Amtsgericht Goslar
Beschl. v. 17.08.2009, Az.: 32 IN 63/03

Neufestsetzung der Vergütung und Gestattung einer Entnahme aus der Masse durch das Gericht bei nachträglicher Erhöhung der Masse; Nichtabhilfebeschluss als Folge der Forderung eines Insolvenzverwalters nach Erstattung des Differenzbetrages zwischen Mindestvergütung und Regelvergütung aus der Landeskasse

Bibliographie

Gericht
AG Goslar
Datum
17.08.2009
Aktenzeichen
32 IN 63/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 36176
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGOSLR:2009:0817.32IN63.03.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Hat sich die Masse nachträglich erhöht, setzt das Gericht aufgrund der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters die Vergütung im Wege der Teilabhilfe neu fest und gestattet insoweit die Entnahme aus der Masse.

  2. 2.

    Soweit der Insolvenzverwalter mit der sofortigen Beschwerde eine Erstattung des Differenzbetrages zwischen Mindestvergütung und Regelvergütung aus der Landeskasse fordert, weil dieser Betrag nicht durch die Masse (vollständig) gedeckt ist, erfolgt Nichtabhilfebeschluss.

Gründe

1

I.

Wird auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 30.07.2009 die Vergütung des Insolvenzverwalters wie folgt neu festgesetzt:

  1. 1.

    7.865,49 EUR Nettovergütung nach Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung (InsVV)

  2. 2.

    4.326,02 EUR Auslagen

  3. 3.

    2.316,39 EUR Umsatzsteuer darauf in Höhe von 19%

  4. 4.

    14.507,90 EUR Gesamtbetrag

2

Dem Insolvenzverwalter Rechtsanwalt XY, wird gestattet, den festgesetzten Betrag unter Verrechnung der mit dem angefochtenen Beschluss aus der Staatskasse angewiesenen 2.397,85 EUR der Insolvenzmasse zu entnehmen, soweit Masse vorhanden ist.

3

Die Festsetzung der Vergütung beruht auf §§ 1, 2 i.V.m. § 8 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) in der bis zum Inkrafttreten der Verordnung v. 04.10.2004 geltenden Fassung.

4

Die Vergütung des Insolvenzverwalters berechnet sich nach dem Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens. Unter Zugrundelegung einer Insolvenzmasse von 19.663,72 EUR beträgt die Vergütung des Insolvenzverwalters 7.865,49 EUR.

5

Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die in § 2 InsVV aufgeführten Regelsätze verwiesen.

6

Nach § 8 Abs. 3 InsVV steht dem Insolvenzverwalter eine Auslagenpauschale in Höhe von 15% der gesetzlichen Vergütung für das erste Jahr seiner Tätigkeit zu und 10% für die folgenden Jahre. Da das Insolvenzverfahren vor dem 01.04.2004 eröffnet worden ist, greift die Deckelung des § 8 Abs. 3 S. 2 InsVV nicht.

7

Zusätzlich war gem. § 7 InsVV die von dem Insolvenzverwalter zu entrichtende Umsatzsteuer festzusetzen.

8

Mit Beschluss vom 17.07.2009 hat das Gericht die Mindestvergütung für den Insolvenzverwalter festgesetzt und den Betrag aus der Landeskasse angewiesen. Diese Erstattung sollte dann beim Abschluss des Verfahrens bei der Aufstellung der Gerichtskostenrechnung mit den vom Insolvenzverwalter an das Gericht gezahlten Gerichtskostenvorschüssen verrechnet werden. Dabei ging das Gericht zunächst davon aus, dass die vorhandene Masse gerade die Gerichtskosten und die Mindestvergütung des Insolvenzverwalters abdecken würde. Inzwischen hat der Insolvenzverwalter weitere Beträge zur Masse gezogen und außerdem werden noch die Umsatzsteueranteile seiner Vergütung zur Masse fließen, so dass nunmehr feststeht, dass bei Abschluss des Verfahrens die Insolvenzmasse höher sein wird, als die vom Gericht zu erhebenden Kosten des Verfahrens und die Mindestvergütung des Insolvenzverwalters. Auf die sofortige Beschwerde vom 30.07.2009 hin war daher die Regelvergütung des Insolvenzverwalters festzusetzen. Sobald nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Gerichtskostenrechnung (gequotelt) aufgestellt worden ist, kann der Insolvenzverwalter seine Vergütung bis zur Höhe des vorstehend festgesetzten Betrages der Insolvenzmasse entnehmen. Eine Erstattung aus der Landeskasse über die Mindestvergütung hinaus erfolgt nicht.

