Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.10.2003, Az.: 4 A 12/03

Monatliche Bedarf für Auszubildende an Hochschulen; Zweck des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und des Grundsicherungsgesetzes (GSiG); Unterschiede zwischen BAföG-Leistungsempfängern und GSiG-Berechtigten

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
30.10.2003
Aktenzeichen
4 A 12/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 30048
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2003:1030.4A12.03.0A

Fundstelle

  • FamRZ 2004, 742-744 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Ausbildungs- und Studienförderungsrecht

In der Verwaltungsrechtssache hat
das Verwaltungsgericht Göttingen - 4. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht I.,
den Richter am Verwaltungsgericht J., die Richterin am Verwaltungsgericht K. sowie
die ehrenamtlichen Richter Herr L. und Herr M.
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Studentin an der Beklagten. Sie wohnte im Oktober 2002 noch bei ihren Eltern. Im November 2002 hat sie eine eigene Wohnung bezogen.

2

Auf ihren Antrag gewährte ihr das Studentenwerk N. im Auftrag der Beklagten mit Bescheid vom 31. Januar 2003 für den Monat Oktober 2002 einen Förderungsbetrag in Höhe von 377,00 EUR und für den Zeitraum von November 2002 bis September 2003 einen monatlichen Förderungsbetrag in Höhe von 530,00 EUR nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG -.

3

Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem sie eine Erhöhung der bewilligten Förderungsbeträge erstreiten will, wies die Beklagte mit einem Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2003 zurück.

4

Mit ihrer bereits zuvor am 3. Februar 2003 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Förderungsbeträgen in Höhe von mindestens 776,00 EUR monatlich. Sie ist der Auffassung, dass die Höchstförderungsbeträge nach dem BAföG, die ihr unstreitig gewährt wurden, vom Gesetzgeber verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt worden seien. Nachdem der Gesetzgeber das Gesetz über eine bedarfsgerechte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26.6.2001 (BGBI. I S. 1335) - GSiG - verkündet habe, sei der Bedarf einer Studentin am Grundsicherungsbedarf einer 65 Jahre alten Person sowie von Personen zu orientieren, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - seien und bei denen unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne (§ 1 GSiG). Sie benötige als Studentin ein Existenzminimum von monatlich ca. 976,00 EUR. Der Personengruppe nach § 1 GSiG werde ein monatlicher Betrag in Höhe von ca. 776,00 EUR zugestanden. Art. 3 des Grundgesetzes - GG - verbiete eine Besserstellung der von § 1 GSiG umfassten Gruppe gegenüber Studenten, zumal letztere Lehrbücher beschaffen müssten und für ihr Studium Verwaltungskostenbeiträge zu entrichten hätten. Einem 18-jährigen kinderlosen Erwerbsunfähigkeitsrentner dürfe kein höheres Existenzminimum zugestanden werden als einer 18-jährigen Studentin. Außerdem sei es mit Art. 3 und 6 GG nicht zu vereinbaren, dass den Eltern von kinderlosen Erwerbsunfähigkeitsrentnern nach dem GSiG ein Freibetrag in Höhe von 100.000 EUR zugestanden werde, hingegen Eltern von kinderlosen BAföG-Leistungsempfängern bereits unterhalb dieser Freibetragsgrenze zu Unterhaltsleistungen herangezogen würden. Schließlich dürfe es für die Höhe der Förderung nicht von Bedeutung sein, ob sie bei ihren Eltern wohne oder nicht.

5

Die Klägerin beantragt,

1.
die Beklagte zu verpflichten, ihr für den Monat Oktober 2002 eine Förderleistung in Höhe von mindestens 776,00 EUR netto zu gewähren und den Bescheid des Studentenwerks N. vom 31. Januar 2003 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. Februar 2003 insoweit aufzuheben, als die Bewilligung einer Förderung von mehr als 377,00 EUR abgelehnt worden ist,

2.
die Beklagte zu verpflichten, ihr von November 2002 bis September 2003 eine Förderleistung in Höhe von monatlich mindestens 776,00 EUR netto zu gewähren und den Bescheid des Studentenwerks N. vom 31. Januar 2003 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. Februar 2003 insoweit aufzuheben, als eine monatliche Förderung von mehr als 530,00 EUR abgelehnt worden ist,

