Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 04.06.2018, Az.: 7 A 128/17

atypischer Fall; Auslegung; Ermessen; Verpflichtungserklärung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
04.06.2018
Aktenzeichen
7 A 128/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74328
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Auslegung einer auf einem behördlichen Formular nebst dem Erklärenden vorgegebenen behördlichen Ergänzungen abgegebenen Willenserklärung (Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG).
Die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs aus Verpflichtungserklärungen nach § 68 AufenthG bedarf es einer Ermessensausübung zur Berücksichtigung eines sog. atypischen Falls. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn eine Ausländerbehörde in Abweichung von einem ihr bekannten Standpunkt des zuständigen Innenministeriums eine weiterreichende Verpflichtungserklärung abnimmt, ohne den Verpflichtungsgeber über diese Abweichung aufgeklärt zu haben.

Tenor:

Die Bescheide des Beklagten vom 30.11.2016 und 4.1.2017 werden aufgehoben. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 9/10, der Kläger zu 1/10. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 39.036,21 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Inanspruchnahme aus Verpflichtungserklärungen.

Der Kläger gab am 30.09.2014 gegenüber der Ausländerbehörde des Landkreises Emsland unter Verwendung des bundeseinheitlichen Formulars drei Verpflichtungserklärungen zugunsten seines Bruders sowie dessen Frau und Kind, sämtlich syrische Staatsbürger, auf dem bundeseinheitlich verwendeten Formular ab. Bezüglich „Dauer der Verpflichtung“ lautet der Formulartext dahingehend, dass der Verpflichtungsgeber vom einzutragenden „Tag der voraussichtlichen Einreise ... bis zur Beendigung des Aufenthalts des o. g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“ nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für die Ausreise o. g. Ausländers/in zu tragen hat. Für seine Mutter E. A. hat der Kläger gleichen Tags eine gleichlautende Verpflichtungserklärung abgegeben. Die Formularerklärungen enthalten maschinenschriftliche Eintragungen. Im Feld Behördenvermerke findet sich der Eintrag „Aufnahme syrischer Flüchtlinge durch Verwandte gem. RdErl. des Nds. MI v. 30.08.13 bzw. 03.03.14.“, in einem nicht benannten Freifeld der Zusatz „Die Verpflichtung gilt bis zur endgültigen Ausreise.“. Im Feld „Bemerkungen“ ist zur voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts „unbekannt“ sowie zum Zweck des Aufenthalts „Familienzusammenführung“ eingetragen.

Bei Abnahme der Verpflichtungserklärungen hat der Landkreis Emsland dem Kläger undatierte Formularerklärungen zu seinen Einkommensverhältnissen und zu den Daten der Besucher abgenommen. Darin bestätigte der Kläger ausführliche Erläuterungen dazu erhalten zu haben, dass er sich verpflichte „sämtliche öffentliche Mittel zu erstatten“; in diesem Zusammenhang wird auf § 68 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz hingewiesen. Dabei bestätigt der Kläger, ihm seien ausführliche Erläuterungen gegeben worden, dass hierzu näher spezifizierte Ausreisekosten gehören. Abschließend bestätigt der Kläger in dieser Erklärung, das Merkblatt zur Verpflichtungserklärung für ausländische Besucher nebst bundeseinheitlicher Erklärung des Verpflichtungsgebers erhalten zu haben und über den Inhalt informiert worden zu sein sowie mit seiner eigenhändigen Unterschrift zu erklären, Inhalt und Umfang der Verpflichtungserklärung verstanden zu haben.

Das vorgenannte Merkblatt einschließlich der auf Seite 2 aufgeführten Erklärung des Verpflichtungsgebers vor der Ausländerbehörde gemäß Erlass des niedersächsischen Innenministeriums vom 16.10.2009 hat der Kläger in mehrfacher Ausfertigung, nämlich für jede der vier Verpflichtungserklärungen, unter dem 25.9.2014 unterschrieben (Beiakte 5, Blatt 10,13 und 15; Beiakte 6, Blatt 6). Ziffer 1 der Erklärung betrifft ähnlich der Formularerklärung des Landkreises Emsland den Umfang der eingegangenen Verpflichtungen zur Erstattung „sämtlicher öffentlicher Mittel“ unter Anführung im einzelnen angeführter Kostenarten. Dem folgt der Absatz:

„2. Dauer der eingegangenen Verpflichtungen

Die aus der Verpflichtungserklärung resultierende Verpflichtung erstreckt sich unabhängig von der Dauer des zu Grunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten seit der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthalts. Im Regelfall endet die Verpflichtung mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Auftritt als Zweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.“

Es folgen Ausführungen zur Vollstreckbarkeit bzw. zur Freiwilligkeit der Angaben. Abschließend bestätigt der Kläger mit seiner Unterschrift, dass der Inhalt der Belehrung verstanden und ein Abdruck davon erhalten hat.

Seine finanzielle Leistungsfähigkeit hat der Kläger durch Vorlage einer Bankbürgschaft der Volksbank Süd-Emsland e.G. vom 30.9.2014 über 150.000.- € nachgewiesen, die sich auf weitere drei Verpflichtungserklärungen des Klägers, nämlich für F., G. und H. A. (geb. in den Jahren 1962, 1994 und 1996), mithin auf insgesamt sieben Verpflichtungserklärungen erstreckt. Die zu den Verwaltungsvorgängen des Beklagten genommene tabellarische Aufstellung (Verwaltungsvorgang I. A., Beiakte 5, Blatt 9) ist teilidentisch mit den in der Bürgschaft aufgeführten Personen.

Am 21.02.2015 reisten die aus den Verpflichtungserklärungen Begünstigten in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG.

