Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.01.2005, Az.: 16 K 34/04
Regelbesteuerung für eine Pachtaufgabeentschädigung als Umsatz der Landwirtschaft und Forstwirtschaft; Umsatzsteuerliche Zuordnung einer Pachtaufgabeentschädigung; Pachtaufgabeentschädigung als Umsatz der Landwirtschaft und Forstwirtschaft; Umsatzsteuerpflichtigkeit für einen ruhenden Betrieb
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 27.01.2005
- Aktenzeichen
- 16 K 34/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 11825
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0127.16K34.04.0A
Rechtsgrundlage
- § 24 UStG 1999
Fundstellen
- AUR 2008, 47-48 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2005, 1079-1080 (Volltext mit red. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine Pachtaufgabeentschädigung unterliegt als Umsatz der Land- und Forstwirtschaft nicht der Regelbesteuerung.
- 2.
Die umsatzsteuerliche Zuordnung eines Umsatzes zu den im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätzen hängt davon ab, ob die einzelne Tätigkeit nach ihrem Wesen in den Rahmen eines Betriebes gem. § 24 UStG fällt. Das ist bei einer Pachtaufgabeentschädigung zu bejahen, weil die Entschädigung für die Aufhebung des Pachtvertrages im Rahmen eines landwirtschaftlichen Unternehmens gezahlt wird.
Tatbestand
Der Kläger war Landwirt. Seine Landwirtschaft betrieb er auf eigenen und hinzu gepachteten landwirtschaftlichen Flächen. Hierzu gehörten auch von der S-KG (KG) gepachtete Flächen, die zwischenzeitlich als Bauland ausgewiesen waren. Zum 1. Juli 1997 und 1. Juli 1998 verpachtete der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb mit verschiedenen Verträgen an seine Schwiegersöhne. Eine Betriebsaufgabe wurde nicht erklärt, da er den Betrieb als ruhenden landwirtschaftlichen Betrieb fortführte.
Die KG hatte seit März 1998 mit dem Kläger Verhandlungen über eine vorzeitige Aufhebung der Pachtverträge der von ihr verpachteten Flächen geführt. Im Juni 1998 wurde zwischen den Beteiligten eine Einigung über die Pachtaufhebung erzielt. Die schriftliche Vereinbarung über die Aufhebung der Pachtverträge datiert vom 04.08.1998. Der Vereinbarung entsprechend zahlte die KG an den Kläger eine Pachtaufgabeentschädigung in Höhe von brutto .... DM (netto .... DM), die in zwei Teilbeträgen am 30.09.1998 und 05.07.1999 an den Kläger entrichtet wurde.
Der Kläger hatte für 1998 keine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Im Anschluss an eine Außenprüfung unterwarf der Beklagte die Teilzahlungen der Pachtaufgabeentschädigung zunächst im Zeitpunkt der Zahlung als steuerpflichtige Umsätze der Regelbesteuerung. Außerdem wurden den Umsätzen Entgelte für die verpachtete Rübenquote und für unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer Rübenlieferungen zugerechnet.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren versteuerte der Beklagte die Pachtaufgabeentschädigung wegen der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten in voller Höhe im Streitjahr. Gleichzeitig minderte der Beklagte die Umsätze aus der Verpachtung der Rübenquote und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, bei der Pachtaufgabeentschädigung handele es sich um einen im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes getätigten Umsatz, der der Durchschnittsbesteuerung unterliege.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer 1998 auf...herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum 30.06.1998 aufgegeben gehabt und sei seitdem ausschließlich als Verpächter unternehmerisch tätig gewesen. Da die Vereinbarung über die Aufhebung des Pachtvertrages erst am 04.08.1998 schriftlich abgeschlossen wurde, handele es sich um einen Umsatz, den der Kläger nicht mehr im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes getätigt habe. Damit unterliege der Umsatz der Regelbesteuerung.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Pachtaufgabeentschädigung unterliegt als Umsatz der Land- und Forstwirtschaft nicht der Regelbesteuerung.
