Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 28.10.1999, Az.: 8 T 1161/99 (694)
Eintragung eines Ehevertrags in das Güterrechtsregister ohne Anwesenheit beider Eheleute
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 28.10.1999
- Aktenzeichen
- 8 T 1161/99 (694)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 32649
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:1999:1028.8T1161.99.694.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 20.09.1999 - AZ: 36 AR 198/99
Rechtsgrundlagen
- § 128 BGB
- § 181 BGB
- § 1410 BGB
In der Güterrechtsregistersache
...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... und
die Richterinnen am Landgericht ... und
...
am 28. Oktober 1999
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Amtsgerichts ... vom 20. September 1999 - 36 AR 198/99 - aufgehoben.
Das Amtsgericht - Registergericht - Braunschweig wird angewiesen, von den im Beschluß geäußerten Bedenken gegen die Eintragung Abstand zu nehmen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Am 04.05.1999 hat Notar ... zu seiner UR-Nr. ... einen Güterrechtsvertrag zwischen den Eheleuten ... beurkundet, wonach die Parteien den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausschließen und Gütertrennung vereinbaren. Weiterhin haben die Parteien den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und wechselseitig auf die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen für den Fall der Auflösung der Ehe verzichtet.
Im Beurkundungstermin war lediglich die Beteiligte zu 1) anwesend, die die vorstehenden Erklärungen zugleich für sich selbst im eigenen Namen und als Bevollmächtigte des Beteiligten zu 2) abgegeben hat, wobei sie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein sollte. Die von der Beteiligten zu 1) abgegebenen Erklärungen wurden vom Beteiligten zu 2) durch notariell beglaubigte Erklärung vom 07.06.1999 (UR-Nr. ... des Notars ... unter Befreiung von § 181 BGB genehmigt.
Mit Schriftsatz vom 24.06.1999 hat Notar ... unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde vom 04.05.1999 und den darin enthaltenen Eintragungsantrag der Beteiligten zu 1) und 2) bei dem Amtsgericht - Registergericht - in Braunschweig beantragt, den Ehevertrag vom 04.05.1999 in das Güterrechtsregister einzutragen.
Der Rechtspfleger bei dem Amtsgericht hat gegen die Eintragung mit Zwischen Verfügung vom 16.07.1999 folgende Bedenken geäußert:
Die vom Notar zur Begründung seines Antrages zitierte Entscheidung des BGH (in JZ 1999, 519 f. [BGH 01.04.1998 - XII ZR 278/96]) treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu. In dem vom BGH entschiedenen Fall seien beide Parteien bei der Beurkundung anwesend gewesen, der Ehemann persönlich, die Ehefrau durch ihre Vertreterin. Für diesen Fall solle sowohl die Vollmacht zum Abschluß eines Ehevertrages als auch die nachträgliche Genehmigung der von einem vollmachtlosen Vertreter abgegebenen Erklärungen grundsätzlich formfrei sein. Der BGH habe in seiner Entscheidung ausgeführt, daß die Vorschrift des § 1410 BGB, wonach ein Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden müsse, nach allgemeiner Ansicht nur die sogenannte Stufenbeurkundung (§ 128 BGB) ausschließe, nicht aber auch die Vertretung eines Vertragsteils. Wenn, wie im vorliegenden Fall, allerdings nur ein Vertragsteil auftrete und unter Befreiung von § 181 BGB Erklärungen zugleich für beide Vertragsteile abgebe, könne im oben genannten Sinne von einer Anwesenheit beider Vertragsteile nicht mehr ausgegangen werden. Durch die spätere Genehmigung des Vertragsinhaltes seitens des abwesenden Vertragsteiles werde § 1410 BGB im Sinne einer Stufenbeurkundung umgangen. Daher könne im vorliegenden Fall der Ehevertrag auch bei Beurkundung der Genehmigung nicht formwirksam werden, sondern müsse neu beurkundet werden.
Der Notar hat dieser Rechtsauffassung mit Schriftsatz vom 27.07.1999 widersprochen.
