Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.02.1996, Az.: SS 521/95
Ausübung eines stehenden Gewerbes durch die Errichtung eines Wohngebäudes mit Verkaufsabsicht; Errichtungs eines Wohngebäudes mit Verkaufsabsicht ohne Eintrag in der Handwerksrolle; Ausübung einer Tätigkeit mit "Dauerhaftigkeit" bei Fertigstellung eines Gebäudes nach Verkauf
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 13.02.1996
- Aktenzeichen
- SS 521/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21027
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0213.SS521.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 1 Abs. 1 HandwO
Amtlicher Leitsatz
Die von einer Verkaufsabsicht getragene einmalige Errichtung eines Wohngebäudes kann Ausübung eines stehenden Gewerbes sein.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen von dem Vorwurf, entgegen § 1 Abs. 1 HandwO ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betrieben zu haben, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein (Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 HandwO), freigesprochen
Der Betroffene errichtete im Jahre 1994 in H... ein Doppelwohnhaus mit zwei Garagen zunächst in der Absicht, es selbst zu nutzen. In der Mitte der Bauphase bemerkte er, dass er sich verkalkuliert hatte, und verkaufte das Haus an Dritte, für die er das Bauvorhaben dann ersichtlich vollendete. Der Betroffene war während der Bauzeit nicht in die Handwerksrolle eingetragen. Das Amtsgericht hat den Freispruch im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Betroffene bei dem einmaligen Projekt nicht eine auf Erwerb gerichtete, fortgesetzte oder doch eine mit Wiederholungsabsicht verbundene berufliche Tätigkeit entfaltet habe.
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist begründet.
Der Freispruch konnte keinen Bestand haben, weil das Amtsgericht den Begriff des Gewerbes verkannt hat. Die die Entscheidung stützende Grundauffassung des Amtsgerichts, die von einer Verkaufsabsicht getragene einmalige Errichtung eines Wohngebäudes könne keine Ausübung eines stehenden Gewerbes sein, ist rechtlich nicht zutreffend.
Gewerbe ist nach allgemeiner Definition eine Tätigkeit, die auf Erwerb gerichtet und auf bestimmte Dauer berechnet ist (vgl. BVerwG GewArch 1979, 96, unter Hinweis auf die "allgemeine Meinung" in Rechtsprechung und Literatur) - Dass der Betroffene einen jedenfalls einmaligen Gewinn erzielen wollte, mithin seine Tätigkeit auf Erwerb gerichtet war, legt auch das Amtsgericht zu Grunde, wobei es auf die Bauphase nach dem Verkauf des Objekts abstellt.
Die Frage, ob nunmehr die Tätigkeit des Betroffenen auch von gewisser Dauerhaftigkeit geprägt war, hat das Amtsgericht mit Hin- weis auf die Einmaligkeit des Bauvorhabens verneint. Dem entgegen ist jedoch der Begriff der Dauerhaftigkeit bereits erfüllt, wenn die Tätigkeit fortgesetzt ausgeführt wird oder doch fortgesetzt werden will (vgl. BGHZ 33, 321, 332 ff [BGH 07.06.1960 - VIII ZR 215/59]; BGH NJW 1969, 120 f; Landmann/Rohmer/Kahl, GewO (I), Einl. Rn. 59; Friauf, Gew0, § 1 Rn. 66). Das ist auch anzunehmen, wenn in einem Einzelfall, wie hier, durch länger andauernde handwerkliche Tätigkeit eine erhebliche Einnahmequelle geschaffen werden soll und das Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit den allgemeinen Vorstellungen von Handwerk und Gewerbe entspricht (vgl. BVerwG a.a.0. S. 97, Ambs in Erbs-Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Anm. 2 a zu 1 Gew0).