren und Auslagen sind zulässig und auch begründet.
Wenn dem Verwalter eine Vergütung nach § 18 ZwVwV (Prozentsatz der eingezogenen Mieten oder Pachten) nicht zusteht, bemisst sich die Vergütung nach Zeitaufwand. Dabei ist es für den in Ansatz zu bringenden zeitlichen Umfang aller Tätigkeiten nicht erforderlich, dass dieser in einem detaillierten Stundennachweis erfolgen muss. Vielmehr sollten die Zeitangaben lediglich in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens einer Plausibilitätskontrolle unterzogen werden. Dies stellt auch der BGH in seinem Beschl. v. 11.10.2007 - V ZB 1/07, ZInsO 2007, 1271, mit vielen weiteren Nachweisen, fest.
Hat der Verwalter die vergütungsrelevante Tätigkeit so konkret dargelegt, dass der Zeitaufwand in der Gesamtschau bei überschlägiger Abschätzung plausibel erscheint, kann die abgerechnete Stundenzahl festgesetzt werden, wobei auch die in ZInsO 2004, 78 ff. veröffentlichte REFA-Studie, in der der durchschnittliche Zeitaufwand für typische Verfahren ermittelt worden ist, einen Anhaltspunkt für die Plausibilitätsbeurteilung bieten kann (vgl. dazu auch Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, ZwVwV, § 19 Rn. 17). Ein die Plausibilität erschütternder Einwand wurde nicht geltend gemacht. Mit den beantragten 57 Std. für ein Verfahren, dass am 15.8.2005 angeordnet und am 21.9.2009 aufgehoben worden ist und damit über 4 Jahre lief, liegt der Zwangsverwalter weit unter dem durchschnittlichen Gesamtaufwand nach der REFA-Studie von 181 Std. Hieraus ergibt sich eindeutig, dass der Zwangsverwalter den geringeren Zeitaufwand in den Jahren 2006 - 2008 in seinem Vergütungsantrag berücksichtigt hat.
Zur Höhe des Sundensatzes für das Jahr 2005 kann sowohl dem 1. Bericht des Zwangsverwalters v. 12.9.2005 als auch dem Inbesitznahmebericht v. 25.9.2005 entnommen werden, dass es sich hier um eine Zwangsverwaltung schwieriger Art handelt. So ergaben sich Schwierigkeiten bei der Sammlung der erforderlichen Unterlagen, lief ein Bauantrag, bestand mangelnder Versicherungsschutz und war die Beachtlichkeit eines Pachtvertrags zu prüfen. I.Ü. war der Grundstückseigentümer zur Kooperation mit dem Zwangsverwalter nicht bereit. Des Weiteren erschwerte der Beschluss des LG Braunschweig, mit dem die Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet worden ist, die Tätigkeit des Zwangsverwalters. Dies lässt sich auch an der Tatsache festmachen, dass sich das Vollstreckungsgericht veranlasst sah, das LG schriftlich um Klarstellung zu bitten. Auch hat die betreibende Gläubigerin den Zwangsverwalter bei der Einziehung der Nutzungen nicht unterstützt, wie der Anlage zum Schreiben des Zwangsverwalters v. 28.12.2005 zu entnehmen ist. Nach Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, ZwVwV, § 19 Rn. 12 liegt der Stundensatz der Fallgruppe 4, schwieriger Art, bei 85 - 95 EUR. Dies gilt auch immer dann, wenn bei einer Bewertung des Verfahrens nach Erhöhungskriterien i.S.d. § 18 Abs. 2 ZwVwV mehrere eine Erhöhung rechtfertigende oder vergleichbare Umstände vorliegen (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, § 19 ZwVwV Rn. 15). Was, wie vorstehend ausgeführt, der Fall ist und von dem Zwangsverwalter in seiner Stellungnahme v. 17.12.2009 auch ausführlich begründet worden ist. Der für 2005 geltend gemachte Stundensatz von 85 EUR ist daher nicht zu beanstanden.
Auch der geltend gemachte Stundensatz für die Jahre 2006 - 2009 i.H.v. 75 EUR ist nicht zu beanstanden. Ein Unterschreiten der Mittelvergütung von 70 - 75 EUR, die bei den AG im OLG-Bezirk Braunschweig regelmäßig mit 75 EUR angenommen wird und durch Entscheidungen von Rechtsmittelgerichten bundesweit bestätigt wird (so Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, § 19 ZwVwV Rn. 13 ff.), muss nachvollziehbar begründet werden. Das haben die Schuldner nicht getan.
Die Auslagenpauschale gem. § 21 ZwVwV beträgt 10% der Vergütung, jedoch nicht mehr als 40 EUR pro angefangenen Monat. Sie war daher mit 410 EUR zu berücksichtigen.
Die gesetzliche MWSt war hinzuzusetzen.
Der Beschluss kann mit der sofortigen Beschwerde binnen 2 Wochen ab Zustellung angefochten werden.