Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 15.07.2015, Az.: 6 A 975/14

Konkurrentenstreit im Hinblick auf Elternzeiten bei der Besetzung eines Schornsteinfeger-Kehrbezirkes

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
15.07.2015
Aktenzeichen
6 A 975/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 22890
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2015:0715.6A975.14.0A

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihrer Bestellung zur bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. und die Bestellung des Beigeladenen.

Die Klägerin ist am 24. Juli 1977 geboren. Sie ist verheiratet und hat zwei am 5. Oktober 2004 und am 14. Juli 2008 geborene Kinder. Die Klägerin begann im September 1993 mit ihrer Berufsausbildung zur Schornsteinfegerin. Sie schloss die Ausbildung am 23. Februar 1996 mit der Gesellenprüfung ab. Im Anschluss daran war sie bis Februar 2001 als Schornsteinfegergesellin beschäftigt. Am 21. Februar 2001 bestand sie die Meisterprüfung im Schornsteinfeger-Handwerk. Danach war sie bis zum 5. Dezember 2004 als angestellte Schornsteinfegermeisterin tätig. Vom 6. Dezember 2004 bis zum 30. September 2007 befand sie sich nach der Geburt ihres ersten Kindes in der Elternzeit, wobei sie vom 1. Mai 2007 bis zum 30. September 2007 eine geringfügige Beschäftigung als angestellte Schornsteinfegermeisterin ausübte. Ab Oktober 2007 war sie bis zum 25. September 2008 als Schornsteinfegermeisterin angestellt. Vom 26. September 2008 bis 13. Juli 2009 war sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes erneut in der Elternzeit. Vom 14. Juli 2009 bis zum 14. September 2009 war sie als Schornsteinfegermeisterin angestellt. Vom 15. September 2009 bis zum 31. Dezember 2010 befand sie sich wieder in der Elternzeit. Seit dem 1. Januar 2011 ist sie als Schornsteinfegermeisterin und Gebäudeenergieberaterin im Handwerk angestellt.

Der Beigeladene ist am 8. Juli 1976 geboren. Er ist Vater von zwei Kindern. Der Beigeladene begann am 1. September 1992 mit seiner Berufsausbildung zum Schornsteinfeger. Er schloss die Ausbildung am 31. August 1995 mit der Gesellenprüfung ab. Vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Oktober 1996 leistete er Wehrdienst. Vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Oktober 2000 war er als Schornsteinfegergeselle tätig. Im November 2000 besuchte er die Meisterschule in K.. Ab 1. Januar 2001 war er wieder als Schornsteinfegergeselle beschäftigt. Am 11. Dezember 2002 bestand er die Meisterprüfung im Schornsteinfegerhandwerk. Im Anschluss daran war er als Schornsteinfegermeister bei verschiedenen Bezirksschornsteinfegermeistern tätig.

Am 1. Februar 2014 schrieb der Beklagte die Stelle als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. zum 1. Mai 2014 öffentlich aus. Die Ausschreibung enthielt Informationen zu den vorzulegenden Unterlagen. Bewerbungsschluss war der 24. Februar 2014.

Auf die ausgeschriebene Stelle bewarben sich die Klägerin, der Beigeladene und vier weitere Bewerber. Ein Bewerber zog seine Bewerbung zurück.

Der Beklagte bewertete auf der Grundlage eines Punktesystems zunächst die schriftlichen Bewerbungsunterlagen. Er legte dabei die von dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr herausgegebene Bewertungsmatrix für die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern um einen Kehrbezirk (Erlass vom 21. August 2011 - 20-32142/8/1 -) zugrunde. Diese sieht für das Merkmal "Befähigung" die Vergabe von maximal 51 Punkten und für das Merkmal "Fachliche Leistung/Berufserfahrung" die Vergabe von maximal 28 Punkten vor. Bei dem Merkmal "Fachliche Leistung/Berufserfahrung" werden Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk in den insgesamt letzten 15 Jahren vor der Veröffentlichung der Ausschreibung mit maximal 24 Punkten berücksichtigt (0,0222 Punkte pro Monat x Faktor = Punkte). Die Tätigkeit als angestellter Schornsteinfegergeselle wird mit dem Faktor 2 multipliziert, die Tätigkeit als angestellter Schornsteinfegermeister mit dem Faktor 3. Bei der Bewerbung eines Arbeitnehmers im Schornsteinfegerhandwerk werden für die nachgewiesene Hauptbeschäftigung in den letzten drei Jahren vor Veröffentlichung der Ausschreibung für den streitgegenständlichen Kehrbezirk in einem zertifizierten Betrieb nach DIN EN ISO 9001 und 14.001 drei Punkte vergeben. Sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene erhielten die drei Punkte.

Der Beigeladene ging aus der Auswertung der Bewerbungsunterlagen mit dem besten Ergebnis hervor (33,87 Punkte). Der zweitplatzierte Bewerber erhielt 30,49 Punkte, die drittplatzierte Klägerin 29,35 Punkte. Im Rahmen der Punktevergabe für die fachliche Leistung/Berufserfahrung wurden bei der Klägerin deren Elternzeiten nicht berücksichtigt.

Der Beklagte führte mit dem Beigeladenen, dem zweitplatzierten Bewerber und der Klägerin am 25. März 2014 Bewerbungsgespräche durch. Nach der Bewertungsmatrix können für das Bewerbungsgespräch bis zu 34 Punkte vergeben werden. An den Bewerbungsgesprächen nahmen für den Beklagten Herr L., der Leiter des Ordnungsamtes, und Herr M., sein Vertreter, teil. Sie wurden durch Herrn N., den Obermeister der Schornsteinfegerinnung J., und den Dipl.-Wirtschaftsjuristen O. (Handwerkskammer P.-Q.-J.) fachlich beraten. Die Klägerin erhielt für das Bewerbungsgespräch 30 Punkte, der Beigeladene 27 Punkte, der weitere Bewerber 25 Punkte.

Insgesamt erhielt die Klägerin nach Abschluss des Auswahlverfahrens 59,35 Punkte. Der Beigeladene erreichte 60,87 Punkte, der weitere Bewerber 55,49 Punkte.

Die Klägerin teilte am 26. März 2014 telefonisch mit, dass sie gegen eine Ablehnung klagen werde, weil sie der Meinung sei, dass Eltern- und Mutterschutzzeiten angerechnet werden müssten. In einem weiteren Telefonat am 28. März 2014 machte sie geltend, andere Rechtsbereiche würden derartige Zeiten anerkennen. In anderen Bundesländern würden Eltern- und Mutterschutzzeiten bei Auswahlentscheidungen berücksichtigt.

Am 23. April 2014 bestellte der Beklagte den Beigeladenen für die Dauer von sieben Jahren - für die Zeit vom 1. Mai 2014 bis 30. April 2021 - zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J.. Mit Bescheid vom 24. April 2014 teilte der Beklagte der Klägerin die Bestellung des Beigeladenen mit:

Das Auswahlverfahren für den Kehrbezirk VII sei abgeschlossen. Nach § 9 Abs. 4 des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (SchfHwG) sei die Auswahl zwischen den Bewerbern und Bewerberinnen nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vorzunehmen. Die unter Anwendung dieser Auswahlkriterien getroffene Entscheidung sei zu Gunsten des Beigeladenen ausgefallen. Eine Kopie der Verfügung sei beigefügt. Im Übrigen liege wunschgemäß eine Ablichtung des Verwaltungsvorgangs des Beklagten bei.

Die Klägerin hat am 19. Mai 2014 Klage erhoben.