Auf ihre Asylanträge zuerkannte ihnen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 17.6.2015 betreffend E. J., im Übrigen mit Bescheid vom 1.7.2015 die Flüchtlingseigenschaft. Mit Bescheiden vom 19.8.2015 erhielten sie Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 2 AufenthG.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Asylverfahren erhielt die Familie seines Bruders antragsgemäß seitens des Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Nachdem sich der Kläger zunächst persönlich mit der Bitte um Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Beklagten gewandt hatte, zeigten seine Prozessbevollmächtigten mit einem am 25.4.2016 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 22.4.2016, dem eine Vollmacht nicht beigefügt war, dessen Vertretung an. Mit Schreiben vom 26.4.2016 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Inanspruchnahme in Höhe von bislang erbrachten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 14.678,09 € an und nahm ihn mit Bescheid vom 4.1.2017 für den Zeitraum 1.8.2015 bis 31.1.2017 unter tabellarischer Auflistung erbrachter Leistungen auf Erstattung von 30.567,98 € (ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) in Anspruch. Auf diesen Bescheid wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Durch die Samtgemeinde Fürstenau wurde der Kläger mit Schreiben vom 28.4.2016 zur Inanspruchnahme aus der Verpflichtungserklärung für seine Mutter E. J. angehört. Per E-Mail vom 22.7.2016 teilte der Kläger mit, gemeinsam mit seiner Frau habe er Frau J. am 21.2.2015 aufgenommen und nach wirtschaftlichen Möglichkeiten unterstützt. Nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei sie seitens der Behörde „mit anderen Bedingungen und Sätzen unterstützt, worden, zu deren Höhe seine Frau und er nicht in der Lage seien.

Mit Bescheid vom 30.11.2016 nahm die Samtgemeinde Fürstenau den Kläger auf Erstattung von Sozialleistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum 1.8.2015 bis 31.7.2016 in Höhe von 8.468,23 € unter tabellarischer Auflistung gewährter monatlicher Grundsicherungen in Anspruch. Auf diesen Bescheid wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Laut Rechtsbehelfsbelehrung erging dieser widerspruchsfähige Bescheid im Namen und im Auftrag des Beklagten als Träger der Sozialhilfe.

Den hiergegen unter Vorlage einer im Betreff das Geschäftszeichen des Bescheids anführenden Vollmacht erhobenen Widerspruch der Bevollmächtigten des Klägers vom 12.12.2016, nach Akteneinsicht unter Erklärung der Anfechtung der Verpflichtungserklärung ergänzend begründet mit Schreiben vom 13.2.2017, wies der Beklagte mit Bescheid vom 18.5.2017 zurück und verwies den Kläger auf den Rechtsweg zu den Sozialgerichten. Wegen der Einzelheiten wird auf vorgenannte Schriftstücke Bezug genommen.

Noch vor Erlass dieses Bescheids erklärten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 31.3.2017 unter Angabe eines den vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht zuordbaren Betreffs mit Bezug auf den Erlass des Nds. Innenministeriums vom 15.5.2014 – 62.21-12235-2.4.5 -, wonach die Verpflichtungsgeber „bis zur Flüchtlingsanerkennung“ für die Kosten in Haftung genommen werden, die Anfechtung der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärungen.

Am 13.1.2017 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 4.1.2017 Klage erhoben, die er mit Schreiben vom 9.6.2017 bezüglich des ihm von der Samtgemeinde Fürstenau erteilten Bescheids erweitert hat.

