Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 04.11.2010, Az.: 12 B 2474/10

Rechtmäßigkeit eines Antrags auf Eilrechtsschutz im Falle der Untersagung von Sportwetten; Geeignetheit des Sportwettenmonopols zur Gewährleistung der im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und dem Niedersächsischen Glücksspielgesetz (Nds. SOG) normierten Zielvorgaben; Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit Verfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht; Entfaltung einer Legalisierungswirkung einer maltesischen Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Niedersachsen; Einhaltung der Vorgaben des Europäischen Gerichsthofs beim Werben für genehmigte Spielnetzwerke

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
04.11.2010
Aktenzeichen
12 B 2474/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 31994
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2010:1104.12B2474.10.0A

Fundstellen

  • EuZW 2010, 925
  • ZUM 2010, 1008-1012
  • ZfWG 2010, 455-456

Verfahrensgegenstand

Untersagung der Vermittlung von Sportwetten

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg -12. Kammer -
am 4. November 2010
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers vom 14. Juli 2010 ist zulässig, aber unbegründet.

2

Mit der angefochtenen Verfügung vom 21. Juni 2010 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller die Veranstaltung, Vermittlung und Bewerbung oder Unterstützung unerlaubten öffentlichen Glücksspiels, insbesondere Sportwetten. Gleichzeitig drohte er dem Antragsteller für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung folgende Zwangsmittel in der angegebenen Reihenfolge an: a) die Versiegelung der für die Sportwettenvermittlung bzw. -Veranstaltung erforderlichen Sportwettgeräte bzw. der bereitgestellten Einrichtungen und b) die Schließung der Betriebs- und Geschäftsräume, in welchen die Sportwettenvermittlung bzw. -Veranstaltung stattfindet.

3

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Untersagungsverfügung entfällt gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 9 Abs. 2 des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Nds. GVBl. 2007, S. 768) - GlüStV -; die Klage gegen die Androhung der Zwangsmittel entfaltet gem.§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 70 NVwG, 64, Abs. 4 S.1 Nds. SOG keine aufschiebende Wirkung.

4

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 21. Juni 2010 ist nicht begründet, denn sein Interesse an der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung des belastenden Verwaltungsaktes überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung nicht. Dies ist aufgrund des gesetzlich angeordneten Wegfalls der aufschiebenden Wirkung der Klage schon deshalb nicht der Fall, weil der angegriffene Bescheid aller Voraussicht nach rechtmäßig ergangen ist.

5

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit Bescheid vom 21. Juni 2010 die Vermittlung und die Bewerbung unerlaubter öffentlicher Glücksspiele zu Recht untersagt.

6

Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 22 Abs. 4 S. 2 des zum gleichen Zeitpunkt in Kraft getretenen Niedersächsischen Glücksspielgesetzes vom 17. Dezember 2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 756) - NGlüSpG. Gemäß § 22 Abs. 4 S. 2 NGlüSpG sind die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür zu untersagen.

7

Die Voraussetzungen der Eingriffsform sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 3 GlüStV sind Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses und damit Sportwetten Glücksspiele. Gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV, § 4 Abs. 1 NGlüSpG ist sowohl für die Veranstaltung als auch für die Vermittlung von Glücksspielen eine Erlaubnis erforderlich; das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) ist verboten. Der Antragsteller verfügt nicht über die erforderliche Vermittlererlaubnis. Ihm kann eine solche für die von ihm vermittelten Sportwetten an die Firma C. auf Malta auch nicht erteilt werden, da eine Erlaubnis für das Vermitteln eines öffentlichen Glücksspiels gemäß § 4 Abs. 5 NGlüSpG nur erteilt werden darf, wenn die Veranstaltung dieses Glücksspiels in Niedersachsen erlaubt worden ist. Die Firma C. verfügt nicht über eine solche Erlaubnis. Die ihr erteilte maltesische Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten entfaltet keine Legalisierungswirkung in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Niedersachsen, da es mangels entsprechender Harmonierungs-vorschriften keinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Konzessionen innerhalb der Europäischen Union gibt (vgl. u.a. Urteile der Kammer vom 17. September 2009 -12 A 167/09-, [...], Rn 22 und vom 25. Februar 2010 -12 A 2357/10-, n.v., jeweils mit weiteren Nachweisen; Nds. OVG, Beschluss vom 8. Juli 2008 -11 MC 71/08 -, [...], Rn 31; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C 316/07, 358 - 360/07, 409/07, 410/07 -, Rechtssache Markus Stoß u.a., [...], Rn 112). Die Untersagungsverfügung ist rechtmäßig, weil dem Antragsteller die erforderliche Zulassung fehlt und er diese auch nicht - wie bereits ausgeführt - erlangen kann. Ergänzend bestimmt § 2 Abs. 3 NGlüSpG für Sportwetten, dass diese nur an Veranstalter von Glücksspielen in Niedersachsen vermittelt werden dürfen, d.h. derzeit nur an die T. GmbH, denn für Sportwetten und einen wesentlichen Bereich der Lotterien besteht nach wie vor ein staatliches Monopol (§ 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 GlüStV).