Zur Begründung macht sie geltend:

Die Klage sei zulässig. Die Tatsache, dass der Beigeladene bereits zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk J. VII bestellt worden sei, führe nach ständiger Rechtsprechung nicht zum Verlust des Rechtsschutzbedürfnisses. Zwar weise das Berufsrecht des Schornsteinfegerwesens gewisse Parallelen zum Beamtenrecht auf. Jedoch kenne das Berufsrecht des Schornsteinfegerwesens auch und gerade nach seiner Neuregelung im Gegensatz zum Beamtenrecht und dem dort geltenden Grundsatz der "Ämterstabilität" keine verbindliche, für einen Dritten nicht anfechtbare Statusverleihung. Vielmehr könne ein Konkurrent die Bestellung innerhalb der geltenden Fristen anfechten. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG sei die Bestellung auf sieben Jahre befristet. Sie könne unbeschadet der Regelungen über Rücknahme und Widerruf eines Verwaltungsaktes unter den Voraussetzungen des § 12 SchfHwG aufgehoben werden.

Die Klage sei auch begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Bestellung zur bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin für den Kehrbezirk J. VII. Bei richtiger und rechtmäßiger Bewertung sei sie die hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung am besten zu bewertende Bewerberin.

Bei der Bewertung dürfe der reine Zeitablauf von Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk ohne weitere Wertung der fachlichen Leistung nicht als Hauptkriterium berücksichtigt werden. Die Auswahl zwischen den Bewerbern sei nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vorzunehmen. Dies folge nicht nur aus § 9 Abs. 4 SchfHwG, sondern auch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Denn bei der Aufgabe des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers handele es sich um ein öffentliches Amt im Sinne dieser Vorschrift. Es habe der Intention des Gesetzgebers des SchfHwG entsprochen, anders als nach der früheren Rechtslage bei der Auslegung und Anwendung der Auswahlgrundsätze auf die im Beamtenrecht hierzu entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Nach der beamtenrechtlichen Rechtsprechung dürfe die Berufserfahrung allein als solche - in ihrer Quantität - nicht zum Hauptkriterium (auf der ersten Ebene) gemacht werden, ohne dass die erbrachten fachlichen Leistungen und die bewiesene Befähigung überhaupt wertend betrachtet werden. Vielmehr könne das Lebens- bzw. Dienstalter regelmäßig nur als (nachrangiges) Hilfskriterium (auf der zweiten Ebene) bei gleicher Befähigung und Eignung angesehen werden. Zudem liefe eine Wertung des reinen Zeitablaufs der Berufstätigkeit als Hauptkriterium der Intention des Gesetzgebers zuwider. Dieser nenne in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens als Vorteil der Neuregelung, dass die Möglichkeit, einen Bezirk zu erhalten, künftig wegen der Maßgeblichkeit von Eignung, Befähigung und Leistung schneller gegeben sei als nach der alten Regelung der "Bewerberliste". Zudem könne nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung weder - wie früher - die Tatsache der Eintragung in die Bewerberliste noch die reine Tätigkeit als Schornsteinfegergeselle oder Schornsteinfegermeister als Qualitätsmerkmal angesehen werden.

Nach dem angewendeten Bewertungsverfahren würden für rein quantitativ gewertete Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk in den letzten 15 Jahren maximal 24 Punkte vergeben. Wie der vorliegende Fall zeige, könne durch reines Dienstalter ein praktisch nicht einholbarer Punkteabstand erreicht werden. Auf der anderen Seite könne ein Bewerber, der - wie die Klägerin - Elternzeiten in Anspruch genommen habe, hierdurch einen nicht aufholbaren Punktenachteil erleiden, der ihm dauerhaft bei sämtlichen so bewerteten Auswahlverfahren anhafte. Die Klägerin habe bei der Wertung der fachlichen Leistung/Berufserfahrung 6,75 und 1,10 Punkte, also insgesamt 7,85 Punkte, erhalten. Der Beigeladene sei bei diesen Kriterien mit 8,91 Punkten und 1,97 Punkten, also mit insgesamt 10,88 Punkten, bewertet worden. Diese Punkte seien in der Gesamtwertung nicht zu berücksichtigen und in Abzug zu bringen. Hierdurch ergebe sich bei der Klägerin eine Gesamtbewertung von 51,5 Punkten und bei dem Beigeladenen eine solche von 49,99 Punkten. Damit habe die Klägerin bei rechtmäßiger Bewertung den ersten Platz erreicht.

Unabhängig davon wäre es zur Vermeidung einer Diskriminierung der Klägerin geboten, ihr bei der Berechnung der "Berufserfahrung" die Elternzeiten in gleicher Weise anzurechnen wie eine entsprechende Berufstätigkeit ohne Inanspruchnahme von Elternzeit. Der Beklagte habe die Elternzeiten der Klägerin von Dezember 2004 bis September 2007 (34 Monate), von September 2008 bis Juli 2009 (11 Monate) und von Oktober 2009 bis Dezember 2010 (15 Monate) nicht gewertet. Wären diese Zeiten als Tätigkeiten als angestellte Schornsteinfegermeisterin gewürdigt worden, hätte sie zusätzlich 3,996 Punkte (60 Monate x 0,0222 Punkte pro Monat x Faktor 3) erhalten und eine Gesamtpunktzahl von 63,346 erreicht. Damit sei sie mit deutlichem Vorsprung die Erstplatzierte im Bewerbungsverfahren. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass bei einer Bewertung der "Berufserfahrung" nur solche Tätigkeiten angesetzt werden könnten, in denen der betreffende Bewerber tatsächlich den Beruf des Schornsteinfegers aktiv ausgeübt habe. Nach dem verwendeten Bewertungsschema sei bei der "Berufserfahrung" der reine Zeitablauf der Tätigkeit als Schornsteinfeger mit unterschiedlicher Gewichtung als Geselle, angestellter Meister, selbstständiger Meister und selbstständiger Meister im zu vergebenden Kehrbezirk maßgeblich. Entscheidend sei ausschließlich die Quantität des Zeitablaufs. Die Qualität der fachlichen Leistung spiele bei dieser Bewertung keine Rolle. Auch Urlaube und selbst längere Krankheitszeiten würden berücksichtigt.