Zur Begründung machen seine Bevollmächtigten geltend, der Kläger sei syrischer Abstammung und besitze seit Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach seinem Medizinstudium sei er 1979 nach Deutschland gekommen, wo er zunächst im Krankenhaus, später als Anästhesiearzt freiberuflich tätig gewesen sei. Er sei mit einer Deutschen verheiratet und habe mit dieser 2 Kinder. Als seine Angehörigen in der Heimat ab Sommer 2014 mehr und mehr in tödliche Bedrängnis geraten seien, habe er sich entschlossen, dass die Familie des Bruders sowie seine Mutter für einen vorübergehenden Zeitraum zu ihm nach Deutschland reisen sollten, bis sich die Situation in der Heimat wieder gebessert habe und sie baldmöglichst dorthin zurückkehren könnten. Um seinen Familienangehörigen eine baldige legale Einreise zu ermöglichen, habe er auf Verlangen der Ausländerbehörde Verpflichtungserklärungen abgegeben und eine verlangte kostenpflichtige Bankbürgschaft erbracht. Die Kriegssituation in Syrien sei eskaliert. Seinen Angehörigen sei von der Ausländerbehörde empfohlen worden, Asyl zu beantragen. Die Anträge seien mit Wirkung ab dem 1. Juli 2015 positiv beschieden worden. Die Angehörigen hätten sich letztlich zur Antragstellung entschlossen, weil ab dem Frühjahr 2015 offenkundig geworden sei, dass eine Rückkehr völlig außerhalb der Realität läge. – Die abverlangten Verpflichtungserklärungen seien seinerzeit ersichtlich darauf gerichtet gewesen, lediglich einen vorübergehenden, wenn auch mehrmonatigen, Aufenthalt zu gewährleisten. Damals habe die feste Absicht der Angehörigen bestanden, baldmöglichst in ihre Heimat zurückzukehren. Die weitere Entwicklung sei keineswegs vorhersehbar gewesen. Erst die tragische Entwicklung ab dem Frühjahr 2015 und die ausdrückliche Empfehlung der Ausländerbehörde habe die Angehörigen veranlasst, einen Asylantrag zu stellen. Darauf habe er keinen Einfluss gehabt. Damit sei aber zugleich auch der Aufenthaltszweck der Angehörigen fundamental verändert worden, wodurch zugleich seine Verpflichtung gemäß Paragraf 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthaltsG geendet habe. Diese Sichtweise entspreche insbesondere zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen den einschlägigen verwaltungsinternen Richtlinien wie beispielsweise dem Runderlass des Ministeriums für Inneres und kommunales in NRW vom 24.4.2015. Erst im weiteren Verlauf habe dann offenbar das Bundesinnenministerium eine andere Haltung eingenommen. Unbestreitbar existierten zu dieser Frage offenbar bis zuletzt divergierende Auffassungen. Das niedersächsische Innenministerium habe die Ausländerbehörden am 15.5.2014 bezüglich der Fortgeltung der Wirkungen von Verpflichtungserklärungen dazu angehalten, Verpflichtungsgeber im Sinne einer ergänzenden Klarstellung der Sach-und Rechtslage darauf hinzuweisen, dass diese „bis zur Flüchtlingsanerkennung“ für die Kosten in Haftung genommen werden. Die verwaltungsinterne Anweisung für Niedersachsen habe offensichtlich noch im Oktober 2015 dahingehend gelautet, dass die Verpflichtungserklärung in Niedersachsen mit Erteilung des Aufenthaltstitels für einen anderen Aufenthaltszweck, z. B. nach Anerkennung als Flüchtling, erlösche und für Zeiträume nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 I oder II AufenthaltsG keine Kostenerstattung mehr geltend gemacht werden könne. Soweit von ihm darüber hinaus auf der Grundlage seiner Verpflichtungserklärungen Leistungen erwartet würden, habe er insoweit vorsorglich auch die Anfechtung der von ihm abgegebenen Erklärungen ausgesprochen. Er habe sich über die zeitliche Reichweite seiner Verpflichtungserklärungen im Irrtum befunden und diesen Irrtum auch nicht vermeiden können, zumal die Auffassung aller maßgebenden Institutionen zum damaligen Zeitpunkt dem entsprochen habe. Weshalb ihm zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen weitergehende Informationen zugerechnet werden könnten, als sie der Behörde selbst vorgelegen hätten, nämlich in Gestalt der verwaltungsinternen Interpretationen und Richtlinien, sei nicht ansatzweise nachvollziehbar. Ausdrücklich heiße es noch im vorgelegten Leitfaden in der Fassung vom 1.10.2015, die Verpflichtungserklärungen würden in Niedersachsen mit Erteilung des Aufenthaltstitels für einen anderen Aufenthaltszweck z. B. nach Anerkennung als Flüchtling erlöschen und dies habe das niedersächsische Innenministerium in einer Weisung vom 9.12.2014 klargestellt. – Zudem habe Ziffer 4 des ministeriellen Erlasses vom 30.8.2013 vorgesehen, dass die Erlaubnis mit wohnsitzbeschränkenden Auflagen verbunden sein sollte. Auf Seiten 35/36 des Leitfadens von Oktober 2015 findet sich die Erwartung, dass die einladenden Verwandten ihrer Angehörigen in ihren Räumlichkeiten unterbringen und hierfür ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht. Damit sei zugleich eine Begrenzung der zu erwartenden Aufwendungen auch aus der Sicht der aufnehmenden Personen verbunden, welche dann mit Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft entfiel, zumal von da an den Asylberechtigten keine solche Beschränkung mehr auferlegt werden habe können. – Soweit der Beklagte meine, Leitfäden oder ministerielle Hinweise seien lediglich „interne Hinweise“, sei dies unzutreffend, weil Erlasse wie Leitfäden über das Internet zu erhalten sein. Eine etwaige „Geheimhaltung“ derartiger ministerieller Hinweise wäre dem geltenden rechts-und Verfassungsverständnis auch schwer zugänglich. Widersprüchlich sei es, wenn der Beklagte selbst aus Änderungen ministerieller Erlasse schlussfolgere, ihm habe bekannt sein müssen, dass Krankenkosten auch für die ihn betreffenden Zeiträume herausgenommen worden seien. Die Bezugnahme des Beklagten auf § 68 Abs. 1 Satz 4 AufenthaltsG gehe schon deshalb fehl, weil diese Fassung des Gesetzes erst seit dem 6. August 2016 gelte. Seine Verpflichtungserklärungen könnten sich damit nur noch auf Ansprüche aus dem Zeitraum bis zum 30.6.2015 erstrecken. Zahlungsforderungen seien insoweit aber nicht im Streit. – Das Bundesverwaltungsgericht habe sich in seiner Entscheidung vom 26.1.2017 mit europarechtlichen Bedenken nicht weiter auseinandergesetzt, insbesondere bezüglich Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU. Im Licht der Rechtsprechung des EuGH entspreche die Neuregelung in § 68 AufenthaltsG gerade nicht den dortigen Vorgaben, wodurch die Erreichung der Ziele der Qualifikationsrichtlinie nicht hinreichend gewährleistet seien. Dies werde gerade im Fall der Familie des Klägers deutlich, weil diese mit Wirkung zum Januar 2017 davon abgesehen hätte, erneut einen Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen zu stellen, um nicht noch weiter in Konflikt zum Kläger zu geraten.

Er hat zunächst begehrt,

1. den Bescheid vom 4.1.2017 und den Bescheid vom 30.11.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2017 aufzuheben,

2. festzustellen, dass der Kläger aus den Verpflichtungserklärungen vom 30.09.2014 in Verbindung mit der dazu abgegebenen Bankbürgschaft der Volksbank Süd-Emsland e.G. vom 30.09.2014 über 150.000 € nur im Umfang derjenigen öffentlichen Mittel zur Zahlung an den Beklagten verpflichtet ist, die für die darin genannten Familienangehörigen gewährt worden sind bis zum 30.06.2015,

3. den Beklagten zu verurteilen, die unter 2. bezeichnete Bankbürgschaftsurkunde an den Kläger herauszugeben, Zug um Zug gegen Erstattung derjenigen Beträge, für die der Kläger im Sinne des Antrags zu 2. haftet,

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger gegenüber der Volksbank Süd-Emsland e.G. von den Kosten freizustellen, die dem Kläger durch den über den 30.06.2015 hinaus dauernden Einbehaltung der unter 2. bezeichnete Bank Bürgschaftsurkunde entstanden sind.

Auf Empfehlung des Gerichts beantragt er unter Verzicht auf die Anträge zu 2. – 4. in der mündlichen Verhandlung,