Durch Beschluß vom 20.09.1999 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts Braunschweig den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) aus der Urkunde vom 04.05.1999 (UR-Nr. ...) auf Eintragung der Gütertrennung in das Güterrechtsregister zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Notar eingelegte "Erinnerung" vom 08.10.1999, mit der er den Eintragungsantrag der Beteiligten zu 1) und 2) weiterverfolgt.
II.
Das als Beschwerde anzusehende Rechtsmittel ist zulässig gem. §§ 11 Abs. 1 RpflG, 19 Abs. 1, 20 Abs. 2 FGG; insbesondere war der Notar zur Einlegung der Beschwerde im Namen der Beteiligten zu 1) und 2) ermächtigt (§ 29 Abs. 1 Satz 3 FGG).
Es hat auch in der Sache Erfolg.
Der Notar war antragsberechtigt gem. §§ 129, 161 Abs. 1 FGG. Nach § 129 FGG, auf den § 161 Abs. 1 FGG verweist, gilt der Notar, der den Ehevertrag und den Antrag der Beteiligten auf Eintragung beurkundet hat, als zur Antragstellung ermächtigt. Er bedarf keines Vollmachtsnachweises (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 161 FGG Rn. 18).
Zwar hat das Registergericht das Recht und die Pflicht zur selbständigen Prüfung der Frage, ob die formellen Voraussetzungen einer bei ihm beantragten Eintragung vorhanden sind und ob die Eintragung an sich zulässig ist (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., Rn. 20); es ist bei der Prüfung jedoch an die Anordnungen des ihm vorgesetzten Beschwerdegerichtes gebunden.
Nach Auffassung der Kammer steht die Vorschrift des § 1410 BGB der Eintragung des Ehevertrages in das Güterrechtsregister nicht entgegen.
Nach § 1410 BGB muß der Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. Das Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit bedeutet aber nicht, daß die Parteien auch persönlich anwesend sein müssen. Die rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Stellvertretung ist zulässig (vgl. BGH NJW 1998, 1857, 1858 [BGH 01.04.1998 - XII ZR 278/96] = BGH JZ 99, 519 f.). Die Vorschrift des § 1410 BGB schließt lediglich die sogenannte Stufenbeurkundung gem. § 128 BGB aus. Eine Stufenbeurkundung liegt jedoch auch im Falle der nachträglichen Genehmigung des zunächst durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossenen Ehevertrages nicht vor. Nach herrschender Auffassung, der auch der BGH beigetreten ist, sind entsprechend dem Wortlaut der §§ 167 Abs. 2, 182 Abs. 2 BGB sowohl die Vollmacht zum Abschluß eines Ehevertrages als auch die nachträgliche Genehmigung von einem vollmachtlosen Vertreter abgegebener Erklärungen grundsätzlich formfrei möglich (BGH, a.a.O.). Dies gilt selbst dann, wenn die Vertretung nicht durch einen Dritten, sondern durch den anderen Ehegatten erfolgt (§ 181 BGB; vgl. RG Z 79, 282, 283). Wie der BGH zutreffend ausgeführt hat, wäre auch bei einer Ausdehnung der Beurkundungspflicht des Ehevertrages auf die Abschlußvollmacht/Genehmigung nichts Entscheidendes für die Schutz- und Warnfunktion des § 1410 BGB gewonnen. Die Belehrungspflicht des Notars aus § 17 BeurkG geht nämlich nur so weit, als eine Belehrung für das Zustandekommen einer formgültigen Urkunde erforderlich ist, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für das beabsichtigte Rechtsgeschäft richtigen Form wirksam enthält. Im Falle der Vollmachtserteilung/Genehmigung muß sich diese also nicht notwendig auch auf den Inhalt und die Ausgestaltung des Vertretungsgschäfts beziehen (BGH NJW 1998, 1857, 1858 [BGH 01.04.1998 - XII ZR 278/96]; zur Genehmigung vgl. auch BGH NJW 1989, 1728 [BGH 25.01.1989 - IVb ZR 44/88]). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die notarielle Urkunde vom 04.05.1999 bereits die wesentlichen Belehrungen enthält, soweit die darin enthaltenen Erklärungen nicht ohnehin aus sich heraus verständlich sind.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) war der angefochtene Beschluß daher aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, von den in dem Beschluß geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht statt.