Die Diskriminierung der Klägerin bei der Kehrbezirksvergabe durch den Beklagten wegen Inanspruchnahme der Elternzeiten verstoße gegen die europäische Elternurlaubsrichtlinie (Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010). Nach Art. 1 der Richtlinie werde die im Anhang zur Richtlinie wiedergegebene überarbeitete Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die von den europäischen branchenübergreifenden Organisationen der Sozialpartner am 18. Juni 2009 geschlossen worden sei, in Kraft gesetzt. § 5 der Rahmenvereinbarung trage die Überschrift "Arbeitnehmerrechte und Nichtdiskriminierung". Nach § 5 Nr. 4 der Rahmenvereinbarung träfen die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner nach den nationalen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen und/oder Gepflogenheiten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Benachteiligung oder Kündigung aufgrund der Beantragung oder Inanspruchnahme des Elternurlaubs, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer ihr Recht auf Elternurlaub wahrnehmen können. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie sei die Umsetzungsfrist am 8. März 2012 abgelaufen. Nach Ablauf der Umsetzungsfrist entfalte die EU-Richtlinie nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, die auch vom Bundesverfassungsgericht akzeptiert worden sei, unmittelbare Rechtswirkung. Art. 1 der Richtlinie i.V.m. § 5 der Rahmenvereinbarung schließe die Diskriminierung von Arbeitnehmern wegen Wahrnehmung ihres Rechts auf Elternzeit unbedingt und hinreichend genau aus. In anderen Rechtsbereichen, etwa im Landesbeamtenrecht, sei der Landesgesetzgeber der aus der Richtlinie resultierenden Verpflichtung gefolgt. So sei in § 10 Abs. 1 Satz 1 NBG geregelt, dass Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit sich bei der Einstellung und beruflichen Entwicklung nicht nachteilig auswirken dürfen. Nach Ablauf der Umsetzungsfrist habe auch der Beklagte das Diskriminierungsverbot bei der Gestaltung des Kehrbezirksvergabeverfahrens zu beachten. Der Ausschluss der Diskriminierung entspreche zudem dem Sinn und Zweck der im Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) enthaltenen Regelung zu Elterngeld und Elternzeit. Es sei nicht das Ziel des Bundesgesetzgebers gewesen, diejenigen Personen, die zur Inanspruchnahme der Elternzeit berechtigt sind, vor die Wahl zu stellen, ob sie von ihrem Anspruch Gebrauch machen oder auf die Inanspruchnahme verzichten, um gravierende und nicht aufholbare Nachteile für ihre künftige berufliche Entwicklung zu vermeiden. Eine Diskriminierung bei der Vergabe von Kehrbezirken wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit führe zwangsläufig dazu, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schornsteinfeger-Handwerk faktisch an der Inanspruchnahme der gesetzlich geregelten Elternzeit gehindert werden, wenn sie nicht schwere Nachteile bei der künftigen Kehrbezirksvergabe hinnehmen wollen. Sowohl aus der unmittelbar wirkenden Verpflichtung nach Art. 1 der Richtlinie i.V.m. § 4 der Rahmenvereinbarung als auch aus Sinn und Zweck der im BEEG enthaltenen Elternzeitregelung folge daher, dass jedenfalls bei einer Wertung der "Berufserfahrung" nach dem vom Beklagten verwendeten Schema die Elternzeit der Klägerin als Berufstätigkeit (hier als Tätigkeit als angestellte Schornsteinfegermeisterin) zu berücksichtigen sei.

Der Berücksichtigung von Elternzeiten beim Kriterium der Berufserfahrung stünden Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr nicht entgegen. Zeiten der Berufsausübung würden ohne jede Differenzierung nach ihrer Qualität berücksichtigt und andere Ausfallzeiten (Grundwehrdienst oder Zivildienst) würden ebenfalls als Zeiten der Berufserfahrung gewertet. Die Herstellung einer Verbindung zwischen dem Kriterium der Berufserfahrung und der Gefahrenabwehr widerspreche zudem der Wertung des Landesgesetzgebers in § 10 Abs. 1 Satz 1 NBG. Diese Wertung führe dazu, dass bei Berufen mit einem weit engeren Bezug zur Gefahrenabwehr wie z. B. Polizeibeamten und Feuerwehrleuten eine Diskriminierung wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit letztlich ausgeschlossen sei.

Das von dem Beigeladenen in Bezug genommene Urteil des BFH vom 5. Dezember 2000 befasse sich nicht mit der europäischen Elternurlaubsrichtlinie vom 8. März 2010. Der BFH habe sich in diesem Urteil in europarechtlicher Hinsicht lediglich zu dem allgemeinen Diskriminierungsverbot (damals Art. 141 EGV) und zu dem Diskriminierungsverbot nach der Gleichbehandlungs-Richtlinie geäußert. Die Elternurlaubsrichtlinie sei erst lange nach der Entscheidung des BFH erlassen worden.

Aus der vom Beklagten angeführten Rechtsprechung des BAG seien für den vorliegenden Fall keine Schlussfolgerungen zu ziehen. Gravierende Statusnachteile hätten dort nicht zur Debatte gestanden. Die in dem Urteil vom 27. Januar 2011 erwähnte Neufassung der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub aus dem Jahr 2009 und die Richtlinie 2010/18/EU seien für den vom BAG entschiedenen Fall, der sich vor der Geltungsdauer der Richtlinie ereignet habe, nicht maßgeblich gewesen. § 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung werde in dem Urteil überhaupt nicht zitiert.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 24. April 2014 und die Bestellung des Beigeladenen vom 23. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegerin für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. zu bestellen,

hilfsweise,

den Bescheid des Beklagten vom 24. April 2014 und die Bestellung des Beigeladenen vom 23. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über die Bewerbung der Klägerin und die Bestellung des (der) bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers (Bezirksschornsteinfegerin) für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Bestellung zur bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin. Gemäß § 9 Abs. 4 SchfHwG sei die Auswahl zwischen den Bewerbern und Bewerberinnen nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vorzunehmen. Bei der Auslegung dieser ersichtlich aus dem Beamtenrecht (und damit zusammenhängend Art. 33 Abs. 2 GG) stammenden Auswahlgrundsätze könne auf die von der beamtenrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut, aber auch daraus, dass die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister (bzw. ab 1. Januar 2013 als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger) die Beleihung mit der öffentlichen Aufgabe der Feuerstättenschau umfasst (§§ 13 Abs. 1 Nr. 2 SchfG, 14 SchfHwG). Bei der Auswahlentscheidung nach § 9 Abs. 4 SchfHwG dürften nur solche Persönlichkeits- und Qualifikationsmerkmale berücksichtigt werden, die einen Bezug zu den in den §§ 13 bis 15 (bzw.) SchfHwG aufgeführten Aufgaben und Befugnissen aufweisen.

Hiervon ausgehend sei die Auswahlentscheidung frei von Rechtsfehlern. Der Bewertungsbogen sei nicht zu beanstanden. Dies hätten bereits das Verwaltungsgericht Osnabrück in dem Urteil vom 29. Juli 2014 - 1 A 45/13 - und die Kammer in ihrem Urteil vom 12. November 2014 - 6 A 2792/13 - festgestellt. Die Gewichtung der Auswahlkriterien untereinander sei sachgerecht. Das gelte auch für die positive Berücksichtigung des Merkmals der Berufserfahrung. Das Verwaltungsgericht Regensburg habe am 24. Mai 2012 - RO 5 K 11.604, RO 5 K 11.960 - entschieden, dass eine Deckelung bei 13 Jahren sachgerecht sei. Nach der hier verwendeten Matrix erfolge die Deckelung bei 15 Jahren. Bei der Berücksichtigung der Berufserfahrungsjahre handele es sich um eine Wertung der gewonnenen Berufserfahrung. Nach der Lebenserfahrung würden durch die Ausübung der übertragenen Tätigkeiten laufend Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern. Es gehe hier also nicht um das Dienstalter an sich, sondern tatsächlich um den Zugewinn an Berufserfahrung. Das sei mit Blick auf die überragende Bedeutung des Schornsteinfegerwesens für das Gemeinwohl sachgerecht. Für die fachliche Leistung in Form der Berufserfahrung könnten maximal 24 Punkte vergeben werden, demgegenüber bei der Befähigung bis zu 51 Punkte. Mithin werde bei einer möglichen Gesamtpunktzahl von 113 die Berufserfahrung nicht als Hauptkriterium berücksichtigt.