6

hilfsweise,

das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit der in § 13 Abs. 1 bis 3 BAföG in der Fassung vom 15.08.2003 (BGBI. I S. 1655,1661) genannten Förderbeträge mit Art. 3 Abs. 1 und 20 GG einzuholen,

7

hilfsweise,

dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob es mit EU-Recht vereinbar ist, dass grundgesicherte Erwerbsunfähigkeits-Rentner mit 18 Jahren Anspruch auf ein drastisch höheres Existenzminimum netto haben dürfen als 18-jährige Studenten aufgrund der BAföG-Leistung.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie verweist auf ihre Bindung an die Regelungen des BAföG.

10

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die dem Gericht zur Einsichtnahme vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Der seit 25. Februar 2003 zulässigen Verpflichtungsklage muss der Erfolg versagt bleiben.

12

I.

Die Beklagte hat durch ihr Studentenwerk der Klägerin die gemäß §§ 11 Abs. 1,13 Abs. 1 bis 3 Satz 1 BAföG in der Fassung 6.6.1983 (BGBI. I S. 645, ber. S. 1680), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.8.2003 (BGBI. I S. 1655, 1661) festgelegten höchstmöglichen Förderungsbeträge gewährt. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG gilt als monatlicher Bedarf für Auszubildende an Hochschulen der Betrag von 333,00 EUR. Dieser Bedarf erhöht sich nach § 13 Abs. 2 BAföG um Unterkunftskosten in Höhe von 44,00 EUR, wenn der Auszubildende bei seinen Eltern wohnt, und um 133,00 EUR, wenn er nicht bei seinen Eltern wohnt. Soweit Mietkosten und Nebenkosten für eine eigene Unterkunft nachweislich den Betrag von 133,00 EURübersteigen, erhöht sich dieser Betrag nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BAföG um 64,00 EUR auf 197,00 EUR. Danach hat die Beklagte durch ihr Studentenwerk der Klägerin für den Monat Oktober 2002 zutreffend 377,00 EUR (333,00 EUR + 44,00 EUR) und für die Monate November 2002 bis September 2003 monatlich 530,00 EUR (333,00 EUR + 133,00 EUR + 64,00 EUR) gewährt. Weiter gehende Ansprüche stehen der Klägerin nach dem BAföG nicht zu. Da sie bereits die höchstmöglichen Förderungsbeträge erhält, geht auch ihr Einwand ins Leere, die Freibetragsgrenzen bezogen auf das Einkommen der Eltern (§ 25 BAföG) seien im Gesetz zu niedrig angelegt.

13

Das Gericht ist ebenso wie die Verwaltung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an das Gesetz gebunden. Es kann nicht von sich aus höhere Förderungsbeträge zusprechen, die im Gesetz keine Stütze mehr finden.

14

Leistungen nach dem GSiG stehen der Klägerin nicht zu. Weder zählt sie zu dem nach § 1 GSiG begünstigten Personenkreis, noch ist die Beklagte für die Gewährung von Leistungen nach dem GSiG zuständig. Denn nach § 4 GSiG sind die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Grundsicherung zuständig.

15

II.

Zu dem 1. Hilfsantrag: Eine Aussetzung des Verfahrens, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Vereinbarkeit der in § 13 Abs. 1 bis 3 BAföG genannten Förderbeträge mit Art. 3 Abs. 1 und 20 GG einzuholen, kommt nicht in Betracht. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist davon abhängig, ob das Verwaltungsgericht die vorgenannten Bestimmungen des BAföG für verfassungswidrig hält, d.h. von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Norm überzeugt ist. Zweifel reichen nicht aus (Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Art. 100 Rdnr. 10 m.w.N.).

16

Vorliegend vermag die Kammer eine verfassungswidrige Benachteiligung der Klägerin, insbesondere einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 GG, nicht zu erkennen.

17

Soweit die Klägerin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung mit dem von § 1 GSiG geschützten Personenkreis rügt, ist ihr Einwand bereits unschlüssig, soweit sie die Höhe der Leistungsgewährung für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2002 angreift.

