Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 16.08.2004, Az.: 5 B 134/04

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
16.08.2004
Aktenzeichen
5 B 134/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 43480
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOSNAB:2004:0816.5B134.04.0A

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 5. Kammer - am 10. August 2004 beschlossen:

Tenor:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

    Der Streitwert wird auf 2 000 € festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller, ein im Jahre 1970 geborener serbisch - montenegrinischer Staatsangehöriger, reiste im Jahre 1979 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wurde durch bestandskräftigen Bescheid des Landkreises Vechta vom 18.09.1992 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Sein Antrag auf Er-teilung einer Aufenthaltserlaubnis wurde abgelehnt und seine Abschiebung nach der Haftentlassung angekündigt. Er war bis zu diesem Zeitpunkt strafrechtlich wie folgt in Er-scheinung getreten:

2

Das Amtsgericht Osnabrück verurteilte ihn am 14.07.1989 wegen eines Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, Diebstahl, Bedrohung in zwei Fällen und Betruges in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von 9 Monaten.

3

Am 28.08.1991 verurteilte ihn das Amtsgericht Osnabrück wegen Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren.

4

Am 09.12.1991 wurde gegen ihn durch Urteil des Amtsgerichts Osna-brück wegen Betruges in Tateinheit mit Missbrauchs von Ausweispapieren eine Freiheits-strafe von 10 Monaten verhängt.

5

Am 23.02.1994 wurde er aus der Haft entlassen. Zu einer Abschiebung kam es nicht, weil zu diesem Zeitpunkt solche in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht möglich waren.

6

Am 21.10.1994 stellte der Antragsteller einen Asylantrag. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.05.1996 erhobene Klage wurde durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsge-richts Stuttgart vom 06.03.1998 abgewiesen.

7

Nach dem Erlass des Ausweisungsbescheides wurde der Antragsteller weiter straffällig.

8

Durch Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.03.1995 wurde gegen ihn wegen Beleidi-gung eine Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen verhängt.

9

Durch Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 12.06.1996 wurde gegen ihn wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und ge-meinschaftlicher unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten verhängt, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde.

10

Aus diesen beiden Strafen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart nachträg-lich eine Gesamtstrafe von 6 Monaten und 2 Wochen gebildet.

11

Durch Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 13.09.1997 wurde gegen den Antragsteller wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verhängt, deren Vollstreckung für die Dauer von 4 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

12

Am 09.10.1997 heiratete der Antragsteller die deutsche Staatsangehöri-ge E.F. und beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Mit Schreiben vom 20.12.1997 beantragte er beim Landkreis Vechta die Befristung der Wirkungen der Aus-weisung. Dieser gab den Vorgang an den Antragsgegner als seiner Auffassung nach zu-ständige Ausländerbehörde ab und teilte mit, dass seiner Auffassung nach eine Befristung und Änderung der Ausweisungsverfügung nicht in Betracht käme. Am 20.02.1998 nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zurück. Am 10.06.1998 beantragte er, den Ausweisungsbescheid aufzuheben, hilfsweise die Wirkun-gen der Ausweisung nachträglich zu befristen. Zur Begründung führte er aus, er genieße aufgrund seiner Eheschließung nunmehr erhöhten Ausweisungsschutz. Der Landkreis Vechta teilte sowohl dem Antragsteller als auch dem Antragsgegner durch Schreiben vom 27.08.1998 mit, dass eine Aufhebung der Ausweisungsverfügung nicht in Betracht käme.

13

Nach Anhörung befristete der Antragsgegner die Wirkungen der Auswei-sung durch Bescheid vom 01.10.1998 auf die Dauer von 4 Jahren. Der dagegen erhobe-ne Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser - Ems vom 17.01.2000 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage, in der der Antragsteller geltend machte, er sei inzwischen auch Vater geworden, wurde durch rechtskräftiges Ur-teil der Kammer vom 17.10.2000 - 5 A 110/00 - abgewiesen. Der dagegen erhobene An-trag auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss des Nds. Oberverwaltungsge-richts vom19.01.2001 - 13 L 4163/00 - zurückgewiesen.