Die Nichtberücksichtigung der Elternzeit sei weder unsachgemäß noch willkürlich. Für die Anrechnung der von der Klägerin in Anspruch genommenen Elternzeit auf die Dauer der nachzuweisenden berufspraktischen Tätigkeit gebe es weder eine einfachgesetzliche noch eine höherrangige Grundlage. Die Regelung in § 9 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung über das Schornsteinfegerwesen von 1969 in der Fassung vom 5. Dezember 2006 über die Anrechnung der Ausfallzeiten nach dem Mutterschutzgesetz und der Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz auf die praktische Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des zwischenzeitlich außer Kraft tretenden Schornsteinfegergesetzes sei nur bis zum 28. November 2008 gültig gewesen. Zudem habe die Europäische Kommission die Vorschriften über das Erfordernis der vorherigen praktischen Tätigkeit in einem Vertragsverletzungsverfahren kritisiert. Eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Anrechnung des Grundwehrdienstes (§ 13 Abs. 1 ArbPlSchG) bzw. des Zivildienstes (§ 78 Abs. 1 ZDG) komme nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 5. Dezember 2000 - 7 R 18/00 -, BFHE 193, 234, [BFH 05.12.2000 - VII R 18/00] mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 7. Februar 1991 - Rs C-184/89 -) bedeute der Umstand, dass der Grundwehrdienst bzw. die Zivildienstzeit auf die erforderliche Dauer der berufspraktischen Tätigkeit angerechnet wird, während dies bei dem Erziehungsurlaub - im Fall des BFH bei der berufspraktischen Tätigkeit für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung - nicht geschieht, weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung von Frauen. Die bayernweite Vorgabe des dortigen Innenministeriums, Elternzeiten als begünstigte Ausfallzeiten innerhalb von Befähigungszeiten anzurechnen (vgl. Verwaltungsgericht Regensburg, Urteil vom 2. August 2012 - RO 5 K 12.199 -), ändere daran nichts. Im Gegenteil werde durch diese Praxis der Grundsatz, dass sich das Anforderungsprofil und die rechtserheblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsmerkmale am Aufgabenbereich des konkret zu vergebenden öffentlichen Amtes zu orientieren haben, eher in Frage gestellt. Schornsteinfeger, deren Tätigkeit während der Elternzeit ruht, und aktive Schornsteinfeger seien grundsätzlich nicht vergleichbar. Daher dürfe die Elternzeit bei den Berufserfahrungszeiten, die auf das aktive Arbeitsverhältnis abstellen, unberücksichtigt bleiben. Die Berufserfahrungszeiten knüpften an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis an. Bereits deswegen führe die Nichtberücksichtigung der Elternzeiten nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung. Letzten Endes verwehrten die Elternzeiten nicht die Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger, vielmehr könne es allenfalls zu einer verzögerten Bestellung kommen. Außerdem könnten fehlende Punkte für Berufserfahrungszeiten durch Bepunktungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Im Hinblick auf die besonders gefahrgeneigte Tätigkeit eines Schornsteinfegers und zur Gewährleistung der Betriebs- und Brandsicherheit (vgl. die Aufgaben gemäß §§ 13 bis 16 SchfHwG) sei es sachlich gerechtfertigt, der fachlichen Leistung und damit insbesondere der Berufserfahrung im Auswahlverfahren ein entsprechendes Gewicht beizumessen. Die Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungsgewinn entspreche der Lebenserfahrung und stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 3. Oktober 2006 - C-17/05 -). Differnzierungskriterium sei also nicht das Geschlecht, sondern das Ruhen der Tätigkeit und der damit verbundene fehlende Zuwachs an Erfahrungswissen. Das seien objektive Kriterien ohne Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, die die Nichtberücksichtigung der Elternzeit zuließen.

Die Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 rechtfertige eine andere Beurteilung nicht. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 -, BAGE 137, 80 ff; Urteil vom 21. November 2013 - 6 AZR 89/12 -) führe die Anknüpfung an die Elternzeit zu keiner - auch nicht mittelbaren - Geschlechtsdiskriminierung, wenn eine tarifliche Regelung, die den Erwerb von Berufserfahrung mit Entgeltsteigerungen honoriert, diejenigen Zeiten nicht oder nur eingeschränkt berücksichtigt, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit ruht und deswegen keine Berufserfahrung erworben wird.

Eine Berücksichtigung der an das Geschlecht anknüpfenden Ausfallzeiten nach dem Mutterschutzgesetz von 2 x 14 Wochen verhelfe der Klägerin nicht weiter. Anzurechnen wären bei zwei Kindern 28 Wochen = 126 Tage = 6 Monate und 16 Tage = 6,53 Monate. Bei 6,53 Monaten ergäben sich 0,43 Punkte (6,53 x 0,0222 x 3). Die Klägerin liege jedoch 1,52 Punkte zurück.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert:

Die getroffene Auswahlentscheidung sei nicht zu beanstanden. Sie widerspreche nicht dem Grundsatz der Bestenauslese im Sinne des § 9 Abs. 2 SchfHwG. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass das Kriterium der Berufserfahrung als Grundlage der Auswahlentscheidungen herangezogen werden könne (vgl. BayVGH, Urteil vom 22. April 2013 - 22 BV 12.1729 -, ). Damit werde dem Umstand der bisherigen beruflichen Praxis und Erfahrung Rechnung getragen. Die Nichtberücksichtigung der Elternzeit führe nicht zu einer Diskriminierung der Klägerin. Ein Verstoß gegen die Elternurlaubsrichtlinie vom 8. März 2010 liege nicht vor. Die Nichtanrechnung des Erziehungsurlaubs verstoße nicht gegen das gemeinschaftsrechtlich geregelte Diskriminierungsverbot. Dies habe der BFH bereits in dem Urteil vom 5. Dezember 2000 ausdrücklich bestätigt. Eine Diskriminierung läge nur vor, wenn der Arbeitnehmer dem Risiko einer Kündigung und Benachteiligung ausgesetzt wäre. Dies sei hier gerade nicht der Fall. Die Inanspruchnahme der Elternzeit unterfalle keinem anerkennungsfähigen Leistungsmerkmal der Bestenauslese.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1.

Die Klage ist zulässig.

Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Klägerin ist statthaft, um effektiven Rechtsschutz gegen die zwischenzeitliche Bestellung des Beigeladenen zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. und eine Verpflichtung des Beklagten zur Bestellung der Klägerin zur bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. bzw. hilfsweise zur erneuten Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin auf diesen Kehrbezirk unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erreichen.

Bei der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nach § 10 SchfHwG handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Die den ausgewählten Bewerber begünstigende Bestellung steht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung über die Bewerberauswahl. Mit der Auswahl des einen Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der anderen Bewerber einher (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.04.2013 - 22 BV 12.1722 -, GewArch 2013, 410 = , m. w. N.; Urteil der Kammer vom 12. November 2014 - 6 A 2792/13 -).

Einer Anfechtung der Bestellung des Beigeladenen durch die Klägerin als (abgelehnte) Mitbewerberin steht der Grundsatz der Ämterstabilität nicht entgegen. Dieser Grundsatz des Beamtenrechts, wonach ein Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers - mit Ausnahme weniger gesetzlich geregelter Fälle - insbesondere wegen des dort geltenden Lebenszeitprinzips unwiderruflich vergeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16/09 -, BVerwGE 138, 102 = ), ist auf die von vorneherein nur befristet auf sieben Jahre erfolgende Bestellung von bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG) nicht übertragbar (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.12.2011 - 22 B 11.1139 -, GewArch 2012, 83 = ). Dies zeigt schon die gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 4 SchfHwG. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Bestellung keine aufschiebende Wirkung. Der Gesetzgeber geht somit von einer Anfechtbarkeit der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger durch einen (abgelehnten) Mitbewerber aus. Er mildert lediglich deren Folgen für die öffentliche Feuerstättensicherheit dadurch, dass die Bestellung sofort vollziehbar wird und im Falle einer Anfechtung auch zunächst vollziehbar bleibt, so dass die hoheitlichen Aufgaben während des noch schwebenden Anfechtungsverfahrens vom bestellten Bewerber wahrgenommen werden (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.04.2013, a. a. O.; Urteil der Kammer vom 12. November 2014).

2.

Die Klage ist unbegründet.