den Bescheid vom 4.1.2017 und den Bescheid vom 30.11.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2017 aufzuheben,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht unter Bezugnahme auf den Wortlaut der Verpflichtungserklärungen geltend, der Kläger sei seiner Verpflichtung zur Kostentragung bezüglich des Lebensunterhalts seiner Angehörigen nicht vollständig nachgekommen. Der Gesetzeswortlaut des § 68 Abs. 1 Satz 3 AufenthaltsG sei eindeutig. Danach erlösche die Verpflichtungserklärung „nicht durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Abschnitt 5 des Kapitels 2 oder durch Anerkennung nach § 3 oder § 4 des Asylgesetzes“. § 68 a AufenthaltsG erstrecke die Anwendung des § 68 Abs. 1 Satz 1-3 AufenthaltsG auch auf Verpflichtungserklärungen, die vor dem 6.8.2016 abgegeben worden seien. Für derartige „Altfälle“ sehe die Übergangsvorschrift des § 68 a AufenthaltsG vor, dass ein Zeitraum von 3 Jahren gelte, vor dem die Verpflichtungserklärung aufgrund eines erteilten Aufenthaltstitels nicht erlösche. Vor Beginn des Jahres 2018 erlöschten die vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärungen daher nicht aufgrund des ihnen erteilten Aufenthaltstitels. Dies sei in der Verwaltungsrechtsprechung geklärt. Bereits nach der alten Fassung des § 68 AufenthaltsG sei eine Verpflichtungserklärung bei Erteilung eines Aufenthaltstitels nur bei Änderung des Aufenthaltszwecks erloschen. Mit der Neufassung des § 68 AufenthaltsG habe der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung vorgenommen, ohne die Rechtslage zu ändern. – Keine der im einzelnen angeführten Weisungen des niedersächsischen Innenministeriums, insbesondere das Schreiben vom 15.5.2014, laute dahingehend, potentielle Verpflichtungsgeber über ein Erlöschen der Verpflichtungserklärungen aufgrund einer Flüchtlingsanerkennung zu informieren. Noch mit E-Mail vom 9.9.2014 habe das Innenministerium unmittelbar vor der Abgabe der Verpflichtungserklärung durch den Kläger auf die Auffassung des baden-württembergischen Innenministeriums Bezug genommen, nach der Verpflichtungserklärungen nicht durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 2 AufenthaltsG endeten. In Erwartung einer Bestätigung dieser Auffassung durch das Bundesministerium des Innern habe das niedersächsische Innenministerium deutlich gemacht, dass Verpflichtungserklärungen weiterer Angehöriger nicht akzeptiert werden könnten. Schon nach der zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen durch den Kläger bestehenden Weisungslage sei somit gerade nicht von einem Erlöschen der Verpflichtungserklärungen aufgrund einer erteilten Aufenthaltserlaubnis auszugehen gewesen. Dies habe der Auffassung seiner Ausländerbehörde entsprochen. Die Verpflichtungserklärungen seien nämlich ersichtlich auf die Haftung für die Lebenshaltungskosten für den gesamten, auf Dauer angelegten Aufenthalt bis zu dessen Beendigung oder zum Wechsel des ursprünglichen Zwecks – vorliegend die Flucht vor den Kriegszuständen in Syrien – ausgerichtet gewesen. Dementsprechend seien potentielle Verpflichtungsgeber auch nicht dahingehend belehrt worden, dass diesen das Erlöschen der Verpflichtungserklärung durch die Aufenthaltserlaubnis in Aussicht gestellt worden sei. Für deren Belehrung sei seit dem Jahr 2009 ein Muster verwendet worden, welches als Anlage zum bundeseinheitlichen Merkblatt beigefügt gewesen sei. Dies sei potentiellen Verpflichtungsgebern übersandt bzw. ausgehändigt worden. In dem Belehrungsbogen sei zur Dauer der eingegangenen Verpflichtung ausgeführt, dass die Verpflichtung im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthalts oder dann Ende, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt würde. Eine weitergehende Erläuterung, etwa eine Auslegung unter Nennung möglicher Einzelfälle, sei grundsätzlich nicht erfolgt. Da es sich um Massenverfahren gehandelt habe, seien diese Informationen weder nochmals mündlich zusammengefasst noch weitergehende Ausführungen gemacht worden. Stattdessen seien die Verpflichtungsgeber gefragt worden, ob noch Unklarheiten zu den einzelnen Punkten bestehen würden. Sofern dies der Fall gewesen sei, seien einzelne Punkte des Belehrungsbogens mündlich erläutert worden. Im Anschluss daran hätten die Verpflichtungsgeber den Belehrungsbogen unterzeichnet. Seine Ausländerbehörde sei auch zum Zeitpunkt der Belehrung des Klägers aufgrund der Mitteilung des niedersächsischen Innenministeriums vom 9.9.2014 bekannt gewesen, dass zur Frage der Dauer der Gültigkeit von Verpflichtungserklärungen keine einheitliche Rechtsauffassung bestanden haben. Die Verpflichtungsgeber seien daher „allenfalls (auf Nachfrage) darauf hingewiesen worden, dass verschiedene Rechtsauffassungen bestehen würden, so dass sie sich nicht auf ein Erlöschen durch Erteilung eines Aufenthaltstitels verlassen“ hätten können. Auch die Weisungen des niedersächsischen Innenministeriums seien nicht darauf ausgerichtet gewesen, die Verpflichtungsgeber über ein Erlöschen zu informieren. Die Weisung vom 9.9.2014 sei sogar darauf gerichtet gewesen, zumindest bis zur Antwort des Bundesministers des Innern nicht von einem Erlöschen auszugehen und daher keine weiteren Verpflichtungserklärungen zu akzeptieren. Dieser Weisung sei seine Ausländerbehörde nachgekommen. Die Belehrung potentieller Verpflichtungsgeber durch seine Ausländerbehörde sei somit durch einfache Aushändigung des Belehrungsbogens und der Möglichkeit, anschließend Fragen hierzu zu stellen, erfolgt. Sollten Fragen zur Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung gestellt worden sein, so sei über die strittige Rechtslage aufgeklärt worden. Wie die Ausländerbehörde des Landkreises Emsland, gegenüber der der Kläger seine Verpflichtungserklärungen abgegeben habe, die Belehrungen durchgeführt habe, sei ihm nicht bekannt. – Ermessen sei nicht auszuüben gewesen. Es handele sich nicht um einen atypischen Fall. Die Beschränkung auf 3 Jahre Sorge dafür, dass eine unbeschränkte Haftung sogar bei unverändertem Aufenthaltszweck ausgeschlossen sei. Der Kläger habe mit Abgabe der Verpflichtungserklärungen für die Familie im Bewusstsein seiner durch Bankbürgschaft nachgewiesenen finanziellen Leistungsfähigkeit die persönliche Entscheidung getroffen, für den Lebensunterhalt seiner Angehörigen aufzukommen und müsse sich nun an seinen Verpflichtungserklärungen festhalten lassen. – Eine Anfechtungserklärung ergebe sich bereits nicht aus dem Verwaltungsvorgang. Eine Anfechtungserklärung wäre nicht mehr „unverzüglich“ gemäß § 121 BGB. Spätestens mit der klarstellenden Neufassung des § 68 Abs. 1 AufenthaltsG mit Wirkung vom 6.8.2016 wäre dem Kläger der behauptete Irrtum über die Reichweite seiner Erklärung bewußt geworden. Eine Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern sei nicht erfolgt. – Bezüglich des Feststellungsantrags fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Ein berechtigtes Interesse bzw. Feststellungsinteresse habe der Kläger nicht dargelegt. Jedenfalls sei das Begehren insoweit unbegründet. Die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde könne der Kläger nicht verlangen, denn diese diene auch weiterhin der Sicherung der Erstattungsansprüche aufgrund der Verpflichtungserklärungen. Der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines Freistellungsanspruchs sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. – Eine Inanspruchnahme des Klägers aus den Verpflichtungserklärungen auch für Kosten einer Versorgung der Betroffenen im Krankheitsfall stehe seiner Inanspruchnahme nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen, begründe insbesondere keine Unzumutbarkeit seiner Inanspruchnahme. Der vom Bundesverwaltungsgericht angeführten staatlichen Mitverantwortung sei auch ohne Ausnahme der Kosten für Leistungen bei Krankheit hinreichend Rechnung getragen. Derartige Erstattungsansprüche seien gegenüber dem Kläger mit den angefochtenen Bescheiden nicht geltend gemacht; insbesondere seien Leistungen für Kranken-und Pflegeversicherung nicht hierunter zu fassen. Aufgrund des Erlasses des niedersächsischen Innenministeriums vom 24.7.2014 sowie des Erlasses vom 12.11.2014 seien im Übrigen die Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit und Behinderung im Sinn von §§ 4, 6 Asylbewerberleistungsgesetz aus der Verpflichtungserklärung bezüglich der zunächst bis zum 31.5.2014, sodann bis zum 31.10.2014 eingereisten Personen ausgenommen. Schließlich sei mit Runderlass vom 7.1.2015 die Übernahme von Krankenkosten für sämtliche syrische Flüchtlinge, die im Rahmen der niedersächsischen Aufnahmeanordnung eingereist sein, angeordnet worden. – Der Auffassung des Klägers, seinem Vortrag zu den persönlichen Umständen könne ein veränderter Aufenthaltszweck entnommen werden, sei unzutreffend. Der Aufenthalt seiner Angehörigen sei von vornherein darauf ausgelegt, eine Verbesserung der Situation in der Heimat abzuwarten. Der Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland und die Asylantragstellung basierten weiterhin auf der Kriegssituation in Syrien, sodass sich der Aufenthaltszweck mithin nicht verändert habe. – Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestünden auch keine europarechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU. Bezüglich des Schreibens des niedersächsischen Innenministeriums vom 15.5.2014 sei klarzustellen, dass derartige Anordnungen zwar für die Ausländerbehörden, nicht aber für die Jobcenter bindend seien. Angesichts der Zuständigkeit des Bundes könne eine gestaltende Regelung für die Auslegung der seinerzeitigen Verpflichtungserklärungen dem Schreiben vom 15.5.2014 nicht entnommen werden. Auch könne dem Schreiben nicht entnommen werden, dass die Haftung aus einer Verpflichtungserklärung von vornherein auf die Dauer bis zur Flüchtlingsanerkennung begrenzt sein solle. Vielmehr werde nur darauf hingewiesen, dass eine Pflicht zur Erstattung von Sozialleistungen nicht rückwirkend mit der Flüchtlingsanerkennung entfalle und der Verpflichtungsgeber bis zur Flüchtlingsanerkennung uneingeschränkt für die Kosten in Haftung genommen werde. Eine darüberhinausgehende Aussage sei angesichts des Verweises auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.2.2014 (1 C 4.13) nicht ersichtlich. – Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine Begrenzung der Aufwendungen infolge wohnsitzbeschränkende Auflagen nicht durch die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft entfallen. Eine solche Wohnsitzauflage sei gegenüber den Angehörigen des Klägers zu keinem Zeitpunkt angeordnet worden. Ziffer 4 des zitierten Erlasses vom 30.8.2013 betraf wohnsitzbeschränkender Auflagen für das Land Niedersachsen. Eine Anordnung, ausschließlich in einem vom Verpflichtungsgeber zur Verfügung gestellten Wohnraum Wohnsitz nehmen zu dürfen, sei dem Runderlass gerade nicht zu entnehmen.