14

Die Abschiebung des Antragstellers erfolgte nicht, da ein Pass oder Passersatzpapiere nicht vorlagen. Eine freiwillige Ausreise verweigerte der Antragsteller.

15

Mit Schreiben vom 24.03.2004 wurde dem Antragsteller die beabsichtig-te Abschiebung angekündigt. Am 20.04.2004 wurde dem Antragsteller der konkrete Ab-schiebungstermin bekannt gegeben, nämlich der 25.05.2004. Der Antragsteller wurde zu diesem Termin nicht angetroffen. Er legte eine Bescheinigung der Dipl.- Psychologin G.H. vom 24.05.2004 vor, wonach er unter einer schweren Depression mit Suizidgedanken leide. Er sei auf den Rückhalt seiner Familie angewiesen.

16

Der Antragsteller war inzwischen erneut straffällig geworden.

17

Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 26.02.2003 wurde er wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstra-fe in Höhe von 60 Tagessätzen und durch Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 21.01.2004 zu einer Geldstrafe wegen Diebstahls in Höhe von 100 Tagessätzen verurteilt worden.

18

Mit Schreiben vom 24.05.2003 beantragte der Antragsteller die weitere Aussetzung der Abschiebung und die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis unter Hinweis auf seine familiären Beziehungen und seine Erkrankung.

19

Durch Bescheid vom 25.05.2004, zugestellt am 27.05.2004, lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung einer Duldung ab. Durch Bescheid vom 21.06.2004, zugestellt am 23.06.2004 lehnte der Antragsgegner zudem den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ab. Über den dagegen am 28.06.2004 erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden worden. Auch ist ein Peti-tionsverfahren beim Nds. Landtag anhängig.

20

Gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25.05.2004 hat der An-tragsteller am 25.06.2004 Klage erhoben (5 A 373/04), über die noch nicht entschieden worden ist und gleichzeitig um Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.

21

Er macht geltend, die Ausweisungsverfügung, auf die die Abschiebung gestützt werde, sei inzwischen 12 Jahre alt. Deshalb könne nicht mehr auf die general- oder spezialpräventiven Erwägungen aus dieser Verfügung bei der aktuellen Abschiebung Bezug genommen werden. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass durch die Ab-schiebung seine familiären Beziehungen zerstört werden würden. Er sei inzwischen Vater zweier Kinder, seine Ehefrau sei erneut schwanger. Es bestehe zudem Suizidgefahr.

22

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.05.2004 anzuordnen.

23

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechts-schutzes zurückzuweisen.

24

Er bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide. Die Petition habe keine aufschiebende Wirkung, weil rechtskräftig über die Zulässigkeit der Abschiebung entschieden worden sei.

25

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

26

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der auf-schiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 AuslG ist unzulässig. Denn der An-tragsteller ist bereits aufgrund der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung des Land-kreises Vechta vom 18.09.1992 vollziehbar zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet.

27

Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz gegenüber einer unmittelbar be-vorstehenden Abschiebung kann deshalb nur mittels eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erlangt werden (§ 123 VwGO). Gegen die Versagung einer Dul-dung findet gem. § 71 Abs. 3 AuslG kein Widerspruch statt. Die Kammer hat daher das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung umgedeutet. Dabei sind die Voraussetzungen eines Duldungsanspruchs nur glaubhaft gemacht, wenn Tatsachen dargetan und präsente Beweismittel vorgelegt wer-den, aus denen sich eine Reduzierung des behördlichen Ermessens über die Gewährung einer Duldung ergibt, so dass nur eine dem Antragsteller günstige Entscheidung in Be-tracht kommt (Hailbronner, Komm. zum AuslG, § 55 Rdn. 38 m.w.N.).

28

Derartige zwingende Duldungsgründe hat der Antragsteller nicht darge-legt. Zwar hat der Antragsgegner durch Bescheid vom 01.10.1998 die Wirkungen der ge-gen den Antragsteller verfügten Ausweisung auf die Dauer von vier Jahren befristet, die Frist beginnt aber gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG erst mit der Ausreise des Antragstellers, die bislang trotz wiederholter Aufforderungen nicht erfolgt ist.