Die durch Bestallungsurkunde vom 24. April 2014 mit Wirkung zum 1. Mai 2014 ausgesprochene Bestellung des Beigeladenen zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. sowie der an die Klägerin gerichtete ablehnende Bescheid vom 24. April 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat damit auch keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, sie zur bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. zu bestellen bzw. hilfsweise, über die Bestellung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers für den Kehrbezirk J. VII mit Sitz in J. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Sätze 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die getroffene Auswahlentscheidung des Beklagten ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.

a)

Die Auswahlentscheidung des Beklagten ist formell rechtmäßig.

aa)

Die Ausgestaltung des durchgeführten Verfahrens durch den Beklagten, insbesondere die Ausschreibung, ist nicht zu beanstanden. Ein Hinweis in der Ausschreibung auf die der Auswahlentscheidung zugrunde liegende Bewertungsmatrix war nicht erforderlich.

Nach § 9 Abs. 1 SchfHwG ist die Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger für einen Bezirk von der zuständigen Behörde öffentlich auszuschreiben. Hinzuweisen ist in der Ausschreibung auf die handwerksrechtlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 SchfHwG, die von den Bewerbern nach § 9 Abs. 3 SchfHwG vorzulegenden Unterlagen, wobei der Katalog in § 9 Abs. 3 SchfHwG nicht abschließend ist ("insbesondere"), und auf die Auswahlkriterien des § 9 Abs. 4 SchfHwG (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.12.2011, a. a. O.).

Die zuständige Behörde ist verpflichtet, das Bewerbungsverfahren so zu gestalten, dass sich die materiellen Rechte der Bewerber nach Art. 12 Abs. 1 GG, § 9 Abs. 4 SchfHwG durchsetzen können. Zu einer den Grundrechtsschutz und den Grundsatz der Bestenauslese nach § 9 Abs. 4 SchfHwG sichernden Verfahrensgestaltung für alle Bewerber gehört insbesondere, dass das Verfahren fair und transparent ausgestaltet wird. Das Bewerbungsverfahren muss gewährleisten, dass tatsächlich von allen potentiellen Bewerbern derjenige gefunden wird, der am ehesten den gesetzlichen Anforderungen entspricht (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Deshalb müssen den Bewerbern zumindest die entscheidenden Leistungskriterien, auf die abgestellt werden soll, so rechtzeitig bekannt gegeben werden, dass sie sich darauf einstellen und ihre Bewerbung darauf ausrichten können (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 21. Mai 2013 -22 BV 12.1739 -, ; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015 - 8 LA 174/14 -; Urteil der Kammer vom 12. November 2014). Es obliegt daher der Behörde, die von ihr geforderten Nachweise möglichst präzise anzugeben und erkennen zu lassen, welche nicht unmittelbar der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 3 und 4 SchfHwG zu entnehmenden, vielmehr von der Behörde selbst entwickelten Bewertungskriterien für die gesetzeskonforme Konkretisierung der Auswahlkriterien nach § 9 Abs. 4 SchfHwG zugrunde gelegt werden (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.12.2011, a. a. O.).

Der Beklagte hat den vorstehenden Grundsätzen in ausreichender Weise entsprochen. Die Ausschreibung enthielt den Hinweis, dass Bewerber über die handwerksrechtlichen Voraussetzungen für die selbständige Ausübung des Schornsteinfegerhandwerks verfügen müssen (vgl. § 9 Abs. 2 SchfHwG), sowie die Mitteilung, dass die Auswahl zwischen den Bewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erfolgt (vgl. § 9 Abs. 4 SchfHwG). Des Weiteren hat der Beklagte in der Ausschreibung - über den Katalog des § 9 Abs. 3 SchfHwG hinaus - hinreichend präzise aufgeführt, welche Unterlagen mit der Bewerbung vorzulegen sind. Dazu zählen unter anderem Zeugnisse über die Gesellenprüfung und die Meisterprüfung (Ziffer 4 der Ausschreibung), Nachweise über Zusatzqualifikationen, z.B. Betriebswirt des Handwerks (mit Noten), Gebäudeenergieberater (mit Noten), abgeschlossenes berufsbezogenes Hochschulstudium (z.B. Versorgungstechnik, Umwelttechnik, technische Gebäudeausstattung o.ä.), Ausbildungsbefugnis im Schornsteinfegerhandwerk (Ziffer 14 der Ausschreibung) sowie Nachweise über berufsspezifische Fortbildungen in den letzten sieben vollen Kalenderjahren vor Veröffentlichung der Ausschreibung dieses Kehrbezirks sowie im Jahr der Ausschreibung dieses Kehrbezirks bis zum Stichtag der Veröffentlichung dieser Ausschreibung (Ziffer 17 der Ausschreibung).

Der Beklagte hat damit in der Ausschreibung hinreichend deutlich gemacht, welche Leistungskriterien nach seiner Einschätzung relevant und welche Unterlagen daher für ihn potenziell entscheidungserheblich sind. Die Bewerber konnten den Angaben in der Ausschreibung insbesondere entnehmen, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung in nicht unmaßgeblicher Weise auch auf die Note der Meisterprüfung, auf Zusatzqualifikationen und auf berufsspezifischen Fortbildungen abstellen würde. Diese Angaben sind hinreichend präzise, denn sie lassen zumindest die entscheidenden Leistungskriterien, auf die abgestellt werden soll, erkennen. Die Aufzählung der berücksichtigungsfähigen Qualifikationsmaßnahmen in einer Ausschreibung kann in der Regel nicht abschließend sein, da der Behörde in diesem Zeitpunkt weder der Kreis der Bewerber noch die Art der von ihnen absolvierten Weiterbildungen bekannt sind (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 21.05.2013 - 22 BV 12.1739 -, ; Urteil der Kammer vom 12. November 2014). Vor diesem Hintergrund waren die Angaben des Beklagten vom objektiven Empfängerhorizont her hinreichend aussagekräftig und ließen keinen Raum für Missverständnisse. Der Beklagte hat die Bewerber darauf aufmerksam gemacht, dass entsprechende Nachweise, soweit vorhanden, gegebenenfalls vorzulegen sind (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.12.2011, a. a. O.; Urteil der Kammer vom 12. November 2014).

Hinzu kommt, dass die Maßgeblichkeit dieser Kriterien auch unmittelbar der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 4 SchfHwG entnommen werden konnte. Die vom Beklagten zugrunde gelegten Leistungskriterien weisen zu den maßgeblichen Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gemäß § 9 Abs. 4 SchfHwG einen ohne weiteres erkennbaren direkten Bezug auf. Der Grundsatz der Bestenauslese nach § 9 Abs. 4 SchfHwG erfordert es insbesondere, berufsbezogene Fortbildungen in den Blick zu nehmen, da ohne deren Berücksichtigung eine tragfähige Beurteilung der fachlichen Eignung eines Bewerbers nicht erfolgen könnte (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.04.2013, a. a. O.). Berufsbezogene Fortbildungen bilden damit einen - ohne weiteres zu erkennenden - Bewertungsschwerpunkt.

Das Auswahlverfahren leidet nicht unter einem formellen Fehler, weil der Beklagte nicht auch die konkrete Gewichtung der einzelnen Leistungs-, Befähigungs- und Eignungsmerkmale vorab mitgeteilt hat (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015). Durch die Verfahrensgestaltung soll sichergestellt werden, dass sich alle potentiellen Bewerber bei ihrer Bewerbung auf die mitgeteilten Anforderungen einstellen und hinreichend darlegen und nachweisen können, inwieweit sie die Leistungskriterien im Rahmen der Bestenauslese erfüllen. Nicht erforderlich ist es dagegen, dass jeder Bewerber die Auswahlentscheidung bereits vorab selbst vornehmen oder "errechnen" kann, zumal der Beklagte hier - in zulässiger Weise - eine abschließende Entscheidung erst nach Auswahlgesprächen mit drei Bewerbern getroffen hat (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015).

