Amtsgericht Goslar
Beschl. v. 01.04.2010, Az.: 11 L 5/07
Geltendmachung der Vergütung durch den Zwangsverwalter jeweils im Anschluss an die jährliche Rechnungslegung oder mit der Schlussrechnungslegung durch den Zwangsverwalter; Heranziehung der veröffentlichten Studie des Verbands für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung (REFA Studie) als Anhaltspunkt für die Plausibilitätsbeurteilung der Vergütung; Nachvollziehbare Begründung eines Unterschreitens der Mittelvergütung von 75 EUR
Bibliographie
- Gericht
- AG Goslar
- Datum
- 01.04.2010
- Aktenzeichen
- 11 L 5/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 32290
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOSLR:2010:0401.11L5.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 18 ZwVwV
- § 19 ZwVwV
Fundstelle
- ZInsO 2010, 2200-2201
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Zwangsverwalter kann seine Vergütung jeweils im Anschluss an die jährliche Rechnungslegung oder mit der Schlussrechnungslegung geltend machen.
- 2.
Liegt die Vergütung des Zwangsverwalters nach § 18 ZwVwV (Prozentsatz der eingezogenen Mieten/Pachten) mehr als 25% unter der nach § 19 ZwVwV (nach Zeitaufwand) berechneten Vergütung, erhält der Zwangsverwalter die Vergütung nach§ 19 ZwVwV.
- 3.
Wenn der Zwangsverwalter dem Gericht seine Tätigkeit konkret darlegt und der Zeitaufwand bei überschlägiger Abschätzung plausibel erscheint, kann die abgerechnete Stundenzahl festgesetzt werden, wobei auch die veröffentlichte REFA Studie als Anhaltspunkt für die Plausibilitätsbeurteilung herangezogen werden kann.
- 4.
Ein Unterschreiten der Mittelvergütung von 75 EUR muss nachvollziehbar begründet werden.
Gründe
I.
Mit Beschl. v. 18.6.2007 wurde die Zwangsverwaltung auf Antrag der Z-Bank angeordnet und XY zum Zwangsverwalter bestellt. Mit Schreiben v. 6.7.2007 hat der Zwangsverwalter seinen Inbesitznahmebericht vorgelegt. Das Gericht hat den Teilungsplan am 2.4.2007 aufgestellt. Der erste (Rumpf-)Jahresbericht des Zwangsverwalters folgte am 9.1.2008. Zwischenzeitlich war unter dem Az. 32 IK 8/08 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter gab den Grundbesitz jedoch mit Schreiben v. 6.2.2008 an die Schuldnerin aus der Masse frei. Für 2008 erstattete der Zwangsverwalter am 8.1.2009 den Jahresbericht. Im August 2009 erfolgte die Abtretung der Forderung durch die betreibende Gläubigerin an die W-Bank. Dies zeigte der Zwangsverwalter dem Gericht mit Schreiben v. 18.9.2009 an und beantragte zugleich die Festsetzung eines Kostenvorschusses i.H.v. 4.500 EUR. Da ihm von der betreibenden Gläubigerin die Vermietung der Wohnungen in dem zwangsverwalteten Objekt untersagt worden ist, war der Vorschuss für die weitere Zwangsverwaltung, insbesondere für die Wintersicherung, zwingend erforderlich. Das Gericht forderte die betreibende Gläubigerin auf, den Vorschuss auch ohne gerichtlichen Beschluss an den Zwangsverwalter zu zahlen. Da der Vorschuss trotz weiterer Aufforderung vonseiten des Zwangsverwalters an die betreibende Gläubigerin nicht gezahlt wurde, hat das Gericht den Vorschuss förmlich mit Beschl. v. 13.11.2009 festgesetzt. Mit Schreiben v. 4.12.2009 konnte der Zwangsverwalter dann den Eingang des Vorschusses bestätigen. Mit seinem Jahresbericht v. 10.1.2010 beantragte der Zwangsverwalter die Festsetzung seiner Vergütung für die Jahre 2007 - 2009. Die Beteiligten wurden gehört und die betreibende Gläubigerin widersprach den Anträgen des Zwangsverwalters teilweise. Insbesondere wurde moniert, dass erst jetzt die Vergütung für 3 Jahre beantragt werde und ein Stundensatz von 75 EUR zu hoch sei. Der Zwangsverwalter hat dem widersprochen und nach weiterer Sachaufklärung durch das Gericht, seinen Antrag noch einmal mit Schreiben v. 22.3.2010 ergänzt. Auf die einzelnen Schriftsätze wird insoweit Bezug genommen.
II.
Die vom Zwangsverwalter geltend gemachten Gebühren und Auslagen sind zulässig und auch begründet.
Gem. § 22 ZwVwV kann der Zwangsverwalter seine Vergütung jeweils im Anschluss an die jährliche Rechnungslegung oder mit der Schlussrechnungslegung geltend machen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass der Zwangsverwalter mit der Rechnungslegung für 2009 seine Vergütung für die Abrechnungszeiträume 2007 - 2009 beantragt, zumal die Verjährung seiner Vergütungsansprüche droht.
Dass der Zwangsverwalter für 2007 und 2009 seine Vergütung nach § 19 ZwVwV geltend macht und für 2008 nach § 18 ZwVwV ist grds. ebenfalls nicht zu beanstanden. Für den jeweiligen Abrechnungszeitraum (§ 22 i.V.m.§ 14 ZwVwV) kann der Zwangsverwalter seine Vergütung frei nach den Regeln der §§ 18 und 19 ZwVwV geltend machen.