8

Das staatliche Sportwettenmonopol verstößt weder gegen Verfassungs- noch gegen Gemeinschaftsrecht. Dies hat das Gericht in gleichgelagerten Fällen mit Urteilen vom 17. September 2009 (12 A 167/09, [...]; 12 A 168/09, 12 A 169/09 und 12 A 170/09, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtssprechung) und 25. Februar 2010 (12 A 2357/09, 12 A 173/09, 12 A 177/09, 12 A 2960/09 jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung) entschieden. Es hat dort ausgeführt, dass der Glücksspielstaatsvertrag und das Niedersächsische Glücksspielgesetz sowohl den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276=NJW 2006, S. 1261) als auch den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes zur Einschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit durch Beschränkungen der Wetttätigkeit (vgl. insbesondere die Urteile vom 21. September 1999, - C -124/97 - Läärä, [...]; vom 13. November 2003 - C - 42/02 - Lindmann, [...]; vom 6. März 2007, - C - 338/04 -Placanica, [...]; vom 8. September 2009, - C - 42/07 - Liga Portuguesa, [...]) gerecht werden, die Vorgaben also in normativer Hinsicht erfüllt und beide Regelwerke entsprechend ihren Zielvorgaben auch umgesetzt werden.

9

An dieser Rechtsprechung hält die Kammer weiterhin fest. Die vom Antragsteller genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2010 (Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O. und - C - 46/08 -, Rechtssache Carmen Media Group Ltd., [...]) stehen dieser Rechtsprechung nicht entgegen.

10

In seinen Urteilen zu den Rechtssachen Markus Stoß u.a. sowie Carmen Media Group Ltd. wiederholt der EuGH zunächst die Grundsätze, die er in seinen Urteilen zu einer zulässigen Einschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit durch Beschränkungen der Spieltätigkeit in den Mitgliedsstaaten (vgl. insbesondere Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 -, Rechtssache Gambelli, [...]; Urteil vom 21. September 1999 - C-124/97 -, Rechtssache Läärä, [...]; Urteil vom 21. Oktober 1999 - C-67/98 -, Rechtssache Zenatti, [...]; Urteil vom 24. März 1994 - C-42/02 -, Rechtssache Schindler, [...]; Urteil vom 6. März 2007 - C-338/04 -, Rechtssache Placanica, [...]; Urteil vom 8. September 2009, Rechtssache Liga Portuguesa, a.a.O.) entwickelt hat und betont dabei u.a. erneut, dass diese Beschränkungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können, wenn sie geeignet sind, dazu beizutragen, die Verwirklichung der genannten Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie die Wetttätigkeit in kohärenter und systematischer Weise begrenzen (vgl. Urteil vom 8. September 2010, Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O. Rdnr. 88 und Rechtssache Carmen Media Group Ltd., a.a.O., Rdnr. 55). Er hebt sodann hervor, dass die Prüfung, ob eine Regelung im Rahmen ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten diesem Anliegen entspreche, den nationalen Gerichten obliege (vgl. Urteile vom 8. September 2010, Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O., Rdnr. 98; Rechtssache Carmen Media Group Ltd., a.a.O., Rdnr. 65, 73). Vor diesem Hintergrund kommt der EuGH (u.a.) zu der Feststellung, dass

  • - wenn ein nationales Gericht sowohl feststellt, "dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Ma-ximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, als auch,

  • - dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,

  • - dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren...,

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es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben (könne), dass ein solches Monopol nicht geeignet sei, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Zieles, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beitrage, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen" (vgl. Urteil vom 8. September 2010, Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O., Entscheidungsformel Ziffer 1d).