Bezüglich der Anhörung des Klägers und der Mitarbeiterin der Ausländerbehörde des Landkreises Emsland wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Anfechtungsklage des Klägers hat Erfolg. Die Bescheide vom 04.01.2017 und 30.11.2016 sind rechtswidrig und verletzen ihn in seinen Rechten. Im Übrigen ist das Verfahren einzustellen, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, seine Rechtsschutzbegehren nicht weiter zu verfolgen.

Die vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind weder anfänglich noch infolge der Anfechtungserklärungen des Klägers unwirksam. Sie sind auch nicht dahingehend auszulegen, dass aufgrund ihres Erklärungsgehalts eine Inanspruchnahme für die mit den Bescheiden geltend gemachten Sozialleistungen jedenfalls aufgrund der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. der nachfolgenden Zuerkennung von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 2 AufenthG nicht in Betracht käme. Die Bescheide sind indes rechtswidrig, weil der Beklagte die Notwendigkeit einer aufgrund der Umstände des Einzelfalls gebotenen Ermessensentscheidung nicht gesehen und sein Ermessen nicht ausgeübt hat.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG i.d.F. vom 8.8.2016, der nach § 68a Satz 1 AufenthG - mit der Maßgabe einer Begrenzung auf einen Zeitraum von drei Jahren im Übrigen inhaltsgleich mit der früheren Regelung - auch für Verpflichtungserklärungen gilt, die vor diesem Zeitpunkt abgegeben worden sind, wie dies bei den streitigen Verpflichtungserklärungen des Klägers der Fall ist.

Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat derjenige, der sich einer Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentliche Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendung auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruht. Die Verpflichtung bedarf der Schriftform (§ 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) und ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar (§ 68 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat (§ 68 Abs. 2 Satz 3 AufenthG).