Ein ausdrücklicher Hinweis in der Ausschreibung auf die Bewertungsmatrix war nicht erforderlich. Denn bereits mit der Auflistung der vorzulegenden Unterlagen hat der Beklagte zu erkennen gegeben, auf welche Leistungskriterien er abstellen wird, so dass die Bewerber sich darauf einstellen und ihrer Bewerbung die entsprechenden Nachweise - soweit vorhanden - beifügen konnten (vgl. das Urteil der Kammer vom 12. November 2014; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015).

Die - mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft getretene - Verordnung über das Ausschreibungsverfahren und die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber um einen Kehrbezirk vom 08. Januar 2011 (Nds. GVBl. Nr. 1/2011, S. 11) sah einen Hinweis auf die Bewertungsmatrix ebenfalls nicht vor. Eine Nachfolgeverordnung ist bislang nicht in Kraft getreten. Nach einem Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 08. Januar 2013 im Rahmen der Verbandsbeteiligung betreffend den Entwurf einer Verordnung über das Ausschreibungsverfahren und die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber um einen Bezirk einer bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin oder eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers wird - auf Vorschlag des Zentralverbands deutscher Schornsteinfeger - Gewerkschaftlicher Fachverband e.V. (ZDS) - ein Erfordernis für die Verpflichtung der zuständigen Behörde zur vorherigen Bekanntgabe der konkreten Auswahlkriterien (Bewertungsmatrix) weiterhin nicht gesehen. In vergleichbaren Auswahlverfahren für Stellen im öffentlichen Dienst sei diese Bekanntgabe auch nicht üblich. Entscheidend sei vielmehr eine nachvollziehbare Dokumentation der im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens zu treffenden sachgerechten und gerichtsfesten Auswahlentscheidung. Der Beklagte hat eine entsprechende Dokumentation seiner Auswahlentscheidung vorgenommen. Die Verwaltungsvorgänge enthalten Vermerke des Beklagten, die seine Entscheidungsfindung nachvollziehbar dokumentieren.

Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, wie sich die Klägerin besser auf das Bewerbungs- und Auswahlverfahren hätte einstellen sollen, wenn in der Ausschreibung auf die Bewertungsmatrix hingewiesen worden wäre.

bb)

Die Auswahl der sachkundigen Personen für die am 25. März 2014 durchgeführten Bewerbungsgespräche ist nicht zu bemängeln. Der Beklagte war nicht verpflichtet, ein Mitglied des ZDS hinzuzuziehen.

Allein die ausschreibende und bestellende Behörde - hier: der Beklagte - trifft die Auswahlentscheidung. Der Behörde ist es jedoch freigestellt, sich bei ihrer Entscheidungsfindung und zur Vorbereitung der Auswahl sachkundiger Dritter zu bedienen. Diese nehmen dann eine Beratungsfunktion wahr. In der Wahl der sachkundigen Personen ist die Behörde frei; sie kann nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen unter anderem Mitglieder der Schornsteinfegerinnung als Arbeitgebervertretung und Mitglieder des ZDS als Arbeitnehmervertretung hinzuziehen.

Eine entsprechende Regelung enthielt die Verordnung über das Ausschreibungsverfahren und die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber um einen Kehrbezirk vom 08. Januar 2011 in § 5 Abs. 3 Satz 2. Danach konnte die zuständige Behörde unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen sachkundige Dritte zur Vorbereitung der Auswahl hinzuziehen. Ausweislich des - oben genannten - Schreibens des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 08. Januar 2013 soll diese Bestimmung auf Vorschlag des ZDS auch in einer künftigen Verordnung beibehalten werden.

Die Entscheidung des Beklagten, von der Hinzuziehung eines Mitglieds des ZDS abzusehen, war nicht ermessensfehlerhaft. Zwar hat der Beklagte ein Mitglied der Schornsteinfegerinnung J., den Obermeister N., hinzugezogen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass zwingend auch die Ladung eines Mitglieds des ZDS erforderlich gewesen wäre. Die Hinzuziehung eines Mitglieds des ZDS war nicht geboten, um eine sachgerechte Auswahlentscheidung zu gewährleisten. Herr N. verfügt als Obermeister der Schornsteinfegerinnung J. über die zu Erfüllung seiner Aufgabe - sachkundige Beratung des Beklagten - erforderliche Objektivität und Neutralität sowie das erforderliche Fachwissen. Entsprechendes gilt für den hinzugezogenen Dipl.-Wirtschaftsjuristen O. (Handwerkskammer P.-Q.-J.).

Ein Anspruch auf eine paritätischen Besetzung des Auswahlgremiums kann bereits deshalb nicht bestehen, weil der Obermeister N. nicht Mitglied der Auswahlkommission war. Herr N. und Herr O. haben die Behörde zwar beraten. Sie waren an der Auswahlentscheidung jedoch nicht beteiligt (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015). Hinzu kommt, dass die Behörde nach Nr. 3.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 ZustVO-Wirtschaft in Verbindung mit § 23 SchfHwG die Auswahlentscheidung ohnehin selbst zu treffen hat und die Beteiligung eines Externen an der Entscheidung verfahrensfehlerhaft wäre (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015).

b)

Die vom Beklagten getroffene Auswahlentscheidung ist materiell rechtmäßig. Sie entspricht den Anforderungen des § 9 Abs. 4 SchfHwG.

Nach § 9 Abs. 4 SchfHwG ist die Auswahl zwischen den Bewerbern und Bewerberinnen nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vorzunehmen.

Diese Vorschrift orientiert sich an Art. 33 Abs. 2 GG. Danach hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Die Betrauung mit öffentlichen Aufgaben unter gleichzeitiger Ermächtigung zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse mag als Übertragung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG angesehen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2014 - BVerwG 8 B 58.13 -, ). Das lässt allerdings offen, nach welchen Gesichtspunkten die Anforderungen an die persönliche Eignung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers des Näheren zu bestimmen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2014, a.a.O.).

§ 9 Abs. 4 SchfHwG gibt die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl abschließend vor. Die Auswahlentscheidung kann daher nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 22.12.2011, a. a. O.) Sowohl bei der Formulierung der abstrakten Kriterien, durch die die Begriffe "Eignung", "Befähigung" und "fachliche Leistung" näher konkretisiert werden, als auch bei der Anwendung dieser Kriterien auf den jeweiligen Einzelfall dürfen nur solche Persönlichkeits- und Qualifikationsmerkmale berücksichtigt werden, die einen Bezug zu den in den §§ 13 bis 15 (bzw. 16) SchfHwG aufgeführten Aufgaben und Befugnissen aufweisen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 21.05.2013, a. a. O.).

Die in § 9 Abs. 4 SchfHwG benannten Maßstäbe der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bedürfen, da die Niedersächsisches Landesregierung von der Verordnungsermächtigung in § 9 Abs. 5 SchfHwG bislang keinen Gebrauch gemacht hat, der Konkretisierung durch die für die Auswahlentscheidung zuständige Behörde (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015). Die Gewichtung der einzelnen Merkmale und auch der sie jeweils ausfüllenden tatsächlichen Umstände liegt im fachgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessen der Behörde. Die gerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung beschränkt sich aufgrund des der Behörde zustehenden Beurteilungsspielraums daher darauf, ob das der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Anforderungsprofil sachlichen, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechenden Erwägungen entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, Rn. 13), ob die Behörde einen unrichtigen Sacherhalt zugrunde gelegt hat, ob allgemein gültige Bewertungsgrundsätze nicht beachtet oder ob sachfremde Erwägungen angestellt wurden (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. Juli 2015; Bayerischer VGH, Urteil vom 22. April 2013, 22 BV 12.1729 -, Rn. 34; Dohrn, Das Deutsche Schornsteinfegerwesen, 740 § 9 Rn. 7, Stand: Juli 2012).

aa)

Das der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Anforderungsprofil ist nicht zu beanstanden.