  • - beziehungsweise "dass, wenn ein regionales staatliches Monopol auf Sportwetten und Lotterien errichtet wurde, mit dem das Ziel verfolgt wird, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spiel zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen und ein nationales Gericht sowohl feststellt,

  • - dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,

  • - dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren,

  • - das nationale Gericht berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben (könne), dass ein solches Monopol nicht geeignet (sei), die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beitrage, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen" (vgl. Urteil vom 8. September 2010, Rechtssache Carmen Media Group Ltd., a.a.O., Entscheidungsformel Ziffer 2 Satz 1).

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Damit ist - wie an anderer Stelle in diesen Urteilen noch einmal deutlich hervorgehoben (vgl. Urteile vom 8. September 2010, Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O., Rn 106 und Rechtssache Carmen Media Group Ltd., a.a.O., Rn 68 -) - klargestellt, dass der Europäische Gerichtshof den berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung, dass das Sportwettenmonopol nicht geeignet sei, die Erreichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten, (lediglich) auf der Grundlage der von den vorlegenden Gerichten getroffenen Feststellung bejaht. Dass dies in der Überschrift der Presseerklärung zu den genannten Urteilen nicht deutlich wird und dies vor allem in der Presse zu Fehlinterpretationen geführt hat, ist unbeachtlich.

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Die Vorlagegerichte, das Verwaltungsgericht Gießen, das Verwaltungsgericht Stuttgart und das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht gehen insbesondere davon aus, dass zum einen Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten in Bezug auf Lotteriespiele intensive Werbekampagnen durchführen, in denen der Finanzbedarf sozialer, kultureller oder sportlicher Aktivitäten herausgestellt werde, denen die erzielten Gewinne zugute kämen und so den Anschein erwecken, dass die Maximierung der diesen Aktivitäten zugedachten Gewinne zu einem eigenständigen Ziel der fraglichen restriktiven Maßnahme werde. Zum anderen betrieben und duldeten die zuständigen Behörden in Bezug auf Kasino- und Automatenspiele, obwohl diese ein höheres Suchtpotenzial als Sportwetten aufwiesen, eine Politik der Angebotserweiterung in Gestalt neuer Kasinospielmöglichkeiten im Internet und erheblicher Lockerungen der Bedingungen für den Betrieb von Automatenspielen in anderen Einrichtungen als Spielbanken, etwa in Spielhallen, Schank- und Speisewirtschaften sowie Beherbergungsbetrieben; sie würden mithin eine Expansionspolitikverfolgen. Diesen Feststellungen, die im Fall der Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichtes Gießen vom 7. Mai 2007 (- 10 E 13/07 -, [...]) und des Verwaltungsgerichtes Stuttgart vom 24. Juli 2007 (- 4 K 4435/06 -, [...]) noch auf der Grundlage des inzwischen außer Kraft getretenen Lotteriestaatsvertrages und der entsprechenden landesrechtlichen Regelungen sowie der Sachlage zu dieser Zeit beruhten, im Fall des Vorlagebeschlusses des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichtes vom 30. Januar 2008 (-12 A 102/06 -, [...]) auf der Grundlage der neuen Regelungen des Glückspielstaatsver-trages und der hierzu ergangenen landesrechtlichen Regelungen sowie der Sachlage zu diesem Zeitpunkt, folgt die Kammer nicht. In den genannten Urteilen vom 17. September 2009 und 25. Februar 2010 (a.a.O.), die auf die derzeitige Rechtslage und die Sachlage zum Entscheidungszeitpunkt abstellen, hat das Gericht insbesondere zu den vom Antragsteller vorliegend unter Bezugnahme auf den Gegenstand der Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2010 (a.a.O.) im Wesentlichen geltend gemachten Argumenten intensiver, zum Spiel ermunternder Werbung und der Politik der Angebotserweiterung im Bereich Internet in Gestalt neuer Kasinospielmöglichkeiten und durch die Lockerung der Bedingungen im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gestalt der Änderung derSpielverordnung durch die Bekanntmachung der Neufassung vom 27. Januar 2006 Stellung genommen und ausgeführt:

"Die bereits erfolgte Umorientierung im Bereich der Werbung wird ebenfalls durch einen Maßnahmenkatalog im Sozialkonzept sowie durch die Ausrichtung an den Werberichtlinien der Glücksspielbeauftragten der Länder, die ebenfalls Gegenstand der Erlaubnis gegenüber T. sind, sichergestellt. Die Richtlinien enthalten unter den Rubriken Beschränkung auf Information und Aufklärung, keinen Widerspruch zu den Zielen aus § 1 Glücksspielstaatsvertrag, keine gezielte Aufforderung, Anreizung oder Ermunterung zur Teilnahme am Glücksspiel, keine spezielle Ausrichtung auf Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen, keine irreführende Werbung, deutliche Hinweise auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger und die vom Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr sowie die Hilfsangebote und Verbindung einer Information über Höchstgewinne mit der Aufklärung über die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust anschauliche Beispiele für verbotene und zulässige Werbung."

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(Urteil vom 17. September 2007, a.a.O., Rdnr. 28).

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Danach gehören die von den Vorlagegerichten benannten Werbekampagnen, bezüglich derer der EuGH auch in seinem Urteil vom 8. September 2010 (Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O.) Ausführungen macht, der Vergangenheit an. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Nds. Ministerium für Inneres und Sport die T. mit Schreiben vom 30. September 2010 aufgefordert hat, die Ausführungen des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport - Geschäftsstelle der Obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder - im Schreiben vom 29. September 2010 zur Umsetzung der Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 zu berücksichtigen, und diese zum Bestandteil der Werberichtlinie der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder zu § 5 Absatz 1 und 2 Glücksspielstaatvertrag gemacht. Damit wird insbesondere verharmlosende und Imagewerbung noch einmal ausdrücklich als unzulässig qualifiziert.

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Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die in Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages und des Nds. Glücksspielgesetzes erfolgende Werbung derzeit in Widerspruch zu den diesbezüglichen Vorgaben des EuGH einer maßvollen Werbung steht, die strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu genehmigten Spielnetzwerken zu lenken, anstatt darauf abzuzielen, den natürlichen Spieltrieb zu fördern, indem sie das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Images z.B. in Anknüpfung an die Verwendung der Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verleiht oder die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht, die bedeutende Gewinne vorspiegeln (vgl. Urteil des EuGH vom 8. September 2010, Rechtssache Markus Stoß u.a., a.a.O., Rdnr. 102, 103).

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In den genannten Entscheidungen des Gerichts vom 17. September 2009 und 25. Februar 2010 ist weiterhin dargelegt, dass das Sportwettenmonopol geeignet ist, die im Glücksspielstaatsvertrag und dem Nds. Glücksspielgesetz normierten Zielvorgaben gemäß den durch den EuGH aufgestellten Anforderungen zu gewährleisten. In dem Urteil vom 17. September 2009 (a.a.O.) ist dazu ausgeführt:

"Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fordert insbesondere die Geeignetheit der Maßnahme. Die das Monopol ausmachenden Bestimmungen müssen - wie der EuGH in der Entscheidung vom 8. September 2009, a.a.O., zusammenfassend betont - geeignet im Sinne einer kohärenten und systematischen Regelung sein, die festgelegten Ziele zu gewährleisten. Das bedeutet nach Auffassung der Kammer neben einer allgemeinen Zweck-Mittel-Relation, dass die Maßnahme in sich stimmig sein muss. Die geforderte Kohärenz und Systematik beziehen sich auf die Gesetzesregelung selbst und nicht auf Bereiche, die von verschiedenen Maßnahmen betroffen sind. Es soll nämlich nicht geprüft werden, ob verschiedene gesetzliche Regelungen eines komplexen Bereiches verhältnismäßig sind. Es soll vielmehr eine konkrete Maßnahme den Erfordernissen der Geeignetheit als Unterpunkt der Verhältnismäßigkeit genügen. Unabhängig von unterschiedlichen Terminologien der Geeignetheit, Stimmigkeit, Kohärenz oder Systematik dürfte deshalb in der Sache aber auch insoweit Übereinstimmung bestehen, dass Glücksspielbereiche nicht isoliert betrachtet werden, denn jede Maßnahme, die nur zu einer Verlagerung des von ihr bekämpften Missstandes führt, ist nicht kohärent und damit ungeeignet. Dies entspricht auch der Auffassung des EuGHs, der weder konkrete Abgleiche mit anderen Regelungsbereichen oder Regelwerken anderer Glücksspielbereiche eines Mitgliedstaates für erforderlich oder aber für ausgeschlossen hält, noch mitgliedstaatliche Besonderheiten, wie etwa die föderale Struktur eines Staates (und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen) für berücksichtigenswert erachtet. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer an ihrer Auffassung fest, dass für die Beantwortung der Frage, ob die in Rede stehende Regelung - hier das Sportwettenmonopol - die festgelegten Ziele in kohärenter und systematischer Weise erreicht, zwar die Ziele des normierten Glücksspielrechts insgesamt in den Blick zu nehmen sind und ein stimmiges System des gesamten Glücksspielbereichs zu fordern ist (vgl. Beschluss der Kammer vom 1. April 2008, a.a.O.). In diesem Sinne versteht sie die Aussagen des EuGH zur Freiheit eines jeden Mitgliedstaates, die Ziele seiner Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen, wobei die Beschränkungen der europäischen Grundfreiheiten verhältnismäßig sein müssen (vgl. EuGH in den genannten Urteilen, zuletzt Urteil vom 8. September 2009, a.a.O.). Dies bedeutet einerseits, dass die Regelungen insbesondere nicht im Widerspruch zu vorhandenen oder beabsichtigten Gesetzesregelungen in Glücksspielbereichen mit vergleichbarem Gefährdungspotential stehen dürfen. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Mitgliedstaat in einem Bereich die Spielsucht durch Monopolisierung bekämpft, diese in einem anderen Bereich aber zulässt oder gar fördert (vgl. hierzu: EuGH, Urteil vom 12. März 1987, - 178/84 -, [...], Reinheitsgebot für Bier; so auch Kingreen, in: Callies/Ruffert: Kommentar zum EUV/EGV, 3. Aufl., München 2007, Art. 28 - 30, Rn 92). Andererseits aber kann nicht gefordert werden, dass alle Glücksspielbereiche auf identischem Schutzniveau und/oder unter Einsatz gleicher Instrumentarien zu regeln wären. Zum einen rechtfertigen unterschiedliche Sucht- und Gefährdungspotentiale in verschiedenen Glücksspielbereichen Regelungen unterschiedlichen Schutzniveaus, zum anderen sind auch bei vergleichbarem Sucht- und Gefährdungspotential unterschiedliche Ausgestaltungen im Einzelnen vor dem Hintergrund der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eines Mitgliedstaates vertretbar, wenn sie ebenfalls verhältnismäßig sind. Es muss lediglich gewährleistet sein, dass die Zielrichtung von Regelungen in einzelnen Glücksspielbereichen Ausdruck der übergreifenden Ziele der Politik eines Mitgliedstaates auf dem Gebiet der Glücksspiele sind.