Der Kläger hat sich am 30.09.2014 gegenüber der Ausländerbehörde des Landkreises Emsland schriftlich verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner in den Verpflichtungserklärungen aufgeführten Verwandten vom einzutragenden „Tag der voraussichtlichen Einreise ... bis zur Beendigung des Aufenthalts des o. g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“ zu tragen. Damit ist er Verpflichtungen nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eingegangen. Die Verpflichtungserklärungen sind auch wirksam, denn sie entsprechen dem Schriftformerfordernis des § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, bedurften als einseitig-empfangsbedürftige Willenserklärungen keiner förmlichen Annahmeerklärung und sind nicht aufgrund der Anfechtungserklärungen des Klägers nach § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen. Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob sich der Kläger überhaupt in einem - möglicherweise zur Anfechtung berechtigenden - Irrtum befand, was nach seinen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung zweifelhaft erscheint, die dahin zu verstehen sind, dass er keine Veranlassung gehabt habe, diesbezüglich konkrete Vorstellungen zu entwickeln, er vielmehr wie bei vorherigen Verwandtenbesuchen wie selbstverständlich von einer verwaltungsmäßigen Notwendigkeit ausgegangen sei. Denn er hat die Anfechtung entgegen § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB jedenfalls nicht ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erklärt. Die Frist beginnt mit der Kenntnis des Anfechtungsgrundes, also des Irrtums. Bloßes Kennenmüssen genügt ebenso wenig wie das Vorliegen von Verdachtsgründen. Erkennt der Anfechtungsberechtigte jedoch, dass sich Wille und Erklärung möglicherweise nicht decken, ist zur Fristwahrung bereits die Erklärung der Anfechtung geboten. Bereits mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 22.4.2016 hat der Kläger den Rechtsstandpunkt eingenommen, die Rechtswirkungen seiner Verpflichtungserklärungen und der Bürgschaftsurkunde endeten infolge des positiven Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 3.7.2015. Mit nachfolgenden Anhörungen vom 26. und 28.4.2016 wurde der Kläger zu der mit den angefochtenen Bescheiden vom 30.11.2016 und 4.1.2017 erfolgten Inanspruchnahme angehört und erhielt Kenntnis vom abweichenden Standpunkt der Leistungsbehörden. Die Anfechtung hat der Kläger indes noch nicht mit dem Widerspruchsschreiben seiner Bevollmächtigten vom 12.12.2016 sondern erstmals mit Schreiben vom 13.2.2017 bezüglich einer der Verpflichtungserklärungen und sodann mit Schreiben vom 31.3.2017 bezüglich der weiteren Verpflichtungserklärungen, mithin erst nach mehreren Monaten und deshalb nicht unverzüglich im Sinn des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, erklärt.

Die Verpflichtungen des Klägers aus den Verpflichtungserklärungen enden nicht bereits mit der Asylantragstellung seitens der Verpflichtungsbegünstigten. Nach dem insoweit eindeutigen, keiner Auslegung bedürftigen Wortlaut der Verpflichtungserklärungen endet die Verpflichtung erst mit Erteilung eines Aufenthaltstitels (zu einem anderen Aufenthaltszweck). Bei der Aufenthaltsgestattung handelt es sich jedoch nicht um einen Aufenthaltstitel, der von der Ausländerbehörde zu erteilen ist, sondern die Aufenthaltsgestattung tritt nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG kraft Gesetzes ein (vgl. VG Hannover, U. v. 27.4.2018 – 12 A 60/17 -, juris = http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de, m. w. Nachw.).

Die Verpflichtungserklärungen sind auch nicht dahingehend auszulegen, dass der Kläger nur eine bis zu einer nachfolgenden Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. der Zuerkennung von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 2 AufenthG begrenzte Verpflichtung eingegangen wäre, so dass eine Inanspruchnahme für die mit den Bescheiden geltend gemachten Sozialleistungen nicht in Betracht käme.

Die Verpflichtungserklärung zur Begründung eines entsprechenden Kostenerstattungsanspruches der Ausländerbehörde ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung; einer vertraglichen Vereinbarung bedarf es nicht. Inhalt und Reichweite einer Verpflichtungserklärung, insbesondere für welchen Aufenthaltszweck und für welche Dauer sie gelten soll, sind durch Auslegung anhand der objektiv erkennbaren Umstände zum Zeitpunkt der Unterzeichnung zu ermitteln. Maßgebend ist grundsätzlich der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger der Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen musste. Dieser Auslegungshorizont ändert sich ausnahmsweise dann, wenn die Verpflichtungserklärung durch Unterzeichnung eines von der Ausländerbehörde verwendeten Vordrucks mit vorformulierten Erklärungen und Erläuterungen und gegebenenfalls maßgeblich von der Ausländerbehörde vorgenommenen Änderungen oder Ergänzungen erteilt wird. In diesem Fall ist darauf abzustellen, wie der Erklärende die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen durfte. Verbleiben insoweit Unklarheiten, gehen diese zu Lasten der den Vordruck verwendenden Ausländerbehörde (Nds. OVG, U. v. 3.5.2018 – 13 LB 2/17 -, juris = http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de, Rn. 33 m. w. Nachw., VG Hannover, a. a. O., Rn. 33 m. w. Nachw.).

Die Formulierung der – auf bundeseinheitlichem Formular erklärten - Verpflichtungserklärungen „bis zur Beendigung des Aufenthalts des o. g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“ ist hinsichtlich der zweiten Alternative ausweislich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 26.1.2017 - 1 C 10.16 -, juris Rn. 27 ff) in der Weise auszulegen, dass bei dem Begriff „Aufenthaltszweck“ im Ansatz von den verschiedenen Abschnitten des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes auszugehen ist. Der Begriff des "Aufenthaltszwecks" im Sinne der Verpflichtungserklärungen erfasst daher grundsätzlich jeden Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen, wie sie unter dieser Überschrift vom Gesetzgeber im Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes zusammengefasst sind. Danach liegt ein auf den einzelnen Aufenthaltstitel verengtes Verständnis des "Aufenthaltszwecks" bereits nach der Formulierung des Beendigungstatbestands in den Verpflichtungserklärungen nicht nahe, weil nach dem Wortlaut nicht jede anschließende Erteilung eines Aufenthaltstitels nach einer anderen Rechtsgrundlage die Verpflichtung beende, sondern nur eine solche zu einem anderen Aufenthaltszweck (BVerwG, a. a. O., Rn. 31).

