Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.07.2005, Az.: 3 W 31/05

Notargebühr für die Beurkundung einer Betreuungsverfügung; Unterschiedliche Behandlung von Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung; Vorliegen einer vermögensrechtlichen Angelegenheit

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.07.2005
Aktenzeichen
3 W 31/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 34361
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2005:0713.3W31.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 09.06.2005 - AZ: 9 T 197/05

Fundstellen

  • FGPrax 2005, 274 (Volltext mit amtl. LS)
  • FPR 2007, 100
  • FamRZ 2006, 499-500 (Volltext mit amtl. LS)
  • JurBüro 2005, 548-549 (Volltext mit amtl. LS)
  • MittBayNot 2006, 446-447
  • NotBZ 2005, 411-412 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2005, 767-768
  • ZNotP 2006, 319-320

In der Notarkostensache
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
am 13. Juli 2005
beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Notars gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 9. Juni 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 176,90 EUR.

Gründe

1

Am 8. September 2004 beurkundete der Beschwerde führende Notar in einer Verhandlung eine die vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten der 83-jährigen Kostenschuldnerin umfassende Vorsorgevollmacht nebst Betreuungsverfügung. In den Vorbemerkungen heißt es u.a.:

"Die hier erteilte Vollmacht soll insbesondere dann gelten, wenn ich auf Grund einer körperlichen oder psychischen Krankheit oder Behinderung oder auf Grund meines Alters nicht mehr in der Lage bin, für mich selbst zu sorgen.

Die Bevollmächtigten sollen diese Situation gemeinsam mit dem Arzt meines Vertrauens feststellen.

Diese Bestimmung ist jedoch keine Beschränkung der Vollmacht gegenüber Dritten, sondern lediglich eine Anweisung an die Bevollmächtigten, die nur im Innenverhältnis gilt. Im Außenverhältnis ist die Vollmacht unbeschränkt."

2

Unter Ziffer III heißt es weiter:

"Betreuungsverfügung

Sollte trotz oder neben der hier erteilten Vollmacht Betreuung angeordnet werden, so wünsche ich, dass die Bevollmächtigten auch zu Betreuern bestellt werden. Diese Verfügung gilt für sämtliche Bereiche für die die Vollmacht erteilt wird und für die möglicher Weise eine Betreuung bestellt wird."

3

Den Bevollmächtigten wurde je eine Ausfertigung der Urkunde erteilt.

4

Der Notar stellte der Kostenschuldnerin durch Kostenberechnung vom selben Tage nach einem Geschäftswert von 200.000 EUR eine 10/10-Gebühr gemäß §§ 32, 36 Abs. 1 KostO in Höhe von 357 EUR netto in Rechnung.

5

Der Präsident des Landgerichts beanstandete diese Kostenberechnung und wies den Notar an, gemäß § 156 Abs. 6 KostO die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen.

6

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 9. Juni 2005 die Kostenberechnung aufgehoben und den Notar angewiesen, die Kosten entsprechend der Rechtsauffassung der Kammer neu festzusetzen. Nach § 44 Abs. 1 S. 2 HS. 2 KostO seien die Gebühren getrennt zu berechnen, wenn dies für den Kostenschuldner günstiger ist. Dies sei hier der Fall. Während die - vom Notar gewählte - einheitliche Berechnung nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz zu einer Kostenschuld von 357 EUR netto führe, ergebe sich bei getrennter Berechnung nach unterschiedlichen Gebührensätzen eine Kostenschuld von nur 204,50 EUR netto . Diese setze sich aus einer 5/10- Gebühr gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO für die Beurkundung der Vorsorgevollmacht nach einem Wert von 200.000 EUR in Höhe von 178,50 EUR und einer 10/10-Gebühr gemäß § 36 Abs. 1 KostO für die Beurkundung einer Betreuungsverfügung nach einem Wert von 3.000 EUR in Höhe von 26 EUR zusammen. Das Landgericht hat die weitere Beschwerde zugelassen.

7

Mit seiner frist- und formgerecht eingelegten weiteren Beschwerde vertieft der Notar u.a. seine Auffassung, es handele sich bei der Betreuungsverfügung - auch - um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, sodass die Beurkundungsgebühr nach dem Wert des vorhandenen Vermögens, hier 200.000 EUR, zu berechnen sei.

8

Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

9

Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung haben auf Grund ihres inneren Zusammenhangs denselben Gegenstand i.S.v. § 44 Abs. 1 KostO. Sie unterliegen allerdings verschiedenen Gebührensätzen.

10

Für die Beurkundung der Vorsorgevollmacht wird gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO die Hälfte der vollen Gebühr erhoben. Da es sich um eine allgemeine Vollmacht handelt, ist der Geschäftswert gemäß § 41 Abs. 2 KostO unter Berücksichtigung des sachlichen und zeitlichen Umfangs der erteilten Ermächtigung und des Vermögens der Vollmachtgeberin nach freiem Ermessen zu bestimmen. Die erteilte Vollmacht umfasst hier sämtliche vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Vollmachtgeberin. Der Geschäftswert bestimmt sich daher nach dem der Höhe nach mit 200.000 EUR unstreitigen Aktivvermögen ohne Abzug (§ 18 Abs. 3 KostO) der darauf u.U. lastenden Verbindlichkeiten

11

(Bund in JurBüro 2004, 173, 176; Keilbach in DNotZ 2004, 752 FN 7; Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 41 Rn. 11; Perau in MittRhNotK 1996, 300; Rohs/Wedewer, KostO, § 41 Rn. 11). Eine Herabsetzung des Geschäftswertes wegen der Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis kommt im zu entscheidenden Fall angesichts dessen, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt ist und den Bevollmächtigten Ausfertigungen der Vollmacht erteilt wurden, nicht in Betracht (Bund a.a.O.; Keilbach a.a.O.; Korintenberg/Bengel/ Tiedtke a.a.O. Rn. 11a; a.A. Rohs/Wedewer a.a.O.).

12

Bei der Betreuungsverfügung handelt es sich um eine einseitige Erklärung i.S.v. § 36 Abs. 1 KostO, sodass eine volle Gebühr erhoben wird. Der Geschäftswert ist nach § 30 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 KostO mit 3.000 EUR anzunehmen (Bund a.a.O. S. 177; Keilbach in DNotZ 2004, 164 FN 7; Korintenberg/Bengel/Tiedtke a.a.O. Rn. 11c; Perau a.a.O. S. 292; Rohs/Wedewer a.a.O.). Entgegen der Auffassung des Notars liegt keine vermögensrechtliche Angelegenheit vor. Die Betreuungsverfügung enthält lediglich den an das Vormundschaftsgericht gerichteten Wunsch der Kostenschuldnerin, dass für den Fall, dass eine Betreuung notwendig werden sollte, bestimmte Personen zu Betreuern ernannt werden mögen. Irgendwelche direkten vermögensrechtlichen Auswirkungen sind hiermit nicht verbunden. Auch für die Zukunft ist zum einen völlig offen, ob es überhaupt jemals zu einer Betreuung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten kommen wird. Zum anderen beruhen auch in diesem Fall die vermögensrechtlichen Verfügungsbefugnisse der Betreuer allein auf der Ernennung durch das Vormundschaftsgericht.

13

Da die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung verschiedenen Gebührensätzen unterliegen, sind die Gebühren nach § 44 Abs. 1 S. 2 HS 2 KostO gesondert zu berechnen, wenn dies für die Kostenschuldnerin günstiger ist. Das ist hier, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, der Fall.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 13a Abs. 1 S. 2 FGG, 156 Abs. 5 S. 2 KostO.

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert beträgt 176,90 EUR.