Diesen Anforderungen genügen die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes zum staatlichen Wettmonopol ... Die typischen Kasinospiele der Spielbanken, die privatisiert sind und keinem staatlichen Monopol unterliegen, weisen ein anderes Sucht- und Gefährdungspotential auf. Denn die Teilnahme am Spielbankenglücksspiel ist nur bei tatsächlichem Aufenthalt in Spielbanken in Anwesenheit von Kontrollbeamten der Finanzaufsicht möglich. In Niedersachsen werden lediglich 10 Spielbanken betrieben, die nur einen bestimmten Spielerkreis ansprechen. Anders verhält es sich zwar bei der an sich zulässigen Internetspielbank; diese hat ihren Betrieb aber (noch) nicht aufgenommen; nach Mitteilung der Bundesregierung - Antwort vom 20. Mai 2008 im Vertragsverletzungsverfahren 2007/4866 (ZfWG 2008, S. 173, Nr. 106) bemüht sich das Land Niedersachsen in Verhandlungen um einen freiwilligen Verzicht auf die entsprechende Genehmigung. Sollte kein entsprechender Verzicht erfolgen, soll die Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen im Internet vom Niedersächsischen Finanzministerium widerrufen werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16. Februar 2009, a.a.O.). Selbst wenn man jedoch ein vergleichbares Sucht- und Gefährdungspotential annähme, ist gleichwohl von einem kohärenten Regelwerk auszugehen, da auch für Spielbanken die Vorschriften einer wirksamen Suchtbekämpfung anwendbar sind, wie die §§ 5 (Werbung), 6 (Sozialkonzepte), 7 (Aufklärung), 8 und 20 (Spielersperren) zeigen. Ergänzt werden diese durch nähere Bestimmungen über die Spielbankenaufsicht und den Spielerschutz im Niedersächsischen Spielbankengesetz vom 16. Dezember 2004 (Nds. GVBl. 2004, S. 605), welches mit Änderung vom 17. Dezember 2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 756) inhaltlich den Bestimmungen des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes angepasst wurde und welches in Gestalt erheblicher Anforderungen im Verfahren auf Erteilung einer Spielbankenzulassung ebenfalls unter anderem dem Spielerschutz Rechnung trägt. Angesichts dieser Vorgaben bedarf es zur wirksamen Umsetzung der auch hier gültigen Ziele der Bekämpfung der Spielleidenschaft nicht der Errichtung eines Monopols (vgl. VG Hannover, Urteil vom 1. Dezember 2008, a.a.O.).

Ein ähnliches, wenn nicht sogar höheres Sucht- und Gefährdungspotential ist dagegen anzunehmen für das Glücksspiel in Spielhallen, insbesondere an Geldspielgeräten. Der Anteil am Glücksspielmarkt (21,5%) ist im Vergleich zum Anteil des Toto- und Lottoblocks (29,9%) etwa gleich groß (vgl. BT-Drs. 16/6551, S. 2) und das Spiel an Geldspielgeräten enthält ein eher höheres Suchtpotenzial (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8. Juli 2008, a.a.O.; und vom 16. Februar 2009, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 13. August 2008, a.a.O.). Die Zulässigkeit des Angebots durch den privaten gewerblichen Markt in diesem Bereich widerspricht jedoch nicht dem Kohärenzgebot. Auch die Regelungen dieses Bereiches tragen nämlich dem Ziel der Begrenzung des Spiels und der Eindämmung der Spielsucht Rechnung, indem sie präventive und restriktive Maßnahmen formulieren. Die Kammer hat hierzu in ihrem Beschluss vom 1. April 2008 (a.a.O.) ausgeführt:

"Die Spielverordnung enthält Einsatz-, Verlust- und Gewinnbeschränkungen (§ 13 SpielV), sowie das Verbot der Gewährung von Rabatten/Zugaben für Vielspieler (§ 9 SpielV). Kindern und Jugendlichen ist der Zutritt zu öffentlichen Spielhallen und Spielbetrieben grds. untersagt (§ 10 SpielV). Die Bauart der Automaten unterliegt der Zulassungsprüfung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (§ 13 SpielV). Die Änderungen der Spielverordnung zum 1. Januar 2006 haben zu keiner diesen Zielen entgegenstehenden Lockerung geführt. Zwar dürfen mehr Geräte pro Raum aufgestellt werden (§ 3 Abs. 2 SpielV) und die Mindestquadratmeter-zahl für entsprechende Räumlichkeiten wurde herabgesetzt (§ 3 Abs. 2 SpielV). Darüber hinaus wurde die Mindestspielzeit auf 5 Sekunden begrenzt und die Verlustgrenze angehoben (§ 13 SpielV). Andererseits ist die Pflicht, Warnhinweise anzubringen und Informationsmaterial auszulegen (§ 6 Abs. 4 SpielV), ebenso aufgenommen worden wie die Verbote von Fun-Games (§ 6 a SpielV) und Jackpot-Ausspielungen (§ 9 Abs. 2 SpielV). Die Begrenzung der Mindestspielzeit soll das finanziell aufwendigere gleichzeitige Bespielen mehrer Geräte verhindern. Angesichts dieser auf die Bekämpfung und Kanalisierung der Spielleidenschaft ausgerichteten Ausgestaltung des Glücksspiels an Automaten ist bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung eine mangelnde Kohärenz im oben ausgeführten Sinn nicht feststellbar."

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(vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008, a.a.O., und im Anschluss daran VG Hannover, Urteil vom 1. Dezember 2008, a.a.O.). Vor dem Hintergrund des oben beschriebenen gesetzgeberischen Spielraums kann nicht festgestellt werden, dass die Maßnahmen ungeeignet oder unzureichend wären, um dem in diesem Sektor erforderlichen Spielerschutz hinreichend Rechnung zu tragen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008, a.a.O.)."

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Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass in anderen Glücksspielbereichen als den Sportwetten seitens des Gesetzgebers oder der Behörden eine Expansionspolitik betrieben wird, wie es die Vorlagegerichte - für den benannten Zeitraum - (noch) annahmen oder befürchteten.

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Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es seit Änderung der Spielverordnung Anfang des Jahres 2006 zu einem deutlichen Anstieg betriebener Geldspielgeräte insbesondere in Spielhallen und von Spielhallenkonzessionen gekommen ist, welche zu erheblichen Umsatzsteigerungen seitens der Betreiber geführt haben (vgl. Zwischenbericht der Nds. Landesstelle für Suchtfragen zum Projekt "Glücksspielsucht in Niedersachsen - Prävention und Beratung" vom Februar 2010; Gutachten des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. "Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland", Stand: 1. Januar 2010, vom Juli 2010; Jahresbericht 2009 des Fachbeirates Glücksspielsucht, Stellungnahme des Fachverbandes Glücksspielsucht e.V. vom 22. Juni 2009, Gutachten des Herrn Prof. Dr. Meyer und des Herrn Dipl.-Psychologe Hayer, Universität Bremen, "Handlungsbedarf für das gewerbliche Automatenspiel" vom 13. März 2008), die auch Folge der Monopolisierung im Wettbereich sein können (vgl. Stellungnahme des Fachverbandes Glücksspielsucht e.V. vom 22. Juni 2009). Allein diese Entwicklung lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass der Bundesgesetzgeber hier gegenüber dem Wettbereich eine Expansionspolitik verfolgt oder duldet. Bei einer derartigen Schlussfolgerung wird nämlich zunächst der erklärte gesetzgeberische Wille bei der Änderung der Spielverordnung außer Acht gelassen, "den Rechtsrahmen für diesen Bereich aus Gründen des individuellen Spielerschutzes und zur Abwehr der gerade in diesem Bereich möglichen Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die sich letztlich auch im grundsätzlichen Verbot des Glücksspiels in § 284 StGB wiederfindet, an die tatsächliche Lage anzupassen" (vgl. Begründung zur Verordnung zur Änderung der Spielverordnung, BT-Drs. 655/05, S. 9, Ziffer I. 1.) sowie zur Umsetzung dieses Zieles "die missbräuchlichen Entwicklungen bei den Fun-Games zu stoppen und eine klare Grenze zwischen den gewinn- und verlustmäßig unbeschränkten staatlich konzessionierten Spielangeboten, insbesondere den Automaten und dem gewerblichen "kleinen" Spiel zu ziehen" (vgl. die genannte Begründung, BT-Drs. 655/05, S. 10, Ziffer II.1.). Diese Ziele sind auch rechtlich umgesetzt worden, insbesondere in Gestalt der §§ 6 a (Verbot von Fun-Games), 9 (Verbot von Jackpotausspielungen, Verbot der Gewährung von Rabatten/Zugaben für Vielspieler), 13 (Einsatz-, Verlust-, Gewinnbeschränkungen, Mindestspielzeit) der Spielverordnung.