18

Denn das GSiG trat gemäß Art. 35 Abs. 6 des Gesetzes vom 26.6.2001 erst am 1. Januar 2003 in Kraft (s. BGBI. I S. 1342).

19

Im Übrigen ist die von der Klägerin erhobene Rüge der Verfassungswidrigkeit unbegründet. Allgemein steht dem Gesetzgeber im Sozialrecht und insbesondere bei der Finanzierung sozialer Sicherungssysteme ein weiter Gestaltungsspielraum offen. Möglich sind unterschiedliche Konzepte für unterschiedliche Gebiete (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 54 m.w.N.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber mit dem BAföG und dem GSiG unterschiedliche Leistungssysteme vorhält. Zum einen hat der Gesetzgeber mit den Vorschriften des BAföG ein besonderes Sozialleistungssystem geschaffen, das Möglichkeiten und Grenzen einer individuellen Förderung der Hochschulausbildung durch den Staat grundsätzlich abschließend bestimmt. Seine Regelungen über die Förderungsvoraussetzungen sowie Art, Höhe und Dauer der Leistungen sind auf die besondere Lebenssituation der Studierenden zugeschnitten, die auf öffentliche Hilfe bei der Finanzierung ihres Studiums angewiesen sind (BVerfG, Beschluss vom 14.10.1997, NJW 1998, S. 973, 975). Mit dem GSiG verfolgt der Gesetzgeber hingegen den Zweck, für alte und für dauerhaft erwerbsgeminderte Personen eine eigenständige soziale Leistung vorzusehen, die den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt sicherstellt. Diese Leistung ist bedarfsorientiert, greift also nur dann, wenn das eigene Einkommen und Vermögen der Leistungsberechtigten nicht ausreicht, um den Grundbedarf abzudecken. Durch diese Leistung soll im Regelfall die Notwendigkeit für die Gewährung von Sozialhilfe vermieden werden (BT-Drs. 14/5150, S. 48). Dabei geht der Gesetzgeber von der Überlegung aus, dass die Grundsicherung von ihrem Umfang her so konzipiert ist, dass weitergehend ein ergänzender Bedarf an Sozialhilfe nicht entstehen soll. Das Gesetz sieht unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung eine nur beschränkt individuelle Bedarfsermittlung vor. Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden wie bei der Sozialhilfe in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, allerdings nur, soweit sie angemessen sind. Bis zu welcher Höhe dies der Fall ist, wird in Anlehnung an die Praxis des örtlichen Trägers der Sozialhilfe am Wohnort des Antragstellers zu bestimmen sein (BT-Drs., a.a.O., S. 49).

20

Zwischen BAföG-Leistungsempfängern und GSiG-Berechtigten bestehen erhebliche Unterschiede, die der Gesetzgeber zum Anknüpfungspunkt unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen machen durfte. Der nach dem BAföG einbezogene Personenkreis befindet sich in einem seiner Natur her nur vorübergehenden Zustand der Ausbildung und erhält mit dem Abschluss der ausöffentlichen Mitteln geförderten Ausbildung erhöhte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Er kann typischerweise mit einem höheren Einkommen rechnen. Diese Erwartung ist nach wie vor begründet (BVerfG, a.a.O., S. 975 m.w.N.). Demgegenüber ist der Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem GSiG dauerhaft von den Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen und daher auf eine Grundsicherung verwiesen. Es bestehen daher zwischen den Anspruchsberechtigten selbst wie auch gegenüber ihren unterhaltsverpflichteten Angehörigen derartige Unterschiede, die es dem Gesetzgeber gerade vor dem Hintergrund seines weiten Gestaltungsspielraums in Fragen der Ausgestaltung sozialer Sicherungssysteme ermöglichen, Bedarfshöhen auch unterschiedlich festzulegen.

21

Ob der Gesetzgeber dabei die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, ist vom Gericht nicht zu entscheiden. Denn der allgemeine Gleichheitssatz verleiht der rechtsprechenden Gewalt nicht die Befugnis, ein Gesetz unter dem Gesichtspunkt "allgemeiner Gerechtigkeit" nachzuprüfen und damit die eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu stellen.