Der Beklagte hat seiner Auswahlentscheidung die von dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr herausgegebene "Bewertungsmatrix für die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern um einen Kehrbezirk (Stand: 22. Juli 2011)" zugrunde gelegt. Die Bewertungsmatrix wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Stellen und Institutionen, insbesondere auch dem Landesinnungsverband der Schornsteinfeger (LIV) und dem ZDS, erarbeitet. Sie gibt ein System von Bewertungskriterien und Bewertungspunkten vor, das in drei Kategorien aufgeteilt ist. Für die Kategorie "Befähigung" sieht die Bewertungsmatrix die Vergabe von maximal 51 Punkten vor. Berücksichtigt und bewertet werden hier die Noten der Gesellen- und Meisterprüfung zum Schornsteinfeger, berufsspezifische Fort- und Weiterbildungen in den letzten sieben Jahren sowie sonstige erlangte Qualifikationen. Für die Kategorie "Fachliche Leistung/Berufserfahrung" sieht die Bewertungsmatrix die Vergabe von maximal 28 Punkten vor. Berücksichtigt und bewertet werden hier insbesondere Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk in den insgesamt letzten 15 Jahren vor der Veröffentlichung der Ausschreibung. Für die Kategorie "Eignung und Befähigung auf der Grundlage des Bewerbungsgesprächs" sieht die Bewertungsmatrix die Vergabe von maximal 34 Punkten vor. Bewertet werden hier die Bereiche "Rechtskenntnisse in Bezug auf die hoheitlichen Aufgaben", "fachliche Kompetenz", "betriebswirtschaftliche Kompetenz" und "persönliche/soziale Kompetenz".

Die Bewertungsmatrix enthält sachgerechte Auswahlkriterien. Ihre Gewichtung wird dem Maßstab von § 9 Abs. 4 SchfHwG gerecht.

Insbesondere ist die in der Bewertungsmatrix vorgegebene Gewichtung der Note der Meisterprüfung als maßgeblichem Befähigungsnachweis nicht zu beanstanden. Im Vordergrund steht nicht das Bestehen der Meisterprüfung, sondern es wird hinreichend stark nach der erzielten Note differenziert und damit dem verfassungsrechtlich vorgegebenen Auswahlkriterium der Befähigung hinsichtlich der erzielten Prüfungsnote Rechnung getragen. Des Weiteren ist auch die Gewichtung der Note der Meisterprüfung gegenüber der Berufserfahrung nicht zu beanstanden. Die Berufserfahrung wird nicht überbetont und das Kriterium der Befähigung bis zur Bedeutungslosigkeit marginalisiert, sondern leistungsstarke jüngere Bewerber haben im Auswahlverfahren eine echte Chance (vgl. dazu ausführlich: Bayerischer VGH, Urteil vom 22.04.2013, a. a. O.).

Die in der Bewertungsmatrix vorgegebene Bewertung von berufsspezifischen Fort- und Weiterbildungen sowie sonstigen Zusatzqualifikationen weist keine Rechtsfehler auf.

Beurteilungsfehlerfrei beschränkt die Matrix die Berücksichtigung von Fort- und Weiterbildungen auf solche, die in den letzten sieben Jahren absolviert worden sind (vgl. das Urteil der Kammer vom 12. November 2014). Bei der Berücksichtigungsfähigkeit von Fort- und Weiterbildungen ist ein Beurteilungsspielraum der öffentlichen Verwaltung anzuerkennen, wenn eine derartige Maßnahme lange zurückliegt. Denn in solchen Fällen ist damit zu rechnen, dass die seinerzeit erworbenen Kenntnisse dem Betroffenen nicht mehr (ausreichend) präsent sind; außerdem erhöht sich mit zunehmendem Abstand zu der nach § 9 Abs. 4 SchfHwG zu treffenden Entscheidung die Wahrscheinlichkeit, dass die Inhalte einer derartigen Weiterbildungsmaßnahme nicht mehr aktuell sind. Ob sie berücksichtigungsfähig sind, muss daher der sachkundigen Einschätzung der zuständigen Behörde vorbehalten bleiben (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 21.05.2013, a. a. O.).

Die Bewertungsmatrix enthält zudem zur Berücksichtigungsfähigkeit von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen folgenden klarstellenden Hinweis: "Teilnahmenachweise an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Bereichen Fachwissen und Recht im Schornsteinfegerhandwerk haben mit schriftlichen Teilnahmebestätigungen unter Angabe der Zahl der Unterrichtsstunden, Lehrgangsdauer und der behandelten Themen zu erfolgen. Die Eignung und Qualität von Fortbildungsveranstaltungen der handwerklichen Fachverbände, Kammern, Behörden sowie Veranstaltern, deren Hauptziel es ist, Fortbildung anzubieten und deren Veranstaltungen produktneutral durchgeführt werden, wird unterstellt. Die Berücksichtigung von Veranstaltungen anderer Veranstalter bedarf im jeweiligen Einzelfall einer besonderen Prüfung." Damit macht die Bewertungsmatrix deutlich, dass nur solche Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen berücksichtigt werden, die "Fachwissen und Recht im Schornsteinfegerhandwerk" vermitteln, dass die Lehrgangsdauer ein Beurteilungskriterium darstellt und dass Veranstaltungen produktneutral durchgeführt werden müssen, um anerkannt zu werden. Diese Kriterien werden dem Maßstab von § 9 Abs. 4 SchfHwG gerecht (vgl. das Urteil der Kammer vom 12. November 2014).

Auch die Gewichtung verschiedener Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen untereinander und im Verhältnis zu sonstigen Zusatzqualifikationen ist - unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Behörde - nicht zu bemängeln. Beurteilungsfehlerfrei wird in der Bewertungsmatrix u. a. für die Teilnahme an dem Betriebsgründungslehrgang und für sonstige Zusatzqualifikationen (u. a. Ausbildungsbefugnis, Gebäudeenergieberater) eine höhere Punktevergabe vorgeschlagen ("z. B. 4 Punkte", "z. B. 3 Punkte") als für sonstige "normale" Fort- und Weiterbildungen ("0,5 Punkte", "max. 20 Punkte"). So wird sachgerecht nach der Dauer der Maßnahme / dem Stundenumfang sowie danach differenziert, ob durch eine Abschlussprüfung eine gesonderte Qualifikation erworben wird. Da es ausgeschlossen ist, vorab alle Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu erfassen und sie nach Qualität und Quantität zu bewerten, lässt die Bewertungsmatrix - um dem Maßstab von § 9 Abs. 4 SchfHwG auch im Einzelfall gerecht werden zu können - der zuständigen Behörde zu Recht einen Ermessensspielraum für die Bewertung der besuchten Maßnahmen, wobei die in der Bewertungsmatrix genannten Maßnahmen und vorgeschlagenen Punkte eine Leitlinie bilden (vgl. das Urteil der Kammer vom 12. November 2014).