29

Die Aufenthaltsbeendigung verstößt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 17.04.2003 - IV M - 9470/2 - 4 E (2017) - 6 A 23/2000) nicht gegen Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK. Diese Vorschriften gewähren nicht unmittelbar einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den ausländischen Ehegatten. Die entscheidende Behörde hat allerdings die familiären Bindungen eines Ausländers an Personen, die sich berechtigter-weise im Bundesgebiet aufhalten - insbesondere also Deutsche -, bei der Anwendung offener Tatbestände und bei der Ermessensausübung pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser ver-fassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG, dass die zuständigen Be-hörden und Gerichte bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (BVerw-GE 105, 35, 39 f u.H. auf BVerfGE 80, 81, 93 [BVerfG 18.04.1989 - 2 BvR 1169/84]).

30

Diese angemessene Berücksichtigung der familiären Bindungen des Ausländers erfordert indessen nicht, dass einer Wahrung der Familieneinheit in der Bun-desrepublik Deutschland im Ergebnis in jedem Falle der Vorrang einzuräumen wäre. Da die Duldung nur die zeitweise Aussetzung der Abschiebung bedeutet (§ 55 Abs. 1 AuslG), kann ihr nicht die Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthalts-rechts zugebilligt werden. Dies gilt umso mehr, als die Duldung nicht einen aufenthalts-rechtlichen Status vermittelt, der dem Anliegen des Familiennachzugs gerecht würde (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.01.2003 - 13 ME 28/03 - ).

31

Auch bei engen familiären Bindungen verfolgt die Ausweisung eines Straftäters und seine Entfernung aus dem Bundesgebiet legitime Zwecke der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Aus-weisung des Vaters eines vierjährigen Kindes grundsätzlich als zulässig angesehen, aber bemängelt, dass die Wirkungen der Ausweisung in Anbetracht seines langjährigen Auf-enthaltes im Bundesgebiet und seiner familiären Bindungen nicht befristet wurden (Urteil vom 17.04.2003 - IV M - 9470/2 - 4 E (2017) - 6 A 23/2000). Eine solche Befristung, über deren Rechtmäßigkeit zudem durch rechtskräftiges Urteil der Kammer vom 17.10.2000 - 5 A 110/00 - entschieden wurde, liegt aber im Falle des Antragstellers vor.

32

Bei ihm kommt hinzu, dass er sich weder durch die Ausweisungsverfü-gung, noch durch die anschließenden gerichtlichen Verfahren und die drohende Aufent-haltsbeendigung von der Begehung weiterer Straftaten hat abschrecken lassen. Er ist vielmehr erneut mit Gewalt- und Vermögensdelikten strafrechtlich in Erscheinung getre-ten. Dies zeigt, ebenso wie die Tatsache, dass er sich seiner Abschiebung entzogen hat, dass der Antragsteller nicht gewillt ist, sich in die hiesigen Verhältnisse zu integrieren und auch weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.

33

Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass sein Aufent-halt seit Erlass der Ausweisungsverfügung nicht beendet wurde. Abschiebungen waren während dieses Zeitraumes wegen der fehlenden Kooperation der jugoslawischen bzw. serbisch - montenegrinischen Behörden nicht möglich. Der Antragsteller war aber auf-grund der Ausweisungsverfügung seit dem Jahre 1992 zur - ggfls. freiwilligen - Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet und ist dieser Pflicht nicht nachgekommen. Die daraus entstehenden Auswirkungen hat er sich selbst zuzuschreiben. Auch seiner Ehefrau war bereits bei der Eheschließung bekannt, dass der Antragsteller ausgewiesen war und des-halb kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erhalten konnte.

34

Der Antragsteller kann sich auch nicht auf die von durch Attest der Dipl. Psych. I. vom 24.05.2004 dargelegte Suizidgefährdung berufen.