22

Im Übrigen entspricht die typisierend in § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG festgesetzte monatliche Bedarfshöhe für einen Hochschulstudenten in Höhe von 333,00 EUR nahezu dem in § 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG geregelten Grundsicherungsbedarf des sozialhilferechtlichen Regelsatzes + 15%. Denn der Regelsatz beträgt in Niedersachsen für einen Alleinstehenden derzeit nach § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Feststellung der Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz - BSHG - vom 25.6.2003 (Nds. GVBI. S. 221) 296,00 EUR. Die Erhöhung um 15% (= 44,40 EUR) ergibt einen Betrag in Höhe von 340,40 EUR. Derart geringe Unterschiede in der Bedarfsberechnung zwischen Hochschulstudenten und Grundsicherungsberechtigten sind nicht verfassungserheblich.

23

Auch das in Art. 20 Abs. 1 GG enthaltene Sozialstaatsprinzip ist durch § 13 Abs. 1 bis 3 BAföG nicht verletzt, zumal der Gesetzgeber mit § 35 BAföG ein Anpassungssystem vorsieht, das u.a. die Bedarfssätze alle zwei Jahre zur Überprüfung stellt.

24

Ebenso wenig widerspricht es dem Gleichheitssatz, dass der Gesetzgeber die Unterkunftskosten eines Hochschulstudenten nach § 13 Abs. 2 und 3 Satz 1 BAföG mit höchstens 197,00 EUR (133,00 EUR + 64,00 EUR) für förderungsfähig anerkannt hat, hingegen dem nach § 1 GSiG Anspruchsberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 2 GSiG die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gewährt werden. Wie bereits ausgeführt, durfte der Gesetzgeber eine typisierende Fallregelung treffen. Dabei durfte er u.a. berücksichtigen, dass die Unterbringung eines jungen Studenten üblicherweise nur vorübergehender Natur ist, hingegen der nach dem GSiG Anspruchsberechtigte in der Regel keine Möglichkeit mehr hat, in seinem Leben eine andere Unterkunft als die einmal Erlangte zu beziehen. Der Hochschulstudent ist insbesondere in dieser Hinsicht nicht mit einem dauerhaft Erwerbsunfähigen vergleichbar.

25

Schließlich ist es auch nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber in § 13 Abs. 2 und 3 Satz 1 BAföG zwischen Studenten, die bei ihren Eltern wohnen und solchen, die einen eigenen Hausstand haben, unterscheidet und hieran unterschiedliche Förderungsbeträge für die Unterkunft knüpft (44,00 EUR bzw. 133,00 EUR bis 197,00 EUR). Der Gesetzgeber ist auch hier nicht gehindert, für unterschiedliche Sachverhalte unterschiedliche Pauschalbeträge festzusetzen.

26

III.

Zu dem 2. Hilfsantrag: Ebenso legt die Kammer die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob es mit EU-Recht vereinbar ist, dass grundgesicherte Erwerbsunfähigkeits-Rentner mit 18 Jahren Anspruch auf ein drastisch höheres Existenzminimum netto haben dürfen als 18-jährige Studenten aufgrund der BAföG-Leistung, nicht gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG - dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.

27

Nach Art. 234 Abs. 1 EG entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung u.a. über die Auslegung des EG-Vertrages sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft, d.h. auch des von dieser erlassenen Gemeinschaftsrechts. Aus Art. 234 Abs. 2 und 3 EG folgt, dass ein nationales Gericht, dessen Entscheidung noch mit einem Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann, zur Anrufung des Gerichtshofes nicht verpflichtet ist. Auch für eine fakultative Vorlage nach Art. 234 Abs. 2 EG besteht keine Veranlassung. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass es keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung nach Gemeinschaftsrecht gibt, weil dieses Rechtsgebiet in die Bereiche der Bildungs- und Sozialpolitik fällt, die zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehören, soweit sie nicht Gegenstand besonderer Vorschriften des EG-Vertrages sind (EuGH, Urteil vom 21.6.1988, NJW 1988, S. 2165). Als Inländerin wird die Klägerin auch nicht gegenüber Bürgern anderer EU-Staaten diskriminiert.

28

IV.

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

29

Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

30

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

31

Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO liegen nicht vor.