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Bewertungsmatrix des Beklagten unter dem Merkmal "Fachliche Leistung/Berufserfahrung" bei den Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk in den insgesamt letzten 15 Jahren vor der Veröffentlichung der Ausschreibung Elternzeiten unberücksichtigt lässt. Auch hierdurch wird die Berufserfahrung nicht überbetont. Für die Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk in den insgesamt letzten 15 Jahren vor der Veröffentlichung der Ausschreibung werden maximal 24 Punkte vergeben. Insgesamt können für die fachliche Leistung/Berufserfahrung maximal 28 Punkte erzielt werden. Demgegenüber werden für die Befähigung maximal 51 Punkte vergeben. Für die Eignung und Befähigung auf der Grundlage des Bewerbungsgesprächs können maximal 34 Punkte erreicht werden. Die maximale Gesamtpunktzahl beträgt somit 113 Punkte.

Die Anrechnung der von der Klägerin in Anspruch genommenen Elternzeit auf die berufspraktische Tätigkeit ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Zwar waren nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung über das Schornsteinfegerwesen vom 19. Dezember 1969 (BGBl. I S. 2363) - mit späteren Änderungen - die Ausfallzeiten nach dem Mutterschutzgesetz und die Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz auf die praktische Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Schornsteinfegergesetzes auf Antrag anzurechnen, sofern innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Bestellung eine mindestens einjährige praktische Tätigkeit im Schornsteinfegerhandwerk im Betrieb eines Bezirksschornsteinfegermeisters nachgewiesen wird. Die Regelung des § 9 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung beanspruchte jedoch nur bis zum 28. November 2008 Geltung. Die Klägerin kann unter Berufung auf diese außer Kraft getretene Vorschrift auch nicht die Anrechnung der Elternzeiten, die sie bis zum 28. November 2008 in Anspruch genommen hat, verlangen. Die Vorschrift des § 9 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung gehörte zu den Regelungen über die Voraussetzungen der Eintragung in die Bewerberliste für Bezirksschornsteinfegermeister. Darum geht es hier nicht.

Ebenso wenig lässt sich eine gesetzliche Anrechnungsverpflichtung aus § 10 Abs. 1 Satz 1 NBG herleiten. Danach dürfen sich Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit bei der Einstellung und der beruflichen Entwicklung nicht nachteilig auswirken. Der Geltungsbereich des NBG ist hier nicht eröffnet. Gemäß § 1 NBG gilt dieses Gesetz ergänzend zum Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) für die Beamtinnen und Beamten 1. des Landes (Landesbeamtinnen und Landesbeamte), 2. der Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunalbeamtinnen und Kommunalbeamte) sowie 3. der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Körperschaftsbeamtinnen und Körperschaftsbeamte). Zu diesem Personenkreis der Beamtinnen und Beamten zählen bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger nicht. Auch für eine entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 NBG ist kein Raum. Zwar mag die Betrauung mit öffentlichen Aufgaben unter gleichzeitiger Ermächtigung der Ausübung hoheitlicher Befugnisse - wie bereits erwähnt - als Übertragung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG angesehen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2014, a.a.O.). Das lässt jedoch offen, nach welchen Gesichtspunkten die Anforderungen an die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers des Näheren zu bestimmen sind.

Eine gesetzliche Anrechnungsverpflichtung ergibt sich nicht aus dem Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit - Bundeserziehungsgeldgesetz - bzw. dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit - Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz -. Vielmehr bestimmt § 20 Abs. 1 Satz 2, dass die Elternzeit auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet wird.

Zwar enthalten §§ 13 Abs. 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes und 78 Abs. 1 ZDG jeweils eine generelle Ausnahme in Bezug auf die Dauer der nach der Lehrabschlussprüfung nachzuweisenden Tätigkeit einer mehrjährigen (praktischen) Tätigkeit als Voraussetzung für die Zulassung zu weiterführenden Prüfungen, soweit eine Zeit von drei Jahren nicht unterschritten wird. Eine entsprechende Anrechnung von Erziehungsurlaub (bzw. Elternzeit) ist dagegen gesetzlich nicht vorgesehen. Eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Anrechnung des Grundwehrdienstes bzw. des Zivildienstes in Bezug auf den Erziehungsurlaub (bzw. die Elternzeit) kommt nicht in Betracht (vgl. BFH, Urteil vom 5. Dezember 2000 - 7 R 18/00 -, ).

Die Nichtanrechnung des Erziehungsurlaubs (bzw. der Elternzeit) verstößt nicht gegen das gemeinschaftsrechtlich geregelte Diskriminierungsverbot (vgl. auch hierzu BFH, Urteil vom 5. Dezember 2000, a.a.O.). Hierbei handelt es sich weder um eine unmittelbare noch um eine mittelbare Diskriminierung von Frauen. Die Elternzeit kann sowohl von Frauen als auch von Männern in Anspruch genommen werden. Zwar mag es sein, dass Frauen auch heute noch überwiegend die Kindererziehung übernehmen und deshalb ihre Berufstätigkeit einschränken oder unterbrechen. Dieser Umstand allein rechtfertigt es aber nicht, Erziehungszeiten (bzw. Elternzeiten) bei der nachzuweisenden berufspraktischen Tätigkeit zu berücksichtigen. Denn ebenso wie ein bestimmtes Maß an durch eine abgeschlossene Ausbildung erworbenem theoretischen Wissen ist auch ein bestimmtes Maß an beruflicher Erfahrung notwendig. Dies gilt in gleicher Weise für Männer wie für Frauen (vgl. BFH, a.a.O.).

Der Umstand, dass die Dauer des abgeleisteten Grundwehrdienstes bzw. Zivildienstes im Unterschied zur Elternzeit anzurechnen ist, bedeutet ebenfalls keine mittelbare Diskriminierung von Frauen. Denn der wesentliche Unterschied beider Situationen besteht darin, dass der Grundwehrdienst bzw. Zivildienst auf gesetzlichem Zwang beruhte, während die Inanspruchnahme von Elternzeit bzw. Erziehungsurlaub in Bezug auf das "ob" und "wie" von der Entscheidung und den persönlichen Umständen der betreffenden Eltern abhängt (vgl. BFH, a.a.O.).

Die Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Einen Anspruch auf die Anrechnung von Zeiten des Elternurlaubs als Beschäftigungszeit sieht auch die überarbeitete Rahmenvereinbarung über Elternurlaub aus dem Jahr 2009 im Anhang dieser Richtlinie nicht vor (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 -, BAGE 137, 80 ff). Außerdem ist die Umsetzungsfrist dieser Richtlinie erst am 8. März 2012 abgelaufen. Die streitgegenständlichen Elternzeiten der Klägerin liegen sämtlich vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist.

Für die Verwaltungspraxis in Bayern, Elternzeiten als gesetzlich begünstigte Ausfallzeiten innerhalb von Befähigungszeiten anzurechnen (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 2. August 2012 - RO 5 K 12.199 -), fehlt eine gesetzliche Grundlage.

Berechnungsfehler zu Lasten der Klägerin sind dem Beklagten nicht unterlaufen. Dies gilt auch für die Mutterschutzzeiten. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des Beklagten (Vermerk vom 27. Februar 2014, Blatt 36 der Bewerbungsakte der Klägerin) nicht als berücksichtigungsfähige Zeiten angerechnet worden sind. Selbst wenn eine solche Anrechnung unterblieben wäre, hilft dies der Klägerin nicht weiter. Anzurechnen wären bei zwei Kindern 28 Wochen = 196 Tage = 6 Monate und 16 Tage = 6,53 Monate. Bei 6,53 Monaten ergäben sich 0,43 Punkte (6,53 x 0,0222 x 3). Die Klägerin liegt jedoch 1,52 Punkte hinter dem Beigeladenen zurück.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären. Denn dieser hat einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.