Bei der Pachtaufgabeentschädigung handelt es sich um einen Umsatz der Land- und Forstwirtschaft. Voraussetzung für die Anwendung der Durchschnittsbesteuerung ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, dass die Umsätze "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes" ausgeführt werden. Die umsatzsteuerliche Zuordnung eines Umsatzes zu den im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätzen hängt davon ab, ob die einzelne Tätigkeit nach ihrem Wesen in den Rahmen eines Betriebes gemäß § 24 UStG fällt (vgl. BFH, Urteil vom 11.02.1999, V R 27/97, BFHE 187, 359, BStBl II 1999, 378). Dies ist hinsichtlich einer Entschädigung wegen der Aufhebung eines Pachtvertrages über ein Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes landwirtschaftlich genutzter Flächen der Fall.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Entschädigung um einen nicht steuerbaren echten Schadenersatz (vgl. FG München, Urteil vom 22. November 2000, 3 K 476/97, EFG 2001, 465; Beschluss vom 17. Oktober 2001, Az: 6 V 1846/01, juris Nr: STRE200270294; offen gelassen BFH, Beschluss vom 23. Januar 2002, Az: V B 161/01, BFH/NV 2002, 553; FG Hessen, Urteil vom 28. April 2003, Az: 6 K 982/99, EFG 2003, 1421, Revision eingelegt Az. des BFH: V R 34/03) oder um ein im Rahmen eines Leistungsaustausches gezahltes und damit steuerpflichtiges Entgelt handelt (BFH, Beschluss vom 26. März 1998, XI B 73/97, BFH/NV 1998, 1381 und BFH, Urteil vom 21. Mai 1992 V R 66/86, BFH/NV 1995, 343; FG Hamburg, Beschluss vom 26. Januar 2004, II 224/03, juris Nr: STRE200470872), wovon auch der erkennende Senat ausgeht. Denn als ein der Durchschnittsbesteuerung unterliegender Umsatz ergibt sich im einen wie im anderen Fall keine umsatzsteuerliche Auswirkung.
Der Umsatz unterliegt der Durchschnittsbesteuerung, weil der Kläger die Entschädigung für die Aufhebung des Pachtvertrages im Rahmen seines landwirtschaftlichen Unternehmens bezog. Unstreitig wurden die Verhandlungen über die Aufhebung des Pachtvertrages noch während des Bestehens des landwirtschaftlichen Betriebs im März 1998 aufgenommen und die Einigung über die Aufhebung des Pachtvertrages im Juni 1998 abgeschlossen. Die dem Leistungsaustausch zugrunde liegende zivilrechtliche Vereinbarung wurde damit noch während des Bestehens des landwirtschaftlichen Betriebes getroffen. Es ist nicht ersichtlich, dass erst die schriftliche Vereinbarung im August 1998 konstitutiv für die Aufhebung des Pachtvertrages und damit die Begründung der Aufhebungsentschädigung war. Selbst wenn eine Vereinbarung jedoch erst im August konstitutiv zustande gekommen sein sollte, würde es sich um einen Umsatz der Landwirtschaft handeln, da der Umsatz aus dem Bestehen des landwirtschaftlichen Betriebes heraus erfolgte. Denn die Aufhebung des Pachtvertrages steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einstellung der aktiven landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers. In gleichem Sinne stellt die Rechtsprechung des BFH, bei der Frage, ob Leistungen noch im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes erbracht werden, auf einen engen sachlichen Zusammenhang ab (vgl. BFH, Urteil vom 21.04.1993, XI 50/90, Ziffer II.1., BFHE 171, 129, BStBl II 1993, 696). Die Zuordnung des Umsatzes kann danach bei einer erfolgten Einigung nicht von der Zufälligkeit abhängen, wann der schriftliche Vertrag tatsächlich abgeschlossen worden ist.
Wenn ein Umsatz den landwirtschaftlichen Umsätzen zuzuordnen ist, unterliegt er auch der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG. Davon geht grundsätzlich auch der BFH in seiner Entscheidung vom 21.04.1993 (a.a.O.) aus. Seine Ausführungen dahingehend, dass die Anwendung von § 24 UStG voraussetze, dass der landwirtschaftliche Betrieb noch bewirtschaftet werde und die Regelung nicht mehr anzuwenden sei, wenn sich ein Betrieb nur noch im Stadium der Abwicklung befinde, bezog sich ersichtlich nur auf Teilleistungen, die als selbständige Leistungen nach Einstellung des Betriebs erbracht werden. Hiervon geht auch das FG Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 31. März 2003 (Az.: 4 K 282/01, EFG 2003, 1055) unter Bezugnahme auf die BFH-Rechtsprechung aus, der im übrigen aber keine eigenständige Begründung zugrunde liegt. Darüber hinaus erfolgte der Umsatz aus der Entschädigungszahlung auch deshalb noch im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes, weil der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb nicht aufgegeben hatte, sondern es sich lediglich um einen ruhenden Betrieb handelte.
Die Umsatzsteuer war daher auf die zwischen den Beteiligten unstreitige Umsatzsteuer in Höhe von...festzusetzen. Im Übrigen wäre es dem Finanzgericht verwehrt gewesen, über den Antrag des Klägers hinauszugehen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - wegen grundsätzlicher Bedeutung und gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zuzulassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.