Wenn dem Verwalter eine Vergütung nach § 18 ZwVwV (Prozentsatz der eingezogenen Mieten oder Pachten) nicht zusteht, bemisst sich die Vergütung nach Zeitaufwand. Dabei ist es für den in Ansatz zu bringenden zeitlichen Umfang aller Tätigkeiten nicht erforderlich, dass dieser in einem detaillierten Stundennachweis erfolgen muss. Vielmehr sollten die Zeitangaben lediglich in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens einer Plausibilitätskontrolle unterzogen werden. Dies stellt auch der BGH in seinem Beschl. v. 11.10.2007 - V ZB 1/07, ZInsO 2007, 1271, mit vielen weiteren Nachweisen, fest.
Hat der Verwalter die vergütungsrelevante Tätigkeit so konkret dargelegt, dass der Zeitaufwand in der Gesamtschau bei überschlägiger Abschätzung plausibel erscheint, kann die abgerechnete Stundenzahl festgesetzt werden, wobei auch die in ZInsO 2004, 78 ff. veröffentlichte REFA-Studie, in der der durchschnittliche Zeitaufwand für typische Verfahren ermittelt worden ist, einen Anhaltspunkt für die Plausibilitätsbeurteilung bieten kann (vgl. dazu auch Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, ZwVwV, § 19 Rn. 17).
Die vorstehenden Ausführungen gelten natürlich auch dann, wenn der Zwangsverwalter eine Stundensatzvergütung geltend macht, obwohl er Mieteinnahmen erzielt, die so nach § 18 Abs. 1 ZwVwV berechnete Vergütung aber offensichtlich unangemessen ist. Für den jeweiligen Abrechnungszeitraum kann der Zwangsverwalter also trotz Mieteinnahmen immer dann nach Stundensätzen abrechnen, wenn die Vergütung nach Mieteinnahmen um mehr als 25% hinter der Vergütung nach Stundensätzen zurückbleibt.
Ein die Plausibilität erschütternder Einwand bzgl. der beantragten Stunden wurde nicht geltend gemacht. Mit den beantragten 27 Std. für das Rumpfjahr und den 16 Std. für 2009, liegt der Zwangsverwalter weit hinter dem durchschnittlichen Gesamtaufwand nach der REFA-Studie.
Auch der geltend gemachte Stundensatz für die Jahre 2007 und 2009 i.H.v. 75 EUR ist nicht zu beanstanden. Ein Unterschreiten der Mittelvergütung von 70 - 75 EUR, die bei den AG im OLG-Bezirk Braunschweig regelmäßig mit 75 EUR angenommen wird und durch Entscheidungen von Rechtsmittelgerichten bundesweit bestätigt wird (so Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, ZwVwV, § 19 Rn. 13 ff.), muss nachvollziehbar begründet werden. Das hat die betreibende Gläubigerin nicht getan.
III.
Der Zwangsverwalter hat im Abrechnungszeitraum 2007 Mieten i.H.v. 8.410 EUR eingezogen. Gem. § 18 Abs. 1 ZwVwV würde der Zwangsverwalter deshalb eine Vergütung i.H.v. 841 EUR erhalten. Die so errechnete Vergütung ist offensichtlich unangemessen, sodass die Vergütung nach § 19 ZwVwV zu berechnen ist. Der Zwangsverwalter hat angegeben, 27 Std. aufgewendet zu haben. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75 EUR ergibt sich eine Vergütung i.H.v. 2.025 EUR. Bereits dem Inbesitznahmebericht des Zwangsverwalters v. 6.7.2007 ist zu entnehmen, dass die Zwangsverwaltung im ersten (Rumpf-)Rechnungslegungsjahr aufgrund der Vermietungssituation und den diversen Schäden am Objekt mindestens durchschnittlich war und der Zwangsverwalter mit 27 Std. mehr als deutlich hinter den Sätzen der REFA-Studie zurückbleibt.
Der Zwangsverwalter hat 2008 Mieten i.H.v. 3.570,72 EUR eingezogen und weitere Mieten i.H.v. 150 EUR nicht einziehen können. Gem. § 18 Abs. 1 ZwVwV erhält der Zwangsverwalter deshalb eine Vergütung i.H.v. 1.316,73 EUR.
Der Zwangsverwalter hat 2009 Mieten i.H.v. 6.710 EUR eingezogen. Gem. § 18 Abs. 1 ZwVwV würde der Zwangsverwalter deshalb eine Vergütung i.H.v. 671 EUR erhalten. Die so errechnete Vergütung ist offensichtlich unangemessen, sodass die Vergütung nach § 19 ZwVwV zu berechnen ist. Der Zwangsverwalter hat angegeben, 16 Std. aufgewendet zu haben. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75 EUR ergibt sich eine Vergütung i.H.v. 1.200 EUR. Der Aufwand des Zwangsverwalters ergibt sich aus der Jahresrechnungslegung v. 10.1.2010. Danach war der Zwangsverwalter insbesondere mit der Abwicklung von Mietverhältnissen, der Schadensermittlung und -begrenzung sowie mit der Sicherung der Immobilie beschäftigt. Auch hierbei bleibt der Zwangsverwalter mit 16 Std. deutlich hinter den Sätzen der REFA-Studie zurück.
Die Auslagenpauschale gem. § 21 ZwVwV beträgt 10% der Vergütung. Die gesetzliche MWSt war hinzuzusetzen.
Der Beschluss kann mit der sofortigen Beschwerde binnen 2 Wochen ab Zustellung angefochten werden.