35

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ernsthafte Suizidgefährdung ein tatsächliches Abschiebungshindernis im Sinne des § 55 Abs. 4 AuslG darstellt (Hailbron-ner, § 55 Ausländergesetz, Rdnr. 18, Hessischer VGH, Urt. v. 11.05.1992 - 13 UE 2608/91 - EZAR 045 Nr. 2), oder ob sich aus Art. 2 Abs. 2 GG unmittelbar ein Abschie-bungshindernis ergibt. Jedenfalls erfolgt aus dieser Vorschrift eine umfassende rechtliche Schutzpflicht, wenn eine akute Selbsttötungsgefahr besteht. Wenn Depressionen zu ei-nem Suizid führen können, ist der Betroffene, wenn staatliches Handeln zu dieser Konse-quenz führen würde, davor zu bewahren. Grundsätzlich ist allerdings die Drohung mit einer Selbsttötung im Allgemeinen in der Rechtsordnung kein hinreichender Grund, eine vom Gesetz als solche nicht zugelassene Rechtsfolge durchzusetzen. Häufig ist nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene in eine Suizidgefahr hineinsteigert, nicht weil er im Ausland unzumutbare Lebensumstände erwartet, sondern vorrangig, weil er die Le-bensumstände in der Bundesrepublik denen in seiner Heimat vorzieht. Dies kann auch dazu führen, dass eine Selbstmordgefahr entsteht oder vorgespiegelt wird, um bei Behör-den und Gerichten ein Druckmittel gegen die Abschiebung zu haben (OVG Greifswald, Beschluss v. 26.01.1998 NVwZ Beilage 1998, S. 82 ff).

36

Als tatsächlicher, einer Abschiebung entgegenstehender Grund kann daher eine Suizidgefährdung allenfalls ausnahmsweise dann Anerkennung finden, wenn sie auf einer medizinisch feststellbaren psychischen Konstitution des Ausländers beruht, die einer schweren Krankheit gleichgesetzt werden kann (Hailbronner, § 55 Ausländerge-setz, Rdnr. 18, Hessischer VGH, Urt. v. 11.05.1992 - 13 UE 2608/91 - EZAR 045 Nr. 2). Da mit der Unverletzlichkeit von Leib oder Leben ein hochrangiges Rechtsgut betroffen ist, braucht zwar nicht gewiss oder mit hoher Wahrscheinlichkeit voraussehbar sein, dass während der Abschiebung ein Versuch der Selbsttötung zu erwarten ist. Andererseits braucht, damit abgeschoben werden kann, auch nicht die Gewissheit bestehen, dass kein Suizid begangen wird. Es ist vielmehr im Einzelfall unter sorgfältiger Abwägung aller Um-stände eine Prognose zu treffen, in die die Verpflichtung zum Schutz von Leib und Leben des betroffenen Ausländers und die Verpflichtung zur Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht einzubeziehen sind (OVG Greifswald, a.a.O.).

37

Danach ist die Entscheidung des Antragsgegners, dem Antragsteller keine Duldung zu erteilen, nicht zu beanstanden.

38

Es liegt bereits kein aussagekräftiges ärztliches Attest vor, Frau I. ist vielmehr Psychologin. Außerdem enthält das vorgelegte Attest vom 24.05.2004 keinerlei Angaben dazu, seit wann sich der Antragsteller in psychotherapeutischer Behandlung befindet und aus welchen Befunde sich darin aufgestellte Diagnose einer Suizidgefahr ergibt.

39

Zudem hat sich der Antragsteller erst einen Tag vor dem ihm angekün-digten Abschiebungstermin zu Frau I. begeben und die Suizidgefährdung geltend ge-macht, weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen ernsthaft zu befürchten waren und offen-kundig andere Möglichkeiten, die drohende Abschiebung zu verhindern, nicht mehr gese-hen wurden. Häufig ist nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene in eine psychische Belastungssituation hineinsteigert, nicht weil er im Ausland unzumutbare Lebensumstän-de erwartet, sondern vorrangig, weil er die Lebensumstände in der Bundesrepublik denen in seiner Heimat vorzieht. Dies kann auch dazu führen, dass eine psychische Erkrankung entsteht oder vorgespiegelt wird, um bei Behörden und Gerichten ein Druckmittel gegen die Abschiebung zu haben (OVG Greifswald, Beschluss v. 26.01.1998 NVwZ Beilage 1998, S. 82 ff).

40

Im Übrigen sind psychische Erkrankungen in Serbien und Montenegro behandelbar (La-gebericht des Auswärtigen Amtes vom 24.02.2004, S. 30).

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

42

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.