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Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass (allein) der Anstieg der Spieltätigkeit in diesem Bereich nicht bedeutet, dass höherer Anreiz oder gar höheres Suchtpotenzial gewollt ist. Der Anstieg kann z.B. auch Folge der Abwanderung oder Verlagerung der Spieltätigkeit aus dem (nunmehr) illegalen, gefährlichen Bereich in den legalen, grundsätzlich weniger suchtgefährdenden Bereich sein. In einem solchen Fall wird die Expansion in einem Bereich zugelassen, um die Spieltätigkeit in kontrollierbare Bahnen zu lenken. Genauere Erkenntnisse hierzu sind insbesondere aus den Berichten zu erwarten, die bezüglich der Auswirkungen der neuen Bestimmungen der Spielverordnung, insbesondere im Hinblick auf die Problematik des pathologischen Glücksspiels vier Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung vom Bundesministerium für Wirtschaft (BT-Drs. 655/05, S. 11, Ziffer II. 2. 8. Spiegelpunkt) und gemäß § 27 Glücksspielstaatsvertrag bezüglich der Auswirkungen des Staatsvertrages von den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder unter Mitwirkung des Fachbeirates Glücksspielsucht drei Jahre nach Inkrafttreten des Staatsvertrages vorzulegen sind. Ersterer ist für Ende dieses Jahres zu erwarten (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die "Kleine Anfrage" der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen u.a. vom 10. Juni 2010 - BT-Drs. 17/2037). Der Bericht der Glücksspielaufsichtsbehörde zum Staatsvertrag ist für Anfang 2011 vorgesehen. Vor Auswertung der entsprechenden Beobachtungen in diesen Berichten entbehrt sowohl die Feststellung eines Scheiterns der erklärten Zielsetzung von Glücksspielstaatsvertrag und Spielverordnung als erst recht die Unterstellung einer Expansionspolitik einer (ausreichenden) Grundlage. Selbst wenn diesen Berichten zufolge jedoch davon auszugehen sein wird, dass durch den Anstieg der Spieltätigkeit im Bereich des gewerblichen Automatenspiels auch die Suchtgefährdung angestiegen sein sollte und letztlich die gesetzgeberischen Zielvorgaben verfehlt wurden, bleibt zu fragen, ob die vom EuGH geforderte normative Kohärenz im Glücksspielbereich durch die Aufhebung des Sportwettenmonopols oder aber durch an den Glücksspielstaatsvertrag und die landesrechtlichen Bestimmungen hierzu angepasste Neuregelungen im Bereich des problematischen gewerblichen Automatenspiels erfolgen sollte.

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Vor dem Hintergrund der derzeit nicht anzunehmenden Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols stellt sich die Frage des Anwendungsvorranges von Europarecht daher vorliegend nicht.

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Auch die in dem angegriffenen Bescheid vom 21. Juni 2010 erfolgte Androhung unmittelbaren Zwangs in Gestalt der Versiegelung von Wettgeräten bzw. entsprechenden Einrichtungen sowie nachfolgend der Schließung von Betriebs- und Geschäftsräumen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre rechtlichen Grundlagen in §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 2, 69, 70, 74 Nds. SOG. Der Antragsgegner hat darüber hinaus dem Erfordernis des § 70 Abs. 3 S. 2 Nds. SOG Genüge getan, bei der Androhung mehrerer Zwangsmittel eine Reihenfolge anzugeben.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. der lfd. Nr. II. 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der für das Hauptsacheverfahren anzunehmende Streitwert in Höhe von 15.000,-- Euro war wegen des Charakters des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens um die Hälfte auf 7.500,00 EUR zu reduzieren.

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Rechtsmittelbelehrung

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Gegen die Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.

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