Ausgehend von dieser Rechtsauffassung bleibt die Frage, ob die mit der jeweiligen Verpflichtungserklärung abgegebene Willenserklärung aufgrund ihres Inhalts im Übrigen oder aufgrund weiterer Umstände des Einzelfalls auch in Ansehung des hinsichtlich der Formulartextes einen vom diesbezüglichen Auslegungsergebnis des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Inhalt hat (VG Hannover, a. a. O., Rn. 35). Dies ist hinsichtlich der Verpflichtungserklärungen des Klägers zu verneinen. Vielmehr sprechen die von der Ausländerbehörde vorgenommenen Eintragungen gegen eine die Reichweite der abgegebenen Formularerklärung begrenzende Auslegung. Der im Freifeld des Formulars an zentraler Stelle angebrachte Eintrag “Die Verpflichtung gilt bis zur endgültigen Ausreise.” geht nach seinem Wortlaut durch Weglassung der zweiten, auf den Aufenthaltszweck bezogenen Alternative der Formularerklärung noch über deren Wortlaut hinaus. Die Eintragung legt ihrem Wortlaut nach eher die Annahme nahe, entgegen der Formularerklärung solle selbst die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck nicht zu einer Beendigung der Verpflichtung des Verpflichtungsgebers führen, sondern diese solle – unabhängig vom Wechsel des Aufenthaltstitels – stets bis zur “endgültigen Ausreise” wirken. Der so formulierte Eintrag bringt für den Verpflichtungsgeber jedenfalls unzweideutig zum Ausdruck, dass ihm jedenfalls keine hinter der Formularerklärung zurückbleibende Verpflichtung abverlangt wird und sperrt damit jedenfalls die Möglichkeit einer vom Formulartext abweichenden Auslegung zugunsten des Verpflichtungsgebers. Auch die begleitenden Formularerklärungen des Klägers und das ihm ausgehändigte Merkblatt geben keinen Anhalt für eine die Verpflichtungswirkung begrenzende Auslegung der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärungen, orientieren sich vielmehr am Formulartext ohne maßgeblich über dessen Aussagekraft hinauszugehen.

Angesichts dieser insoweit klarstellenden Einfügung seitens der Ausländerbehörde lassen sich die Verpflichtungserklärungen des Klägers auch nicht mit Blick auf die unter „Behördenvermerke“ im Formular angeführten Bezugnahme auf die Aufnahmeerlasse des Nds. MI vom 30.8.2013 und 03.03.2014 anderweitig auslegen. Die Bezugnahme als solche lässt für die Auslegung der Erklärung über die Benennung als Rechtsgrundlage hinaus nichts erkennen. Die Aufnahmeerlasse selbst enthalten keine Vorgaben für den Inhalt der Verpflichtungserklärungen und geben für sich genommen auch keinen Anhalt für eine die Bedeutung der Formularerklärung begrenzende Auslegung. Dass deren Anführung unter Behördenvermerke für die vom Kläger erwarteten Verpflichtungserklärungen eine solche Bedeutung nicht beigemessen wurde, ergibt sich unzweideutig aus der erörterten Einfügung der Ausländerbehörde im nebenstehenden Freifeld der Formulare.

Da sich weder der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen keine besonderen Gedanken über deren Inhalt gemacht zu haben, weil er diese wie bei früheren Verwandtenbesuchen als notwendige Voraussetzung für deren Aufenthalt angesehen habe, noch die mit ihrer Einfügung ausschließlich auf die Ausreise abstellende Ausländerbehörde die Vorstellung gemacht haben, die Willenserklärungen des Klägers seien auf den Zeitraum von der Einreise bis zum Abschluss eines für seine Verwandten positiv verlaufenden Asylverfahrens beschränkt, fehlt es auch an einer dahingehenden übereinstimmenden, aber vom Wortlaut abweichenden Auffassung von Erklärenden und Erklärungsempfänger, so dass die Verpflichtungserklärungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unbeachtlichen Falschbezeichnung entsprechend dem Rechtsgrundsatz „falsa demonstratio non nocet“ restriktiv im Sinn einer Haftungsbegrenzung auszulegen sind.

Aus diesem Grund kann im Rahmen der Auslegung der Verpflichtungserklärungen des Klägers auch dahingestellt bleiben, inwieweit sich aus weiteren ministeriellen Erlassen und Stellungnahmen eine Rechtsauffassung des nds. Ministeriums ergibt, da diese – unabhängig vom Grad ihrer Bindungswirkung für die nachgeordneten Ausländerbehörden – jedenfalls in den Verpflichtungserklärungen des Klägers keinen Niederschlag gefunden hat.

Die Bescheide sind indes rechtswidrig, weil der Beklagte die Notwendigkeit einer aufgrund der Umstände des Einzelfalls gebotenen Ermessensentscheidung nicht gesehen und sein Ermessen nicht ausgeübt hat. Der aus einer Erklärung nach § 68 AufenthG Verpflichtete ist zwar im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen. Ein solcher Regelfall wird angenommen, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung führen könnte. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten ggf. eingeräumt werden. Wann in diesem Sinne ein Ausnahmefall vorliegt, ist anhand einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung (BVerwG, U. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, juris, Rn. 60; U. v. 13.2.2014 - 1 C 4/13 -, juris, Rn. 16; NRW OVG, U. v. 8.12.2017 - 18 A 1197/16 -, juris, Rn. 54; - 18 A 1125/16 -, juris, Rn. 51; VG Hannover, a. a. O., Rn. 53). Ein solcher Ausnahmefall ist mit Blick auf die Verpflichtungserklärungen des Klägers vom 30.9.2014 gegeben.

Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass die den Ausländerbehörden bekannte Rechtsauffassung des nds. Innenministeriums bereits im Jahr 2014 dahin lautete, die in Umsetzung seiner Aufnahmeanordnungen vom 30.8.2013 und 3.3.2014 eingeholten Verpflichtungserklärungen beträfen lediglich den Zeitraum von der Einreise bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde von der damaligen Mitarbeiterin der Ausländerbehörde des Landkreises Emsland in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die insoweit zunächst abweichende Auffassung des nds. Sozialministeriums bestätigt. Dementsprechend bringt auch der Erlass des nds. Innenministeriums vom 15.5.2014 (BL. 69, 71 der Gerichtsakte) „im Umkehrschluss“ diese Rechtsauffassung zum Ausdruck, die der Erlass vom 9.9.2014 (Bl. 129 der Gerichtsakte) ausdrücklich unter Hinweis auf widerstreitende Auffassungen der Bundesländer zur Auslegung der Formularerklärung, namentlich Baden-Württemberg, bekräftigt und an der auch mit nachfolgenden Erlassen festgehalten wird (Erlass vom 9.12.2014, Bl. 130, 144 der Gerichtsakte, vom 18.12.2014, Bl. 132 der Gerichtsakte, vom 10.4.2015, Bl. 133 der Gerichtsakte). Vor dem Hintergrund dieser Erlasslage war für die Ausländerbehörden unzweideutig klargestellt, dass das nds. Innenministerium es für die Aufnahme von Flüchtlingen auf der Grundlage seiner Aufnahmeanordnungen genügen ließ, dass sich die Verpflichtungsgeber nur für die Zeit bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verpflichteten. Demzufolge setzten die Aufnahmeanordnungen die Abgabe weiterreichender Verpflichtungserklärungen nicht nur nicht voraus, sondern verlangten von den Verpflichtungsgebern keine weiterreichenden Erklärungen und ermöglichten ihnen, ihre Verwandten durch Abgabe auf den Zeitraum bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkter Verpflichtungserklärungen nach Deutschland zu holen. Zugleich war den Ausländerbehörden aufgrund des Erlasses vom 9.9.2014 bekannt, dass die abweichende Rechtsauffassung des Sozialministeriums hinsichtlich der Auslegung der Formularerklärung von anderen Bundesländern geteilt wurde, weshalb die Rechtsauffassung des Bundesministeriums des Innern eingeholt werden sollte.

Angesichts dieser Lage war die dem Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang am 30.9.2014 die Verpflichtungserklärungen abnehmende Ausländerbehörde gehalten, den Kläger auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur Auslegung und damit zur zeitlichen Reichweite der Formularerklärung ebenso hinzuweisen, wie auch auf den Umstand, dass es nach den Aufnahmeanordnungen nebst weiterer Erlasslage des nds. Innenministeriums für die Ermöglichung der Einreise der Angehörigen genügte, eine bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begrenzte Verpflichtungserklärung abzugeben.

In vorliegendem Zusammenhang kann offenbleiben, ob die Ausländerbehörden bei der Abnahme von Verpflichtungserklärungen grundsätzlich verpflichtet sind, den sich verpflichtenden Bürger umfassend, sachgerecht und im Hinblick auf die im jeweiligen Einzelfall naheliegenden finanziellen Auswirkungen und Risiken von Amts wegen zu belehren und dies aktenkundig zu machen (so Hess. VGH, U. v. 29.8.1997 – 10 UE 2030/95 -, juris, Rn. 60; Nds. OVG, U. v. 27.8.1998 – 11 L 492/97 -, NdsVBl 1999, 15, 17). Jedenfalls dürfen sie den Verpflichtungsgeber nicht im Unklaren darüber lassen, dass aufgrund der unterschiedlichen Rechtsauffassungen von Ministerien und Bundesländern die Reichweite der Formularerklärung und der mit ihr verbundenen finanziellen Auswirkungen und Risiken nicht verlässlich abzuschätzen war. Ebenso durften sie dem Verpflichtungsgeber nicht verschweigen, dass nach Maßgabe der Rechtsauffassung des die Aufnahmeanordnungen erlassenden nds. Innenministeriums die Erklärung einer bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geltenden Verpflichtung als ausreichend angesehen wurde und die Abgabe der Formularerklärung seitens des Ministeriums in Annahme einer entsprechenden Auslegung ihres Erklärungsgehalts als in dieser Weise beschränkt begriffen wurde. Bei Offenlegung und Erläuterung dieser dem Verpflichtungsgeber naturgemäß unbekannten, ihm als juristischen Laien auch kaum zugänglichen und schwer verständlichen Umstände, wäre dem Verpflichtungsgeber die Möglichkeit eröffnet worden, seiner Willenserklärung unter Übernahme der auch die Ausländerbehörden bindenden Rechtsauffassung des nds. Innenministeriums ausdrücklich einen entsprechenden Erklärungsgehalt beizulegen und dies gegenüber der Ausländerbehörde, ggf. auch durch „klarstellende“ Ergänzung der ihm abverlangten Formularerklärung, wirksam kund zu tun. Die Ausländerbehörde des Landkreises Emsland hat die dem Kläger ohne Offenlegung dieser Hintergründe abverlangten Verpflichtungserklärungen stattdessen mit dem Eintrag im Freifeld ausdrücklich einen zur Rechtsauffassung des nds. Innenministeriums gegenläufigen Erklärungsgehalt gegeben, mutmaßlich – entsprechend der Angaben der Mitarbeiterin der Ausländerbehörde in der mündlichen Verhandlung – ohne diesbezügliche Intention in Fortsetzung einer ständigen, im Einzelfall des Klägers unreflektiert gebliebenen Verwaltungsübung.

Ist jedenfalls aufgrund des Ermessensausfalls der Anfechtungsklage im vorliegenden Fall zu entsprechen, so kann dahingestellt bleiben, ob eine Inanspruchnahme des Klägers aufgrund dieser besonderen Umstände nicht nur die Notwendigkeit einer Ermessensbetätigung seitens des Beklagten erfordert, sondern auch in Ansehung der vom Gesetzgeber vorgenommenen beschränkenden Regelung in § 68a AufenthG bereits die Angemessenheit seiner Inanspruchnahme im Sinn des im Rechtsstaatsgebot wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen wäre (BVerwG, U. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, juris, Rn. 48, 51; U. v. 26.1.2017 – 1 C 10/16 -, juris, Rn. 35).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO; soweit der Kläger die zunächst erhobenen Anträge zu Ziffer 2 – 4 fallen gelassen hat, waren ihm zu 1/10 die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.