9

II.

Der weitergehenden Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.07.2009 wird aus den zutreffenden Gründen der Entscheidung nicht abgeholfen.

10

Die Beschwerde ist auch insoweit zulässig aber nicht begründet.

11

Dass die Änderung der Rechtsauffassung des Landgerichts in dieser Frage nur folgerichtig war, wurde in der nunmehr angefochtenen Entscheidung vom 17.07.2009 ausgeführt. Insoweit trägt der Beschwerdeführer nichts Neues vor. Das Recht des Landgerichts Braunschweig per se, seine Rechtsauffassung zu ändern, dürfte der Beschwerdeführer nicht ernsthaft bestreiten wollen.

12

Mitnichten geht das Insolvenzgericht davon aus, dass der Regelfall der Vergütung des Insolvenzverwalters die Mindestvergütung sei. Diese Behauptung des Beschwerdeführers in seiner sofortigen Beschwerde vom 30.07.2009 lässt sich auch nicht ansatzweise der angefochtenen Entscheidung entnehmen. Richtig ist vielmehr, dass das Insolvenzgericht eine Differenzierung zwischen massehaltigen Verfahren einerseits und Verfahren ohne Masse aber mit Verfahrenskostenstundung andererseits vornimmt. Wie ausgeführt, eröffnet das Insolvenzgericht aufgrund der Eröffnungsprognose des Sachverständigen, der ggf. auch zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden ist, das Insolvenzverfahren. Erweisen sich die Prognosen des Sachverständigen als unzutreffend, erhält der Insolvenzverwalter in Insolvenzverfahren ohne Verfahrenskostenstundung eine Vergütung nur in Höhe der vorhandenen Masse, ggf. fällt er mit seiner Vergütung vollständig aus. Weshalb dieses Risiko des Insolvenzverwalters, dass auch für den Konkursverwalter galt, bei Verfahren mit Kostenstundung nicht gelten soll, hat der Beschwerdeführer nicht ausgeführt.

13

Soweit der Beschwerdeführer meint, die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig vom 19.05.2009, 6 T 558/08 (075), könnte Insolvenzverwalter veranlassen, unmittelbar mit Abgabe des Gutachtens und Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Vorschuss zu beantragen und bei der Berechnung desselben die prognostizierte Teilungsmasse zugrunde zu legen, ist festzustellen, dass diese Annahme des Beschwerdeführers falsch ist. Unabhängig von der Frage, ob das Insolvenzgericht mit dieser "Berechnungsgrundlage" einverstanden wäre, kann ein Vorschuss nur festgesetzt werden, wenn ausreichend Masse vorhanden ist und ist die 6 Monatsfrist des § 9 S. 2 InsVV für die Bewilligung eines Vorschusses grundsätzlich zu beachten, wobei viele Insolvenzgerichte regelmäßig einen Vorschuss erst 1 Jahr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewilligen.

14

Inwieweit sich der Insolvenzverwalter seine berechtigten Vergütungsansprüche abschneidet, wenn er der Aufforderung der Insolvenzgerichte zur Zahlung von Vorschüssen auf Gerichtskosten nachkommt, erschließt sich dem Insolvenzgericht nicht. Reicht die Masse nicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens gem. § 54 InsO voll abzudecken, wird gequotelt. Hat das Insolvenzgericht dabei einen zu hohen Vorschuss erhoben, wird der Überschuss an den Insolvenzverwalter für dessen Vergütung zurückgezahlt. Dass, abweichend von der insolvenzgerichtlichen Praxis, Gerichtskostenvorschüsse grundsätzlich mit einer vorläufigen Gerichtskostenrechnung mit Sollstellung zu erheben wären und das NLBV im Falle der Nichtzahlung durch den Insolvenzverwalter umgehend Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Insolvenzverwalter einleiten würde, sei nur vollständigkeitshalber erwähnt.